Autor Thema: Ablehnung einer Zulage nach § 14 TVöD trotz Übertragung höherwertiger Tätigkeit  (Read 2823 times)

DAMO

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Liebe Forenmitglieder,

ich bitte um eure fachliche Einschätzung zu folgendem Sachverhalt im Bereich TVöD VKA:

Ein Beschäftigter ist aktuell in Entgeltgruppe 9c, Stufe 5 TVöD VKA eingruppiert. Seit mehr als sechs Monaten wurden ihm schriftlich und offiziell zusätzliche Tätigkeiten übertragen, die nachweislich einer höherwertigen Tätigkeit entsprechen, welche nach aktueller Bewertung in die Entgeltgruppe 14 eingruppiert ist. Diese zusätzlichen Aufgaben nimmt der Beschäftigte seither durchgehend wahr, wobei er weiterhin auch seine bisherigen Aufgaben erfüllt.

Ein Antrag auf Gewährung der persönlichen Zulage gemäß § 14 TVöD wurde von der Personalstelle mit der Begründung abgelehnt, dass der Beschäftigte nicht über die formal erforderliche Qualifikation (z.B. Ingenieurstudium) für die höhere Entgeltgruppe verfüge.

Gemäß § 14 TVöD entsteht jedoch ein Anspruch auf Zahlung der Zulage, wenn Beschäftigten vorübergehend Tätigkeiten übertragen werden, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entsprechen und diese mindestens einen Monat ausgeübt wurden. Soweit mir bekannt ist, stellt § 14 TVöD ausschließlich auf die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten ab und nicht auf die formalen Qualifikationsanforderungen der entsprechenden Planstelle.

Meine Fragen hierzu:

1. Ist die Ablehnung der Zulage aus Sicht der tariflichen Regelungen nachvollziehbar und korrekt?

2. Muss zwingend eine formale Qualifikation (z.B. Hochschulabschluss) vorliegen, um den Anspruch nach § 14 TVöD zu begründen?

3. Gibt es vergleichbare Fälle oder Urteile, aus denen hervorgeht, dass eine Zulage nach § 14 TVöD auch ohne formale Qualifikation gezahlt wurde oder gezahlt werden muss?

Danke im Voraus für Eure Bemühungen.  :)

MoinMoin

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Liebe Forenmitglieder,

ich bitte um eure fachliche Einschätzung zu folgendem Sachverhalt im Bereich TVöD VKA:

Ein Beschäftigter ist aktuell in Entgeltgruppe 9c, Stufe 5 TVöD VKA eingruppiert. Seit mehr als sechs Monaten wurden ihm schriftlich und offiziell zusätzliche Tätigkeiten übertragen, die nachweislich einer höherwertigen Tätigkeit entsprechen, welche nach aktueller Bewertung in die Entgeltgruppe 14 eingruppiert ist. Diese zusätzlichen Aufgaben nimmt der Beschäftigte seither durchgehend wahr, wobei er weiterhin auch seine bisherigen Aufgaben erfüllt.

Ein Antrag auf Gewährung der persönlichen Zulage gemäß § 14 TVöD wurde von der Personalstelle mit der Begründung abgelehnt, dass der Beschäftigte nicht über die formal erforderliche Qualifikation (z.B. Ingenieurstudium) für die höhere Entgeltgruppe verfüge.

Gemäß § 14 TVöD entsteht jedoch ein Anspruch auf Zahlung der Zulage, wenn Beschäftigten vorübergehend Tätigkeiten übertragen werden, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entsprechen und diese mindestens einen Monat ausgeübt wurden. Soweit mir bekannt ist, stellt § 14 TVöD ausschließlich auf die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten ab und nicht auf die formalen Qualifikationsanforderungen der entsprechenden Planstelle.

Meine Fragen hierzu:

1. Ist die Ablehnung der Zulage aus Sicht der tariflichen Regelungen nachvollziehbar und korrekt?

2. Muss zwingend eine formale Qualifikation (z.B. Hochschulabschluss) vorliegen, um den Anspruch nach § 14 TVöD zu begründen?

