Autor Thema: Wie funktioniert die sog. Bestenauslese bzw. das Punktesystem?  (Read 1766 times)

Pyrate

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Hallo zusammen,

ich habe mich hier im Forum durch die Einträge zur "Bestenauslese" geklickt und bei Google recherchiert. Die Infos, die man zur sog. Bestenauslese findet, sind recht allgemein gehalten. Gibt es irgendwelche Quellen, wo man etwas mehr dazu erfährt z.B. einen Leitfaden oder einen Anwendungserlass?

Der Hintergrund ist, dass ich einen Weg in den öD einschlagen will und mich auf die Bewerbungs- und Auswahlverfahren vorbereiten möchte.

Konkrete Fragen ergeben sich z.B. zu:

- Wie stark wird der Lebenslauf gewichtet (im Vergleich zum Vorstellungsgespräch bzw. AC)?
- Wie funktioniert das Punktesystem konkret, wie wird z.B. die Abschlussnote eines Studiums bewertet oder Arbeitszeugnisse?
- Wie und für was werden im Vorstellungsgespräch Punkte vergeben?

Letztere Frage stelle ich mir besonders schwierig vor. Was sind denn gute (mehr Punkte) und was sind denn schlechte (weniger Punkte) Antworten auf so Fragen wie "Was haben Sie für Schwächen?", "Was war ihre größte Herausforderung" usw.

Ich fände es sehr hilfreich hier mehr Transparenz zu erhalten bzw. ein Gefühl dafür zu haben, wie das im öD funktioniert. Auch spannend in Bezug auf Konkurrentenklagen etc.

Wenn ihr also dazu beitragen könnt, wäre ich euch dankbar!

SamFisher

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Da es mehr als 10.000 Arbeitgeber im öD gibt, gibt es da auch keinen einheitlichen Standard.

Da Du im Bund gepostet hast, ein paar Ehrfahrungen aus Bundesbehörden. Ein einheitliches Punktesysteme gibt es nicht. Jede Behörde kann die Bewertungen nach eigenem Ermessen vornehmen, sie müssen nur im Auswahlvermerk gut, konsistent und nachvollziehbar begründet werden. Hierbei sind Fakten natürlich besser als Nasen, aber gerade bei den Soft-Skill-Fragen sind Fakten oft nicht so einfach zu belegen.

Angaben im Beschwerbungsschreiben dienen primär dazu, die Formalkriterien zu prüfen und bei einer großen Bewerberlage absolut ungeeignete Kandidaten sofort auszuschließen. Nach meiner Erfahrung sind die Ausschlüsse dann aber absolut offensichtlich, da auch diese einer Überprüfung stand halten müssen. Im Zweifel lieber einladen und dann mit langer Begründung nach dem Gespräch ablehnen.

Die Bedeutung von Arbeitszeugnissen wird mittlerweile komplett unterschiedlich bewertet. Ich lese diese und mache mir ein grobes Bild des Menschen, dass ich dann im Gespräch kritisch (sonst droht eine selbsterfüllende Prophezeihung) auf den Prüftstand stelle. Mein Chef liest die Dinger gar nicht, unser Abteilungsleiter lernt sie auswendig.

Je nach Stelle kann das Auswahlverfahren auch mehrstufig ablaufen. In dem Bundesministerium, in dem ich war, musst ich einen Aufsatz schreiben, einen schriftlichen und mündlichen Englishtest absolvieren, einen Kurz-Vortrag halten und dann noch das Auswahlgespräch. Das war am Ende ein ganzer Tag und wurde in den Jahren danach zum Glück recht deutlich eingeschrumpft, weil es keine Bewerber für Stellen in der IT gab. Bei den Referenten war aber ein Online-Assesment und dann noch mehrere Gespräche üblich. Das waren aber auch schon mal 300 Bewerbungen.

Eventuell kommen auch psychologische Gutachten dazu oder intensive Motivationsfragen. Das macht z.B. die Bundeswehr und auch manche Nachrichtendienste. Und das ist auch wichtig, denn die BW braucht keine Kandidaten, die dann in der ersten Woche feststellen, dass Waffen da nicht nur zum Spaß sind.

