Autor Thema: [NW] Dienstunfähigkeit in Probezeit wg. Post COVID/ME-CFS  (Read 8984 times)

Tisbea

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Hallo zusammen,

ich bin ziemlich am Ende und verliere gerade einfach die Hoffnung. Ich bin seit Februar 2023 fertig mit dem Referendariat und seit Mai 2023 an meiner Traumschule. Wurde auch auf Probe verbeamtet.

Seit Dezember 2023 bin ich an Long bzw. mittlerweile Post COVID (mit u.a. folgenden Symptomen: Fatigue, Schlafstörungen, Muskelschmerzen, Konzentrations- und Sprachprobleme, PEM, Schwindel, Nacken- und Kieferschmerzen, POTS, Herzrasen...mittlerweile auch mit psychischen Problemen wie einer Anpassungsstörung und Depressionen) erkrankt.

Nun habe ich heute den Anruf vom Personalrat erhalten, dass die Bezirksregierung mich zum Amtsarzt schicken möchte. Ich wusste, dass das irgendwann kommen würde, aber trotzdem hatte ich bislang die Hoffnung, doch noch zu genesen.

Da die Feststellung einer Dienstunfähigkeit ziemlich wahrscheinlich ist, frage ich mich, wie es dann weitergeht. Erhalte ich Arbeitslosengeld? Bürgergeld? Kann ich, falls sich herausstellt, dass ich arbeitsunfähig bin, in Frührente gehen? An wen kann ich mich wenden, wer kann mir helfen?

Für mich war das alles nie eine Option und ich bin komplett verloren. Vielleicht war jemand in einer ähnlichen Situation und kann mir weiterhelfen.

Lieben Dank und viele Grüße

Jenny
« Last Edit: 10.07.2024 17:23 von Admin »


Casa

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Wir wissen nicht, wie die Prognose des Gesundheitszustandes ist.

Bei Entlassung kommt Bürgergeld in Betracht.


Was wurde zur Verbesserung der Gesundheit getan? Es gibt ja mittlerweile einige spezialisierte Angebote für long Covid bzw. post Covid.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Tisbea

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Wir wissen nicht, wie die Prognose des Gesundheitszustandes ist.

Bei Entlassung kommt Bürgergeld in Betracht.


Was wurde zur Verbesserung der Gesundheit getan? Es gibt ja mittlerweile einige spezialisierte Angebote für long Covid bzw. post Covid.

Es kann keiner eine Prognose stellen. Manchen geht es nach sechs Monaten besser, manche brauchen zwei Jahre; bei anderen wird es chronisch. Ich höre seit Dezember, dass ich geduldig sein muss. Meine Geduld ist wirklich aufgebraucht.

Ich habe jeden möglichen Facharzt abgeklappert, war in der Klinik in der Neurologie, Physiotherapie, Infusionen, Schmerztherapie und bin jetzt in einer Privatpraxis untergekommen. Da konnte auch zum ersten Mal auf schwarz/weiß festgestellt werden, dass mein Immunsystem im Eimer ist und ich Entzündungen im Körper habe. Ich habe meine Ernährung umgestellt, um den Entzündungen entgegenzuwirken und nehme Schmerzmedikamente sowie etliche Vitamine/Mineralstoffe.

Casa

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Zitat
Ich habe jeden möglichen Facharzt abgeklappert, war in der Klinik in der Neurologie, Physiotherapie, Infusionen, Schmerztherapie und bin jetzt in einer Privatpraxis untergekommen. Da konnte auch zum ersten Mal auf schwarz/weiß festgestellt werden, dass mein Immunsystem im Eimer ist und ich Entzündungen im Körper habe. Ich habe meine Ernährung umgestellt, um den Entzündungen entgegenzuwirken und nehme Schmerzmedikamente sowie etliche Vitamine/Mineralstoffe.

Schau mal, ob du was an Kuren / Reha finden kannst. Dann kannst du zumindest eine Therapiemöglichkeit präsentieren, die deine gesundheitliche Situation, ggf. auch in den kommenden 6 Monaten, verbessern kann.
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clarion

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Hallo,

Es wäre gut zum Amtsarzttermin ein Schreiben vom behandelnden Arzt mitzubringen, in dem die Sachlage dargestellt  ist, aber auch dass noch nicht alle Therapieoptionen ausgereizt sind.

Wenn Du einen menschlichen Amtsarzt erwischst, gibt er oder sie Dir noch ein halbes Jahr, bevor er oder sie eine endgültige Prognose abgibt.

