Autor Thema: Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen  (Read 2644 times)

JohnDoe90

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Guten Tag,

ich habe bisher leider nichts passendes gefunden und unsere Personalabteilung und Personalrat waren bisher wenig hilfreich.
Wir arbeiten Vollzeit für einen öffentlichen Arbeitgeber in NRW nach TV-L, zusätzlich muss immer eine Person am Wochenende und Feiertagen alleine den Grundbetrieb sicherstellen, diese Stunden werden als Überstunden abgerechnet.
Nun hat unsere Sachbearbeitung beschlossen, da es einen Anordnungsplan gibt in dem die Wochenenden und Feiertage pro Person 6 Monate im voraus zugeteilt sind, es sich um dienstplanmäßige Überstunden handelt und es keine Zulagen für Überstunden (bis 9b 30% ab 10 15%) mehr gibt.
Ich kann leider keine konkrete Definition für den Begriff "dienstplanmäßige Überstunden" finden, denke aber dass die Einordnung unserer Personalabteilung nicht korrekt ist, da wir ausserhalb des festgelegten Arbeitszeitenkorridors (Mo-Fr 6:30 bis 19:00) arbeiten und auch zusätzlich zu unseren Vollzeitstunden arbeiten. Wir können monatlich wählen, ob die Stunden monetär ausgezahlt werden oder auf unser Zeitkonto gutgeschrieben werden, mit Bearbeitungsfristen von mehreren Wochen können wir diese also auch nicht bis zum Ende der Folgewoche direkt ausgleichen.

Kann hier jemand weiterhelfen? Wenn dies korrekt ist, könnte ja jeder Arbeitgeber sich so relativ simpel um die Zulage drücken, oder nicht?

Viele Grüße und vielen Dank.

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #1 am: 28.08.2024 19:16 »
Überstunden sind danach die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.

Das bedeutet: wenn der AG einen Dienstplan aufstellt und innerhalb dieses Dienstplans die 39.x Stunden anders verteilt, sind dies keine Überstunden, sondern nur eine andere Verteilung der Arbeitszeit da. Er muss die 39.x Stunden nur im Schnitt eine Jahres (nicht Kalenderjahres) erreichen. Erreicht er Sie nicht muss nur eine Auszahlung der Stunden erfolgen, jedoch ohne einen Überstundenzuschlag.


MoinMoin

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #2 am: 28.08.2024 19:34 »
Witzige Begründung, den Dienstplan mäßige Mehrarbeit sind halt Überstunden:
Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Absatz 1) für die Woche dienstplanmäßig beziehungsweise betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden
Kalenderwoche ausgeglichen werden.


Wenn der Ag also keine Überstunden produzieren will, denn muss er per Dienstplan dafür sorgen das die Personen die am Wochenende arbeiten per Dienstplan die Tage Mo-Fr in dieser Woche weniger arbeiten, damit sie keine Mehrarbeit produzieren.
Da ihr aber unter der Woche Gleitzeit habt und keinen fixen Dienstplan für Mo-Fr wollte, gibt es nach meinem befinden für den Ag die Möglichkeit einer Anpassung der Sollarbeitszeit von Mo-Fr für diese Woche (und ich denke das meint die PA).
Dann sind die Stunden die Ihr am WE macht dienstplanmäßige Stunden (also keine ÜStunden, und es gibt nur WE Zuschläge) und die Stunden die über der (reduzierten) Sollarbeitszeit innerhalb der Woche macht normale Gleitzeitstunden.

So würde da ein Schuh draus, denke ich. Ob man das so machen kann, also einerseits fixe Arbeitszeiten vorgeben und andererseits normale Gleitzeit, weiß ich nicht.
Aber ich habe das Gefühl, dass wenn ihr dagegen angeht, der Ag auf dumme Gedanken kommt und ein starres Korsett euch überstülpt, damit es keine ÜStunden gibt.

Nicht schön, aber ich denke die Denke der Personalabteilung ist nachvollziehbar und im Kern korrekt.
So rein hypothetisch. Wenn die Woche am Samstag anfangen würde und ihr Dienstplan mäßig dort schon 2x8 h gearbeitet habt, dann würde man die 2x 8 h Stunden, die man am Do/Fr in seiner normale Gleitzeit macht, nicht als angeordnete Überstunden empfinden.

