Autor Thema: Haben Ü 50 Bewerber aus der Wirtschaft noch Chancen im ÖD?  (Read 3372 times)

gibtsnicht

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Wie die anderen schon sagen, wären an vielen Stellen auch hier gerade berufserfahrene IT-ler herzlichst willkommen.

Die Stufen sind dabei so eine Sache, aber dass du in 4-6 kommen würdest, wäre eher der Ausnahmefall, da hier die einstellende Stelle gegenüber den meisten Personalern sehr gut argumentieren müsste - Standard wäre Stufe 3. Damit bist du nicht weit weg von den "unerfahrenen" in Stufe 1. Und wie Faunus schon schreibt, ist das Geld für die Stelle so oder so da, egal auf welcher Stufe du landest.

Würde es helfen, wenn ich erwähnen würde, dass das  A-Amt einen Einstellungszuschuss prüfen würde, da ich Ü 55 bin? Dadurch würde die Behörde richtig Geld sparen.
Allerdings bin ich noch nicht Arbeitslos und will es auch nicht werden...

gibtsnicht

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Als anekdotische Evidenz aus dem Land NRW:

Wir haben in ähnlichem Kontext (IT) vor einiger Zeit einen Bewerber mit 62 Jahren eingestellt. Hier in die E10 S5.

Also: Dranbleiben!  :)

Jetzt werde ich neidisch ;-)

gibtsnicht

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Hallo zusammen,

die meisten hier im Forum dürften vermutlich im öffentlichen Dienst arbeiten und können mir bestimmt Auskunft geben.

Ich bin 55 Jahre und versuche aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und einer drohenden Kündigung in den öffentlichen Dienst zu wechseln.
...
Für ehrliche Antworten wäre ich dankbar.
Ich begleite häufiger Einstellungen (auch in der IT) und 55 Jährige, die die letzte Dekade bei uns sein wollen sind uns eher willkommen als 25 Jährige, die das große Geld suchen und gleich wieder verschwunden sind.

Und zu teuer würde bei uns angesprochen werden, wenn man für die Stufe 4+ die tarifliche Möglichkeit der förderliche Zeiten nutzt.
Denn wenn wir 2 gleichgeeignete Kandidaten haben und der eine die Stufe 5 will und der andere mit der Stufe 4 zufrieden ist, dann müssen wir letzteren nehmen.
Oder uns was aus den finger erlügen, warum der billigere nicht ausreichend geeignet ist.

Aber darüber reden wir bei uns mit den Kandidaten

Aufgrund des Weihnachtsgeldes würde ich in der Stufe 1 bei TV-L 9a schon mehr verdienen als bei meinem jetzigen Arbeitgeber.
In der freien Wirtschaft wird aktuell ca. 31-40K geboten.

FearOfTheDuck

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In meiner Bundesbehörde wäre das Alter auch kein Problem.

55 Jahre sind noch mindestens 12 Jahre und in dem Arbeitsgebiet spielt das keine Rolle.

Hier in HH wären viele Behörden froh (fachkundige) Mitarbeiter zu finden. 55 ist dabei derzeit kein Alter, was irgendwie ein Problem darstellen würde. Natürlich kann das aber von Vorgesetztem zu Vorgesetztem variieren - aber meist sind die froh Leute zu finden.

Edit: Es ist eher kein Automatismus, das man aufgrund Alters in eine 4 oder 5 eingestuft wird - eigentlich ist 3 das Maximum und wenn keine förderlichen Kenntnisse vorliegen kann man auch "als alter Sack" in der 1 anfangen dürfen :-)

Ich wurde bei keinem Gespräch im ÖD gefragt welche Eingruppierung ich wünsche, es hieß nur wir zahlen TV-L 9a.



Das sollte auch normal sein, dass die EG nicht zur Disposition steht. Denn man ist anhand seiner Tätigkeit eingruppiert. Wenn der AG also fix Aufgaben vergibt, ist auch die EG fix.

Spielraum gibt es bei Einstellung bei der Einstufung. Man hat aber grundsätzlich nur Anspruch auf Stufe 1, alles darüber müsste man verhandeln. Außer es liegt einschlägige Berufserfahrung vor, die führt dann bis in Stufe 3.

Dein Alter dürfte tatsächlich kaum eine Rolle spielen, versuch es weiter und vertrau auf das, was du kannst, dann findest du den passenden AG. Ich drück dir die Daumen!

