Autor Thema: Überlastungsanzeige – Erfahrungsaustausch und Einschätzung gesucht  (Read 4963 times)

Lupe

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Hallo centinel,
Ich komme auch aus der freien Marktwirtschaft und bin seit 2020 im ÖD. Auch ich habe eine Überlastungsanzeige gestellt, die ich hätte schon vor Monaten stellen sollen, oder aber -wie es wertvolle Forummitglieder anrieten- ohne Rücksicht auf Verluste einfach den Stift bzw. in meinem Fall den Hammer nach getaner Arbeitszeit fallen lassen, um überhaupt gar nicht zu einer Überlastungsanzeige kommen zu lassen. Oder aber -in meinem Fall sinnvoller- beim Vorgesetzten nach Priosierung der (Firmen)Kunden fragen.
Ich habe den Fehler gemacht und war meinem Vorgesetzten gegenüber zu rücksichtsvoll. Aufgrund seiner dualen und stressigen Pflichtweiterbildung ließ ich mir leider seinerseits aus Rücksicht und Kollegialität zu viel Verantwortung ans Bein binden, mit dem Ergebnis, dass ich eine Personalbewertung seinerseits erhielt, die in der Gesamtpunktzahl geringer ausfiel als die des letzten Jahres! Dies stellte ich im Nachhinein fest, und darauf angesprochen erhielt ich die Antwort, dass es für eine Korrektur zu spät sei.
Den Fass zum Überlaufen brachte die AU eines Kollegen aus einer anderen Abteilung, den ich normalerweise in seiner Abwesenheit vertrat, doch laut Abmachung mein Vorgesetzter ihn hätte vertreten müssen. Er machte aber nie die Mühe sich dort einzuarbeiten. Somit hatte ich auch diese Abteilung an der Backe. Nach einpaar Tagen des "good will" ging nichts mehr! Jetzt bin ich seit geraumer Zeit krank. Obwohl ich inzwischen einen Abstand zum Geschehen und dem Unternehmen haben sollte/müsste, vergeht leider kein Tag an dem ich nicht Konsequenzen nach meiner Rückkehr fürchte, oder mir Vorwürfe mache, dem Vorgesetzten gegenüber zu rücksichtsvoll gewesen zu sein. Als Dank und aus eigener Dummheit erhalte ich nun weniger Geld und -noch schlimmer-meine Lebensqualität leidet. Von dem Geld aus der LOB, welche mit der Personalbewertung einher ging werde ich wahrscheinlich auch nichts sehen.
Sollte ich nach meiner Rückkehr nicht gefeuert werden, werde ich nur noch "Dienst nach Vorschrift" machen.

DiVO

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Hallo centinel,
Ich komme auch aus der freien Marktwirtschaft und bin seit 2020 im ÖD. Auch ich habe eine Überlastungsanzeige gestellt, die ich hätte schon vor Monaten stellen sollen, oder aber -wie es wertvolle Forummitglieder anrieten- ohne Rücksicht auf Verluste einfach den Stift bzw. in meinem Fall den Hammer nach getaner Arbeitszeit fallen lassen, um überhaupt gar nicht zu einer Überlastungsanzeige kommen zu lassen. Oder aber -in meinem Fall sinnvoller- beim Vorgesetzten nach Priosierung der (Firmen)Kunden fragen.
Ich habe den Fehler gemacht und war meinem Vorgesetzten gegenüber zu rücksichtsvoll. Aufgrund seiner dualen und stressigen Pflichtweiterbildung ließ ich mir leider seinerseits aus Rücksicht und Kollegialität zu viel Verantwortung ans Bein binden, mit dem Ergebnis, dass ich eine Personalbewertung seinerseits erhielt, die in der Gesamtpunktzahl geringer ausfiel als die des letzten Jahres! Dies stellte ich im Nachhinein fest, und darauf angesprochen erhielt ich die Antwort, dass es für eine Korrektur zu spät sei.
Den Fass zum Überlaufen brachte die AU eines Kollegen aus einer anderen Abteilung, den ich normalerweise in seiner Abwesenheit vertrat, doch laut Abmachung mein Vorgesetzter ihn hätte vertreten müssen. Er machte aber nie die Mühe sich dort einzuarbeiten. Somit hatte ich auch diese Abteilung an der Backe. Nach einpaar Tagen des "good will" ging nichts mehr! Jetzt bin ich seit geraumer Zeit krank. Obwohl ich inzwischen einen Abstand zum Geschehen und dem Unternehmen haben sollte/müsste, vergeht leider kein Tag an dem ich nicht Konsequenzen nach meiner Rückkehr fürchte, oder mir Vorwürfe mache, dem Vorgesetzten gegenüber zu rücksichtsvoll gewesen zu sein. Als Dank und aus eigener Dummheit erhalte ich nun weniger Geld und -noch schlimmer-meine Lebensqualität leidet. Von dem Geld aus der LOB, welche mit der Personalbewertung einher ging werde ich wahrscheinlich auch nichts sehen.
Sollte ich nach meiner Rückkehr nicht gefeuert werden, werde ich nur noch "Dienst nach Vorschrift" machen.

