Autor Thema: TVLÖD vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit  (Read 2863 times)

Korkenzieher

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Folgendes Problem:
Ein großes Krankenhaus ca 1000 Betten, mit TVLÖD, vielen Station, entsprechender Struktur, PDL, Gruppenleitungen, Stationsleitungen. Im Nachtdienst fallen oft Kollegen aus so dass eingeführt wurde, dass auf einer Station im Nachtdienst jeweils 1 Kollege PDL-Aufgaben übernimmt und selbstständig delegieren muss wer wo einspringen und welche Bereitschaft welche Aufgaben übernehmen soll. Auf dieser Station arbeiten  3 Nachtdienste, pro Nacht übernimmt immer nur 1 Kollege diese Aufgabe und muß hierfür auch die ganze Schicht erreichbar sein. Das betrifft auch nur den Nachtdienst, am Tag regelt die PDL diese Aufgaben selbst.
Ist das jetzt eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach TVLÖD? Und wenn wie müsste die vergütet werden. In der Stellenbeschreibung steht von dieser Tätigkeit nichts, sie betrifft ja auch nur den Nachtdienst dieser einen Station, also ca. 12 Personen von über 800 Angestellten in dem Haus.
Danke für jede Antwort!

Rowhin

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Zunächst kurze Rückfrage - du sprichst vom "TVLÖD", daher ist nicht direkt ersichtlich, ob du den TV-L oder den TV-öD meinst, zwei unterschiedliche Tarifverträge. Nachdem du im Unterforum TV-L fragst, gehe ich mal davon aus, dass das Krankenhaus nach TV-L arbeitet.

Sollte es sich hier dann tatsächlich um eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit handeln (die Einschätzung würde ich hier anderen überlassen, die sich in dem Bereich besser auskennen, auch was den zeitlichen Anteil der Tätigkeit angeht), gilt TV-L § 14 (1) und (3), was die Vergütung angeht:

Zitat
(1) Wird Beschäftigten vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entspricht, und wurde diese Tätigkeit mindestens einen Monat ausgeübt, erhalten sie für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit.

(3) Die persönliche Zulage bemisst sich für Beschäftigte in den Entgeltgruppen 9a bis 14 aus dem Unterschiedsbetrag zu dem Betrag, der sich für die/den Beschäftigte/n bei dauerhafter Übertragung nach § 17 Absatz 4 Satz 1 bis 3 ergeben hätte. Für Beschäftigte, die in eine der Entgeltgruppen 1 bis 8 eingruppiert sind, beträgt die Zulage 4,5 v.H. des individuellen Tabellenentgelts der/des Beschäftigten; bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit über mehr als eine Entgeltgruppe gilt Satz 1 entsprechend.

Korkenzieher

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Der Träger des Krankenhauses ist das Land Baden-Württemberg, also vermutlich TV-L.

Korkenzieher

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Es kommt immer wieder vor dass es bei dieser Tätigkeit dann Probleme gibt und man dann persönlich ziemlich angefeindet wird wenn man unpopuläre Entscheidungen treffen muß. Aus diesem Grund wollen die betroffenen Kollegen diese zusatztätigkeit im Nachtdienst auch gar nicht mehr machen, die PDL läßt da aber nicht mit sich reden so läuft derzeit alles so weiter. So wäre natürlich die Frage ob das so überhaupt rechtens ist, da ja eben in der Stellnbeschreibung nichts davon steht.

troubleshooting

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Die Frage ist tatsächlich, ist es überhaupt eine vorübergehende Übertragung?
Der AG hat es ja, wenn ich es richtig herauslese, als Standard eingeführt, dass immer (?) zum Nachtdienst eine Person die PDL-Aufgaben übernimmt.

Ist die Frage, und da bin ich zu wenig im Tarifvertrag bzw. der Auslegung, stellt der §14 auf einzelne Personen ab oder auf die Personengruppe?

