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[MV] Ungleichbehandlung in der Beamtenversorgung
Ebs:
--- Zitat von: Rentenonkel am 24.03.2025 10:26 ---Damit ist aber etwas anderes gemeint:
Recht auf Heimat bezeichnet ein abgeleitetes Recht des Einzelnen auf das Leben in seiner Heimat. Dieses Recht wurde aus dem Verbot der Verbannung sowie der willkürlichen Entziehung der Staatsbürgerschaft sowie dem Recht auf Rückwanderung (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) abgeleitet.
Im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland wird gelegentlich ein „Recht auf Heimat“ aus dem Bürgerrecht auf Freizügigkeit nach Art. 11 des Grundgesetzes abgeleitet. Demnach schützt Art. 11 GG das Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, und impliziert damit ein verfassungsrechtlich geschütztes „Recht auf Heimat“ mit dem Inhalt, an dem gewählten Heimatort wohnhaft bleiben zu dürfen. Ein über diesen Schutzbereich hinausgehendes, selbständiges „Recht auf Heimat“ lässt sich der Verfassung hingegen nicht entnehmen. Diese Auffassung vertritt unter anderem auch das Bundesverfassungsgericht.
Gelegentlich wird das „Recht auf Heimat“ auch in dem Sinne verstanden, dass die „Heimat“ eines Menschen vor „Überfremdung“ durch den Zuzug und die Erwerbstätigkeit „Heimatfremder“ geschützt werden müsse. Praktiken, die aus solchen Auffassungen abgeleitet werden können, können in Deutschland gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, wonach niemand wegen seiner „Heimat und Herkunft“ bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Außerdem verstoßen sie, sofern sie gegen EU-Bürger gerichtet sind, gegen EU-Recht.
Die in der DDR erworbenen und im Einigungsvertrag nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen genießen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.
Ein Abbau der Rentenansprüche und -anwartschaften, der eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung nach einem vollen Versicherungsleben nicht mehr gewährleistet, schränkt das Eigentumsgrundrecht unverhältnismäßig ein.
Eine solche bedürftigkeitsunabhängige Altersversorgung war für die von § 7 AAÜG betroffenen Personen in der ersten Zeit nach der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik nicht gewährleistet, so dass sie generell auf die Inanspruchnahme anderer Sozialleistungen verwiesen waren. Nach Angaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lagen die durchschnittlichen monatlichen Rentenleistungen für Angehörige des MfS/AfNS noch am 1. Januar 1993 bei Beträgen, die das Sozialhilfeniveau nicht erreichten.
Im Hinblick auf das mit der Begrenzungsregelung verfolgte legitime Ziel, überhöhte Arbeitsverdienste in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu berücksichtigen, ist es verfassungsrechtlich geboten, bei einer Kürzung das Durchschnittsentgelt in der DDR nicht zu unterschreiten.
--- End quote ---
Moin Rentenonkel,
das Recht auf Heimat ist selbstverständlich in höchstem Maße schützenswert, ist aber m. E. in Art, 3 (3) GG nicht erfasst, sondern speziell eher in Art. 11 GG. Wenn eine Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit dem Recht auf Heimat vorliegt, ist Art. 3 (1) GG als allgemeiner Gleichheitsgrundsatz hinzu zu ziehen, nicht aber Art. 3 (3) GG, gemäß diesem betrifft Heimat die örtliche Herkunft nach Geburt oder nach Ansässigkeit i.S.d. emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägenden Raum. (siehe auch https://www.juracademy.de/grundrechte/gleichheitsrechte.html ) Es geht also nicht um das Recht auf Heimat, sondern um die Begründung: weil Menschen / Menschengruppen diese oder jene Heimat haben, werden sie mit dieser oder jener Ungleichbehandlung im Unterschied zu vergleichbaren Menschen / Menschengruppen gemaßregelt. Das verbietet Art. 3 (3) und nur darum geht es mir.