Vielen Dank für deinen Post, der wirklich sehr wertvoll ist. Er unterstreicht das, was ich hier schon öfters geschrieben habe und dafür regelmäßig von einigen ausgelacht wurde:

Das konesquente am Limit arbeiten, Überstunden ohne Ende aufbauen, nicht mehr auf die eigene Regeneration achten schadet einem selbst langfristig ohne Ende und verschärft dadurch sogar das Problem auf der Arbeit durch den Ausfall/Wegfall der eigenen Arbeitsleistung.

UNameIT

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Daraufhin habe ich im Februar 2025 eine Überlastungsanzeige gestellt. Zwei Wochen später musste ich eine ergänzende Stellungnahme schreiben. Die Personalabteilung forderte mich zudem auf, sämtliche Aufgaben mit einer groben Zeiteinschätzung aufzulisten. Mein Vorgesetzter musste das ebenfalls tun.


Wie ist da eigentlich das Ergebnis gewesen? Auf wieviel Stunden kamst du bei deiner Einschätzung und auf wieviel Stunden kam dein Chef? Gab es unterschiede in den Aufgaben?

centinel

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Guten Morgen zusammen,

kurzes Update:

Ich hatte ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten über die "geplante" Versetzung:

Es soll wohl schon relativ schnell passieren, einen Teil meiner Arbeit (50 %) soll ich mit in die andere Abteilung nehmen.

Die Idee hinter der Versetzung ist der "Abbau von Doppelstrukturen" im gesamten Haus, also arbeite ich trotzdem weiter für die jetzige Abteilung, allerdings dann auch für die neue Abteilung, räumlich dann natürlich in der neuen Abteilung.

Der persönliche Konflikt zwischen uns (wenig bis keine persönliche Kommunikation aufgrund der derzeitigen Situation) ist wohl ein Problem das für ihn nicht zu lösen ist.

Weitere Details möchte ich jetzt hier ungern posten.

Es sieht für mich so aus als wenn ich das "Problem" bin und nicht die Überlastung.

Information über die zu übernehmenden Aufgaben in der neuen Abteilung habe ich natürlich nicht, der neue Vorgesetzte könnte mir nur ein "Info-Gespräch" zu zweit anbieten, ich hätte aber gerne den Personalrat und die SBV mit dabei.

Das möchte er aber nicht, also läuft es jetzt auf ein offizielles Dienstgespräch mit allen Beteiligten hinaus.

Abwarten, was passiert.

So wie ich es aktuell einschätze habe ich keine Möglichkeit das "Angebot" abzulehnen, der Personalrat "denkt" ebenfalls in diese Richtung, ich möchte halt nur nicht in der neuen Abteilung die gleichen Erfahrungen machen die ich gerade gemacht habe.

@ troubleshooting: vielen Dank für deine Sichtweise auf die Dinge, manchmal hilft es wenn jemand von "außerhalb" seine Einschätzung abgibt. Ja, es kann ein Befreiungsschlag sein, es ist aber diese Ungewissheit und das ich keinerlei Informationen bekomme, das nervt so sehr. Ich musste übrigens dieses offzielle Dienstgespräch einladen mit allen Beteiligten, ich "renne" also hinter allen her um meine Informationen bekommen und offenen Fragen zu klären. Im Moment wirkt sich dieses Schwebeszenario überhaupt nicht gut auf meine Krankheit aus, es läuft gerade nicht gut.

@ clarion: wie ich es ja schon oben geschrieben hab, es sieht vermutlich so aus.

@ UNameIT: das mache ich ja bereits, allerdings "stapelt" sich die Arbeit ja trotzdem weiterhin, klar, nicht mein Problem aber es hängt immer im "Hinterkopf" und es hat ja dann auch Auswirkungen auf andere Bereiche in unserer Abteilung (Jahresabschluss, Kollegen, andere Fachbereiche, Bürger, etc.) Und diese Auswirkungen und Probleme landen dann immer wieder bei mir, und das belastet auf Dauer.