JohnDoe90

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #3 am: 28.08.2024 19:59 »
Hallo,
vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Es sind eigentlich bewusst angeordnete Überstunden, die wir monatlich einreichen müssen. Hier ist uns freigestellt wie wir diese abrechnen, entweder als Freizeitausgleich oder aber monetär. Das System sieht den Ausgleich in der folge Woche also gar nicht zwingend vor.
Da ich mir die Stunden nicht auf das Gleitzeitkonto anrechnen, sondern Auszahlen lasse, kann ich diese gar nicht nachträglich ausgleichen, da diese dort gar nicht existieren.
Unser Gleitzeitsystem sieht die Stunden auch gar nicht als Arbeitszeiten an, diese werden immer erst als außerhalb des Arbeitszeitenfenster gebucht und müssen freigeschaltet werden, wenn man den Freizeitausgleich wählt.
Deshalb ist es für mich so schwierig diese Entscheidung nachzuvollziehen, denn wir erfüllen eigentlich alle Anforderungen für Überstunden. Unsere PA hat halt beschlossen, dass der Anordnungsplan ein Dienstplan ist und lässt alles andere außen vor.

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #4 am: 28.08.2024 20:19 »
Nein. Arbeitsstunden, die dienstplanmäßig geplant wurden, sind keine (zuschlagspflichtigen) Überstunden.

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #5 am: 28.08.2024 20:24 »
Begriff der Überstunde
Der Begriff der Überstunde ist in § 7 Abs. 7 TVöD geregelt und wird unter dem Stichwort "Arbeitszeit" ausführlich erörtert. Kurz zusammengefasst kann eine Arbeitsstunde erst dann eine zuschlagspflichtige Überstunde sein, wenn die folgenden 4 Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Eine Arbeitsstunde geht über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinaus.

Dieses Merkmal ermöglicht eine flexible Einteilung saisonal ungleichmäßig anfallender Arbeit, da der Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erst innerhalb eines Jahres (Jahresausgleichszeitraum gem. § 6 Abs. 2 TVöD) erreicht sein muss.

2. Die Arbeitsstunde wird vom Arbeitgeber angeordnet.

Von den Beschäftigten "selbst angeordnete" Arbeitsstunden erfüllen somit nicht den Begriff der Überstunde; Kontenstände im Rahmen von flexiblen Arbeitszeitmodellen (Gleitzeit, variable Arbeitszeit) stellen mangels Anordnung in aller Regel keine Überstunden dar.

3. Die Arbeitsstunde wird nicht bis zum Ende der auf ihre Anordnung folgenden Kalender­woche ausgeglichen.

Dieser gegenüber dem früheren Recht verlängerte Ausgleichszeitraum für die Entstehung einer Überstunde ermöglicht gerade im Bereich der früheren Arbeiter-Regelungen eine deutlich erhöhte Flexibilität.

4. Die Arbeitsstunde liegt nicht innerhalb einer/eines durch Dienst- oder Betriebsvereinbarung geltenden täglichen Rahmenzeit oder wöchentlichen Arbeitszeitkorridors. Die Arbeitsstunde wird auch nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit geleistet.

Die beiden "neuen" Arbeitszeitmodelle Rahmenzeit und Arbeitszeitkorridor ermöglichen auf der Grundlage einer Betriebs-/Dienstvereinbarung weitere Flexibilität. Der Begriff der Überstunde ist für die Fälle der Festlegung eines Arbeitszeitkorridors nach § 6 Abs. 6 TVöD, der Einführung einer täglichen Rahmenzeit nach § 6 Abs. 7 TVöD sowie von Wechselschicht- und Schichtarbeit in § 7 Abs. 8 TVöD abweichend geregelt. So sind im Falle der Festlegung eines Arbeitszeitkorridors nur die Arbeitsstunden Überstunden, die über 45 Stunden oder über die vereinbarte Obergrenze hinaus angeordnet sind. Im Falle der Einführung einer täglichen Rahmenzeit sind die Arbeitsstunden Überstunden, die außerhalb der Rahmenzeit angeordnet worden sind.

Quelle: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/ueberstundenmehrarbeit_idesk_PI13994_HI1410914.html

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #6 am: 28.08.2024 20:27 »
Insbesondere der Punkt 1 ist entscheidend.

Beispiel:
AG stellt folgenden Dienstplan auf:
Mo. Bis Sa. 10 Stunden, Sonntag Frei
Zuschlagspflichtige überstunden: 0
Jedoch müssen die 20 Stunden "plus" (überplanung) innerhalb eines Jahres (nach entstehen) ausgeglichen werden, ansonsten müssen Sie - ohne Zuschlag!- Mit dem individuellen Stundensatz ausgezahlt werden.

MoinMoin

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #7 am: 28.08.2024 21:16 »
Wer muss ausgleichen, dass ist doch hier die Frage.
Und so wie ich es verstehe, wird hier eben nicht nach Dienstplan ausgeglichen.
Sondern es wird regelmäßig Mehrarbeit angeordnet und dem AN es überlassen während seiner Gleitzeit es abzubauen oder auszuzahlen.

ich  finde das haut so nicht hin.
Denn hier klingt es nach, ich nenne die angeordnete Mehrarbeit Dienstplan und schon nix mit Üstunden?