Umlauf

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Wir haben auch schon 55+ eingestellt.

Ein Fall ist mir sogar sehr gut im Kopf hängen geblieben.

Er hat ganz klar gesagt, das er nicht auf das Geld angewiesen ist.
Sein Haus ist abbezahlt und bei den Kindern sieht es ähnlich aus.
Früher war er Manager mit entsprechend hohem Verdienst und Arbeitszeiten, die die Familie zu kurz kommen lassen. Da hat er 4 Jahre vorher die Reißleine gezogen und alles bisherige hinterfragt.
Nun hat er aber festgestellt, dass er zwar das alte Managerarbeitsleben nicht zurück möchte, aber er möchte was sinnvolles Tun. Er war sehr überzeugend, was mich angesichts der früheren Tätigkeit nicht wunderte, macht heute gute Arbeit und ist glücklich dabei, bei einem kompletten Neuprojekt dabei zu sein.

clarion

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Hallo,

Bei uns würden auch über 50 Jährige eingestellt.  Vor einigen Jahren haben wir zuletzt jemanden mit einem gerüttelt Maß an Lebenserfahrung eingestellt. Bei der letzten Runde waren auch zwei >50 dabei, die haben wir aus unterschiedlichen Gründen nicht genommen. Die eine Person hatte ein ziemliches Selbstbewusstsein. Wir hatten leichte Zweifel, dass die Person sich ins Team eingliedert und sich von Jüngeren was sagen lässt. Als die Personalvertretungen (PR, SBV, GB) auch alle ein eindeutiges Votum abgegeben hat, haben wir die Person nicht genommen.

Hast Du eine einschlägige IT Ausbildung?  Wenn man nicht die richtigen Berufsabschlüsse hat, kann es im ÖD auch schwer werden zu landen, auch wenn man durch jahrelange Praxis die Kenntnisse alle erworben hat, die gebraucht werden.

AlterSchwedeMUC

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Bin selbst als "Quereinsteiger" aus der PW erst letztes Jahr in den öD "gerutscht".
Mit "zarten" 56 Jahren über eine Zeitarbeitsfirma reingekommen. Nach 4 Monaten übernommen worden. Übrigens im gleichen Bereich: IT First und Second Level Support.
Nicht aufgeben, die Erfahrung wird durchaus geschätzt!

Sjuda

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Es zeigt sich, dass die Chancen anscheinend gar nicht so schlecht sind, das ist ist erfreulich - schließlich brauchen wir qualifiziertes Personal.

Viel Neues kann ich gar nicht beitragen, ich würde nur einen Perspektivwechsel anregen. Du könntest dich fragen: was könnten die Gründe sein, die die AG noch davon abhalten, dich einzustellen und ggf. dein Auftreten in den Vorstellungsgesprächen etwas danach ausrichten. Möglichwerweise trifft das auch auf dich überhaupt nicht zu - daher ein pauschaler Ansatz.

Das Lebensalter sehe ich gar nicht als großes Problem. Mit mehr als 10 Jahren verbleibender Arbeitszeit und gleichzeitigem Blick auf die Fluktuation, die zumindest bei uns in der IT zu verzeichnen ist, sollte das kein wirklicher Hinderungsgrund sein. Gleichzeit könnte zumindest unterschwellig die Befürchtung vorhanden sein, lebensältere Bewerber sind weniger belastbar, fallen öfters aus oder sind nicht mehr sonderlich motiviert. Insofern könntest du dezent hervorheben, wie jungeblieben du noch bist. Ob man deshalb mit Poloshirt und Sneakern vorstellig werden sollte, ist eine andere Frage, aber eine subtile Dynamik und hervorgehobene  Schaffenskraft könnte dem Auftreten vielleicht nicht abträglich sein.

