Im Urteil des BAG wurde ein mehrstufiges Verfahren betrachtet. Dabei war jede Stufe unabhängig voneinander zu bestehen. Der Begriff Vorstellungsgespräch ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle Stufen.
Allerdings:
Beweist der AG, dass dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist eine Einladung entbehrlich.
Es stellt sich die Frage, ob sich die offensichtliche fachliche Nichteignung auch während des mehrstufigen Auswahlverfahrens ergeben kann und ein offensichtlich fachlich nicht geeigneter Bewerber zur nächsten Stufe einzuladen ist.
Das BAG sagt zudem:
Stellen die charakterlichen Mängel eines Bewerbers ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis dar, kann der vom Gesetzgeber mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinne zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.
Wenn sich ein Bewerber nach einem Test als offensichtlich ungeeignet erweist, wäre eine Einladung unnötige Förmelei. Diese Ansicht lässt sich auch auf ein mehrstufiges Verfahren anwenden, in dem der AG den Bewerber nach Nichtbestehen einer Stufe nicht einladen muss, wenn sich der Bewerber als offensichtlich fachlich nicht geeignet erweist.
Das BAG sagt hierzu:
Nach alledem ist es zwar – auch im Hinblick auf die Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX aF – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mehrstufig in dem Sinne verfährt, dass er zunächst mit allen Bewerber/innen auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt und sodann nur diejenigen, die auf dieser ersten Stufe überzeugt haben, zu einem weiterführenden Auswahlgespräch, Test etc. einlädt. Allerdings kommt der öffentliche Arbeitgeber mit der Einladung eines/r schwerbehinderten Bewerbers/in allein zu dem auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellungsgespräch seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nur dann nach, wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs einen umfassenden Eindruck darüber verschaffen kann, ob diese/r Bewerber/in über die fachliche und persönliche Eignung verfügt, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist.
Dafür, dass er Bewerber nicht einzuladen ist, trägt der AG die Beweislast. Mit dem Test kann der AG dies womöglich. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Bewerber ohne Matrizen lösen zu können erfolgreich in einer Postelle arbeitete und warum der AG hier Matrizenlösung für notwendig erachtet bzw. das abgeprüfte logische Denken. Ganz abwegig ist es nicht, dass ein gewisses geringes logisches Denkvermögen notwendig für die Aufgaben auf der Stelle ist.
Ich sehe den Test mit der Lösung von Matrizen für einen Poststellenmitarbeiter vorerst aber kritisch. Es kommt auf die konkreten fachlichen Anforderungen an.
Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?
Ob die Klage Erfolg haben wird, kann hier niemand sagen. Die pauschale Empfehlung Klage zu erheben, halte ich hier für gefährlich und es kann bei Verlieren des Verfahrens ein finanzieller Schaden entstehen. Die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei.