wenn ich die Nebentätigkeitsverordnung NRW richtig verstanden habe, dann wäre eine freiberufliche Notarzttätigkeit neben einem Amt nach entsprechender Genehmigung grundsätzlich möglich, sofern sich diese in einem zeitlichen Rahmen von bis zu 20% der wöchentlichen Arbeitszeit bewegt. Korrekt?
Richtig.
Gilt dies auch für eine privatärztliche Tätigkeit, wenn das Hauptamt nicht in einem Krankenhaus ausgeübt wird (vgl. §8)?
Ich sehe nicht, dass § 8 NVO NRW einschlägig wäre. Oder ist der Arzt hier im Fall ein leitender Arzt (Chefarzt, Abteilungsarzt)?
Zudem bitte § 8 Abs. 5 NVO NRW beachten.
(1) Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist jede im Dienst des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes, einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen ausgeübte Nebentätigkeit; ausgenommen ist die Tätigkeit für Kirchen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder ihre Verbände.
Als Dienst gilt auch die Tätigkeit auf Grund eines Vertragsverhältnisses, unabhängig davon, ob der Beamte selbst Vertragspartner ist oder eine natürliche oder eine juristische Person des Privatrechts oder eine Gesellschaft, für die der Beamte tätig oder an der er beteiligt ist.
(2) Einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst steht gleich jede Nebentätigkeit für
1. Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Kapital (Grundkapital, Stammkapital) sich unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 vom Hundert in öffentlicher Hand befindet oder fortlaufend in dieser Höhe aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden,
2. zwischenstaatliche oder überstaatliche Einrichtungen, an denen eine juristische Person oder ein Verband im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Halbsatz 1 durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist,
3. natürliche oder juristische Personen, die der Wahrung von Belangen einer juristischen Person oder eines Verbandes im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Halbsatz 1 dient oder die der Beamte im Hinblick auf seine dienstliche Stellung ausübt.
§ 3 Nebentätigkeitsverordnung NRW.
strong2:
Wenn Du die Tätigkeit auf eigene Rechnung ausübst, wirst Du NICHT im öffentlichen Dienst tätig und unterliegst grundsätzlich keiner Verdienstobergrenze. Anders wäre es beispielsweise, wenn der Landrat Vorsitzender des Aufsichtsrats der kreiseigenen Krankenhaus gGmbH wäre und für den Vorsitz eine Vergütung erhielte. Denn dann wäre der Vorsitz verbunden mit seinem Amt als Landrat.
ti86:
Gilt dies folglich dann für jede Form der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit?
strong2:
Die Sonderkonstellation eines (Chef-)Arztes, der auf eigene Rechnung im "eigenen" Krankenhaus/Uniklinik bzw. innerhalb einer Konzerngliederung tätig wird, möchte ich ausklammern, denn da kommt es sehr auf die Konstellation des Einzelfalls an. Aber wenn Du z. B. als Leiter des Gesundheitsamtes in Stadt X im Rahmen einer Nebentätigkeit Notdienst im Kreiskrankenhaus im Landkreis Y ausübst, geschieht das nicht IM öffentlichen Dienst, sondern lediglich auf eigene Rechnung FÜR den öffentlichen Dienst bzw. gegenüber diesem.
Gerade wegen § 3 Abs. 2 Nr. 3 NVO NRW könnte eine Tätigkeit als freiberuflicher Arzt in einem Krankenhaus eine Tätigkeit im öD im Sinne von § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 NVO NRW darstellen.
Exkurs zu den privaten Unternehmen, die als öD gelten:
Das private Unternehmen muss von der öffentlichen Hand wirtschaftlich beherrscht werden und die Vergütung muss jedenfalls mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Hand finanziert werden (sa BVerwG NVwZ-RR 2011, 739; Schnellenbach/Bodanowitz, § 8 Rn. .
Ich glaube zudem, dass strong2 (letztes Zitat von ihm hier) die Abgrenzung zwischen Nebentätigkeit und Nebenamt in Blick hatte.
Dazu ein kurzer und grober Exkurs:
Nebentätigkeit = jede Tätigkeit, die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird. Die Tätigkeit kann ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung sein.