@ Lupe: ich denke das viele Kollegen aus der freien Wirtschaft oder auch aus dem öffentlichen Dienst hoffnungsvoll gestartet sind, sich eingebracht haben und voll motiviert an die Aufgaben gegangen sind und mittlerweile auch nur noch "Dienst nach Vorschrift" machen. Das berühmte Zitat "Du änderst nicht den öffentlichen Dienst... der öffentliche Dienst ändert dich!" trifft bei vielen vermutlich zu.

@ DiVO: das sehe ich auch so, wie ich es mal in einem Lehrgang (betriebswirtschaft) gehört habe, 1 € in die Gesundheit gesteckt bringt dem Betrieb 2 € Rendite. Nagelt mich jetzt nicht auf die genauen Zahlen fest ; ) Der Arbeitgeber egal ob privat oder öffentlich müsste doch daran interessiert sein das die Mitarbeiter leistungsfähig sind und bleiben.

@ UNameIT: Die geschätzten Arbeitsstunden mit den zusätzlichen Aufgaben waren 1,5 Vollzeitstellen, mein Vorgesetzter kam erwartungsgemäß auf andere Zahlen, die ich aber leider nicht erhalten habe, ich habe allerdings auch noch nicht nachgefragt, sollte ich vielleicht mal machen, denke das es aber nur darauf hinauslaufen wird das ich jede Aufgabe mit der Stoppuhr erfasse und das über 1 Jahr lang. Ich konnte die zusätzliche Arbeit aber auch nur grob schätzen bzw. habe ich den Kollegen gefragt der die Arbeiten vorher gemacht hat. Einen Teil der zusätzlichen Arbeit habe ich außerdem zeitlich noch gar nicht geschafft.

UNameIT

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Guten Morgen zusammen,

kurzes Update:

Ich hatte ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten über die "geplante" Versetzung:

Es soll wohl schon relativ schnell passieren, einen Teil meiner Arbeit (50 %) soll ich mit in die andere Abteilung nehmen.

Die Idee hinter der Versetzung ist der "Abbau von Doppelstrukturen" im gesamten Haus, also arbeite ich trotzdem weiter für die jetzige Abteilung, allerdings dann auch für die neue Abteilung, räumlich dann natürlich in der neuen Abteilung.

Der persönliche Konflikt zwischen uns (wenig bis keine persönliche Kommunikation aufgrund der derzeitigen Situation) ist wohl ein Problem das für ihn nicht zu lösen ist.

Es sieht für mich so aus als wenn ich das "Problem" bin und nicht die Überlastung.

Information über die zu übernehmenden Aufgaben in der neuen Abteilung habe ich natürlich nicht, der neue Vorgesetzte könnte mir nur ein "Info-Gespräch" zu zweit anbieten, ich hätte aber gerne den Personalrat und die SBV mit dabei.

Das möchte er aber nicht, also läuft es jetzt auf ein offizielles Dienstgespräch mit allen Beteiligten hinaus.

Abwarten, was passiert.

So wie ich es aktuell einschätze habe ich keine Möglichkeit das "Angebot" abzulehnen, der Personalrat "denkt" ebenfalls in diese Richtung, ich möchte halt nur nicht in der neuen Abteilung die gleichen Erfahrungen machen die ich gerade gemacht habe.

@ troubleshooting: vielen Dank für deine Sichtweise auf die Dinge, manchmal hilft es wenn jemand von "außerhalb" seine Einschätzung abgibt. Ja, es kann ein Befreiungsschlag sein, es ist aber diese Ungewissheit und das ich keinerlei Informationen bekomme, das nervt so sehr. Ich musste übrigens dieses offzielle Dienstgespräch einladen mit allen Beteiligten, ich "renne" also hinter allen her um meine Informationen bekommen und offenen Fragen zu klären. Im Moment wirkt sich dieses Schwebeszenario überhaupt nicht gut auf meine Krankheit aus, es läuft gerade nicht gut.

@ UNameIT: das mache ich ja bereits, allerdings "stapelt" sich die Arbeit ja trotzdem weiterhin, klar, nicht mein Problem aber es hängt immer im "Hinterkopf" und es hat ja dann auch Auswirkungen auf andere Bereiche in unserer Abteilung (Jahresabschluss, Kollegen, andere Fachbereiche, Bürger, etc.) Und diese Auswirkungen und Probleme landen dann immer wieder bei mir, und das belastet auf Dauer.

