Autor Thema: Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt  (Read 3621 times)

ti86

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #15 am: 06.12.2024 22:12 »
Ich habe in 20 Jahren nur 2x erlebt, dass wegen einer Nebentätigkeit nachgehakt wurde. In beiden Fällen ging es um Arbeitszeitbetrug (Arbeit während der attestierten Arbeitsunfähigkwit). Praktisch relevant ist vor allem, dass beim Antragsformular alles korrekt eingetragen wurde (kein zu hoher Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit, Zeiteinsatz nicht über 20% der Regelarbeitszeit, kein zeitlicher Konflikt mit Arbeitszeit).

D.h. es finden keine regelhaften jährlichen Überprüfungen statt mit der (möglicherweise auf der Tagesform beruhenden) Festlegung, ob eine Abführungspflicht besteht oder nicht?!

§ 23c SGB IV fordert für die Beitragsfreiheit (d.h. die sozialversicherungsfreiheit) einer freiberuflichen Notarzttätigkeit übrigens, dass "[...] diese Tätigkeiten neben einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes [...]" ausgeübt wird.

Gilt die Tätigkeit als Beamter in diesem Zusammenhang als "Beschäftigung"? Ich frage deshalb, da beim "normalen" Selbstständigen in der Regel ja bereits Sozialabgaben abgeführt werden, was bei Beamten regelhaft nicht der Fall ist.

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #16 am: 07.12.2024 17:28 »
§ 7 SGB IV definiert Beschäftigung als "die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis." Danach scheint Beschäftigung  nicht auf Arbeitsverhältnisse begrenzt zu sein, sondern könnte auch andere nichtselbstständige Tätigkeiten, beispielsweise in einem Beamtenverhältnis umfassen.

Ich persönlich habe bei vier verschiedenen Dienststellen noch nie erlebt, dass regelhafte Überprüfungen der Nebeneinkünfte erfolgen. Ausnahmen war, wie erwähnt, Fälle, in denen im Rahmen von Kündigungen nach Argumenten zur Untermauerung der Kündigungsbegründung gesucht wurde. Und selbst da wurden keine Einkünfte ermittelt, sondern lediglich der Gewinn - was ja nicht nur rechtlich der falsche Bezugspunkt ist, sondern auch inhaltlich lächerlich, da man diesen ja leicht kleinschneiden kann.

Wenn Du mich fragst: Mach Dir da überhaupt keine Gedanken und hab viel Spaß bei Deiner Nebentätigkeit.

ti86

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #17 am: 08.12.2024 10:00 »
In der Tat scheint es auf Seiten des Dienstherrn ja weniger Probleme zu geben, wie es scheint. Der Knackpunkt dürften tatsächlich die Auftraggeber sein, die regelhaft den Nachweis einer 15-stündigen Beschäftigung nach § 23c SGB V verlangen - einfach,, um auch selbst "aus dem Schneider" zu sein.

Den § 7 SGB IV habe ich mir angeschaut. Für mich klingt das tatsächlich ebenfalls nach Beschäftigung...aber wer kann das denn definitiv sagen? Es muss doch irgendwo geklärt sein, ob Beamte hierunter zu fassen sind oder nicht?!

Tivaa

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #18 am: 08.12.2024 10:09 »
Es gab vom Bundessozialgericht 2021 dazu 3 Urteile: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021_26.html

Vielleicht liefern dir diese weitere Anhaltspunkte dazu, ob die freiberufliche Tätigkeit doch als beitragspflichtige Tätigkeit eingestuft werden könnte.

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #19 am: 08.12.2024 19:36 »
Die Urteile befassen sich mit der Frage, ob die Tätigkeit als Notarzt als freiberufliche Tätigkeit betrachtet wird oder als abhängige Beschäftigung. Das dürfte auf die Ausgestaltung des Vertrages ankommen und ich nehme an, den Trägern des Notdienstes sind die rechtlichen Rahmenbedingungen bekannt.

Den Nachweis einer Beschäftigung > 15h/Woche wird der Fragesteller vermutlich leicht beibringen können. Damit wären die formalen Voraussetzungen erstmal erfüllt.

Dass es zu dieser speziellen Fallkonstellation Kommentarlitertur oder Rechtsprechung gibt, erwarte ich nicht. Dafür dürfte die Fallkonstellation "verbesmteter Mediziner arbeitet nebenbei als Notarzt" zu exotisch sein.

ti86

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #20 am: 08.12.2024 21:34 »
In den genannten Urteilen wird der 23c ja tatsächlich nicht behandelt, weshalb die einschlägigen Kommentare diesen weiterhin als rechtssichere Grundlage für eine entsprechende Tätigkeit ansehen.

Es bleibt weiterhin bei der Frage, ob ein Beamter im rechtlichen Sinne einer "Beschäftigung" nachgeht!?

Casa

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Antw:Freiberufliche Nebentätigkeit als Notarzt
« Antwort #21 am: 11.01.2025 10:39 »
Zitat
Wie muss man sich die Entscheidung hinsichtlich der Abführungspflicht denn rein praktisch vorstellen?

Man ersucht die Genehmigung einer nebenberuflichen freiberuflichen Notarzttätigkeit in einem maximalen Umfang von 20% der wöchentlichen Arbeitszeit und schreibt den Auftraggebern anschließend Rechnungen. Gehen die Rechnungen zur Einzelfallprüfung an den Dienstherrn? Prüft das Finanzamt das im Rahmen der jährlichen Steuererklärung? Meldet der Auftraggeber irgendetwas? Muss ich jährliche Rechenschaft ablegen über meine Auftraggeber?

Mein Hinweis mit den sv-pflichtigen Beschäftigten diente der Abgrenzung von Selbstständigen zu abhängig Beschäftigten (Scheinselbstständigen).
Über das Sozialversicherungsrecht (KV, PV) musst du dir keine Gedanken machen. Bei Nebentätigkeiten sind versicherungsfreie Personen - das sind Beamte - nicht sv-pflichtig (KV, PV).

https://www.haufe.de/personal/entgelt/sv-nebenbeschaeftigungen-von-beamten-richtig-beurteilen_78_443184.html


Für die Rentenversicherung gilt wohl etwas Anderes, wenn es sich um eine abhängige (sv-pflichtige) Beschäftigung handelt.

https://sozialversicherung-kompetent.de/sozialversicherung/allgemeines/1198-sv-recht-beamte-nebenbeschaeftigung.html

Die 9,3 % bei abhängiger Beschäftigung sind allerdings verschmerzbar.




Sprich mit der Personalverwaltung, lege die wesentlichen Punkte der angestrebten Beschäftigung dar und frage gezielt nach zeitlichen und finanziellen Grenzen sowie der Abführungspflicht. Daraufhin solltest du eine Antwort erhalten. Die Konsequenz der Abführungspflicht wäre zudem, dass du nur bis zur Verdienstgrenze arbeitest.

Alternativ kannst du einen Rechtsanwalt mit der Beratung beauftragen. Die einmalig 190 € zzgl. Umsatzsteuer wirst du sicherlich aufbringen können. Sollte der steuerliche Pauschbetrag durch andere Absetzungen überschritten sein kannst du die Kosten sogar steuerlich geltend machen.
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