Da nun die Überschrift des § 12 explizit aussagt, dass es hier um Zeiten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geht, dann ist die Anknüpfung an das Merkmal "Heimat" erfüllt.
Gruß Ebs
Ebs:
letzter Satz im vorangegangenen Post wird präzisiert:
Da nun die Überschrift des § 12 explizit aussagt, dass es hier um Zeiten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geht, dann ist somit die Anknüpfung an das Merkmal "Heimat" erfüllt.
(Streichung dafür neu)
Nunmehr lautet der Satz wie folgt:
Da nun die Überschrift des § 12 explizit aussagt, dass es hier um Zeiten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geht, ist somit die Anknüpfung an das Merkmal "Heimat" erfüllt.
Gruß Ebs
Rentenonkel:
Der Schutzbereich des Art. 3 GG kann sich aber nur auf das Schutzgebiet des Art. 3 GG beziehen. Das Grundgesetz gilt im Beitrittsgebiet erst ab dem 03.10.1990.
Daher gelten diese Vordienstzeiten rein rechtlich zunächst als Zeiten im Ausland. Um diese Zeiten in einem anderen Land anerkennen zu können, bedarf es üblicherweise eines zwischen- oder überstaatlichen Abkommens.
Schwierig wird es, wenn ein Land quasi nicht mehr existiert. Dann müssen Verträge geschlossen werden, ob und wie diese Ansprüche anerkannt werden können.
Für die Anerkennung der Zeiten aus der ehemaligen DDR vor dem 03.10.1990 greift daher nicht der Art. 3 GG, sondern für die in der ehemaligen DDR eingezahlten Beiträge der Art. 14 GG, wie ich bereits ausgeführt habe.
Art. 3 GG erlaubt ja dem Gesetzgeber, wesentlich ungleiches auch ungleich zu behandeln, sofern er gute Gründe dafür hat. Wie ich bereits ausgeführt habe, bezieht sich die Ungleichbehandlung alleine auf die Zeiträume, in denen Du einer anderen Rechtsordnung als der der Bundesrepublik Deutschland unterworfen warst.
Vor der Wiedervereinigung wurden die Zeiten aus der DDR für Menschen, die in die BRD vor dem 03.10.1990 übergesiedelt sind, genauso anerkannt, wie beispielsweise Zeiten aus Rußland oder Polen, sofern man Vertriebener war. Auch wurden sämtliche Zeiten als Beamter ausschließlich in der gesetzlichen Rentenversicherung entschädigt. Hier wurden die Zeiten auch seinerzeit schon unterschiedlich behandelt. Auch hierzu gab es schon Urteile; dabei ist vor allem die Begründung interesssant:
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 03.03.1998 - 9 C 3/97 (Münster) bezüglich des § 4 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in seiner seit dem 01.01.1993 geltenden Fassung entschieden, dass die Vorschrift weder gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
Nach dem Bundesverwaltungsgericht sei die unterschiedliche Regelung in § 4 Abs. 1 und 2 BVFG nicht wegen der Heimat oder Herkunft der betroffenen Personengruppen i.S.d. Art. 3 Abs. 3 GG getroffen worden, sondern mit Rücksicht auf die Lebensverhältnisse der Volksdeutschen in der früheren Sowjetunion einerseits und diejenigen in den übrigen Ostvertreibungsgebieten andererseits. Diese habe der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt eines Fortwirkens der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen sowie der Zumutbarkeit eines Verbleibens im Aussiedlungsgebiet unterschiedlich bewertet. Daher liege keine Verletzung des Benachteiligungsverbots wegen d der Heimat oder Herkunft aus Art. 3 Abs. 3 GG vor.
Auch sei kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gegeben. Die Wertung des Gesetzgebers in § 4 Abs. 1 BVFG, dass sich die kollektiven Maßnahmen gegen die deutschen Volkszugehörigen in der früheren Sowjetunion generell auch heute noch auswirken, beruhen auf der für sie besonders belastenden Situation in der früheren Sowjetunion in Verbindung mit der Art der Vertreibungsmaßnahmen und ihren Folgen. Daher sei ein sachlicher Grund von hinreichendem Gewicht gegeben, der eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Personengruppen in § 4 Abs. 1 und 2 BVFG rechtfertige.
