Autor Thema: Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt  (Read 701 times)

ti86

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 22
Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« am: 29.11.2024 21:09 »
Hallo zusammen,

wenn ich die Nebentätigkeitsverordnung NRW richtig verstanden habe, dann wäre eine freiberufliche Notarzttätigkeit neben einem Amt nach entsprechender Genehmigung grundsätzlich möglich, sofern sich diese in einem zeitlichen Rahmen von bis zu 20% der wöchentlichen Arbeitszeit bewegt. Korrekt? Gilt dies auch für eine privatärztliche Tätigkeit, wenn das Hauptamt nicht in einem Krankenhaus ausgeübt wird (vgl. §8)?

Zudem gilt bei ärztliche Verrichtungen lt. §14 keine Obergrenze für den Zuverdienst. Ist dies auch dann zutreffend, wenn nicht mit dem Patienten nach GOÄ, sondern mit einem Krankenhaus, für welches die Notarzttätigkeit erbracht wird, nach Stundensatz bzw. Einsätzen abgerechnet wird?

Sehe ich es zudem richtig, dass eine Abführung etwaiger Verdienste an den Dienstherrn nur dann erfolgen muss, wenn diese aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst resultieren? Würde die Tätigkeit als Honorarnotarzt in diesem Zusammenhang auch dann als öffentlicher Dienst gewertet, wenn dies beispielsweise für ein Kreiskrankenhaus xy gGmbH erfolgt, bei welchen der Landkreis als Träger fundiert (vgl. §3 Abs. 2)?

Ich würde mich freuen, wann mir bei dieser zugegebenermaßen relativ komplexen Fragestellung weiterhelfen könnte.

Vielen Dank!

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,710
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #1 am: 29.11.2024 23:11 »
Wenn Du die Tätigkeit auf eigene Rechnung ausübst, wirst Du NICHT im öffentlichen Dienst tätig und unterliegst grundsätzlich keiner Verdienstobergrenze. Anders wäre es beispielsweise, wenn der Landrat Vorsitzender des Aufsichtsrats der kreiseigenen Krankenhaus gGmbH wäre und für den Vorsitz eine Vergütung erhielte. Denn dann wäre der Vorsitz verbunden mit seinem Amt als Landrat.

ti86

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 22
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #2 am: 30.11.2024 00:06 »
Wenn Du die Tätigkeit auf eigene Rechnung ausübst, wirst Du NICHT im öffentlichen Dienst tätig und unterliegst grundsätzlich keiner Verdienstobergrenze.

Gilt dies folglich dann für jede Form der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit?

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,710
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #3 am: 30.11.2024 12:32 »
Die Sonderkonstellation eines (Chef-)Arztes, der auf eigene Rechnung im "eigenen" Krankenhaus/Uniklinik bzw. innerhalb einer Konzerngliederung tätig wird, möchte ich ausklammern, denn da kommt es sehr auf die Konstellation des Einzelfalls an. Aber wenn Du z. B. als Leiter des Gesundheitsamtes in Stadt X im Rahmen einer Nebentätigkeit Notdienst im Kreiskrankenhaus im Landkreis Y ausübst, geschieht das nicht IM öffentlichen Dienst, sondern lediglich auf eigene Rechnung FÜR den öffentlichen Dienst bzw. gegenüber diesem.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 916
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #4 am: 30.11.2024 22:53 »
Zitat
wenn ich die Nebentätigkeitsverordnung NRW richtig verstanden habe, dann wäre eine freiberufliche Notarzttätigkeit neben einem Amt nach entsprechender Genehmigung grundsätzlich möglich, sofern sich diese in einem zeitlichen Rahmen von bis zu 20% der wöchentlichen Arbeitszeit bewegt. Korrekt?

Richtig.


Zitat
Gilt dies auch für eine privatärztliche Tätigkeit, wenn das Hauptamt nicht in einem Krankenhaus ausgeübt wird (vgl. §8)?

