Autor Thema: Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung  (Read 8798 times)

kidicarus

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Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« am: 10.04.2024 14:14 »
Hallo in die Runde,

ich arbeite seit knapp drei Jahren in einer Stadtverwaltung und wurde eingestellt in der EG 8 Stufe 3.
Mein Kollege (wir sitzen in einem Büro und bilden zusammen eine Art "Unterabteilung"), der seit vielen Jahren dort arbeitet, ist in der EG 9a ist und wurde auch bereits so eingestellt. Die Tätigkeiten, die mir übertragen wurden, sind exakt die gleichen, wie mein Kollege sie ausübt. Dieser hatte zum Zeitpunkt meiner Einstellung eine Arbeitsplatzbeschreibung abgegeben, die extern dann auch mit EG 9a bewertet wurde (es lag bislang bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Stellenbewertung für diese Stelle vor).

Man sagte mir dann nach ca. einem halben Jahr, dass ich auch in die EG 9a eingruppiert werden soll. Ich fragte, ob ich eine APB abgeben müsse, dies wurde verneint, die Stelle sei ja bewertet. Es passierte nichts. Dann fragte ich mehrfach nach und stellte einen schriftlichen Antrag auf Höhergruppierung. Es passierte weiter nichts. Nach weiterem mehrmaligem Nachfragen und ewigem Hinhalten bat man mich viele Monate später (!), doch eine APB abzugeben!! Die externe Bewertung ergab dann die EG 9a.
Ich wurde dann rückwirkend zum Datum meines Antrags in die EG 9a eingruppiert. Auf meine Frage, was mit der Stufenlaufzeit sei, erhielt ich die Antwort, dass diese zum Zeitpunkt der Höhergruppierung neu beginnt.

Nun wurde zur Unterstützung eine weitere Stelle in unserer Abteilung ausgeschrieben (exakt die gleichen Tätigkeiten, auch exakt die gleiche Stellenausschreibung), direkt in der EG 9a.

Ich bat dann Anfang dieses Jahres um eine Stufenlaufzeitverkürzung aufgrund kontinuierlicher überdurchschnittlicher Leistungen (wir bekommen am Ende des Jahres eine Leistungsbewertung), die abgelehnt wurde. Ich würde ohne Höhergruppierung im Sommer in Stufe 4 kommen. Jetzt muss ich bis Frühjahr 2025 warten.

Nun bräuchte ich euren Rat. Wenn ich es richtig verstehe, fängt bei einer Höhergruppierung aufgrund Übertragung höherwertiger Tätigkeiten die Stufenlaufzeit neu an. Das ist bei mir aber ja nicht der Fall. Ich habe seit meiner Einstellung diese Tätigkeiten übertragen bekommen, die bei der Stellenbewertung die EG 9a ergaben. Das heißt, man hat sich doch schon beim Ausschreiben der Stelle anscheinend geirrt und mir hätte von Beginn meiner Dienstzeit an die EG 9a zugestanden. Oder liege ich da falsch? Ist es dann nicht so, dass die Stufenlaufzeit unangetastet bleibt, d.h. ich jetzt im Sommer 2024 in Stufe 4 kommen müsste, auch wenn die Höhergruppierung nicht rückwirkend zum Dienstbeginn gemacht wurde?

Welche Möglichkeiten hätte ich denn?

Vielen Dank vorab!

kidicarus

MoinMoin

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #1 am: 10.04.2024 14:28 »
Sofern du sich deine auszuübenden Tätigkeit seit deiner Einstellung nicht geändert hat und der AG jetzt die Auffassung vertritt, dass sie in EG9a eingruppiert ist, bist du seit deiner Einstellung in der EG9a Stufe 3 eingruppiert, Stufenlaufzeit startete damals bei Null.
Folglich bist du nun, nach drei Jahren in der stufe 4 angekommen.

Da die lieben Personaler dich jahrelang um dein dir zustehendes Entgelt gebracht haben (oder wurde dir es nachgezahlt?)  würde ich umgehend das Entgelt der Stufe 4 einfordern (§37 konform, also konkret das Geld einfordern) und falls sie der Meinung sind, dass du noch nicht Stufe 4 bist ein ArbG bemühen, damit diese offenbar ahnungslosen Personaler bescheid geschuppst werden.