Im Worstcase wirst Du als Dienstunfähig eingestuft. Vermutlich hast Du die 5 Jahre Verbeamtung noch nicht um und daher keine Pensionsansprüche. Du würdest dann für die Zeit als Beamtin auch für die Zeit des Referendariats bei der Rentenversicherung nachversichert. Deine etwaigen Rentenansprüche werden aber auch nicht zum Leben reichen. Daher hoffe ich für Dich, dass Du eine gute Dienstunfähigkeitsversicherung hast.

Du solltest versuchen, dass Du einschließlich Ref auf ein Dasein von 5 Jahren als Beamtin kommst, dann gäbe es zumindest die Mindestpension. Alternativ wäre es anzustreben,  dass Du eine Teildienstunfähigkeit erreichst, dazu müsstest Du aber zumindest reduziert arbeiten können.

Wenn die Rente nicht reicht, kannst die Grundsicherung beantragen, die aber erst greift, wenn Du Dein Vermögen bis auf ein kleines Schonvermögen aufgebraucht hast.

LehrerInNRW

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Mal eine Verständnisfrage. Müssen 5 Jahre Dienstzeit oder eine Verbeamtung auf Lebenszeit vorliegen für einen Anspruch auf Mindestpension?

clarion

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Moin ich habe gerade im Beamtenversorgungsgesetz NRW nachgelesen. Das Referendariat zählt nicht zu den 5 Jahren, sondern erst ab BaP. 5 Jahre nach der Verbeamtung auf Probe dürfte man auch BaL sein.

Die 5 Jahres Grenze gilt nicht, wenn die Erkrankung als Dienstunfall anerkannt würde.

Ozymandias

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https://www.gew-hessen.de/details/ist-eine-erkrankung-an-covid-19-ein-arbeits-oder-dienstunfall

Hier gibt es Infos dazu, wann es ein Dienstunfall sein könnte.

Man ist in der Beweispflicht, zwecks der ursprünglichen Infektion.
Das dürfte finanziell noch die weicheste Landung in Anbetracht der Umstände sein.

Leider kann man sich nicht auf die gesundheitliche Genesung konzentrieren, sondern man sollte sich entweder bei der Gewerkschaft oder bei einem Anwalt Hilfe holen und alle notwendigen Anträge fristgerecht stellen.

Rentenonkel

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Grundsätzlich dient die Einladung zum Amtsarzt dazu, zu klären, ob eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme eine Dienstunfähigkeit verhindern kann bzw. die Dienstfähigkeit wieder herstellen kann.

Aus Gründen der Fürsorgepflicht sind die Aufwendungen für die erforderlichen gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit oder zur Vermeidung einer drohenden Dienstunfähigkeit, sofern keine anderen Ansprüche bestehen, vom Dienstherrn zu tragen (Rechtsgrundlage: § 35 Absatz 1 Landesbeamtengesetz -LBG NRW-). Zu den vorrangigen Ansprüchen zählt unter anderem auch die beamtenrechtliche Beihilfe.

Voraussetzung für eine Leistung im Rahmen des § 35 LBG NRW ist, dass vor Beginn der Maßnahme amtsärztlich bestätigt wurde, dass die Rehabilitationsmaßnahme geeignet ist, eine drohende Dienstunfähigkeit zu vermeiden bzw. die Dienstfähigkeit wiederherzustellen.

Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass der Amtsarzt zunächst die Durchführung einer Rehamaßnahme anregt. Erst nach Abschluss dieser Rehamaßnahme würde dann entschieden, ob Dienstunfähigkeit vorliegt. Danach kommt eventuell auch eine berufliche Reha in Betracht, wenn man zum Beispiel grundsätzlich noch als Beamtin einsetzbar ist, allerdings nicht mehr als Lehrerin.

Sollte die Rehamaßnahme (seitens der Beamtin) abgelehnt werden, kommt eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit gleichzeitiger Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in Frage.

Für den Fall der Entlassung könnte über die gesetzliche Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden. Allerdings ist es durchaus denkbar, dass man zwar dienstunfähig, nicht aber erwerbsgemindert ist. Die Voraussetzungen bei Erwerbsminderung und bei Dienstunfähigkeit sind unterschiedlich. Daher ist ein solcher Antrag ergebnisoffen.

Bis zum Ergebnis des Rentenantrages kommt grundsätzlich Bürgergeld in Betracht.

Soweit ist es allerdings noch nicht. Grundsätzlich hat der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu prüfen, ob er durch geeignete Rehamaßnahmen eine Dienstunfähigkeit verhindern kann. Daher geht es erstmal vermutlich in diese Richtung.

Tisbea

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Soweit ist es allerdings noch nicht. Grundsätzlich hat der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu prüfen, ob er durch geeignete Rehamaßnahmen eine Dienstunfähigkeit verhindern kann. Daher geht es erstmal vermutlich in diese Richtung.

