Beamte und Soldaten > Beamte der Länder und Kommunen
[MV] Ungleichbehandlung in der Beamtenversorgung
Casa:
--- Zitat ---Da sind wir nun an der Wurzel des Übels: Kein Gericht in der Bundesrepublik, auch nicht das BVerfG stört sich daran, dass es nur nach Art. 1 (1) GG (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz) legitimierende Gründe für Ungleichbehandlungen gibt. Nach Art. 3 (3) GG sind jedoch Anknüpfungen von Ungleichbehandlungen an die Kriterien der Spezialgleichheitsrechte verboten. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz tritt vor den Spezialgleichheitsrechten zurück (in diesem Fall "Heimat"), will damit sagen, das Beitrittsgebiet ist meine Heimat. Es ist verboten, jemanden wegen seiner Heimat zu benachteiligen oder zu bevorteilen.
Aber das scheint niemand zur Kenntnis nehmen zu wollen.
--- End quote ---
Anknüpfungspunkt ist hier nicht die Heimat, sondern Erwerbsbiografie bzw. die Versichertenbiografie. Das stellt keine Diskriminierung dar (BVerfG, Beschluss vom 13. 6. 2006 – 1 BvL 9/00, Rn. 89 (lexetius.com/2006,1241)).
Wenn dir der Staat im Alter weniger Rente gibt, dann macht er das, weil du nichts eingezahlt hast. Er macht es nicht, weil du behindert bist und nie einzahlen konntest oder weil du einen Migrationshintergrund hast, gering qualifiziert bist und nur wenig(er) einzahlen konntest.
Ebs:
Moin Casa,
die Überschrift des § 12b sagt aus worum es geht:
§ 12b - Zeiten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet.
Das sind die Zeiten, die als "Vordienstzeiten" gelten und in der ehemaligen DDR geleistet wurden.
Das ist alles was der § 12b regelt, deshalb ist "Heimat" der Anknüpfungspunkt. Über Erwerbsbiografie kann ich hier nichts finden. Sorry.
Gruß Ebs
Rentenonkel:
--- Zitat von: Ebs am 22.03.2025 10:56 ---Moin Casa, mir geht es eigentlich nur um die Ungleichbehandlung an sich, nicht um bestimmte Zuständigkeiten oder Verantwortlichkeiten.
Ich konstruiere hier mal den Fall, dass ein Pole hier in Deutschland Beamter werden möchte.
Das ist möglich, denn das Beamtenrecht stellt klar, dass die persönliche Ernennungsvoraussetzung der Staatsangehörigkeit erfüllt ist, wenn man aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stammt (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a BeamtStG für Landesbeamte und § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a BBG für Bundesbeamte).
Ich gehe also davon aus, dass dieser Pole verbeamtet wird. Er war in Polen im ö.D. Tarifbeschäftigter und wird dann irgend wann auch pensioniert. Nach § 11 LBeamtVG M-V kann diese Zeit im ö.D. (Polen)als rgf.Dienstzeit bis zu 5 Jahren angerechnet werden. Ich als (Ost) Deutscher werde durch § 12b davon ausgeschlossen, weil die "federführenden Architekten des Einigungsvertrages" Dr. Schäuble und der spätere kriminelle Prof. Dr. Krause es so festgeschrieben hatten. In § 2 Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung (wie lange dauert eigentlich ein Übergang? 35 Jahre sind fast um.), wurden die Maßgaben (Einschränkungen) festgeschrieben, die auf die Beamten mit Vordienstzeiten im Beitrittsgebiet anzuwenden sind. Weshalb muss dies heute noch so sein. Es ist schon diskriminierend, wenn ein Pole (ebenfalls früherer Ostblock) besser gestellt wird als ein Ostdeutscher. "Icke kann jar nich so ville fressen, wie ick kotzen möchte", um es mal mit dem Berliner Maler Max Liebermann zu sagen.
Gruß Ebs
PS: In Polen gab es zu Ostblockzeiten ebenfalls keine Beamten
--- End quote ---
Der Sachverhalt ist hier ähnlich zu betrachten: Bei mehr als 5 Jahren erhält der Pole aus den Zeiten von dem polnischen Sondersystem für Staatsbedienstete (ZER MSWiA) eine Versorgung.
Bei weniger als 5 Jahren können diese Zeiten als ruhegehaltfähig anerkannt werden, wenn dem Polen für diese Zeiten keine Altersversorgung aus seinem Heimatland zusteht. Das Wort können heißt nicht müssen.