FearOfTheDuck

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #2 am: 10.04.2024 14:37 »
Rechtssicher über die EG urteilen kann nur ein Gericht. Die ultima ratio wäre also die Eingruppierungsfeststellungsklage.

Zunächst solltest du aber die Ausschlussfrist nach § 37 TVÖD beachten und dringend deine Ansprüche schriftlich geltend machen.

TB sind anhand ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert. Ein Antrag auf Höhergruppierung ist nicht vorgesehen, schlimmer noch der AG müsste ihn nicht mal beachten. Insofern ist auch jede Hinhaltetaktik des AG nachvollziehbar und für ihn unschädlich, er spart dadurch sogar Geld.

Sofern sich deine Tätigkeit nicht verändert hat, handelt es sich eben nicht um eine Höhergruppierung, der AG möchte seine falsche Rechtsmeinung korrigieren und du bist mit Aufgabenübertragung in EG 9a eingruppiert.

kidicarus

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #3 am: 11.04.2024 05:56 »
Vielen Dank für eure Einschätzung und Tipps.

Ja, die Tätigkeiten, die ich derzeit ausübe und die bewertet wurden, übe ich schon seit Beginn meiner Dienstzeit aus. Ich habe nach circa einem dreiviertel Jahr Dienstzeit diesen formlosen Antrag gestellt (§37 TvöD hatte ich  damals noch nicht gekannt, ich habe vorher in der PW gearbeitet...) und es wurde mir dann rückwirkend zu diesem Tag das Geld nachgezahlt. Das dreiviertel Jahr, das ich nach EG 8 bezahlt wurde, hat der AG sich quasi gespart.

Ich käme regulär ab 1. Juli in Stufe 4, da dann die drei Jahre abgelaufen sind.

Ich möchte nun also mein Recht schriftlich einfordern mit dem Hinweis, dass es sich nicht um eine Höhergruppierung sondern um eine Korrektur gehandelt hat und ich daher ab 1.7.24 das Entgelt der Stufe 4 fordere. Wenn sie es dann nicht machen, muss ich mir wohl oder übel rechtlichen Beistand suchen :-(

Richte ich das Schreiben direkt an meinen Dienstherrn oder meinen Vorgesetzten? In der Regel ist es so, dass der Dienstherr so etwas dann eh an den Vorgesetzten weiterleitet und bespricht. Ich bin etwas unsicher. Und würdet Ihr den Personalrat hinzuziehen bzw. in Kenntnis setzen? Leider ist unser Personalrat nicht wirklich "hilfreich", aber ob man es der Form halber doch machen sollte?

Vielen Dank euch!






MoinMoin

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #4 am: 11.04.2024 07:06 »
Du hast keinen Dienstherren, sondern einen Arbeitgeber  ;)
Den Brief schickt man an den Arbeitgeber, also der Personalstelle, was wie wo der AG für Verwaltungswege hat kann dir egal sein.
Deinen Vorgesetzten würde ich darüber vorab informieren, Brief als pdf zukommen lassen, kann die sache verkürzen, auch wenn er damit nichts zu tun hat.
Gleiches gilt für den PR, obwohl sie es vergeigt haben, da sie formal gesehen deiner Einstellung in der falschen Eg zugestimmt haben, aber das würde ich ihnen nicht vorwerfen, da sie idR keine TV Experten sind.
Was man ihnen vorwerfen kann, ist dass sie nicht selbst auf den Trichter gekommen sind, dass du seit Einstellung falsch bezahlt wurdest und es keine HG, sondern eine Korrektur war.
Denn formal müssten sie idR bei einer HG beteiligt gewesen sein. wenn sie es nicht waren (und sie evtl. nichts von dem Vorgang wissen) dann ist es ein weiterer Meilenstein, der nachweist, dass dass es eine Korrektur war, denn da ist der PR nicht in der Mitbestimmung.

btw
Es ist durchaus großzügig, dass der Ag dir mehr Geld nachgezahlt hat, als er müsste.
Sehr freundlich von den "Profis" aus der Personalabteilung, oder aber sie denken tatsächlich , dass sie das hätten zahlen müssen  ;D.