3. Gibt es vergleichbare Fälle oder Urteile, aus denen hervorgeht, dass eine Zulage nach § 14 TVöD auch ohne formale Qualifikation gezahlt wurde oder gezahlt werden muss?

Danke im Voraus für Eure Bemühungen.  :)
zu 1.) nein, die Zulage ist zu zahlen! Bei fehlender Voraussetzung in der Person wäre eine Zulage zur EG13 zu zahlen.
zu 2.) nein, weder bei der Zulage noch bei der kompletten Übertragung gibt es im Tarifsystem ein Verbot der Übertragung.

zu 3.) ist mir nichts bekannt.

Mein Tipp:
1. Geld einfordern (also konkret das Entgelt der EG14 und parallel der EG13 wg. fehlender Voraussetzung in der Person (was zu prüfen wäre, ob diese notwendig ist) so dass §37 eintritt
2. Arbeitsgericht bemühen, die dürften schnell damit durch sein, da offensichtlich seitens der P

Sjuda

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Ein Antrag ist dazu übrigens nicht erforderlich. Der Beschäftigte erhält eine Zulage, §14 setzt keinen Antrag voraus.
Dieser ist auch überflüssig, da die höherwertigen Tätigkeiten dem Beschäftigten zuerst wirksam übertragen werden müssen. Insofern ist die Personalstelle ohnehin genau im Bilde.

Im konkreten Fall sollten die Ansprüche dringend gerichtsfest geltendgemacht werden, da schon mehr als 6 Monate vergangen sind.

Zur Frage, ob die Anforderungen in der Person erfüllt werden müssen, habe ich folgenden Kommentar gefunden.

Zitat
(...)Hierfür ist die vom Beschäftigten vorübergehend übertragene Tätigkeit hypothetisch nach den tariflichen Regeln des Eingruppierungsrechts zu bewerten. Für die Bewertung, ob Tätigkeiten einer höherwertigen EntgGr. vorliegen, ist also „hypothetisch“ der Maßstab anzulegen, wie er für Höhergruppierungen gilt. Dies bedeutet, dass sämtliche Anforderungen der höheren EntgGr. erfüllt sein müssen
Quelle: Rehm, Breier/Dassau u.a., TVöD Kommentar
« Last Edit: 13.03.2025 07:36 von Sjuda »

NWB

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Kommt es dabei nicht auch auf die Zeitanteile der höherwertigeren Arbeit an?

Sjuda

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Ja, das ist hier aber nicht der Knackpunkt.

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Kommt es dabei nicht auch auf die Zeitanteile der höherwertigeren Arbeit an?

Ganz genau. Die gesamte neue Tätigkeit muss bewertet werden und erst wenn diese höher einzugruppieren wäre, kommt eine Zulage in Frage.

Da hier laut Sachverhalt die alte Tätigkeit weiter wahrgenommen wird, wäre durchaus in der Gesamtschau eine unveränderte Eingruppierung denkbar. Die Begründung vom Personalbereich ist dafür aber unpassend.

Sjuda

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Vielleicht hilft auch folgendes BAG-Urteil zu einem Fall aus dem TVöD-E.

