Autor Thema: [BE] Teilzeit während Elternzeit  (Read 1201 times)

Tivaa

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[BE] Teilzeit während Elternzeit
« am: 29.01.2025 11:47 »
Hallo,

gibt es Erfahrungen mit der Anwendung des § 7 Abs. 2 MuSchEltZV in Berlin und was als dringende dienstliche Gründe für eine Ablehnung zählen könnte? Gäbe es Besonderheiten zu beachten, wenn es um eine bereits genehmigte Nebentätigkeit (Gewerbe/Freiberuflichkeit) ginge, deren Umfang erhöht werden würde?

bab

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Antw:[BE] Teilzeit während Elternzeit
« Antwort #1 am: 29.01.2025 17:35 »
Ich meine, dass du als Berliner Beamtin maximal acht Stunden pro Woche einer bezahlten Nebentätigkeit nachgehen darfst. Und es kann sein, dass sich diese acht Stunden reduzieren, wenn sich deine Haupttätigkeit reduziert. Was sie in der Elternzeit tut, richtig?

§ 7 Abs. 2 MuSchEltZV bezieht sich auf Teilzeit außerhalb des Beamtenverhältnisses. "Sie ist zu versagen, wenn einer der in § 99 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 bis 6 des Bundesbeamtengesetzes genannten Gründe vorliegt."

Zitat von: § 99 Absatz 2 Satz 2 BBG, Gesetze im Internet
(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
    nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
    die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
    in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
    die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
    zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
    dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.

Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

Ich frage mich, ob der letzte Satz zum Tragen kommt.

Hast du denn schon beim LVwA angerufen und nachgefragt?

Tivaa

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Antw:[BE] Teilzeit während Elternzeit
« Antwort #2 am: 02.02.2025 09:46 »
Danke für deine Rückmeldung. Vielleicht war es missverständlich:

Es ist keine Teilzeit beim Dienstherrn während der Elternzeit geplant. Sondern allein, die bisherige bereits genehmigte Nebentätigkeit außerhalb des öD soll als Teilzeit beantragt werden und lediglich von den Stunden minimal erhöht werden. Da sehe ich zumindest keinen Versagungsgrund, der zum Tragen kommen könnte.

Allerdings bliebe somit immer noch die Ablehnungsmöglichkeit auf Grund der dringenden dienstlichen Gründe. Und da habe ich bisher keine Informationen, wann diese vorliegen könnten.

Das LVwA ist bei mir leider nicht zuständig.

SwenTanortsch

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Antw:[BE] Teilzeit während Elternzeit
« Antwort #3 am: 02.02.2025 10:53 »
Letztlich muss man wie bei aller Rechtsauslegung die grundsätzliche Bedeutung des jeweiligen Begriffs betrachten, in diesem Fall von "dienstlichen Gründen", und diesen dann in seinen weiteren Schattierungen aufschlüsseln. Dabei ist der Begriff des "dienstlichen Grunds" zunächst einmal ein unbestimmter Rechtsbegriff, muss also in der Fallbetrachtung ausgelegt werden. Ein "dienstlicher Grund" ist bspw. dann gegeben, wenn die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung in der Verwaltung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit den Einsatz eines Arbeitnehmers die jeweilige Maßnahme erfordert (vgl. bspw. BAG v. 30.10.1985 – 7 AZR 216/83 –, https://www.prinz.law/urteile/BAG_7_AZR_216-83, Ls. 1).

In der weiteren Schattierung des Betriffs des "dienstlichen Grunds" können oder müssen nun Regelungen vorgenommen werden, die die besondere Situation - hier den Mutterschutz - beachten. Insofern spielen hier nun die weiteren Abstufungen eine Rolle, also insbesondere der Unterschied zwischen "zwingenden dienstlichen Gründen" und "dringenden dienstlichen Gründen". Hierzu stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 11.12.2008 - 2 B 76.08 -, https://www.bverwg.de/de/111208B2B76.08.0, Rn. 6 unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung fest:

"Wie der Senat in diesen Urteilen dargelegt hat, kommt durch die Beschreibung der gegen die Teilzeitbeschäftigung sprechenden dienstlichen Belange als 'dringend' oder 'zwingend' zum Ausdruck, dass die Bedeutung der zu erwartenden Nachteile über das Normalmaß hinausgeht. Die regelmäßig und generell mit einer Teilzeitbeschäftigung verbundenen Erschwernisse wie etwa die Einstellung einer Ersatzkraft oder die Notwendigkeit einer gewissen Umorganisation stellen in der Regel bereits keine dringenden dienstlichen Belange dar. Die dienstlichen Belange erreichen die Stufe 'zwingend', wenn die Teilzeitbeschäftigung mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebs führen würde. Die weitere Vollzeitbeschäftigung muss unerlässlich sein, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sicherstellen zu können. Dementsprechend liegen die Anforderungen an die Schwere der Beeinträchtigung und den Grad der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts bei der Verwendung des Begriffs 'dringend' etwas niedriger."

Der Senat führt also aus, dass die Einstellung einer Ersatzkraft oder die Notwendigkeit einer gewissen Umorganisation in der Regel - hier kommt es also auf die von mir genannte Auslegung und entsprechend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung an - schon kein "dringender dienstlicher Belang" ist, sondern allenfalls ein "dienstlicher Belang" und also nicht über das Normalmaß hinausgeht, das ja zu beachten hat, dass ein Beschäftigter bspw. durch eine längere Krankheit eingeschränkt oder gar nicht dienstfähig sein bzw. werden könnte, ohne dass dadurch eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebs die Folge sein dürfte. Das also hat der Dienstherr zunächst einmal in Rechnung zu stellen, da er ja verpflichtet ist, genau diese schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebs auszuschließen, indem er eine vorausschauende Personalbewirtschaftung vollzieht (auch darauf bezieht sich das, was das BAG hinsichtlich des Wirtschaftlichkeitsprinzips ausführt).

Ein "zwingender dienstlicher Belang" muss - nachfolgend müssen beide genannten notwendigen Bedingungen erfüllt sein, um ihn gegeben sein zu lassen - mit (1) großer Wahrscheinlichkeit zu (2) einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebs führen. Der Dienstherr muss entsprechend, will er eine Teilzeittätigkeit aus zwingenden dienstlichen Belangen verwehren, begründen, dass (1) mit großer Wahrscheinlichkeit (2) eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebs die Folge wäre, der wiederum nicht durch die Einstellung einer Ersatzkraft oder einer gewissen Umorganisation als mögliche regelmäßige Maßnahme des Dienstherrn abgeholfen werden könnte. Bei der Anforderung "dringender dienstlicher Gründe" - also in Deinem Fall - hat der Dienstherr zu beachten, dass (2) die Schwere der Beeinträchtigung und (1) der Grad der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts durch die Bewilligung Deiner Teilzeit etwas niedriger liegt.

Der Dienstherr hätte nun folglich in Deinem Fall spätestens in der gerichtlichen Prüfung zu begründen - diese Begründung müsste allerdings bereits zuvor erfolgt und hinreichend dokumentiert sein -, wieso er bislang Deine Teilzeittätigkeit genehmigt hat, sie nun allerdings (1) mit einer recht weitgehend großen Wahrscheinlichkeit zu einer (2) recht weitgehend schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebs führen sollte, obgleich sie nun zeitlich nur minimal geringer ausfallen soll. Er hätte dabei also insbesondere zu begründen, dass es ihm nicht möglich sei, durch eine Umorganisation der regelmäßigen dienstlichen Abläufe oder Einstellung einer geeigneten Ersatzkraft als mögliche regelmäßige Maßnahmen Abhilfe zu schaffen.

Sofern Deine dienstliche Tätigkeit nun also nicht dergestaltet besonders ist, dass die genannten Bedingungen begründet werden könnten, sollte sich die Bewilligung Deines Antrags als problemlos darstellen, vermute ich, ohne dass ich mich allerdings mit den von Dir genannten Normen beschäftigt hätte.
« Last Edit: 02.02.2025 11:00 von SwenTanortsch »

Tivaa

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Antw:[BE] Teilzeit während Elternzeit
« Antwort #4 am: 02.02.2025 21:33 »
Ganz lieben Dank für die ausführliche Antwort und die Verbindung zu den Gerichtsentscheidungen.
Das hilft mir auf jeden Fall weiter.