Ich sehe nicht, dass § 8 NVO NRW einschlägig wäre. Oder ist der Arzt hier im Fall ein leitender Arzt (Chefarzt, Abteilungsarzt)?
Zudem bitte § 8 Abs. 5 NVO NRW beachten.








Zitat
(1) Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist jede im Dienst des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes, einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen ausgeübte Nebentätigkeit; ausgenommen ist die Tätigkeit für Kirchen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder ihre Verbände.


Als Dienst gilt auch die Tätigkeit auf Grund eines Vertragsverhältnisses, unabhängig davon, ob der Beamte selbst Vertragspartner ist oder eine natürliche oder eine juristische Person des Privatrechts oder eine Gesellschaft, für die der Beamte tätig oder an der er beteiligt ist.

(2) Einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst steht gleich jede Nebentätigkeit für

1. Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Kapital (Grundkapital, Stammkapital) sich unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 vom Hundert in öffentlicher Hand befindet oder fortlaufend in dieser Höhe aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden,


2. zwischenstaatliche oder überstaatliche Einrichtungen, an denen eine juristische Person oder ein Verband im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Halbsatz 1 durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist,

3. natürliche oder juristische Personen, die der Wahrung von Belangen einer juristischen Person oder eines Verbandes im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Halbsatz 1 dient oder die der Beamte im Hinblick auf seine dienstliche Stellung ausübt.
§ 3 Nebentätigkeitsverordnung NRW.


Zitat
strong2:
Zitat
Wenn Du die Tätigkeit auf eigene Rechnung ausübst, wirst Du NICHT im öffentlichen Dienst tätig und unterliegst grundsätzlich keiner Verdienstobergrenze. Anders wäre es beispielsweise, wenn der Landrat Vorsitzender des Aufsichtsrats der kreiseigenen Krankenhaus gGmbH wäre und für den Vorsitz eine Vergütung erhielte. Denn dann wäre der Vorsitz verbunden mit seinem Amt als Landrat.

ti86:
Zitat
Gilt dies folglich dann für jede Form der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit?

strong2:
Zitat
Die Sonderkonstellation eines (Chef-)Arztes, der auf eigene Rechnung im "eigenen" Krankenhaus/Uniklinik bzw. innerhalb einer Konzerngliederung tätig wird, möchte ich ausklammern, denn da kommt es sehr auf die Konstellation des Einzelfalls an. Aber wenn Du z. B. als Leiter des Gesundheitsamtes in Stadt X im Rahmen einer Nebentätigkeit Notdienst im Kreiskrankenhaus im Landkreis Y ausübst, geschieht das nicht IM öffentlichen Dienst, sondern lediglich auf eigene Rechnung FÜR den öffentlichen Dienst bzw. gegenüber diesem.

Gerade wegen § 3 Abs. 2 Nr. 3 NVO NRW könnte eine Tätigkeit als freiberuflicher Arzt in einem Krankenhaus eine Tätigkeit im öD im Sinne von § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 NVO NRW darstellen.


Exkurs zu den privaten Unternehmen, die als öD gelten:
Zitat
Das private Unternehmen muss von der öffentlichen Hand wirtschaftlich beherrscht werden und die Vergütung muss jedenfalls mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Hand finanziert werden (sa BVerwG NVwZ-RR 2011, 739; Schnellenbach/Bodanowitz, § 8 Rn. 8).




Ich glaube zudem, dass strong2 (letztes Zitat von ihm hier) die Abgrenzung zwischen Nebentätigkeit und Nebenamt in Blick hatte.

Dazu ein kurzer und grober Exkurs:
Nebentätigkeit = jede Tätigkeit, die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird. Die Tätigkeit kann ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung sein.

Nebenbeschäftigung = jede Tätigkeit die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird, im öD und außerhalb des öD.