@ UNameIT: Die geschätzten Arbeitsstunden mit den zusätzlichen Aufgaben waren 1,5 Vollzeitstellen, mein Vorgesetzter kam erwartungsgemäß auf andere Zahlen, die ich aber leider nicht erhalten habe, ich habe allerdings auch noch nicht nachgefragt, sollte ich vielleicht mal machen, denke das es aber nur darauf hinauslaufen wird das ich jede Aufgabe mit der Stoppuhr erfasse und das über 1 Jahr lang. Ich konnte die zusätzliche Arbeit aber auch nur grob schätzen bzw. habe ich den Kollegen gefragt der die Arbeiten vorher gemacht hat. Einen Teil der zusätzlichen Arbeit habe ich außerdem zeitlich noch gar nicht geschafft.

Meine Einschätzung zu der Situation:


Der "alte" Vorgesetzte nimmt dir deinen Teilzeitantrag übel und möchte dich loswerden. (Deswegen die "freien Kapazitäten", die man bei dem Antrag angeblich bei dir entdeckt hat.) Das Verhältnis bekommst du nicht gekittet. In dem Verhältnis weiterzuarbeiten macht dich nur unglücklich. Eigentlich ein absolutes Armutszeugnis für einen Vorgesetzten. So schwer es ist, anstatt mehr Zeit hier zu investieren, investiere sie lieber in deine neue Stelle. Hacken dran. (Kleiner Hinweis am Rande: Wäre deine Arbeit "so schlecht", würde dein Vorgesetzter nicht wollen, das du diese weitermachst. )

Dem "neuen" Vorgesetzten nützt du nichts, da du für ihn ja weniger als 50% zur Verfügung stehst. Du hast eine 0,89 Stelle. Nimmst du nun 50% deiner Aufgaben mit (Wert 1,5 Stellen) stehst du für ihn sogar gar nicht zur Verfügung. Außerdem hat dein alten Vorgesetzter ihm wahrscheinlich auch nur seine Sicht der Dinge erzählt. Somit hast du hier einen schwierigen Start. Das ist aber ein Verhältnis, was man durch gute Zusammenarbeit hinbekommen kann. Hast du mit dem neuen Vorgesetzten schon gesprochen?

Sicher dich auf folgende Art und Weise ab:
1. Lass dir im Gespräch genau aufzeigen, welche Tätigkeiten deiner alten Stelle du zu welcher Prozentzahl/Stundenzahl durchführen sollst.
2. Lass genau definieren, wer dein Ansprechpartner bei Problemen mit welchen Aufgaben ist.
3. Stelle klar, das für dich das Hauptproblem die Überlastung durch zu viele zugewiesene Aufgaben ist, die in der vorhandenen Zeit nicht erledigt werden können.
4. Bitte den Personalrat im Vorfeld zum Gespräch um die Erstellung eines Gesprächsprotokolls.
und
Bewahr auf jeden fall eine Kopie deiner Überlastungsanzeige auf.


Tu dein möglichstes von vornerein gut in der neuen Abteilung anzukommen, zum Beispiel durch Freundlichkeit, einen Einstand (in Absprache mit dem neuen Vorgesetzten) nach einigen Monaten, etc.


clarion

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Bei Doppelstrukturen und Zettelwirtschaft hat den Arbeitgeber noch eine Menge Potential, durch Organisationsänderungen die Effizienz zu steigern und Personal zu entlasten. Das könnte der PR auch mal erwähnen!

Auch ich rate dazu, mach einen Haken dran, sieh es doch als Chance.

centinel

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Guten Morgen zusammen,

das offizielle Dienstgespräch hat nun stattgefunden, es hörte sich erst mal positiv an.

Die Aufgaben die ich von der anderen Abteilung erhalten soll stehen noch nicht fest, also bisher alles sehr "schwammig" das ganze, mal abwarten wie sich die Situation in einem halben Jahr darstellt.

Gesprächsprotokoll ist auf jeden Fall angefertigt und so viel wie möglich "dokumentiert".

@UNameIT: Vielen Dank für die Einschätzung und die Tipps. Ich werde die Dinge "beherzigen" und mich bei Gelegenheit nochmal zur Situation melden.

@clarion: Der Haken ist dran ; ) und ich werde jetzt einen "reibungslosen" Übergang zur neuen Abteilung vorbereiten.
Psychisch geht es mir jetzt auch schon ein wenig besser, wie gesagt, mal schauen wie die Situation in 6 Monaten ist.

Vielen Dank für eure Hilfe und Tipps.