McOldie

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #8 am: 28.08.2024 21:37 »
Ich verstehe den Sachverhalt so, dass der Fragesteller vollbeschäftigt ist und obendrauf zusätzliche Arbeitsstunden, deren Lage frühzeitig bekannt gegeben werden. Er leistet also mehr als die 39 Stunden/Woche. Insoweit liegen Überstunden vor, die nach den Regeln des TV-L zu vergüten sind. Der TV-L sagt aber auch, dass diese Überstunden vorrangig durch Freizeit auszugleichen sind.
Ich finde dieses Vorgehen allerdings unverständlich und kann auch den PR nicht verstehen, dass er duldet, dass die Mitarbeiter regelmäßig über Gebühr beansprucht werden.
Vielmehr sollte ein Dienstplan aufgestellt werden, der die Wochenendarbeit im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (39 Std) einschließt. So wären nur die Zeitzuschläge für Samstags- und Sonntagsarbeit zu zahlen. Dieses wäre auch in die Gleitzeitregelung einzubauen.

MoinMoin

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #9 am: 29.08.2024 06:47 »
Ich verstehe den Sachverhalt so, dass der Fragesteller vollbeschäftigt ist und obendrauf zusätzliche Arbeitsstunden, deren Lage frühzeitig bekannt gegeben werden. Er leistet also mehr als die 39 Stunden/Woche. Insoweit liegen Überstunden vor, die nach den Regeln des TV-L zu vergüten sind. Der TV-L sagt aber auch, dass diese Überstunden vorrangig durch Freizeit auszugleichen sind.
Ich finde dieses Vorgehen allerdings unverständlich und kann auch den PR nicht verstehen, dass er duldet, dass die Mitarbeiter regelmäßig über Gebühr beansprucht werden.
Vielmehr sollte ein Dienstplan aufgestellt werden, der die Wochenendarbeit im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (39 Std) einschließt. So wären nur die Zeitzuschläge für Samstags- und Sonntagsarbeit zu zahlen. Dieses wäre auch in die Gleitzeitregelung einzubauen.
Richtig, entweder der AG bestimmt wann wie wo der An arbeitet und die Gleitzeit ist futsch.

Oder AG weißt an, dass der AN in den Wochen in den er WE Arbeit dienstplanmäßig verrichten muss, in den Tagen Mo-Fr nur x h Sollarbeitsstunden zu verrichten hat. Er also seine Gleitzeit so zu gestallten hat, dass er in dieser Woche von Mo-So nicht die regelmäßige Arbeitszeit überschreitet und keine Überstunden anfallen.
Alternative: Er weißt darauf hin, dass diese Stunden eben nicht zu Überstunden führen, sondern Gleitzeitstunden sind.

KingTut

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #10 am: 29.08.2024 08:40 »
Also ist das "neue" Vorgehen grundsätzlich korrekt - aber was ist mit "betrieblicher Übung"?
Gibt es eventuell ein Anrecht auf den (über-/außertariflichen) Überstundenzuschlag, weil dieser bisher gezahlt wurde?

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #11 am: 29.08.2024 08:43 »
Also ist das "neue" Vorgehen grundsätzlich korrekt - aber was ist mit "betrieblicher Übung"?
Gibt es eventuell ein Anrecht auf den (über-/außertariflichen) Überstundenzuschlag, weil dieser bisher gezahlt wurde?

Betriebliche Übung + öffentlicher Dienst = kannst Du Dir ausm Kopf schlagen

KingTut

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #12 am: 29.08.2024 08:48 »
Also ist das "neue" Vorgehen grundsätzlich korrekt - aber was ist mit "betrieblicher Übung"?
Gibt es eventuell ein Anrecht auf den (über-/außertariflichen) Überstundenzuschlag, weil dieser bisher gezahlt wurde?

Betriebliche Übung + öffentlicher Dienst = kannst Du Dir ausm Kopf schlagen

Ok, schade, danke für den Hinweis!

TVOEDAnwender

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Antw:Tv-L dienstplanmäßige Überstunden Zulagen
« Antwort #13 am: 29.08.2024 08:55 »
Zitat
Die dargestellten Grundsätze der betrieblichen Übung gelten nach der Rechtsprechung des BAG für die Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes nicht uneingeschränkt. Dort kann ein Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres aus der mehrmaligen Gewährung einer Vergünstigung auf einen entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers schließen. Das hat seinen Grund darin, dass die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien und Verordnungen, vor allem durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber anders als private Arbeitgeber gehalten sind, sich bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse an die Mindestbedingungen des Tarifrechts und der Haushaltsvorgaben zu halten. Im Zweifel gilt Normvollzug. Ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst muss deshalb grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Eine abweichende langjährige Übung kann nur bei Vorliegen zusätzlicher besonderer Umstände als Bindungswille gewertet werden.

Quelle: https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/ansprueche-aus-betrieblicher-uebung-26-oeffentlicher-dienst_idesk_PI42323_HI568622.html