Ich tendiere dazu, den 1. Fall nicht zu sehen, weil es ein direkter Weg für AG wäre, dauerhaft Tätigkeiten unterhalb der Eingruppierung erledigen zu lassen. Einfach, indem man die Aufgabe immer im Wechsel einem anderen zuweist und sich dann hinstellt, ist ja nicht dauerhaft.

Korkenzieher

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Die Sache ist jetzt beim Anwalt, der meint dass der TV-L viele Fragen offen läßt, im Vorgänger BAT waren diese Fragen ausformuliert. Seiner Einschätzung nach muß der AG eine Zulage bezahlen, mal schauen was der AG macht und ob es dann vor Gericht landet. Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand..... ;D

MoinMoin

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Es kommt immer wieder vor dass es bei dieser Tätigkeit dann Probleme gibt und man dann persönlich ziemlich angefeindet wird wenn man unpopuläre Entscheidungen treffen muß. Aus diesem Grund wollen die betroffenen Kollegen diese zusatztätigkeit im Nachtdienst auch gar nicht mehr machen, die PDL läßt da aber nicht mit sich reden so läuft derzeit alles so weiter. So wäre natürlich die Frage ob das so überhaupt rechtens ist, da ja eben in der Stellnbeschreibung nichts davon steht.
Also zum einen ist der AG weisungsbefugt, da kann man murren und maulen, aber es nicht machen zu wollen ist da nur eine Wunschäußerung, sofern es sich nicht um eine AV Änderung handelt.

Eine vorübergehende Übertragung höherwertigen Tätigkeit im Tarifsinne liegt hier mE nicht vor.
Sondern eher die Übertragung eines Arbeitsvorganges (die PDL Tätigkeiten)
Hier müsste man schauen, welchen Zeitanteil es am Gesamtumfang macht.

Wobei ich der Meinung bin, dass wenn einer diese Tätigkeiten für seine reguläre Nachtschicht übertragen bekommt, dann ist die Gesamte Nachtschicht als PDL Tätigkeit zeitlich zu werten.

salopp gesagt, wenn die 12 Nachtschichtlier reihum den PDL Hut bekommen, als jede 12. Schicht macht er PDL weniger als 10% seiner Arbeitszeit.
Wenn er jede 4. Schicht es macht 25% (was auch nicht reichen dürfte)

Wo in der EGO sind sie jetzt eingruppiert und wo die PDL?

Korkenzieher

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Servus,
die Nachtschichten sind sehr unterschiedlich verteilt, so gibt es Kollegen die Teilzeit arbeiten und viel Nachtdienst machen, diese betrifft es dann teils über 70 % der Arbeitszeit. Zudem ist es ja eine Ungleichbehandlung, von 800 Angestellten müssen 12 Tätigkeiten übernehmen die alle Anderen nicht machen müssen, es gibt doch einen Gleichbehandlungsgrundsatz im Angestelltentarif. Eine Tätigkeit die weder in der Stellenbescheibung steht noch freiwillig gemacht wird und eben auch nicht vergütet wird. Der AG nutzt hier schamlos das Abhängigkeitsverhältnis aus in dem seine Angestellten zu ihm stehen, die zudem klat äußern dass sie das nicht machen wollen.
Die Kollegen sind meist in KR7/8, die PDL in 16/17.

MoinMoin

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Wo kann ich das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Angestelltentarif nachlesen?

Und wie ist das dann damit nicht vereinbar, dass Kollegen die Teilzeit arbeiten und viel Nachtdienst machen.
Oder das diese Nachtdienste dann PDL Dinge übernehmen müssen?

Korrekt ist es, wenn die Nachtdienste, bei denen PDL Aufgaben übernommen werden 50% der Arbeitszeit ausmachen, die Person für die Zeit des Schichtplanes mit PDL Bezahlung vergütet werden müssen.
Da es uU als eine vorübergehende Übertragung für die Dauer des Schichtplanes sein kann, kann man sich auch nicht dagegen wehren.

troubleshooting

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@ Korkenzieher: Was ist dein Ziel? Die PDL-Tätigkeit nicht zu machen oder die Vergütung dafür bekommen?