Nebenamt = jede Tätigkeit die neben einer Haupttätigkeit ausgeübt wird, im öD. Das Nebenamt umfasst wie ein Hauptamt nur Aufgaben, die ein Dienstherr einem Beamten im Rahmen seiner Organisationsgewalt übertragen kann und nicht organisatorisch einem Hauptamt zugeordnet sind, aber zugeordnet werden können

Ausführungen zur Nebentätigkeit vgl. Battis, BBG, 6. Auflage 2022, § 97 Rn. 8-11


Zitat
Sehe ich es zudem richtig, dass eine Abführung etwaiger Verdienste an den Dienstherrn nur dann erfolgen muss, wenn diese aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst resultieren?


Erst einmal müssen wir prüfen, ob der Beamte mit Nebentätigkeit im öD überhaupt eine Vergütung beanspruchen kann. Für eine Nebentätigkeit im öD darf der Beamte nur dann vergütet werden, wenn er zur Übernahme dieser Nebentätigkeit nicht verpflichtet werden kann, § 12 Abs. 2 Nr. 6 NVO NRW. Hier sind wir also wieder bei der Frage angelangt, liegt eine Tätigkeit im öD vor (zu der der Beamte und Arzt verpflichtet werden kann)?


In Kürze bedeutet o. g., der Dienstherr kann den Beamten zur Übernahme einer Nebentätigkeit im öD verpflichten und ihn für die Zeit freistellen bzw. wird die Tätigkeit als Nebenamt ausgeführt. Tut er dies nicht bzw. besteht kein Nebenamt, besteht ab der Einkommensgrenze aus § 13 Abs. 1 NVO NRW eine Abführungspflicht, sofern keine Ausnahme vorliegt.

Ausnahme könnte hier § 14 Abs. 1 Nr. 5 NVO NRW sein.
Bei einem Notarzt in Nebentätigkeit dürfte aber schon keine Abrechnung nach GOÄ vorliegen. Zudem sind diese sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021_26.html

Mit § 14 Abs. 1 Nr. 5 NVO NRW kann meines Erachtens nicht gemeint sein, dass der Arzt über Umwege (Arbeitgeber) aus Gebühren nach GOÄ bezahlt wird. Andernfalls würde jedwede ärztliche Tätigkeit, die durch Gebühren nach GOÄ direkt oder indirekt "bezahlt" wird, unter diese Ausnahme fallen.


Bleibt noch der Arzt mit eigener Praxis oder ein Arzt, der sich in eine Einrichtung (Krankenhaus) einmietet und auf eigene Rechnung tätig wird. Bei Einmietung (KH) o. Ä. ist zu beachten, dass eine organisatorische Eingliederung des Arztes in die Einrichtung vorliegen kann, was gegen eine Tätigkeit mit eigener Abrechnung nach GOÄ sprechen kann. Oder kann ein Arzt ggü. Patienten selbst nach GOÄ abrechnen, obwohl er für dieselbe Tätigkeit faktisch angestellter Arzt ist und einen Vergütungsanspruch ggü. der Einrichtung / dem Arbeitgeber hat? Ich kenne mich in der Abrechnungspraxis von Ärzten zu wenig aus.

Bei Einkommen aus Arztpraxen / Einrichtungen, die nicht dem öD zuzuordnen sind, besteht keine Einkommensgrenze ab der eine Ablieferungspflicht besteht. Zudem kann eine andere Tätigkeit im öD gewählt werden (Gutachter etc.), um nicht der Ablieferungspflicht zu unterfallen.





Zitat
Würde die Tätigkeit als Honorarnotarzt in diesem Zusammenhang auch dann als öffentlicher Dienst gewertet, wenn dies beispielsweise für ein Kreiskrankenhaus xy gGmbH erfolgt, bei welchen der Landkreis als Träger fundiert (vgl. §3 Abs. 2)?

Siehe Exkurs zum privaten Unternehmen oben und zuvor Genanntes.

