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[Allg] Ist die Pension sicher?

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Mingara:
In einem langen Gespräch mit verbeamt. Kollegen haben wir darüber sinniert, wie "sicher" eigentlich die Pension einzustufen ist.

Damit ist gemeint: Gibt es Szenarien wie damals zur Schuldenkrise in Griechenland, bei denen im Rahmen von Staats- oder Haushaltskrisen Pensionen drastisch gekürzt werden? Oder sind die Beamtenpensionen gar rechtlich "geschützt" und müssen mehr oder weniger ausnahmslos garantiert werden? Würde eine radikale Änderung der Pensionsberechnung (z.B. Schnitt der gesamten Dienstjahre anstatt der letzten zwei Dienstjahre oder etwa 45 statt 40 Jahre Dienstzeit für 71,75 % o.Ä.) dann nach Jahrgängen gehen oder was wäre da das Prozedere?

Mir ist klar, dass die Frage naiv erscheinen mag, aber angesichts unruhiger Zeiten macht man sich eben seine Gedanken...schließlich liest man immer wieder, dass die Pensionen noch gar nicht finanziert sind und die Pensionseintrittswelle der sog. "Boomer" ja die Kosten des Staats exorbitant (oh Wunder?!) in die Höhe schnellen lassen. Evtl. ist ja jemand hier besonders bewandert mit der Thematik und kann zu dem Thema Stellung nehmen!

Danke vorab.

Taigawolf:
Rentenonkel wird hier sicher noch seine Expertise einbringen können.

Eigentlich gibt es ja auch die "Töpfe" für die Pensionen, die eigentlich geschützt sind. In der Realität wurden diese schon mehrfach für anderes geplündert. Und eigentlich ist auch unsere Alimentation grundgesetzlich geschützt...will ich nur mal so in den Raum werfen.

Gewerbler:
Interessante Frage und ich bin gespannt, was dazu noch so an Antworten kommt.

Grundsätzlich ist die Alimentation ja (indirekt) über Art. 33 im Grundgesetz verankert. Damit auch die Pensionen. Ob da jetzt radikale Änderungen möglich sind, halte ich für schwierig und würde eigentlich dann erwarten, dass es entsprechende Übergangsfristen gibt (denn man plant ja auch als Beamter mit dem derzeitigen Status).
Wie das künftige Regierungen (je nach Mehrheiten) so sehen und handhaben wird man sehen, das wäre ja Kaffeesatzleserei.

Ich bin nur der Meinung (Hoffnung?), dass wenn der Bund und die (reicheren) Länder irgendwann kein Geld mehr haben, um uns zu bezahlen (egal ob Angestellte oder Beamte), dass wir dann ganz andere Probleme im Land haben und es um existenzielle Fragen (Klima, Krieg,...) gehen dürfte.

Casa:
Im Rahmen des Haushalts und Einsparungen in hinreichend großem Umfang, können auch Beamten an den Einsparungen beteiligt werden. Das betrifft zumindest die Pensionen, eventuell auch die Besoldung während der aktiven Dienstzeit.

Grob überschlägig sehe ich keine Gefahr für Kürzungen > 10% der gezahlten Pensionen. Die Kürzung wäre auch nur vorübergehend.

Rentenonkel:
@Taigawolf: Wenn Du mir so eine Steilvorlage gibst, bleibt mir ja fast nichts anderes übrig, als meinen Senf dazu zu geben  ;)

Die im Grundgesetz verankerten „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ stellen das rechtliche Fundament für das Beamtenversorgungsrecht dar. Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Artikel 33 Abs. 5 GG und der Eigentumsgarantie nach Artikel 14 GG schuldet der Dienstherr dem Beamten im Ruhestand eine amtsangemessene Versorgung. Wegen dieser eigenständigen Sicherungen sind die Beamten nicht in die gesetzlichen Pflichtversicherungssysteme einbezogen. In der amtlichen Begründung des Entwurfs des Bundesbeamtengesetzes von 1951 (BT-Drs. 28/46) heißt es zu Einkommen und Altersversorgung der Beamten: „Die Höhe der Besoldung ist gerade mit Rücksicht auf die Versorgung niedrig gehalten."

