Autor Thema: [SH] Urkunde eines höheren Amtes erhalten  (Read 4554 times)

Casa

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Antw:[SH] Urkunde eines höheren Amtes erhalten
« Antwort #15 am: 03.07.2024 11:49 »
Hallo Casa, von A7 nach A9 würde aber gegen das Laufbahnprinzip verstoßen,  oder? A8 wäre ...hauptsekretär*in

Du hast aber Recht, ...Inspektor*in kann Endamt mD oder Einstiegsamt gD bedeuten.


Macht nichts. Die Ernennung ist dann zwar materiell rechtswidrig, aber nicht nichtig und auch nicht aufhebbar. Das ist auch gut so.
§§ 11, 12 BeamtStG sind die lex specialis zu §§ 48, 49 VwVfG (bzw. entsprechendes Landesgesetz).


Nichtigkeit:
Ich bediene mich hier der für das BeamtStG zutreffenden Literatur zum BBG und der Literatur zum BeamtStG.

Zitat
Diese strenge Formbindung nach dem Urkundenprinzip dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf die besonders starke Rechtsbeständigkeit des Beamtenstatus (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 17.6.2010, ES/A II 1.4 Nr. 197 mwN) und ist Ausfluss der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG ), nach denen es Aufgabe des Staates ist, das Statusrecht der Beamten durch Gesetz zu regeln (s. dazu näher Rn 14 ). Aufgrund dieser Formstrenge ist für die rechtliche Beurteilung, ob und welche allgemeine Rechtsstellung der Ernannte erlangt hat, allein auf den Wortlaut und den Inhalt der Ernennungsurkunde abzustellen.

Zitat
Die Regelungen über die Nichtigkeit oder die Rücknehmbarkeit einer Ernennung (§§ NDSBG § 18, NDSBG § 19 NdsBG; §§ BRRG § 8, BRRG § 9 BRRG) stellen für das Beamtenrecht spezielle Regelungen dar, die die Anwendbarkeit der §§ VWVFG § 44, VWVFG § 48 VwVfG ausschließen. §§ BRRG § 8 und BRRG § 9 BRRG wie §§ NDSBG § 18, NDSBG § 19 NdsBG sind Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes (Art. GG Artikel 33 GG Artikel 33 Absatz V GG) der “Rechtsbeständigkeit” bzw. der “gesteigerten Bestandskraft" der Ernennung, wonach im Interesse der Rechtssicherheit und der Ämterstabilität die Nichtigkeits- und Rücknahmetatbestände durch eine abschließende und erschöpfende Regelung beschränkt sein sollen. Dies gilt auch - wie noch darzulegen ist - für ernennungsähnliche Verwaltungsakte, auf die die Regelungen über die Nichtigkeit und Rücknehmbarkeit von Ernennungen entsprechend anwendbar sind.
BVerwG, Urteil vom 23.02.1989 - 2 C 25/87


Zitat
Wird versehentlich eine falsche Amtsbezeichnung (etwa aus einer anderen Laufbahn, für die der Bewerber nicht die notwendigen Qualifikationsvoraussetzungen besitzt) gewählt, ist ein solcher Fehler in einer Ernennungsurkunde grundsätzlich unschädlich. Es genügt, dass das verliehene Amt haushalts- und besoldungsrechtlich vorhanden ist. Wird es vom Dienstherrn unter Verkennung der Qualifikationsvoraussetzungen dem Beamten übertragen, so liegt weder ein Fall der Nichternennung vor noch ist die Amtsübertragung nichtig (BVerwGE 81, BVERWGE Jahr 81 Seite 282 = NVwZ 1989, NVWZ Jahr 1989 Seite 757).
BeckOK BeamtenR Bund/Thomsen BBG § 13 Rn. 8

Zitat
Bestimmt die Amtsbezeichnung in der Ernennungsurkunde das Amt nicht eindeutig, wird zB das übertragene Amt unter mehreren Besoldungsgruppen aufgeführt, so ist das Amt im Wege der Auslegung und der Heranziehung auch solcher Umstände zu ermitteln, die nicht in der Urkunde aufgeführt sind, zB der Einweisung in eine Planstelle (BVerwG NJW 1965, 1978).
Battis BBG/Battis BBG § 10 Rn. 12

Eine Nichtigkeit der Ernennung liegt sehr deutlich nicht vor.