Zudem: Was heißt der Landkreis ist der Träger?




Für eventuell Schreibfehler im Text möge man mir verziehen, es ist spät. ;-)



Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,710
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #5 am: 01.12.2024 01:17 »
@casa

§ 3 NebentätigkeitsVO NRW sehe ich gerade nicht einschlägig. Denn § 3 Abs. 1 der VO definiert die Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ja gerade als "jede im Dienst des Bundes [etc.]... ausgeübte Nebentätigkeit". Abs. 2 erweitert die Regelung über Gebietskörperschaften hinaus auch auf Beteiligungsunternehmen, überstaatliche Einrichtungen usw. Immer geht es aber darum, dass die Wahrnehmung der Nebentätigkeit "im Dienst des Bundes" etc. erfolgt.

Mit der Regelung werden die Fälle adressiert, in denen beispielsweise der Landrat qua Amt noch Mitglied im Verwaltungsrat der Kreissparkasse ist und dafür eine Vergütung erhält. Oder der Fall, in dem der Gemeindekämmerer noch qua Amt Geschäftsführer des Zweckverbandes ist, für die er mit Minijob vergütet wird.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 916
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #6 am: 01.12.2024 13:01 »
§ 3 NVO NRW definiert, was eine Nebentätigkeit im öD ist. In § 2 ist die Nebentätigkeit als solche definiert.


Nach § 3 NVO NRW ist die Nebentätigkeit eines Notarztes in einem kommunalen Krankenhaus / Krankenhaus als gGmbH mit wirtschaftlicher Beherrschung des Kreises schon dem Wortlaut nach dem öD zuzurechnen.

Ich habe mir nun noch die Rechtsprechung des BVerwG angesehen.

Zitat
Das private Unternehmen muss von der öffentlichen Hand wirtschaftlich beherrscht werden und die Vergütung muss jedenfalls mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Hand finanziert werden (sa BVerwG NVwZ-RR 2011, 739; Schnellenbach/Bodanowitz, § 8 Rn.

Auszug daraus:
Zitat
Die Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst soll demzufolge Tätigkeiten auf Arbeitsstellen erfassen, die zum einen bei einer von der öffentlichen Hand faktisch, sei es auch bloß wirtschaftlich, beherrschten Einrichtung bestehen, und für die zum anderen die Vergütung zumindest mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Haushalte finanziert wird (BVerfG, a. a. O., BVerfGE 55, 207 [235]).


Weiterhin ein Auszug aus der Kommentierung mit Beispielen von Prof. Dr. Battis zum BBG, § 98, Rn. 2, 3.
Zitat
II. Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst
2§ 98 gilt nur für Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst. Das ist jede für den Bund, ein Land oder andere Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts im Bundesgebiet oder für Verbände von solchen ausgeübte Nebentätigkeit (§ 2 I BNV). Nur wenn eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst vorliegt, kann die Übernahmepflicht mit den Voraussetzungen des § 98 und die Abführungspflicht nach § 104 Nr. 2 entstehen. BVerwG ZBR 2004, 53 lässt es für eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst genügen, dass der Empfänger der von dem Beamten erbrachten Leistung eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist; ebenso BVerwG NVwZ-RR 2004, 53 – Wirtschaftsprüferkammer und ZBR 2004, 53 – Steuerberaterkammer; zust. W/L, S. 409; BVerfG NVwZ 2007, 751, Ablieferungspflicht eines Hochschullehrers für Vorträge bei der Steuerberaterkammer mit abl. Anm. von Gärditz JZ 2007, 521; abl. auch Thieme FS Siedentopf, 2008, 705; sa VGH Kassel ESVGH 54, 125. Einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst (zum Begriff → § 4 Rn. 3) steht gleich eine Nebentätigkeit für Vereinigungen, Einrichtungen oder Unternehmen, deren gesamtes Grund- bzw. Stammkapital sich in öffentlicher Hand befindet (VGH Mannheim ZBR 1964, 83; OVG Saarlouis ZBR 2003, 252 – Telefilm Saar-GmbH) oder die gänzlich aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden, zwischenstaatliche oder überstaatliche Einrichtungen, an denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein Verband derselben durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist, natürliche oder juristische Personen, die der Wahrung von Belangen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines Verbandes derselben dient (§ 2 II BNV; W/L, S. 407). Das private Unternehmen muss von der öffentlichen Hand wirtschaftlich beherrscht werden und die Vergütung muss jedenfalls mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Hand finanziert werden (sa BVerwG NVwZ-RR 2011, 739; Schnellenbach/Bodanowitz, § 8 Rn. 8).