Einen ähnlich sachlichen Grund sehe ich auch hier: Du hast als Volkspolizist Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt und Dir somit gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Ansprüche gesichert. Diese Ansprüche sind mit der Wiedervereinigung übertragen worden. Gegenüber anderen Menschen, die der Rechtsordnung der DDR unterworfen waren, besteht keine Benachteiligung. Die Versorgung, die Dir insgesamt zugesichert wurde, übersteigt deutlich den Sozialhilfebedarf.
Das, was Du bemängelst, ist eine unterschiedliche Bewertung bei der Altersversorgung der Zeiten als Angestellter in der ehemaligen DDR mit Beamtenzeiten aus den alten Bundesländern. Ein sachlicher Grund dafür ist schlicht die seinerzeit unterschiedliche Rechtsordnung und die Tatsache, dass Du in der ehemaligen DDR in der Rentenversicherung versicherungspflichtig warst; daher ist die unterschiedliche Behandlung sachlich zu rechtfertigen.
Ebs:
Moin,
Dem Grundgesetz ist eine finale Bekräftigung der eigenen Bedeutung fremd. Stattdessen erwähnt das Grundgesetz in Artikel 146 seine eigene Ablösung „an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. Dieser im internationalen Verfassungsvergleich ungewöhnliche Schlussakkord hat historische Gründe. Die Autoren des Grundgesetzes hatten angenommen, ein „Provisorium“ zu erarbeiten, auf das eine gesamtdeutsche Verfassung folgen werde. Mit dem Fall der Mauer 1989 stellte sich unversehens die Frage, ob der historische Moment für eine neue, gesamtdeutsche Verfassung gekommen sei.
Es hätte uns nach dem Mauerfall gut getan, mit etwas weniger Eile den Beitritt zur Bundesrepublik anzustreben. Mir und vielen anderen wäre ein gleichberechtigter Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten und gleichzeitigem Inkrafttreten einer Verfassung (möglich nach Art. 146 GG) bedeutend lieber gewesen.
Die Unterschiede zwischen Ost und West in der 1990 geführten Verfassungsdebatte und letztendlich auch in der gewählten Beitrittslösung fallen besonders auf: Während sich für die Menschen in den damals "neuen Ländern" im Rahmen eines umfassenden Wandels quasi über Nacht alle Lebensumstände änderten und Lebensentwürfe über den Haufen geworfen wurden, hat sich durch den Beitritt der "Brüder und Schwestern aus dem Osten" für die bisherige Bundesrepublik nichts spürbar verändert.
Übrigens wäre die neue Verfassung für alle Deutschen neues Recht gewesen und damit auch Grundlage für gleiches Recht.
--- Zitat --- Der Schutzbereich des Art. 3 GG kann sich aber nur auf das Schutzgebiet des Art. 3 GG beziehen. Das Grundgesetz gilt im Beitrittsgebiet erst ab dem 03.10.1990.
Daher gelten diese Vordienstzeiten rein rechtlich zunächst als Zeiten im Ausland. Um diese Zeiten in einem anderen Land anerkennen zu können, bedarf es üblicherweise eines zwischen- oder überstaatlichen Abkommens.
Schwierig wird es, wenn ein Land quasi nicht mehr existiert. Dann müssen Verträge geschlossen werden, ob und wie diese Ansprüche anerkannt werden können.
--- End quote ---
S.1) Übrigens wäre die neue Verfassung für alle Deutschen neues Recht gewesen und damit auch Grundlage für gleiches Recht.
S.2) Zeiten im Ausland werden in § 11 (1) Nr.2 LBeamtVG M-V geregelt.
S.3) Gültiger Vertrag wäre der Einigungsvertrag in Verbindung mit § 2 BeamtVÜV.
Gruß Ebs
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