Nebenbeschäftigung = jede Tätigkeit die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird,
im öD und außerhalb des öD.Nebenamt = jede Tätigkeit die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird,
im öD.
Das Nebenamt umfasst wie ein Hauptamt nur Aufgaben, die ein Dienstherr einem Beamten im Rahmen seiner Organisationsgewalt übertragen kann und nicht organisatorisch einem Hauptamt zugeordnet sind, aber zugeordnet werden könnenAusführungen zur Nebentätigkeit vgl. Battis, BBG, 6. Auflage 2022, § 97 Rn. 8-11
Sehe ich es zudem richtig, dass eine Abführung etwaiger Verdienste an den Dienstherrn nur dann erfolgen muss, wenn diese aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst resultieren?
Erst einmal müssen wir prüfen, ob der Beamte mit Nebentätigkeit im öD überhaupt eine Vergütung beanspruchen kann. Für eine Nebentätigkeit im öD darf der Beamte nur dann vergütet werden, wenn er zur Übernahme dieser Nebentätigkeit nicht verpflichtet werden kann, § 12 Abs. 2 Nr. 6 NVO NRW. Hier sind wir also wieder bei der Frage angelangt, liegt eine Tätigkeit im öD vor (zu der der Beamte und Arzt verpflichtet werden kann)?
In Kürze bedeutet o. g., der Dienstherr kann den Beamten zur Übernahme einer Nebentätigkeit im öD verpflichten und ihn für die Zeit freistellen bzw. wird die Tätigkeit als Nebenamt ausgeführt. Tut er dies nicht bzw. besteht kein Nebenamt, besteht ab der Einkommensgrenze aus § 13 Abs. 1 NVO NRW eine Abführungspflicht, sofern keine Ausnahme vorliegt.
Ausnahme könnte hier § 14 Abs. 1 Nr. 5 NVO NRW sein.
Bei einem Notarzt in Nebentätigkeit dürfte aber schon keine Abrechnung nach GOÄ vorliegen. Zudem sind diese sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021_26.htmlMit § 14 Abs. 1 Nr. 5 NVO NRW kann meines Erachtens nicht gemeint sein, dass der Arzt über Umwege (Arbeitgeber) aus Gebühren nach GOÄ bezahlt wird. Andernfalls würde jedwede ärztliche Tätigkeit, die durch Gebühren nach GOÄ direkt oder indirekt "bezahlt" wird, unter diese Ausnahme fallen.
Bleibt noch der Arzt mit eigener Praxis oder ein Arzt, der sich in eine Einrichtung (Krankenhaus) einmietet und auf eigene Rechnung tätig wird. Bei Einmietung (KH) o. Ä. ist zu beachten, dass eine organisatorische Eingliederung des Arztes in die Einrichtung vorliegen kann, was gegen eine Tätigkeit mit eigener Abrechnung nach GOÄ sprechen kann. Oder kann ein Arzt ggü. Patienten selbst nach GOÄ abrechnen, obwohl er für dieselbe Tätigkeit faktisch angestellter Arzt ist und einen Vergütungsanspruch ggü. der Einrichtung / dem Arbeitgeber hat? Ich kenne mich in der Abrechnungspraxis von Ärzten zu wenig aus.
Bei Einkommen aus Arztpraxen / Einrichtungen,
die nicht dem öD zuzuordnen sind, besteht keine Einkommensgrenze ab der eine Ablieferungspflicht besteht. Zudem kann eine andere Tätigkeit im öD gewählt werden (Gutachter etc.), um nicht der Ablieferungspflicht zu unterfallen.
Würde die Tätigkeit als Honorarnotarzt in diesem Zusammenhang auch dann als öffentlicher Dienst gewertet, wenn dies beispielsweise für ein Kreiskrankenhaus xy gGmbH erfolgt, bei welchen der Landkreis als Träger fundiert (vgl. §3 Abs. 2)?
Siehe Exkurs zum privaten Unternehmen oben und zuvor Genanntes.
Zudem: Was heißt der Landkreis ist der Träger?
Für eventuell Schreibfehler im Text möge man mir verziehen, es ist spät. ;-)