Keine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist eine Nebentätigkeit für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder deren Verbände (§ 2 I Hs. 2 BNV). Nicht als Nebentätigkeit gelten Tätigkeiten als Mitglied von Vertretungskörperschaften und deren Ausschüssen sowie von Ausschüssen der Gebietskörperschaften und der Gemeindeverbände, als ehrenamtliches Mitglied von Organen der Sozialversicherungsträger und ihrer Verbände sowie der Bundesanstalt für Arbeit, als ehrenamtlicher Richter. Die Tätigkeit als Treuhänder nach dem HypothekenbankG stellt keine Nebentätigkeit dar. Für das Tatbestandsmerkmal „für den Bund“ genügt es nicht, dass der Beamte „im Interesse“ des Bundes tätig wird oder dessen Belange wahrnimmt (BVerwGE 81, 270; OVG Hamburg ZBR 1986, 331). Gutachtertätigkeiten oder Prozessvertretungen für den Bund sind es nur dann, wenn eine Verpflichtung zur Übernahme möglich wäre (Rohrmann, Die Abgrenzung von Hauptamt und Nebentätigkeit, Diss. jur., Erlangen 1988, S. 124 – nur dann liegt „Dienst vor“) oder wenn der Beamte in die Weisungshierarchie des Dienstherrn eingegliedert ist (so Lecheler ZBR 1985, 97; SHBS BeamtenR § 16 I 3; Nebentätigkeiten „im“ öffentlichen Dienst; aA P/W § 98 Rn. 5). Der Ablieferungspflicht nach § 3 BNV hat der Beamte vollständig, unverzüglich und unaufgefordert nachzukommen (BVerwGE 106, 324; W/L, S. 403). Die Ablieferungspflicht gilt nur für (amtliche) Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst iSv § 98. Liegt keine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst vor, sondern eine private Nebenbeschäftigung außerhalb des Hauptamtes oder des Nebenamtes innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes, entfällt die Ablieferungspflicht nach § 6 BNV; zur Verfassungsmäßigkeit der Ablieferungspflicht BVerfG NVwZ-RR 2008, 74; BVerfGE 55, 207 [236]; BVerwG ZBR 2004, 52 u. 53; zur Verjährung der Ablieferungspflicht BVerwGE 115, 510 – regelmäßig wiederkehrende Leistung gem. § 197 BGB aF, jetzt § 196 BGB – drei Jahre; zu erfolgreichen Klagen gegen die Aufforderung, Vergütungen aus einer Projektpartnerschaft bzw. aus einer Tätigkeit für die GTZ abzuführen, OVG Münster NVwZ-RR 1997, 184; OVG Lüneburg RiA 1997, 102. Eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist nicht bei einer dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen (BVerwG NVwZ-RR 2020, 493).


Die Organisation der gGmbH bzw. des Arbeitgebers muss im Einzelfall betrachtet werden. Pauschal lässt sich keine Aussage treffen, ob hier eine Nebentätigkeit im öD vorliegt oder nicht.
Dafür gibts aber Personaler, die sich mit Nebentätigkeitsrecht auskennen (müssen / sollten).



