Autor Thema: Stufenanerkennung bei Wechsel von Beamtenstatus zu TV-L  (Read 1262 times)

lalune

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Hallo,
ich habe 2 Fragen:
1. Wird meine Stufe anerkannt/übertragen, wenn ich von einem Beamtenjob in ein Angestelltenverhältnis nach TV-L wechsele?
2. Vor meiner Beamtenstelle wurde ich auch nach TV-L bezahlt. Wird diese Stufe übernommen, falls nicht die meines Beamtenstatus übernommen wird?

Freue mich über Erfahrungen.
Danke!
« Last Edit: 09.03.2024 20:20 von lalune »

cyrix42

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Moin,

Anspruch dürfte wahrscheinlich nur auf Stufe 1 bestehen -- ein höherer Anspruch gemäß TV-L leitet sich nur bei Vorliegen von einschlägiger Berufserfahrung her (bei solcher von mindestens einem Jahr Stufe 2, bei solcher von mindestens drei Jahren Stufe 3). Im Beamtenverhältnis sammelt man aber keine Berufserfahrung, da kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Und Zeiten, die länger als 6 (bzw. im Wissenschaftsbereich 12) Monate zurückliegen, stellen keine einschlägige Berufserfahrung mehr dar, da eine schädliche Unterbrechung vorliegt.

Nichtdestotrotz kann natürlich dein neuer Arbeitgeber dir auch von sich aus eine entsprechende höhere Stufe anbieten, z.B., indem er dir die im Beamtenverhältnis zurückgelegten Zeiten anrechnet. (Ich würde dann nicht so genau darauf schauen, dass er dafür ja eigentlich "förderliche Berufserfahrung" benötigt, die du im Beamtenverhältnis nicht erwerben konntest, siehe oben; aber man muss dem AG ja nicht sagen, dass er damit übertariflich zahlt, wenn er diese Anrechnung vornehmen möchte...)

Albeles

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Beamte sammeln keine Berufserfahrung? Das klingt witzig  ;D ;D ;D

TV-Ler

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Beamte sammeln keine Berufserfahrung? Das klingt witzig  ;D ;D ;D
Genau wie angestellte Lehrer im Vergleich mit beamteten Kollegen ein deutlich geringeres Nettoentgelt haben, das aber gar kein Problem ist, weil selbst dasselbe nicht dasselbe ist (hier: identische Ausbildung und identische Tätigkeit) und dieser Umstand zumindest im Universum der Arbeitgeber/Dienstherren völlig logisch herleitbar ist, so ist es ebenso völlig logisch herleitbar, das Beamte keine Berufserfahrung im Tarifsinne erwerben  8)

cyrix42

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Soweit ich das überblicke, üben Beamte keinen Beruf aus, da sie nicht in einem Arbeits- sondern einem Dienstverhältnis stehen.

Zum weiteren Literatur-Studium: BAG-Urteil 6 AZR 364/16 (vom 29.06.2017)

Auszüge:

Zitat
Leitsatz

Bei reinen Inlandssachverhalten verstößt es nicht gegen höherrangiges Recht, dass Beamtenverhältnisse nicht in die Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV-L einbezogen werden.

[...]

Die 1965 geborene Klägerin absolvierte den Vorbereitungsdienst für ihre Tätigkeit als Lehrerin in der Zeit vom 15. Dezember 1995 bis 14. Dezember 1997 beim beklagten Land Nordrhein-Westfalen im Beamtenverhältnis auf Widerruf.  [...] Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land profitiere von ihrer Berufserfahrung. § 34 Abs. 3 TV-L knüpfe an die Vorgängernorm des § 19 Abs. 3 BAT an, obwohl Beamtenverhältnisse in § 34 Abs. 3 TV-L nicht erwähnt seien. Würden ihre durchgehend gleichartigen (Vor-)Beschäftigungszeiten nicht angerechnet, sei das gleichheits- und unionsrechtswidrig. [...] Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, § 34 Abs. 3 TV-L beziehe Beamtenverhältnisse nicht ein. Es handle sich um eine planvolle und damit nicht analogiefähige Regelungslücke. Die Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern hätten nicht ununterbrochen bestanden.

[...]

B. Die Klage ist unbegründet. Die früheren Rechtsverhältnisse der Klägerin sind nicht als Beschäftigungszeiten iSv. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L anerkannt.

I. Die Beamtenverhältnisse der Klägerin in Nordrhein-Westfalen und Thüringen unterfallen § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht. Das ergibt die Auslegung der Tarifbestimmung.

[...]

Auch der klare Wortlaut des § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L spricht dafür, dass Beamtenverhältnisse § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht unterfallen. Danach wird die Beschäftigungszeit als „im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit“ definiert. Diese Begriffsbestimmung knüpft wortgetreu an § 19 Abs. 1 BAT/BAT-O an. Der abweichende Zusammenhang beider Tarifnormen macht jedoch deutlich, dass § 34 Abs. 3 TV-L den Zweck verfolgt, ausschließlich Arbeitsverhältnisse bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern in die Beschäftigungszeit einzubeziehen. Die Regelungen der Beschäftigungszeit galten nach § 19 Abs. 3 BAT/BAT-O sinngemäß für ehemalige Beamte mit Ausnahme von Ehrenbeamten und Beamten, die nur nebenbei beschäftigt wurden. Dagegen bezieht § 34 Abs. 3 TV-L Beamte nicht ein.

Das definiert zwar nur den Begriff "Beschäftigungszeit", dürfte aber in ähnlicher Form auch für "einschlägige" bzw. "förderliche Berufserfahrung" gelten. Im BAT wurde offenbar, um eine Gleichstellung zu bewirken von "sinngemäß" gesprochen, was auch darauf hindeutet, dass eine bewusste Unterscheidung von Beamten- und Beschäftigten-Verhältnis getroffen wurde.

TV-Ler

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Soweit ich das überblicke, üben Beamte keinen Beruf aus, da sie nicht in einem Arbeits- sondern einem Dienstverhältnis stehen.
...
Art 33 Abs. 5 GG "Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln."

Organisator

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Soweit ich das überblicke, üben Beamte keinen Beruf aus, da sie nicht in einem Arbeits- sondern einem Dienstverhältnis stehen.

Man kann auch einen Beruf ausüben, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Lehrer z.B. kann man in einem Arbeitsverhältnis, Beamtenverhältnis oder selbständig sein.

TVOEDAnwender

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Haufe.de:

"Im Übrigen spielt die Form von Beschäftigung (also Arbeitsverhältnis, Beamtenverhältnis, Selbstständigkeit), in der die Berufserfahrung erworben wurde, für die Berücksichtigung keine Rolle."

Das BAG-Urteil (BAG-Urteil 6 AZR 364/16 (vom 29.06.2017)) bezieht sich nur auf die Beschäftigungszeit (§ 34 Abs. 3 TVöD),  diese ist jedoch anders definiert, als die (einschlägige) Berufserfahrung und hat auch keine Auswirkungen auf die Stufenzuordnung bei einer Neueinstellung. Die Beschäftigungszeit hat nur Auswirkungen auf die Kündigungsfristen, Jubiläumszuwendung und das Krankengeld.