Autor Thema: Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage  (Read 2698 times)

Fragmon

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Was für eine Zeitverschwendung und auch in Hinblick der enttäuschten Hoffnung problematisch. Das Ergebnis ist doch, dass jemand eingeladen wird, den man aufgrund der Vortests schon für ungeeignet befunden hat.
Außer wenn man zu einem Zeitpunkt des Verfahren die offensichtliche Ungeeignetheit feststellen kann.

Man muss jemanden nicht immer einladen: 
Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. so steht es doch im SGB

Also wenn ich jemanden in der Buchhaltung einstellen will und er kann offensichtlich nicht Zahlenreihen addieren, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich ihn im weiteren Verfahren raus nehmen kann.

So wie das BAG argumentiert vermutlich nicht. Der Bewerber könnte ja in der zweiten Stufe (hier Potentialanalyse) so gut Punkten, dass es in der Gesamtschau Wert ist, ihm dies noch beizubringen.

carriegross

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Und im vorliegendem Fall wirds der AG alleine schon mit der Begründung schwer haben, warum solche Matrizentests für eine Poststelle. Warum stand in der Einladung nicht explizit Matritzentest, sondern nur computerbasierter Test bzgl. Denkvermögen. Da hätte ich mir auch was ganz anderes drunter vorgestellt. ZB eine sog Postkorbübung oder mehrere.

Casa

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Im Urteil des BAG wurde ein mehrstufiges Verfahren betrachtet. Dabei war jede Stufe unabhängig voneinander zu bestehen. Der Begriff Vorstellungsgespräch ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle Stufen.

Allerdings:
Beweist der AG, dass dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist eine Einladung entbehrlich.
Es stellt sich die Frage, ob sich die offensichtliche fachliche Nichteignung auch während des mehrstufigen Auswahlverfahrens ergeben kann und ein offensichtlich fachlich nicht geeigneter Bewerber zur nächsten Stufe einzuladen ist.

Das BAG sagt zudem:
Zitat
Stellen die charakterlichen Mängel eines Bewerbers ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis dar, kann der vom Gesetzgeber mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinne zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.

Wenn sich ein Bewerber nach einem Test als offensichtlich ungeeignet erweist, wäre eine Einladung unnötige Förmelei. Diese Ansicht lässt sich auch auf ein mehrstufiges Verfahren anwenden, in dem der AG den Bewerber nach Nichtbestehen einer Stufe nicht einladen muss, wenn sich der Bewerber als offensichtlich fachlich nicht geeignet erweist.

Das BAG sagt hierzu:
Zitat
Nach alledem ist es zwar – auch im Hinblick auf die Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX aF – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mehrstufig in dem Sinne verfährt, dass er zunächst mit allen Bewerber/innen auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt und sodann nur diejenigen, die auf dieser ersten Stufe überzeugt haben, zu einem weiterführenden Auswahlgespräch, Test etc. einlädt. Allerdings kommt der öffentliche Arbeitgeber mit der Einladung eines/r schwerbehinderten Bewerbers/in allein zu dem auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellungsgespräch seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nur dann nach, wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs einen umfassenden Eindruck darüber verschaffen kann, ob diese/r Bewerber/in über die fachliche und persönliche Eignung verfügt, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist.


Dafür, dass er Bewerber nicht einzuladen ist, trägt der AG die Beweislast. Mit dem Test kann der AG dies womöglich. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Bewerber ohne Matrizen lösen zu können erfolgreich in einer Postelle arbeitete und warum der AG hier Matrizenlösung für notwendig erachtet bzw. das abgeprüfte logische Denken. Ganz abwegig ist es nicht, dass ein gewisses geringes logisches Denkvermögen notwendig für die Aufgaben auf der Stelle ist.
Ich sehe den Test mit der Lösung von Matrizen für einen Poststellenmitarbeiter vorerst aber kritisch. Es kommt auf die konkreten fachlichen Anforderungen an.


Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

Ob die Klage Erfolg haben wird, kann hier niemand sagen. Die pauschale Empfehlung Klage zu erheben, halte ich hier für gefährlich und es kann bei Verlieren des Verfahrens ein finanzieller Schaden entstehen. Die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

carriegross

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Im Urteil des BAG wurde ein mehrstufiges Verfahren betrachtet. Dabei war jede Stufe unabhängig voneinander zu bestehen. Der Begriff Vorstellungsgespräch ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle Stufen.

Allerdings:
Beweist der AG, dass dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist eine Einladung entbehrlich.
Es stellt sich die Frage, ob sich die offensichtliche fachliche Nichteignung auch während des mehrstufigen Auswahlverfahrens ergeben kann und ein offensichtlich fachlich nicht geeigneter Bewerber zur nächsten Stufe einzuladen ist.

Das BAG sagt zudem:
Zitat
Stellen die charakterlichen Mängel eines Bewerbers ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis dar, kann der vom Gesetzgeber mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinne zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.

Wenn sich ein Bewerber nach einem Test als offensichtlich ungeeignet erweist, wäre eine Einladung unnötige Förmelei. Diese Ansicht lässt sich auch auf ein mehrstufiges Verfahren anwenden, in dem der AG den Bewerber nach Nichtbestehen einer Stufe nicht einladen muss, wenn sich der Bewerber als offensichtlich fachlich nicht geeignet erweist.

