Autor Thema: TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates  (Read 2291 times)

Flow4oe

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Eine Landesbehörde, die dem Fachministerium eines Bundeslandes direkt unterstellt ist, stellt mehrere Mitarbeiterinnen ein, um dessen Referat A zu unterstützen.

Aufgrund des chronischen Personalmangels sowie die chronischen Erkrankungen mehrere Mitarbeiterinnen sollen diese Aufgaben eines fachfremden Referates D (Servicedienste) nebenbei mit übernehmen.
Die Mitarbeiterinnen vom Referat A werden ad hoc eingewiesen.

Alle Mitarbeiterinnen A haben deutlich gemacht, dass Sie dessen Arbeit von Referat D nicht machen möchten und haben auf fachfremdes Referat hingewiesen.
Trotzdem besteht der AG auf die Übernahme der Tätigkeiten.

Im Arbeitsvertrag im Rahmen des TV-L ist zwar keine genaue Tätigkeitsbeschreibung erwähnt, aber das Referat A und dessen Tätigkeiten. Die vorherige Stellenausschreibung war hier klarer und eindeutiger.

Leider hat der zuständige Personalrat eine sehr schwache Stellung und wurde offenbar auch nicht gefragt.

a) Kann der Arbeitgeber die Mitarbeiterinnen vom Referat A dazu zwingen, die Aufgaben vom Referat D (Servicedienste) zu übernehmen?
b) Welche Konsequenzen können den Mitarbeiterinnen vom Referat "drohen", wenn Sie diese Aufgaben nicht übernehmen möchten - wenn überhaupt?
c) Muss der AG vorher sich um externe neue Mitarbeiterinnen bemüht haben, was dieser offenbar nicht hatte.
d) Gibt es weitere (wichtige) Punkte, die hier noch zu rwähnen wären?

Thomber

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #1 am: 27.02.2024 08:12 »
Guten Morgen,

m.E. nach kann der AG die anfallenden Arbeiten verteilen, wie er möchte. Der AG muss dabei natürlich auf die Wertigkeiten der Tätigkeiten und die Entgeltgruppen achten. Niemand hat einen Anspruch darauf, dass die Struktur/ das Organigramm seines AG für immer unverändert bleibt und er/sie/es immer auf dem selben Stuhl mit der gleichen Arbeit sitzen bleiben darf.

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #2 am: 27.02.2024 08:33 »
Also, das BAG legt das Direktionsrecht des AG tatsächlich sehr eng aus. Allerdings, jetzt das Problem, stellt sich die Frage, was der AN gem. Arbeitsvertrag schuldet!

"Wenn der Arbeitgeber die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung lediglich modifiziert, kann der Arbeitgeber eine geänderte Tätigkeit kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zuweisen.
Ändert sich dagegen die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung, ist dies nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt."

Jetzt kommen wir zum Verhalten: Ablehnen, kann tatsächlich schwierig sein, da das - wenn unberechtigt - eine Abmahnung und fristlose Kündigung nach sich ziehen kann. Bleibt nur den Vorbehalt erklären und Feststellungsklage beim Arbeitsgericht!

Aber, mal noch eine grundsätzliche andere Frage: Seid ihr im bisherigen Job nicht ausgelastet, dass ihr die andere Arbeit tatsächlich nebenher erledigen könntet? Da hilft anderenfalls schon eine Überlastungsanzeige und im folgenden Dienst nach Vorschrift!

Flow4oe

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #3 am: 27.02.2024 08:42 »
Huch, ihr seit klasse - danke für die schnelle Antworten

Wir sind ALLE bereits mehr als deutlich ausgelastet.

Selbst langjährige Mitarbeiterinnen wollen hier weg, weil zum einen die Arbeitsbelastung starkt zu nimmt und zum anderen die völlige Willkür immer mehr um sich greift.

Dann werden sich die anderen Mitarbeiterinnen was anderes suchen.

MoinMoin

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #4 am: 27.02.2024 11:31 »
Direktionsrecht, Abordnung und Versetzung sind alles Dinge, die der Ag durchaus gegen den Willen des An durchsetzen kann.
Natürlich ist so ein Verhalten des Ag kontraproduktiv in Zeiten des AN Mangels.
Und es einfach nicht machen und dem AG damit die Stirn bieten kann zur Abmahnung und Kündigung führen, aber so what, evtl. kündigt man selber vorher oder droht offen damit.

und nebenbei gibt es grundsätzlich nicht.
Wenn man die Arbeit Anderer mit übernehmen soll, dann geht das nur durch
a) Reduktion der ursprünglichen Tätigkeiten
 oder
b) Angeordnete Überstunden

Wie man weiß: Verwaltung bekämpft man mit Verwaltung.
Also  wenn dir schriftlich mitgeteilt wird, was du aus der anderen Abteilung übernehmen sollst, dann forderst du im Gegenzug schriftlich en, dass die zuerst mitgeteilt werden soll, was von deiner alten Arbeit wegfällt, oder ob das eine angeordnete Mehrarbeit ist, die vom PR abgesegnet wurde.
Solange du darüber kein Info hast würdest du halt erstmal deine ursprüngliche Tätigkeiten weiter fortführen.