Ich kenne aber auch kleine Behörden, in denen alles in einem einzigen Gespräch abgehandelt wird.

In einem Gespräch gibt es i.d.R. ein strukturiertes Interview, d.h. jeder Bewerber bekommt die gleichen Fragen. Hier kann es auch einen Teil geben, in denen konkret Themen aus dem Lebenslauf hinterfragt werden.

Pauschal richtige Antworten gibt es daher auch oft nicht. Offen und ehrlich reden ist wichtig, denn die Auswahlkommission hat meist genug Erfahrung, um Lügner und Aufschneider zu erkennen.

Wie und welche "Punkte" es gibt, wird nicht offen kommuniziert. Im Ministerium gab es 1 bis 5 Punkte pro Kapitel im Auswahlgespräch, und 1 bis 5 Punkte für die anderen Aufgaben (Aufsatz, Vortrag, etc.), wobei 5 die Bestnote war. Hier gibt es aktuell Punkte pro Frage, am Ende wird aber wieder pro Abschnitt summiert.

Pyrate

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Danke für die umfangreiche Antwort, die mich im Verständnis des Prozesses deutlich weiter bringt!

Eins fällt mir aber noch ein: im Gespräch sitzen einem ja gut und gerne fünf oder mehr Personen ggü. Personaler, Fachleute (bspw. aus dem Referat), Gleichstellungsbeauftragte usw.

Bewerten die alle alles oder z.B. nur die Personaler die Standardfragen und die Fachleute die Fachfragen?

Wie schaut das aus, wenn das Ganze sogar in einer Gruppe mit anderen Bewerbern durchgeführt wird?

FearOfTheDuck

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Ich glaube, du musst dir das oftmals viel weniger strukturiert vorstellen.  Wie SamFisher schon schrieb, gibt es unzählige AG, die mitunter recht unterschiedlich ihre Bewerbungsverfahren aufbauen und ausführen, auch was die Qualität angeht.

Mach dir daher nicht zuviel Kopp darum, wie das Ganze aufgebaut ist.

clarion

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Hallo Pyrate,

Jeder AG handhabt das anders. Außerdem hängt es vom Job ab. Bei einer Führungskraft macht man evt. sogar ein zweitägiges Accessmentcenter, während dieselbe Organisation den Hausmeister durch ein einziges halbstündiges Gespräch auswählt.

Die schriftliche Bewerbung ist nur der Türöffner und dient dazu, offenkundig ungeeignete Personen auszusieben. Entscheidend ist deine persönliche Vorstellung im Bewerbungsverfahren. Wie die Bepunktung abläuft, ist hochgradig  individuell. Manche Organisationen bereiten aufwändige Bewertungsmatrizen vor und andere machen Notizen auf einem Schmierzettel.

Das Auswahlgremium ist meiner Erfahrung nach eine recht homogene Gruppe, die alle schon durch die betrieblichen Abläufe eingenordet sind, so dass die Auswahlentscheidung häufig eine einstimmige Entscheidung ist, da die Bewertungen der einzelnen Personen nur in Nuancen unterschiedlich ist.


Umlauf

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Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte schauen in erster Linie nach der Gleichbehandlung der Kandidaten.
Der Personaler macht bei uns lediglich das Vertragliche. Da wir sehr technisch sind, können sie fachlich weniger drauf schauen, haben aber das formale Sagen.
Ein bis zwei Fachleute aus der betreffenden Org.-Einheit machen bei uns den fachlichen Teil. Diese liefern dann auch den eigentlichen Teil für den Auswahlvermerk.
Wie das Ganze bewertet wird bzw. wie das Auswahlverfahren aussieht, hängt von der Stelle und der Org.-Einheit ab. Ist aber im jeweiligen Verfahren immer gleich. Deswegen müssen auch interne Bewerber bei externen Stellenausschreibungen alle Fragen des Fragekatalogs beantworten.

Falls im Vorfeld ein Kandidat auch für andere technische Bereiche in Frage kommt, kann von dieser OE jemand dazukommen. Das kommt bei uns gelegentlich vor.

Stempelritter

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Bestenauslese ist, wenn die Besten auslesen  ;D