Zum Ende noch kurz zum dogmatischen Verständnis. Der Beamte hat sein Amt hauptberuflich auszuüben. Er darf kein Diener zweier Herren sein. Dafür muss der Dienstherr den Beamten amtsangemessen und lebenslang alimentieren. Hinzu kommt die Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstes bzw. die Einheit der öffentlichen Kassen, die der Abführungspflicht zu Grunde liegt. Es sollen Doppelzahlungen aus öffentlichen Haushalten vermieden werden (BVerfG, Beschluss vom 16.01.2007, 2 BvR 1188/05, Rn. 20).
Zu dem Thema ggf. mal in Gänze die einschlägige Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 31.03.2011, 2 C 12.09, lesen.
https://lexetius.com/2011,1945

Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,710
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #7 am: 01.12.2024 13:54 »
Du zitierst es dich selbst:

" Die Ablieferungspflicht gilt nur für (amtliche) Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst iSv § 98. Liegt keine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst vor, sondern eine private Nebenbeschäftigung außerhalb des Hauptamtes oder des Nebenamtes innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes, entfällt die Ablieferungspflicht nach § 6 BNV."

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 916
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #8 am: 02.12.2024 08:27 »
Richtig. AUßERHALB des öD oder AUßERHALB des Nebenamtes besteht keine Abführungspflicht.

Daher wäre zuvor die Frage zu klären, ob die Beschäftigung dem öD nach § 3 NVO NRW unterfällt oder nicht.


Zitat
Die Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst soll demzufolge Tätigkeiten auf Arbeitsstellen erfassen, die zum einen bei einer von der öffentlichen Hand faktisch, sei es auch bloß wirtschaftlich, beherrschten Einrichtung bestehen, und für die zum anderen die Vergütung zumindest mittelbar aus Beiträgen der öffentlichen Haushalte finanziert wird (BVerfG, a. a. O., BVerfGE 55, 207 [235]).
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,710
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #9 am: 02.12.2024 10:07 »
Aber das ist doch gerade seine Frage. Ich bin der Auffassung, dass eine Ablieferungspflicht nur dann besteht, wenn die Einkünfte für eine Tätigkeit bezogen werden, die der Beamte wahrnimmt, weil er ein bestimmtes Amt innerhalb hat (Beispiel: Der Landrat, der qua Amt den vergüteten Vorsitz im Verwaltungsrat der Kreissparkasse inne hat).

Nicht erfasst sind solche Fälle, in denen ein Beamter für eine andere Dienststelle, völlig unabhängig von seinem Amt, eine Tätigkeit allein auf eigene Rechnung erbringt. Sonst müsste ja der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, der samstags bei der Gemeinde in Klein Ömmelbach noch nebenbei die Fenster putzt, sein Putz-Honorar abführen.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 916
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #10 am: 02.12.2024 11:59 »
Zitat
Nicht erfasst sind solche Fälle, in denen ein Beamter für eine andere Dienststelle, völlig unabhängig von seinem Amt, eine Tätigkeit allein auf eigene Rechnung erbringt.

Nein, das ist damit nicht gemeint. Daher der dogmatische Abriss.
Zitat
Zum Ende noch kurz zum dogmatischen Verständnis. Der Beamte hat sein Amt hauptberuflich auszuüben. Er darf kein Diener zweier Herren sein. Dafür muss der Dienstherr den Beamten amtsangemessen und lebenslang alimentieren. Hinzu kommt die Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstes bzw. die Einheit der öffentlichen Kassen, die der Abführungspflicht zu Grunde liegt. Es sollen Doppelzahlungen aus öffentlichen Haushalten vermieden werden (BVerfG, Beschluss vom 16.01.2007, 2 BvR 1188/05, Rn. 20).
Zu dem Thema ggf. mal in Gänze die einschlägige Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 31.03.2011, 2 C 12.09, lesen.
https://lexetius.com/2011,1945


Zitat
Sonst müsste ja der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, der samstags bei der Gemeinde in Klein Ömmelbach noch nebenbei die Fenster putzt, sein Putz-Honorar abführen.