Rücknahme der Ernennung:

Sprungbeförderung

Eine Rücknahme der Ernennung gem. § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG hat zu erfolgen, wenn eine durch Landesrecht vorgeschriebene Mitwirkung einer unabhängigen Stelle oder einer Aufsichtsbehörde unterblieben ist und nachgeholt wird (und der Landesbeamtenausschuss (LBA) der Sprungbeförderung nicht zustimmt). Der gem. seiner in § 94 Abs. 1 LBG SH in Betracht kommende LBA hätte bei der Beteiligung womöglich beteiligt werden müssen.
Gem. § 20 Abs. 2, 3 LBG SH ist eine Beförderung nicht zulässig vor Ablauf von einem Jahr seit der letzten Beförderung, es sei denn, dass das derzeitige Amt nicht durchlaufen zu werden braucht, Ämter die regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden. Der Landesbeamtenausschuss kann Ausnahmen von Absatz 2 zulassen.

Ich gehe davon aus, dass eine Beförderungssperre nicht vorliegt. Allerdings war das Amt A8 zu durchlaufen und wurde übersprungen, was der Mitwirkung des LBA bedarf. Insoweit hat nach Beteiligung des LBA und der Ablehnung der Sprungbeförderung eine Rücknahme der Beförderung zu erfolgen (VG München, Urteil vom 02.08.2023 – M 5 K 20.3287).

Wer den Antrag stellen kann ist für mich im Gesetz nicht offensichtlich. Aus dem Antragsformular ergibt sich allerdings, dass eine Behörde den Antrag stellen muss. Das ist insoweit schlüssig.

Beförderung zur Regierungsinspektorin ohne Laufbahnbefähigung für den gD
Für den Aufstieg kommen §§ 25-27a ALVO SH in Betracht. Für keine der dort vorgesehenen Aufstiegsmöglichkeiten gibt es Ausnahmen, über die der LBA zu entscheiden hätte (vgl. Anlage I zum Formular des LBA).
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/I/Service/Mitbestimmung/mitbestimmungsgremien/Downloads/AntragLandesbeamtausschuss.pdf?__blob=publicationFile&v=2

§ 17 LBG SH ist wegen der umfangreichen und damit höchstwahrscheinlich abschließenden Regelungen der §§ 25-27a ALVO SH für die bereits verbeamtete Frau im mD nicht einschlägig.

Hinzu kommt, dass in der Urkunde ein schlichter Schreibfehler bei der Bezeichnung Regierungsinspoektorin vorliegen kann.

Zitat
Wird versehentlich eine falsche Amtsbezeichnung (etwa aus einer anderen Laufbahn, für die der Bewerber nicht die notwendigen Qualifikationsvoraussetzungen besitzt) gewählt, ist ein solcher Fehler in einer Ernennungsurkunde grundsätzlich unschädlich. Es genügt, dass das verliehene Amt haushalts- und besoldungsrechtlich vorhanden ist. Wird es vom Dienstherrn unter Verkennung der Qualifikationsvoraussetzungen dem Beamten übertragen, so liegt weder ein Fall der Nichternennung vor noch ist die Amtsübertragung nichtig (BVerwGE 81, BVERWGE Jahr 81 Seite 282 = NVwZ 1989, NVWZ Jahr 1989 Seite 757).


Auf die Planstelle oder deren Einweisung kommt es, als haushalterische Gegebenheit, nicht an. Eine Nichtigkeit oder Rücknahme der Ernennung ist mangels Planstelle oder Einweisung in eine Planstelle nicht vorgesehen.



I. E. könnte eine Rücknahme gem. § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG nach der weiteren Maßgabe des § 12 LBG SH erfolgen.
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chriz86

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Antw:[SH] Urkunde eines höheren Amtes erhalten
« Antwort #16 am: 03.07.2024 12:01 »
Getreu dem Motto: Wer fragt bekommt auch Antworten. Ggf. einfach weitermachen und das Thema nicht ansprechen?