Wenn Du in der ehemaligen DDR auch weniger als 5 Jahre dort tätig geworden wärst, hättest Du auch die Zeiten als ruhegehaltfähig anerkannt bekommen, weil Du dafür keine Rentenánsprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hättest.
Im Übrigen sind auch etwaige Rentenansprüche oder Pensionsansprüche aus Polen in Anspruch zu nehmen und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen auf die Pension anzurechnen. Das kann beispielsweise sein, wenn der Pole in Polen nicht immer Polizist war und deswegen trotzdem von dort eine Versorgung erhält. Die sagen dann, es sei ungerecht, dass aufgrund der polnischen Rente als Landwirt die deutsche Pension gekürzt wird. ;)
Hierbei regen sich viele Polen darüber auf, dass die Versorgung aus Polen Brutto angerechnet wird, dort allerdings auch Steuern von den Bezügen erhoben werden und nur im Rahmen eines recht komplizierten Verfahrens (Stichwort: Doppelbesteuerungsabkommen) teilweise erstattet werden. Das führt dazu, dass die deutsche Bruttopension meist stärker sinkt als die Nettozahlung aus Polen. Auch diese Medaille hat also zwei Seiten.
Die von dir beanstandete Regelung fußt wie so oft auf historischen Wurzeln. Während die Beamtenanwartschaften mit der Begründung der BRD in wesentlichen Teilen auch für die Beamten der Weimarer Republik übernommen hat, wurden die Beamten in der DDR in der gesetzlichen Sozialversicherung nachversichert und habe eine Altersversorgung erhalten, die denen eines vergleichbaren Angestellten entsprach. Das war auch damals weniger, als einem als ehemaligen Beamten eigentlich zugestanden hätte. Die ehemaligen Beamten der Weimarer Republik fühlten sich somit nach dem zweiten Weltkrieg auch ungerecht behandelt.
Aufgrund der Weigerung der DDR, die Ansprüche der Beamtenversorgung als Rechtsnachfolger der vorherigen Landesregierung auch in der Höhe nach zu übernehmen, ist es umgekehrt völkerrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn die Ansprüche aus den Beschäftigungsverhältnissen nur in dem Umfang übernommen werden, wie sie ohne Wiedervereinigung entstanden sind. Die DDR wollte ehemalige Beamte bewusst nicht besser stellen als Angestellte.
Das wurde auch immer so kommuniziert und war auch jedem bewusst, der in der ehemaligen DDR als Volkspolizist beschäftigt war. Mit dem Einigungsvertrag wurden somit diese Ansprüche 1:1 übernommen, eine Besserstellung gegenüber anderen Beschäftigten, die im Westen nicht verbeamtet wären, gab es jedoch auch nicht.
Hätte die ehemalige DDR die Beamtenansprüche der Beamten der Weimarer Republik nach dem zweiten Weltkrieg anerkannt und denen eine höhere Versorgung gezahlt, sähe die Situation vielleicht etwas anders aus.
Vielleicht hilft das, das Ganze etwas besser einzuordnen.
Ebs:
--- Zitat von: Rentenonkel am 24.03.2025 07:58 ---
Die von dir beanstandete Regelung fußt wie so oft auf historischen Wurzeln. Während die Beamtenanwartschaften mit der Begründung der BRD in wesentlichen Teilen auch für die Beamten der Weimarer Republik übernommen hat, wurden die Beamten in der DDR in der gesetzlichen Sozialversicherung nachversichert und habe eine Altersversorgung erhalten, die denen eines vergleichbaren Angestellten entsprach. Das war auch damals weniger, als einem als ehemaligen Beamten eigentlich zugestanden hätte. Die ehemaligen Beamten der Weimarer Republik fühlten sich somit nach dem zweiten Weltkrieg auch ungerecht behandelt.
Aufgrund der Weigerung der DDR, die Ansprüche der Beamtenversorgung als Rechtsnachfolger der vorherigen Landesregierung auch in der Höhe nach zu übernehmen, ist es umgekehrt völkerrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn die Ansprüche aus den Beschäftigungsverhältnissen nur in dem Umfang übernommen werden, wie sie ohne Wiedervereinigung entstanden sind. Die DDR wollte ehemalige Beamte bewusst nicht besser stellen als Angestellte.
Das wurde auch immer so kommuniziert und war auch jedem bewusst, der in der ehemaligen DDR als Volkspolizist beschäftigt war. Mit dem Einigungsvertrag wurden somit diese Ansprüche 1:1 übernommen, eine Besserstellung gegenüber anderen Beschäftigten, die im Westen nicht verbeamtet wären, gab es jedoch auch nicht.