Das BAG sagt hierzu:
Zitat
Nach alledem ist es zwar – auch im Hinblick auf die Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX aF – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mehrstufig in dem Sinne verfährt, dass er zunächst mit allen Bewerber/innen auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt und sodann nur diejenigen, die auf dieser ersten Stufe überzeugt haben, zu einem weiterführenden Auswahlgespräch, Test etc. einlädt. Allerdings kommt der öffentliche Arbeitgeber mit der Einladung eines/r schwerbehinderten Bewerbers/in allein zu dem auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellungsgespräch seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nur dann nach, wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs einen umfassenden Eindruck darüber verschaffen kann, ob diese/r Bewerber/in über die fachliche und persönliche Eignung verfügt, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist.


Dafür, dass er Bewerber nicht einzuladen ist, trägt der AG die Beweislast. Mit dem Test kann der AG dies womöglich. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Bewerber ohne Matrizen lösen zu können erfolgreich in einer Postelle arbeitete und warum der AG hier Matrizenlösung für notwendig erachtet bzw. das abgeprüfte logische Denken. Ganz abwegig ist es nicht, dass ein gewisses geringes logisches Denkvermögen notwendig für die Aufgaben auf der Stelle ist.
Ich sehe den Test mit der Lösung von Matrizen für einen Poststellenmitarbeiter vorerst aber kritisch. Es kommt auf die konkreten fachlichen Anforderungen an.


Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

Ob die Klage Erfolg haben wird, kann hier niemand sagen. Die pauschale Empfehlung Klage zu erheben, halte ich hier für gefährlich und es kann bei Verlieren des Verfahrens ein finanzieller Schaden entstehen. Die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei.

Dann lies nochmal bitte die Zitate aus BAG-Urteil.

Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Darüber hinaus geht aus dem Urteil hervor:

"... zunächst mit allen ... auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt ... auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellunsgespräch  ... wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs ..."

Da steht nichts von einem Test in der ersten Stufe.

Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?


Thomber

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Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]

carriegross

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Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]

Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.

Ob SB oder nicht, jemand hat im Test 0 Punkte, weil Matrizen gingen einfach nicht, zumindest nicht ohne Übung. Der ist raus und hätte aber in nem Gespräch den AG vollstens von sich überzeugt. Jemand hat im Test 100 Punkte, wird eingeladen und man stellt fest, dass es ne Niete ist. Sinn oder Unsinn?!


Casa

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Zitat
Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.


Deswegen meine Ausführung wie folgt.

Zitat
Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

In Fall 1 geht es um die Ablehnung des offensichtlich fachlich ungeeigneten Bewerbers bereits vor einer Einladung. Dies ist rechtmäßig.


Zitat
Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Er muss den Bewerber einladen, wenn logisches Denken, welches mit dem Matrizentest geprüft wird, ein ungeeignetes Auswahlkriterium ist. Der AG hat einen weiten Entscheidungsspielraum, welche Fähigkeiten er verlangt und wie er das Vorhandensein feststellt. Dass der Test im Lichte des weiten Entscheidungsspielraums ungeeignet ist, drängt sich hier nicht auf.


Zitat
Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Bei Punkt 1 und 2 musst du den Entscheidungsspielraum des AG beachten.
Dabei verkennst du den Entscheidungsspielraum, wie der AG die fachliche Eignung testet. Dazu kommt, dass Berufserfahrung in dem Bereich womöglich gar kein Kriterium im Auswahlverfahren ist. Auch das darf der AG selbst festlegen.


Zitat
"... zunächst mit allen ... auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt ... auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellunsgespräch  ... wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs ..."

Richtig für den Fall des BAG.

Das BAG führt aber auch wie folgt aus:
Zitat
Das beklagte Land hat eine solche offensichtliche persönliche, dh. hier charakterliche Nichteignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle einer „Fachbereichsleitung Marketing und Kommunikation in der Zentrale“ jedoch nicht dargetan.

Die Gefahr besteht, dass im Fall hier durch den Test eine offensichtliche Nichteignung besteht, da der Test Tatsachen geschaffen hat, die bestenfalls doumentiert worden.

Zitat
Da steht nichts von einem Test in der ersten Stufe.

Im Urteil nicht. Im Fall hier ist die Person nach dem Text aber nicht weiter eingeladen worden. Das lässt den Schluss zu, dass das Bwerbungsverfahren mehrstufig ist und jede Stufe "bestanden" werden muss. Freilich kann es sich auch um eine andere Form des Bewerbungsverfahrens handeln, das wissen wir nicht. Umso mehr verbietet es sich pauschale Empfehlungen abzugeben.


Du betrachtest den Sachverhalt sehr undifferenziert und ziehst unter Verkennung wesentlicher Teile des Sachverhalts einen Schluss.


Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Thomber

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Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]

Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.

Ob SB oder nicht, jemand hat im Test 0 Punkte, weil Matrizen gingen einfach nicht, zumindest nicht ohne Übung. Der ist raus und hätte aber in nem Gespräch den AG vollstens von sich überzeugt. Jemand hat im Test 100 Punkte, wird eingeladen und man stellt fest, dass es ne Niete ist. Sinn oder Unsinn?!


Mit solchen Totschlagargumenten kommt man nicht weiter, weder privat noch in einem Bewerbungsverfahren.
Muss ich jetzt wirklich erklären, warum Tests eingeführt wurden? Muss ich erklären, warum es ABI-Noten gibt, die auch nicht aussagekräftig sind?   Volle Punktzahl bei Religion, Sport und Kunst.....    Es gibt immer ein "hätte, hätte Lastenfahrradkette" usw...  und?      Und warum liebt der öD noch immer Volljuristen, am besten mit Mitte 20 und ohne Lebenserfahrung mehr als forgebildete und erfahrene "alte Hasen"?    tja...   so viele Gründe zum Weinen und so kleine Tränensäcke.