Und einen rechtlichen beistand brauchst erstinstanzlich beim ArbG nicht.

kidicarus

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #5 am: 13.04.2024 08:38 »
Vielen Dank für die Hilfe!

Ich habe ein entsprechendes Schreiben auf den Weg gebracht und bin gespannt, wie mein Arbeitgeber damit umgeht. Ich bin mir inzwischen gar nicht mehr so sicher, ob die Personaler da den Unterschied zwischen Höhergruppierung und Korrektur der Eingruppierung kennen ::)

Schönes Wochenende!!!

Carla

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #6 am: 13.04.2024 13:13 »
Falls die Personaler den Unterschied nicht kennen, würde ich selbigen kurz empfehlen den Leitsatz von folgendem Urteil zu verinnerlichen:

https://www.bundesarbeitsgericht.de/wp-content/uploads/2023/03/6-AZR-459-21.pdf

Viele Erfolg!

kidicarus

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #7 am: 16.04.2024 06:11 »
Danke, Carla!

Wie ich sehe, ist das Urteil ja noch gar nicht mal so alt. Da wette ich, dass es in unserem Haus einige TB gibt, die den gleichen Anspruch hätten wie ich.

Bis jetzt habe ich noch keinerlei Reaktion erhalten, das ist aber bei uns nicht ungewöhnlich. Da wartet man mal Wochen / Monate und meist bekommt man nur auf Nachfrage eine Antwort.

kidicarus

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #8 am: 13.06.2024 06:07 »
Hallo,

hier mal eine kleine Zwischenstandsmeldung. Mein Vorgesetzter hat mir vor einigen Wochen mitgeteilt, dass man mein Schreiben (mit der Forderung nach Stufe 4 am Zeitpunkt x) zum Kommunalen Arbeitgeberverband zur Prüfung geschickt habe. Eine Antwort steht immer noch aus, darauf warte ich seit Anfang April.

Ich bin gespannt, was dabei rauskommt. Wenn ich bedenke, dass man mich 9 Monate in der falschen EG eingruppiert hat, bin ich am überlegen, das Geld tatsächlich einzuklagen.

Ein neuer Mitarbeiter, der jetzt mit den exakt den gleichen Tätigkeiten beginnt, wird direkt in die EG 9a eingruppiert (so wie die Stelle dieses Mal auch ausgeschrieben war). Somit gibt der AG m.E. ja auch zu, dass die Tätigkeiten die EG 9a einzuordnen sind.

Schlimm, wie man selbst im ÖD um das kämpfen muss, was einem zusteht....

Carla

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #9 am: 15.06.2024 12:29 »
Danke für den Zwischenstand. Mich würde es freuen, wenn du uns weiter auf dem Laufenden hältst.

FearOfTheDuck

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #10 am: 15.06.2024 18:10 »
Ein neuer Mitarbeiter wird nicht eingruppiert, ein neuer Mitarbeiter ist aufgrund Tarifautomatik eingruppiert. Woher weißt du, dass die exakt gleiche Tätigkeit mit exakt den gleichen Zeitanteilen übertragen wurde?

kidicarus

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Antw:Stufenlaufzeit nach Höhergruppierung
« Antwort #11 am: 16.06.2024 09:50 »
Sorry für die falsche Ausdrucksweise  :-[ .
Es ist sogar so, dass der neue MA vermutlich größtenteils Aufgaben übernehmen wird, die niedriger als EG9a bewertet sind. Da ich die Bewertung meiner Arbeitsplatzbeschreibung kürzlich gelesen habe, weiß ich auch genau, welche meiner Tätigkeiten die EG9a begründen und welche nicht.

Das spielt aber doch für meine Stufenlaufzeit keine Rolle. Mir wurden seit Arbeitsbeginn vor drei Jahren keinerlei höherwertige Tätigkeiten übertragen. Ich führe genau die Tätigkeiten aus, die mir von Beginn an übertragen wurden und zwar mit den gleichen Zeitanteilen. Dass es sich bei meiner Stelle um einen "Irrtum" bei der Eingruppierung handelte, ist somit für mich eindeutig.

Ich halte euch auf dem Laufenden.