Das erste ist mMn durchaus machbar. Die von dir angesprochenen Konflikte belasten dich psychisch? Teile das (schr.) deine vorgesetzten Person mit, parallel Personalrat (so es denn einen gibt). Passiert nix, bleibt halt nur der Gang zum Doc. Nur, wirklich zum Doc gehen, nicht kzH ohne AU. Wird dann ein klassischer Fall für das betriebliche Gesundheitsmanagement.

Zudem unterstützt das deine Argumentation in einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung.

Korkenzieher

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@MoinMoin: der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt aus dem Arbeitsrecht,     § 75 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat, darüber zu wachen, "dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden".
    Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 konkretisiert den Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben.
    § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Grundsatz von Treu und Glauben wird ebenfalls zur Begründung des Gleichbehandlungsgrundsatzes herangezogen

Der AG verlangt hier von einer kleinen Gruppe eine Tätigkeit die alle anderen Beschäftigten nicht machen müssen, eine Tätigkeit die noch nichteinmal in der Stellenbeschreibung steht.

@troubelschooting: das Ziel ist primär dass diese Tätigkeit entweder von Allen gemacht werden muß oder eben von Keinem mehr. Es ist ja nur 1 Station betroffen, also 12 von 800 die das schon seit Jahren machen müssen und mehrfach schon beschlossen und weitergegeben haben dass sie das nicht mehr machen wollen. die Idee mit der Bezahlung ist nur Mittel zum Zweck, entweder wollen die Anderen dann auch oder der AG sagt wenns was kostet wirds eingestellt.



MoinMoin

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@MoinMoin: der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt aus dem Arbeitsrecht,     § 75 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat, darüber zu wachen, "dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden".
    Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 konkretisiert den Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben.
    § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Grundsatz von Treu und Glauben wird ebenfalls zur Begründung des Gleichbehandlungsgrundsatzes herangezogen

Der AG verlangt hier von einer kleinen Gruppe eine Tätigkeit die alle anderen Beschäftigten nicht machen müssen, eine Tätigkeit die noch nichteinmal in der Stellenbeschreibung steht.

@troubelschooting: das Ziel ist primär dass diese Tätigkeit entweder von Allen gemacht werden muß oder eben von Keinem mehr. Es ist ja nur 1 Station betroffen, also 12 von 800 die das schon seit Jahren machen müssen und mehrfach schon beschlossen und weitergegeben haben dass sie das nicht mehr machen wollen. die Idee mit der Bezahlung ist nur Mittel zum Zweck, entweder wollen die Anderen dann auch oder der AG sagt wenns was kostet wirds eingestellt.
Wenn alle 800 gleichermaßen für die temporäre PDL Leitung durch ihre persönlichen und fachlichen Fähigkeiten geeignet sind und alle im Nachtdienst tätig sind, dann sollte man in der Tat alle 800 zu dieser Tätigkeit heranziehen (können).

Also wie viele Personen arbeiten im Nachtdienst?
Wie viele sind sprachlich, mental und vom Wissen her dazu geeignet, den PDL Job auszuüben?
Und wie viele von denen müssen nicht als PDL arbeiten, obwohl sie dafür geeignet wären?

Korkenzieher

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@MoinMoin:
Nun es ist ein Krankenhaus, von den ca. 800 Kollegen sind geschätzt 500 3-jährig ex. Fachkräfte, die zum Großteil auch Nachtdienste machen, aber diese besondere Tätigkeit (müssen) machen eben nur 12 davon, die bekommen aber alle dasselbe Gehalt entsprechnd ihrer Stufe gemäß TVL aber eben nichts für den Extrajob, der auch in der Stellenbeschreibung nicht auftaucht.