Mit dem Alter einher geht auch eine gewisse Lebens- und Berufserfahrung. Damit kann man durchaus punkten. Gleichzeitig kann das aber auch ein schmaler Grat sein. Prozesse im öD sind oft starr, kompliziert und bürokratisch. Auch wenn die IT in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung hat, muss man sich dem anpasen, egal ob man 25 oder 55 ist. Versuche also nicht den Eindruck zu hinterlassen, du würdest den Kollegen dann erst mal beibrigen, wie man arbeitet und was man alles anders machen kann. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Beweber aus der Privatwirtschaft sind oftmals mit den tariflichen Entgeltsystemen im ö.D. nicht vertraut.
Daher folgende Faustregel: die Bezahlung (nicht zu verwechseln mit Einstellungskritierien!) richtet sich nach der übertragenen Tätigkeit - die individuelle Qualifikation spielt dabei keine Rolle. Die Tätigkeit wird bewertet, ein Verhandlungsspielraum besteht nicht. Wenn also eine Stelle mit EG XX ausgeschrieben ist, gibt es daran nichts zu verhandeln.  Etwas anders ist es bei den Stufen, das wurde hier schon ausgeführt. Je nach einschlägiger Berufserfahrung besteht ein Anspruch auf eine bestimmte Stufe, alles andere ist Verhandlungssache.  Das ist aber keine Gehaltsverhandlung wie in der Privatwirtschaft - daher vielleicht etwas zurückhaltender sein. Argumente für eine höhere Stufe könnten das Erreichen des bisherigen Gehalts sein - nicht aber, wie toll man ist. Ein zu forsches Auftreten könnte irritieren.




gibtsnicht

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Guten Morgen zusammen,

ihr seid echt hilfreich und nett. Danke  :D

Ich vermutet ich war bei den Vorstellungsgesprächen zu aufgeregt und hab auch gerade bei der Aufforderung "Stellen Sie sich bitte vor"  zu viel und zu schnell geredet. Hinzu kommt ein Zeitfenster für das ganze Gespräch von ca 20-30 Minuten.

Es für mich geht um alles.
Selbstverständlich habe ich Angst vor Arbeitslosigkeit.
Jüngere Bewerber haben noch genug Zeit in ihrem Leben etwas anderes zu finden.

Wenn man Youtube anschaut soll man sich sehr gut auf das Gespräch vorbereiten was ich verstehen kann.
Es wird suggeriert man soll die Behörde deren Organisation und Aufgabe inkl. kennen. 
Ich bekam nicht eine Frage zur Behörde.

Das jede Firma und Behörde eine unterschiedliche IT Struktur besitzt ist auch klar, dass ein Bewerber nicht alles wissen kann, aber solange er die Chance zur Einarbeitung bekommt sollte das kein Problem sein. 

Ich habe nun verstanden:

- Das Alter Ü55 ist kein Problem
- Eingruppierung steht fest z.B. TV-L 9a
- Je nach einschlägiger Berufserfahrung erhält man trotz Berufserfahrung Stufe 1, oder auch mehr.
- Wer zuviel verlangt wird abgelehnt.
- Wenn keine einschlägige Berufserfahrung in der Ausschreibung verlangt wird, sollte man Stufe 1 als einstieg
   sehen.
- Die Akzeptant auch von jungen Kollegen etwas lernen zu wollen hilft. (Ist für mich normal).

Frage, ist es hilfreich anzubieten, dass man den aktuellen Arbeitergeber nach einem Aufhebungsvertrag fragt um die Kündigungsfrist zu reduzieren? Oft heißt es die Stelle sei sofort zu besetzten.

Ich schaue regelmäßig auf Interamt nach Ausschreibungen, wobei  nicht alle öffentliche Einrichtungen dort ihre Stellen ausschreiben. Es gibt ja auch noch Einrichtungen die nach TV-L, bzw. TVÖD bezahlen, obwohl sie keine Behörde sind. z.B. Stadtwerken, Schulen....

Ich wünsche euch allen ein schönes und sonniges Wochenende.  ;)

FearOfTheDuck

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kleine Einschränkung zu dem Vorherigen geb ich dir mit auf den Weg: Stufe 1 ist (abseits der einschlägigen Berufserfahrung) nicht in Stein gemeißelt, du musst nur vor Vertragsabschluß darüber verhandeln, mehr zu bekommen. Wenn du die Stelle förderliche Zeiten der BE hast, dann bring diese mit ein, dann sind höhere Stufen nicht unrealistisch. Beachte dabei, dass du ansonsten die Endstufe nicht mehr erreichen wirst.

gibtsnicht

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kleine Einschränkung zu dem Vorherigen geb ich dir mit auf den Weg: Stufe 1 ist (abseits der einschlägigen Berufserfahrung) nicht in Stein gemeißelt, du musst nur vor Vertragsabschluß darüber verhandeln, mehr zu bekommen. Wenn du die Stelle förderliche Zeiten der BE hast, dann bring diese mit ein, dann sind höhere Stufen nicht unrealistisch. Beachte dabei, dass du ansonsten die Endstufe nicht mehr erreichen wirst.