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #5 am: 04.03.2024 16:55 »

"Wenn der Arbeitgeber die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung lediglich modifiziert, kann der Arbeitgeber eine geänderte Tätigkeit kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zuweisen.
Ändert sich dagegen die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung, ist dies nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt."

Wo ist da der Unterschied?

Feststellungsklage beim Arbeitsgericht!

Mit welchem Ziel?

@ TE: Der AG kann in billigem Ermessen, welches hier offenbar ausgeübt wurde, andere, nicht eingruppierungsrelevante, Aufgaben übertragen. Insoweit kannst du dich selbstverständlich weigern, in einem anderen Referat zu arbeiten, der Arbeitgeber wird sich dann ebenfalls weitern, dich weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitsbelastung ist insoweit kein Argument, da die Arbeitsleistung in mittlerer Art und Güte im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen ist. Mehr nicht.

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #6 am: 04.03.2024 19:41 »
Genügt denn die Übertragung fachfremder Tätigkeiten billigem Ermessen?

Angenommen der AN wird gekündigt, weil er nicht das erforderliche Mindestmaß der mittleren Güte dieser fachfremden Aufgaben erreicht. Ist die Kündigung dann rechtens, wenn die Übertragung von vornherein nicht billigem Ermessen entsprach?

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #7 am: 05.03.2024 08:12 »
Genügt denn die Übertragung fachfremder Tätigkeiten billigem Ermessen?

Angenommen der AN wird gekündigt, weil er nicht das erforderliche Mindestmaß der mittleren Güte dieser fachfremden Aufgaben erreicht. Ist die Kündigung dann rechtens, wenn die Übertragung von vornherein nicht billigem Ermessen entsprach?

Daher billiges Ermessen - es muss den Umständen entsprechend ausgestaltet sein. Dazu kann es auch gehören, fachfremde Serviceaufgaben zu übernehmen, wenn das geboten ist.

Da die Leistung (individueller) mittlerer Art und Güte immer zu erwarten ist, bzw. arbeitsvertraglich geschuldet ist, wäre eine entsprechende Minderleistung - egal auf welchem Arbeitsgebiet - pflichtwidrig.

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #8 am: 05.03.2024 10:46 »

"Wenn der Arbeitgeber die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung lediglich modifiziert, kann der Arbeitgeber eine geänderte Tätigkeit kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zuweisen.
Ändert sich dagegen die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung, ist dies nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt."

Wo ist da der Unterschied?

Feststellungsklage beim Arbeitsgericht!

Mit welchem Ziel?

@ TE: Der AG kann in billigem Ermessen, welches hier offenbar ausgeübt wurde, andere, nicht eingruppierungsrelevante, Aufgaben übertragen. Insoweit kannst du dich selbstverständlich weigern, in einem anderen Referat zu arbeiten, der Arbeitgeber wird sich dann ebenfalls weitern, dich weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitsbelastung ist insoweit kein Argument, da die Arbeitsleistung in mittlerer Art und Güte im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen ist. Mehr nicht.

Zu 1.: Eine Modifikation ist dem Wortsinn nach eine Änderung, aber eben keine komplett andere Aufgabe. Beispiel aus der Praxis: Ein AN ist bei einer Zeitarbeitsfa. explizit als Schreiner angestellt. Er kann somit auch z.B. als Trockenbauer eingesetzt werden, nicht aber als Schlosser!

Zu 2. Ziel: Klar, diese neue Tätigkeit künftig nicht (mehr) ausführen zu müssen. Das Tischtuch ist offensichtlich eh zerschnitten.

Arbeitsbelastung: Ist immer ein Argument, wenn sie das schaffbare dauerhaft überschreitet! Deswegen ja auch Überlastungsanzeige! Getreu dem BW-Motto: Melden macht frei (von der Verantwortung)! Hinterher heißt es eh gern, warum hast du nichts gesagt?

Btw: In der Situation der TE würde ich mich nach einem neuen Job umsehen. Das Betriebsklima scheint belastet zu sein.