Das beruhigt mich ungemein. Als nächster Schritt stand für mich sowieso eine Rehamaßnahme an, da alles andere bislang nicht geholfen hat. Ich war noch am Schauen, was sich da am besten eignet, da Post COVID immer noch ziemlich unerforscht ist und war mit den Angeboten noch ziemlich überfordert.

Zudem werde ich bei der GEW anfragen, beim Bezirkspersonalrat, werde dann vermutlich einen Antrag für einen Grad der Behinderung beantragen (nach Absprache) und meine Ärzte um einen Bericht über die Sachlage bitten.

Ich liebe meinen Beruf und ich werde nichts unversucht lassen. Es ist ja nicht so, dass sich in den letzten Monaten nichts getan hat, einige Sachen gehen besser, andere schlechter. Ich hoffe einfach nur, dass ich wieder Lehrerin sein kann und die Zeit bis dahin irgendwie überbrückt kriege. Es ist wirklich schwer, mit dieser Erkrankung irgendwie die Hoffnung zu behalten :-)

Danke an alle für die Antworten, das hat mir schon sehr weitergeholfen. <3

Rentenonkel

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Am 1. Juli 2024 startete das Land gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung Westfalen ein telefonisches Beratungsangebot für die Betroffenen von Long- und Post-COVID, Post-VAC und ME/CFS.

Mit der kostenlosen Hotline 0800/2381000 sollen Betroffene und ihre Angehörigen eine bessere Unterstützung erhalten und ausführlich zu vielfältigen sozialrechtlichen Themen wie Rente, Pflege und Leistungen der Krankenversicherung beraten werden. Es erfolgt keine medizinische Beratung.

Man kann dort anrufen und sich nach geeigneten Rehaeinrichtungen erkundigen. Vielleicht hilft das weiter.

dae123

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Moin ich habe gerade im Beamtenversorgungsgesetz NRW nachgelesen. Das Referendariat zählt nicht zu den 5 Jahren, sondern erst ab BaP. 5 Jahre nach der Verbeamtung auf Probe dürfte man auch BaL sein.

Die 5 Jahres Grenze gilt nicht, wenn die Erkrankung als Dienstunfall anerkannt würde.

Ich habe Folgendes gefunden:

§ 4
Entstehung und Berechnung des Ruhegehalts

(1) Ein Ruhegehalt wird nur gewährt, wenn die Beamtin oder der Beamte

1. eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet hat oder

2. infolge Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die sie oder er sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen hat, dienstunfähig geworden ist.

Die Dienstzeit berechnet sich ab dem Zeitpunkt der ersten Berufung in das Beamtenverhältnis und wird nur berücksichtigt, soweit sie ruhegehaltfähig ist. Zeiten, die kraft gesetzlicher Vorschrift als ruhegehaltfähig gelten oder nach § 9 als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, sind einzurechnen.


Meines Wissens sind die Zeiten des Referendariats ruhegehaltsfähig. Wieso sollten sie dann nicht bei der 5-jährigen Wartezeit berücksichtigt werden?

Zitat
Anzurechnen sind Dienstzeiten in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, auf Probe, auf Lebenszeit, und auf
Zeit bei einem öffentlich- rechtlichen Dienstherrn im Sinne des § 2 BeamtStG. Der Dienstzeit im Beamten-
verhältnis gleichgestellt sind u. a. Dienstzeiten im Richterverhältnis, die Zeit des vorgeschriebenen Vorberei-
tungsdiensts im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis.
Auch die Zeit eines früheren (z.B. durch Ablegen der Laufbahnprüfung oder Entlassung auf Antrag beende-
ten) Beamtenverhältnisses ist ruhegehaltfähig; das gilt auch dann, wenn hierfür Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung nachentrichtet wurden (Nachversicherung).

https://www.finanzverwaltung.nrw.de/sites/default/files/asset/document/ruhegehalt.pdf

Magda

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Dezember 2023 ist ja noch nicht so lang her. Das ist gerade Mal ein halbes Jahr.

Bei uns in der Behörde gibt es auch Fälle von befristeter Erwerbsunfähigkeit. Das könnte in deinem Falle ja evtl. zutreffen.

clarion

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Ich nehme alles zurück. Paragraph 6 nimmt Bezug auf bestimmte Beamte auf Widerruf, die nur vorübergehend bestimmte Aufgaben wahrnehmen.  Der klassische Vorbereitungsdienst zählt doch. Ich hatte nicht zusätzlich im Beamtenstatusgesetz nachgesehen, welche Beamten auf Widerruf nun genau gemeint sind.