Hallo FearOfTheDuck,

danke für deinen Antwort, verstehe ich das richtig, das Gehalt wird nicht einfach festgesetzt, sondern nach dem Vorstellungsgespräch verhandelt?

Was passiert wenn man z.B. anstatt der geboten Stufe 1-2 die Stufe 3 z.B. wegen jahrelanger Berufserfahrung wünscht?
Wird man dann angelehnt und darf wieder gehen?

Bisher hat leider auch niemand seine Erfahrung zu dem Thema Eingliederungszuschuss 50+ vom A-Amt gesagt.
(Bei Arbeitnehmern über 50 beträgt sie mindestens 30 %, maximal aber 50 % des Gehalts.
Der Zuschuss wird in der festgelegten Höhe für mindestens 12 und höchstens 36 Monate gezahlt.)

Wäre es ein Vorteil dies beim Vorstellungsgespräch anzugeben?

Schade ist auch, dass sich Unternehmen wie auch Behörden schwer tut die Frage nach der Anzahl der Bewerber zu beantworten. Es ist nun mal interessant zu wissen wie begehrt die Stelle, bzw. der Arbeitgeber ist.

Ich hoffe es gibt in absehbarer Zeit wieder entsprechende Stellenangebote.

FearOfTheDuck

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Eine "freie" Gehaltsverhandlung gibt es in der Regel nicht, wenn die EG fest steht. Da kann man schauen, was über die Stufen möglich ist.

Es kommt drauf an, wie sehr der AG pokert, ob er sich eine feste Grenze gesetzt hat oder einen gewissen Spielraum hat. Genauso kommt es drauf an, wie schnell und dringend die Stelle besetzt werden muss. Aber am Ende weißt du allein nur, wo deine eigene Schmerzgrenze ist. Was passiert, ist schwer zu sagen, da gibt es kein vorgeschriebenes Schema.

Theoretisch müsste eine kluge Personalabteilung solche "Spar-Themen" selbst kennen, denn nirgendwo spart man bei Personalkosten so gerne wie im ÖD. ;)
Hmm, ich glaube, ich würde das höchstens im Gehaltspoker mit anbringen, wenn ich merken würde, dass der AG da verstockt ist.

Naja, niemand lässt sich gern in die Karten schauen und man möchte irgendwelche Rückschlüsse aus der Bewerberzahl sicher vermeiden.

clarion

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Hallo,

Der Eingliederungszuschuss erhöht Deine Chancen nicht. Man schreibt aus, weil man jemanden braucht und dann hat man auch eine passende Stelle frei. Man wird auch nicht abgelehnt,  weil man zu viel verlangt. Und zuviel verlangen, ist auch schlecht möglich. Ich würde einfach man mit Stufe 3 in die Verhandlungen gehen. Wenn Du wirklich eine 1 zu 1 passende Berufsausbildung und Berufserfahrung hast, kannst Du auch mit der Endstufe pokern.  Wenn man meint, das wäre zu viel, dann wird man Dir das sagen. Pokern würde ich nach der Auswahl und nicht schon im Vorstellungsgespräch.

Zu den Vorstellungsgesprächen. Jede Behörde tickt anders. Wir stellen z.B. durchaus eine Frage, was unsere Behörde macht und es gibt Minuspunkte, wenn man nicht unsere Aufgaben zumindest grob kennt. Und es gibt erstaunlich viele, die sich nicht die Mühe machen, vor dem Gespräch unsere Webseite durchzulesen.

MoinMoin

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Wenn man einschlägige Berufserfahrung hat, dann steht einem die 3 zu, da muss man nichts verhandeln.
Wenn man 20 Jahre im Beruf ist, dann fragt man nach, ob der AG einen diese förderliche Zeiten anerkennen würde, da man erwartet nicht schlechter gestellt zu werden.
Und dazwischen findet dann die Verhandlung und das Pokerspiel an.
Wir geben ohne Probleme mehr als Stufe 3, wenn die Bewerberlage es zulässt, bzw. verlangt.
Wenn wir jedoch einen geeigneten 3er Kandidaten haben und der 6er Kandidat erscheint uns bisserl besser, dann geben wir dem 6er die Chance sich zu entscheiden, ob er auch für die 3 kommt.

gibtsnicht

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Hallo an alle,

vielen Dank für die hilfreichen Tipps und Antworten.
Bisher wurden alle meine Fragen Fragen beantwortet.

Ich wünsche euch alles Gute.  :)