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #9 am: 05.03.2024 11:07 »
Zu 1.: Eine Modifikation ist dem Wortsinn nach eine Änderung, aber eben keine komplett andere Aufgabe. Beispiel aus der Praxis: Ein AN ist bei einer Zeitarbeitsfa. explizit als Schreiner angestellt. Er kann somit auch z.B. als Trockenbauer eingesetzt werden, nicht aber als Schlosser!

Zu 2. Ziel: Klar, diese neue Tätigkeit künftig nicht (mehr) ausführen zu müssen. Das Tischtuch ist offensichtlich eh zerschnitten.

Arbeitsbelastung: Ist immer ein Argument, wenn sie das schaffbare dauerhaft überschreitet! Deswegen ja auch Überlastungsanzeige! Getreu dem BW-Motto: Melden macht frei (von der Verantwortung)! Hinterher heißt es eh gern, warum hast du nichts gesagt?

Btw: In der Situation der TE würde ich mich nach einem neuen Job umsehen. Das Betriebsklima scheint belastet zu sein.

Verstehe, danke. Allerdings dürfte im Arbeitsvertrag keine genaue Tätigkeit genannt sein (Mitarbeiter mit der Aufgabe X) sondern eher etwas Allgemeines (Verwaltungsmitarbeiter in der Entgeltgruppe XX). Insoweit dürfte der Unterschied Modifikation / Arbeitsleistung hier wohl nicht greifen.

Insoweit wäre eine wie auch immer geartete Feststellungsklage wohl aussichtslos. Im Ergebnis, also deinem letzten Absatz, bin ich bei dir.

MoinMoin

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #10 am: 05.03.2024 11:56 »
Genügt denn die Übertragung fachfremder Tätigkeiten billigem Ermessen?

Angenommen der AN wird gekündigt, weil er nicht das erforderliche Mindestmaß der mittleren Güte dieser fachfremden Aufgaben erreicht. Ist die Kündigung dann rechtens, wenn die Übertragung von vornherein nicht billigem Ermessen entsprach?
Das Mindestmaß der mittleren Güte ist kein absoluter Wert, sondern hängt von der Person ab.

Susa

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #11 am: 05.03.2024 12:51 »

"Wenn der Arbeitgeber die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung lediglich modifiziert, kann der Arbeitgeber eine geänderte Tätigkeit kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zuweisen.
Ändert sich dagegen die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung, ist dies nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt."

Wo ist da der Unterschied?

Feststellungsklage beim Arbeitsgericht!

Mit welchem Ziel?

@ TE: Der AG kann in billigem Ermessen, welches hier offenbar ausgeübt wurde, andere, nicht eingruppierungsrelevante, Aufgaben übertragen. Insoweit kannst du dich selbstverständlich weigern, in einem anderen Referat zu arbeiten, der Arbeitgeber wird sich dann ebenfalls weitern, dich weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitsbelastung ist insoweit kein Argument, da die Arbeitsleistung in mittlerer Art und Güte im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen ist. Mehr nicht.


Wo könnte man das nachlesen mit der mittleren Art und Güte? Ich habe noch nichts gefunden diesbezüglich. Dankeschön :)

Thomber

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Antw:TV-L: Neue Aufgaben außerhalt des Referates
« Antwort #12 am: 05.03.2024 12:58 »

"Wenn der Arbeitgeber die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung lediglich modifiziert, kann der Arbeitgeber eine geänderte Tätigkeit kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zuweisen.
Ändert sich dagegen die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung, ist dies nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt."

Wo ist da der Unterschied?

Feststellungsklage beim Arbeitsgericht!

Mit welchem Ziel?

@ TE: Der AG kann in billigem Ermessen, welches hier offenbar ausgeübt wurde, andere, nicht eingruppierungsrelevante, Aufgaben übertragen. Insoweit kannst du dich selbstverständlich weigern, in einem anderen Referat zu arbeiten, der Arbeitgeber wird sich dann ebenfalls weitern, dich weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitsbelastung ist insoweit kein Argument, da die Arbeitsleistung in mittlerer Art und Güte im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen ist. Mehr nicht.


Wo könnte man das nachlesen mit der mittleren Art und Güte? Ich habe noch nichts gefunden diesbezüglich. Dankeschön :)


Dr. Google hilft:
Zitat
Weil der Arbeitnehmer gemäß § 243 Abs. 1 BGB nur eine Leistung „mittlere Art und Güte“ schuldet, besteht grundsätzlich jedoch ein Anspruch auf die Note "befriedigend", wenn keine besonderen Abweichungen eine andere Beurteilung rechtfertigen


MoinMoin

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Susa

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