Sofern für Staatssektretäre oder die Tätigkeit selbst keine Sonderregelung existiert und die Verdienstgrenze überschritten ist, ist das Einkommen aus dem öD abzuführen.

Die meisten Beamten kommen bei "üblichen" bis 8h / Woche eher nicht über die Verdienstgrenze. Der Notarzt wird aber mit einem 12h-Dienst pro Monat x 12 Monate über die Verdienstgrenze kommen.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

ti86

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 22
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #11 am: 02.12.2024 14:19 »
Herzlichen Dank für die angeregte Diskussion.

Was mir noch nicht ganz ersichtlich ist, wäre die Frage, ob für die Relevanz von Höchstgrenze und Abführungspflicht die - salopp formuliert - "Verweisungsmöglichkeit" des Dienstherrn (z.B. Justizminister ruft an und weist mich an, am Samstag einen NA-Dienst in einem kommunalen Krankenhaus zu übernehmen...dass dies gänzlich unrealistisch ist, steht außer Frage) oder die schlichte unternehmerische Konzeption des Nebenarbeitgebers (z.B. Krankenhaus am Rande der Welt, 51% Landkreis XY, 49% Firma YZ) entscheidend ist.

Spielt die Tatsache, dass es in Krankenhäusern (von Bundeswehrkrankenhäusern und wenigen Einzelfällen in Universitätskliniken abgesehen) faktisch keine verbeamteten Mitarbeiter gibt (auch bei 100% kommunaler Trägerschaft eines Hauses), bei der Bewertung eine Rolle? Wäre ein Nebenamt dort also überhaupt theoretisch möglich?

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 916
Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #12 am: 02.12.2024 16:36 »
Zitat
oder die schlichte unternehmerische Konzeption des Nebenarbeitgebers (z.B. Krankenhaus am Rande der Welt, 51% Landkreis XY, 49% Firma YZ) entscheidend ist.

Das ist maßgebend.

Ob die Grenze bei exakt 50 % des Stammkapitals liegt, muss im Einzelfall bestimmt werden.


Zitat
Spielt die Tatsache, dass es in Krankenhäusern (von Bundeswehrkrankenhäusern und wenigen Einzelfällen in Universitätskliniken abgesehen) faktisch keine verbeamteten Mitarbeiter gibt (auch bei 100% kommunaler Trägerschaft eines Hauses), bei der Bewertung eine Rolle?

Nein, das spielt keine Rolle. Nur weil es in der Einrichtung keine Beamten gibt, heißt das nicht, es könnten dort keine arbeiten.
Das Beamtentum unterliegt aber dem Funtkionsvorbehalt, § 3 BeamtStG. Selbst bei weitem Verständnis, fallen bspw. der Hausmeister und die Sekretärin nicht hierunter. Bei Krankenhausärzten außerhalb besonderer Einrichtungen müsste ich nachlesen, tendiere aber dazu, dass auch bei weiter Auslegung keine Verbeamtung möglich oder geboten erscheint.


Zitat
Wäre ein Nebenamt dort also überhaupt theoretisch möglich?

"Dort" hängt vom Einzelfall ab. Möglich ist es bei bestimmten Konstellationen, bspw. gem. § 63 Abs. 3 BeamtStG iVm. § 123a BRRG für andere Einrichtungen.
Vgl. auch Beamte der Bundesautobahn GmbH (https://www.fba.bund.de/DE/Dienstherrnangelegenheiten/Merkblaetter/merkblaetter.html).
Ansonsten können Beamte grundsätzlich in allen Einrichtungen des öD eingesetzt werden.


Das spielt hier aber keine Rolle. Wichtig ist, ob das KH dem öD unterfällt oder nicht.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)