6 AZR 142/21 vom 16.03.2023

Zitat
35

    e) Bei der somit auf der Grundlage der § 14 Abs. 3, § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-E vorzunehmenden hypothetischen (dazu BAG 16. Juni 2004 – 4 AZR 407/03 – zu I 1 b der Gründe zu § 24 BAT; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 14 Stand Mai 2014 Rn. 63; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 14 Stand September 2020 Rn. 57, Stand April 2018 Rn. 290 ff.; Breier/Dassau TVöD Teil B 1 § 14 Stand Mai 2017 Rn. 41 f., Stand Juni 2018 Rn. 79) Betrachtung ist zu prüfen, für welche höhere Entgeltgruppe der Beschäftigte die Voraussetzungen erfüllte, wenn ihm die Tätigkeit nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft übertragen worden wäre. Dabei müssen (auch) in der Person des Beschäftigten alle Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals bzw. der Tätigkeitsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt sein (§ 12 Abs. 2 Satz 6 TVöD-E; vgl. zu § 24 BAT: BAG 6. Mai 2009 – 10 AZR 389/08 – Rn. 11; 16. Mai 2002 – 6 AZR 198/01 – zu I 3 b der Gründe; 18. Juni 1997 – 4 AZR 728/95 – zu II 4 der Gründe; BeckOK TVöD/Kaiser TVöD-AT § 14 Stand 1. Dezember 2022 Rn. 10; Breier/Dassau aaO Stand Mai 2017/Juni 2018 Rn. 45; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 58, 61; Sponer/Steinherr TVöD § 14 Stand April 2017 Rn. 33; Weinmann in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 14 Rn. 3 f.). Die in der Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO angeordnete Eingruppierung in die nächst niedrigere Entgeltgruppe bei Fehlen der im Tätigkeitsmerkmal geforderten Vor- oder Ausbildung und Erfüllung der sonstigen Anforderungen gilt auch hier (Sponer/Steinherr aaO).


DAMO

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Kommt es dabei nicht auch auf die Zeitanteile der höherwertigeren Arbeit an?

Ganz genau. Die gesamte neue Tätigkeit muss bewertet werden und erst wenn diese höher einzugruppieren wäre, kommt eine Zulage in Frage.

Da hier laut Sachverhalt die alte Tätigkeit weiter wahrgenommen wird, wäre durchaus in der Gesamtschau eine unveränderte Eingruppierung denkbar. Die Begründung vom Personalbereich ist dafür aber unpassend.

Die Zeitanteile der übertragenen Tätigkeit betragen 70%.

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Kommt es dabei nicht auch auf die Zeitanteile der höherwertigeren Arbeit an?

Ganz genau. Die gesamte neue Tätigkeit muss bewertet werden und erst wenn diese höher einzugruppieren wäre, kommt eine Zulage in Frage.

Da hier laut Sachverhalt die alte Tätigkeit weiter wahrgenommen wird, wäre durchaus in der Gesamtschau eine unveränderte Eingruppierung denkbar. Die Begründung vom Personalbereich ist dafür aber unpassend.

Die Zeitanteile der übertragenen Tätigkeit betragen 70%.

Dann würde es grundsätzlich bedeuten, dass die gesamte neue Aufgabe auch nach E14 eingruppiert wäre. Minus 1, wg. fehlender persönlicher Voraussetzung (Studium)  = E13, wonach sich die Zulage bemessen müsste.

NWB

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Solange das nicht eingefordert wird bzw. arbeitsgerichtlich festgestellt wird, dürfte sich da auch nichts ändern, schätze ich.

MoinMoin

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Kleine Lesehilfe für die Personaler

Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung

2. Tätigkeitsmerkmale mit Anforderungen in der Person
1Ist in einem Tätigkeitsmerkmal eine Vorbildung oder Ausbildung als Anforderung
bestimmt, sind Beschäftigte, die die geforderte Vorbildung oder Ausbildung nicht
besitzen,
- wenn nicht auch „sonstige Beschäftigte“ von diesem Tätigkeitsmerkmal erfasst werden oder
- wenn auch „sonstige Beschäftigte“ von diesem Tätigkeitsmerkmal erfasst
werden, diese Beschäftigten jedoch nicht die Voraussetzungen des „sonstigen Beschäftigten“ erfüllen,
bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen dieses Tätigkeitsmerkmals in der
nächst niedrigeren Entgeltgruppe eingruppiert.
2Satz 1 gilt entsprechend für Tätigkeitsmerkmale, die bei Erfüllung qualifizierter Anforderungen eine höhere Eingruppierung vorsehen.
3Satz 1 gilt nicht, wenn die Entgeltordnung für diesen Fall ein Tätigkeitsmerkmal (z.B. „in der Tätigkeit von …“) enthält.