So führt das BVerfG aus:

Versorgung und Besoldung sind Teilelemente des einheitlichen Tatbestands der Alimentation und schon bei Begründung des Richter- und Beamtenverhältnisses garantiert (vgl. BVerfGE 114, 258 <298>). Der Dienstherr ist gehalten, den Unterhalt der Richter und Staatsanwälte lebenslang – und damit auch nach Eintritt in den Ruhestand – zu garantieren (vgl. BVerfGE 76, 256 <298>; 114, 258 <298>). Dieser Verpflichtung kommt er gegenwärtig durch Bereitstellung einer Vollversorgung nach. Richter und Staatsanwälte haben ihre Altersversorgung und die ihrer Hinterbliebenen nicht selbst zu veranlassen (vgl. BVerfGE 39, 196 <202>; 114, 258 <298>); stattdessen sind die Bruttobezüge der aktiven Richter und Staatsanwälte von vornherein – unter Berücksichtigung der künftigen Pensionsansprüche – niedriger festgesetzt (vgl. BVerfGE 105, 73 <115, 125>; 114, 258 <298>). Kürzungen im Bereich des Versorgungsrechts haben zur Konsequenz, dass die Amtsträger einen größeren Teil ihrer Bezüge zum Zwecke der privaten Altersvorsorge aufwenden müssen, um nicht übermäßige Einbußen ihres Lebensstandards bei Eintritt in den Ruhestand hinnehmen zu müssen. Auch dies kann zu einer Unterschreitung der verfassungsrechtlich gebotenen Alimentation führen (vgl. BVerfGE 139, 64 <123 f. Rn. 123>; 140, 240 <291 f. Rn. 105>).

Dies beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf eine bestimmte Höhe und insbesondere auf den unveränderten Bestand von Besoldung und Versorgung. Der Gesetzgeber kann z. B. auf Grund demografischer, wirtschaftlicher oder gesamtgesellschaftlicher Veränderungen systemimmanent Umstellungen vornehmen.

Die Bemühung des Gesetzgebers, Ausgaben zu sparen, ist in aller Regel für sich genommen keine ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung der Beamten.

Die vom Dienstherrn geschuldete Alimentation ist keine dem Umfang nach beliebig variable Größe, die sich nach den jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand oder nach politischer Dringlichkeit bemessen lässt. Reformmaßnahmen in der Beamtenversorgung allein aus Haushaltsgründen oder fiskalischen Zwängen sind dem Gesetzgeber nicht erlaubt. Ebenso stellt ein Ansteigen der Versorgungsausgaben wegen zurückliegender Personalausweitungen keinen sachlichen Grund für Einschnitte dar. Die Anhebung der Altersgrenzen für den Pensionseintritt von 65 auf 67 Jahre war dagegen zulässig, da ja auch das gesetzliche Rentenalter aufgrund des demographischen Wandels angehoben wurde.

Einsparungen sind allerdings möglich, wenn es eine Staatskrise gibt und der Gesetzgeber insgesamt Einsparungen zur Haushaltskonsolidierung vornehmen müsste. Sonderopfer der Pensionäre oder Beamten wären aber nicht gleichheitsgerecht.

Hier führt das BVerfG aus:

Eine Einschränkung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation aus rein finanziellen Gründen kann zur Bewältigung einer der in Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG genannten Ausnahmesituationen jedoch in Ansatz gebracht werden, wenn die betreffende gesetzgeberische Maßnahme Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung ist, das anhand einer aussagekräftigen Begründung in den Gesetzgebungsmaterialien – gegebenenfalls unter ergänzender Heranziehung der im Rahmen eines Konsolidierungs- oder Sanierungshilfeverfahrens getroffenen Vereinbarungen – erkennbar sein muss (vgl. BVerfGE 139, 64 <125 f. Rn. 127>; 140, 240 <294 f. Rn. 110>; 145, 304 <325 f. Rn. 68>; 149, 382 <394 f. Rn. 19>). Ein solches Konzept setzt inhaltlich wenigstens die Definition eines angestrebten Sparziels sowie die nachvollziehbare Auswahl der zu dessen Erreichung erforderlichen Maßnahmen voraus (vgl. BVerfGE 149, 382 <399 Rn. 28>). Vor dem Hintergrund der Wertungen des Art. 3 Abs. 1 GG ist das notwendige Sparvolumen dabei gleichheitsgerecht zu erwirtschaften (vgl. BVerfGE 149, 382 <395 Rn. 19>).

Fazit: Nicht nur der Anspruch auf die Pension ist durch das Grundgesetz geschützt, sondern auch eine gewisse Höhe. Hierzu fehlt es bisher allerdings an belastbarer Rechtsprechung, da dieser Zweig der Alimentation bisher noch nicht vom BVerfG entschieden wurde.

Derzeit ist der Eingriff in das Versorgungsrecht für den Gesetzgeber nur unter strengen Auflagen und mit nachvollziehbaren Begründungen möglich. An dieser nachvollziehbaren Begründung sind in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit verschiedene Gesetze gescheitert.

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