Hätte die ehemalige DDR die Beamtenansprüche der Beamten der Weimarer Republik nach dem zweiten Weltkrieg anerkannt und denen eine höhere Versorgung gezahlt, sähe die Situation vielleicht etwas anders aus.
Vielleicht hilft das, das Ganze etwas besser einzuordnen.
--- End quote ---
Moin Rentenonkel,
das Beispiel mit dem Polen hat mir selbst nicht so richtig gefallen. Vergessen wir es also.
Was aber Deine von mir zitierte Argumentation betrifft, kann ich Dir tatsächlich nur beipflichten.
Während meiner Schulzeit wurde die Zeit der Weimarer Republik im Geschichtsunterricht 10. Klasse behandelt. Ich erinnere mich dunkel daran (es war 1967/68). Etwa zur gleichen Zeit wurde auch in "Staatsbürgerkunde" (das war ein spezielles Fach um die Schüler "auf Linie zu trimmen") über das Beamtentum der Kaiserzeit und der Weimarer Republik hergezogen. Soll also heißen Erinnerung ist, wenn auch etwas nebulös, vorhanden.
Alles in allem ist dein Post eine sehr gute Argumentation, die mich auch überzeugt.
Dennoch bleibt § 12b LBeamtVG M-V angreifbar.
eigenes Zitat:
"die Überschrift des § 12b sagt aus worum es geht:
§ 12b - Zeiten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet.
Das sind die Zeiten, die als "Vordienstzeiten" gelten und in der ehemaligen DDR geleistet wurden.
Das ist alles was der § 12b regelt, deshalb ist "Heimat" der Anknüpfungspunkt. Über Erwerbsbiografie kann ich hier nichts finden"
Art.3 (3) Satz 1 verbietet u. a. die Heimat als Anknüpfungspunkt für Ungleichbehandlungen zu verwenden.
Gruß Ebs
Rentenonkel:
Damit ist aber etwas anderes gemeint:
Recht auf Heimat bezeichnet ein abgeleitetes Recht des Einzelnen auf das Leben in seiner Heimat. Dieses Recht wurde aus dem Verbot der Verbannung sowie der willkürlichen Entziehung der Staatsbürgerschaft sowie dem Recht auf Rückwanderung (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) abgeleitet.
Im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland wird gelegentlich ein „Recht auf Heimat“ aus dem Bürgerrecht auf Freizügigkeit nach Art. 11 des Grundgesetzes abgeleitet. Demnach schützt Art. 11 GG das Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, und impliziert damit ein verfassungsrechtlich geschütztes „Recht auf Heimat“ mit dem Inhalt, an dem gewählten Heimatort wohnhaft bleiben zu dürfen. Ein über diesen Schutzbereich hinausgehendes, selbständiges „Recht auf Heimat“ lässt sich der Verfassung hingegen nicht entnehmen. Diese Auffassung vertritt unter anderem auch das Bundesverfassungsgericht.
Gelegentlich wird das „Recht auf Heimat“ auch in dem Sinne verstanden, dass die „Heimat“ eines Menschen vor „Überfremdung“ durch den Zuzug und die Erwerbstätigkeit „Heimatfremder“ geschützt werden müsse. Praktiken, die aus solchen Auffassungen abgeleitet werden können, können in Deutschland gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, wonach niemand wegen seiner „Heimat und Herkunft“ bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Außerdem verstoßen sie, sofern sie gegen EU-Bürger gerichtet sind, gegen EU-Recht.
Die in der DDR erworbenen und im Einigungsvertrag nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen genießen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.
Ein Abbau der Rentenansprüche und -anwartschaften, der eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung nach einem vollen Versicherungsleben nicht mehr gewährleistet, schränkt das Eigentumsgrundrecht unverhältnismäßig ein.
Eine solche bedürftigkeitsunabhängige Altersversorgung war für die von § 7 AAÜG betroffenen Personen in der ersten Zeit nach der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik nicht gewährleistet, so dass sie generell auf die Inanspruchnahme anderer Sozialleistungen verwiesen waren. Nach Angaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lagen die durchschnittlichen monatlichen Rentenleistungen für Angehörige des MfS/AfNS noch am 1. Januar 1993 bei Beträgen, die das Sozialhilfeniveau nicht erreichten.
Im Hinblick auf das mit der Begrenzungsregelung verfolgte legitime Ziel, überhöhte Arbeitsverdienste in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu berücksichtigen, ist es verfassungsrechtlich geboten, bei einer Kürzung das Durchschnittsentgelt in der DDR nicht zu unterschreiten.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version