Casa

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Antw:[SH] Urkunde eines höheren Amtes erhalten
« Antwort #17 am: 03.07.2024 12:12 »
Zitat
Wir hatten mal einen ähnlichen Fall, allerdings nicht laufbahnübergreifend.
Aus unserem Ausbildungsjahrgang sollten nur die besten 25 verbeamtet werden.
Am Ende hatte man 26 Urkunden verteilt (verzählt) und versuchte krampfartig den versehentlich Verbeamteten dazu zu bringen, irgendwie auf sein Amt zu verzichten. Der war clever genug, sich nicht beirren zu lassen und ist heute noch Beamter.

Richtig so.


Zitat
Das hier ist ein völlig andere Fall und nicht im entferntesten ähnlich.
Wie bereits mehrfach genannt wurde ist die Ernennung nichtig.

Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt.



Zitat
Nr. 3 ist aber nicht einschlägig, wie Goldene Vier schon geschrieben hat.

§ 11
Nichtigkeit der Ernennung
(1) Die Ernennung ist nichtig, wenn
a)   nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine Ernennung erfolgen durfte und keine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 zugelassen war,

Eben. Die mangelnde Laufbahnbefähigung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG ist nicht in § 11 augeführt und damit kein Nichtigkeitsgrund.



Rechtsfolge der Rücknahme

Die Ernennung ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen. Die Folgen der Rücknahme richten sich teils nach §§ 116, 117a LVwg (vergleichbar §§ 48, 49a VwVfG Bund) und ebenso nach § 12 LBG SH mit Verweis auf § 11 Abs. 3 LBG SH.
Die der Ernannten oder dem Ernannten gewährten Leistungen können belassen werden.

Zitat
Bei der Ausübung des Ermessens muss der Dienstherr in die Abwägung einstellen, dass die rechtsfehlerhaft ernannte Beamtin oder der rechtsfehlerhaft ernannte Beamte ebenso wie wirksam ernannte Beamtinnen und Beamte ihre bzw. seine Arbeitskraft dem Dienstherrn tatsächlich zur Verfügung gestellt und ebenso Leistungen erbracht hat (BVerwGE 109, BVERWGE Jahr 109 Seite 365 = NVwZ 2000, NVWZ Jahr 2000 Seite 443).


Zitat
Als Ergebnis der Ermessensausübung wird deshalb in den meisten Fällen die grundsätzlich volle Belassung der gezahlten, dem vermeintlichen Beamtenverhältnis entsprechenden Bezüge nahe liegen. Zu beachten ist allerdings, dass dies nicht für Zeiträume gilt, in denen die oder der vermeintliche Beamte nicht gearbeitet hat. So hat es das BVerwG in dem von ihm entschiedenen Fall nicht beanstandet, dass die ab dem Zeitpunkt einer dauernden Erkrankung gezahlten Bezüge zurückgefordert wurden (BVerwGE 109, BVERWGE Jahr 109 Seite 365 = NVwZ 2000, NVWZ Jahr 2000 Seite 443).

Hier könnte die haushalterische Einordnung der der Stelle interessant werden, da nur eine Stelle mit Bewertung A9 eine Besoldung nach A9 rechtfertigt und die geleistete Arbeitskraft auf der A9-Stelle in die Ermessensentscheidung einzubeziehen wäre. Bei einer A8-Stelle ließe sich allenfalls darüber nachdenken die Differenz aus A8 zu A9 zurück zu fordern. Die Differenz aus der Besoldung gem. Statusamt A7 und Stelle A8 wäre der Beamtin voraussichtlich und sehr wahrscheinlich zu belassen.

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Casa

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Antw:[SH] Urkunde eines höheren Amtes erhalten
« Antwort #18 am: 03.07.2024 12:17 »
Zitat
Getreu dem Motto: Wer fragt bekommt auch Antworten. Ggf. einfach weitermachen und das Thema nicht ansprechen?


Ich kann keine Empfehlung abgeben. Einerseits kann der Dienstherr Fehler begehen (VG München a. a. O.) und die Beamtin verbleibt wegen Zeitablaufs für die Rücknahme gem. § 12 Abs. 1 S. 2 LBG SH in der A8, andererseits ist die Beamtin bei erfolgreicher Rücknahme wieder im Statusamt A7. Sie könnte jedoch zeitnah auf A8 befördert werden.
Sofern zeitnahe Ambitionen und Möglichkeiten der Beförderung auf die A9 bestehen, kann es zu Verzögerungen kommen, da die einjährige Beförderungssperre ab Beförderung auf A8 zu berücksichtigen ist, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 LBG SH.
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