Autor Thema: Erwartungshaltung Urteil zur amtsangemessenen Alimentation  (Read 29597 times)

Hans1W

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Der Beamte hat keinen Vertrag, zumindest keinen Arbeitsvertrag.
D.h. muss es gesetzlich geregelt sein und Gerichte müssen es überprüfen.

BWBoy

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Das Dienst- und Treueverhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. Keiner von beiden Seiten lässt sich gerne verarschen.

[...]

Die gravierende Unterbesoldung motiviert mich jedenfalls nicht gerade  ::)

Und genau das eröffnet dir zweifellos die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag auf unkomplizierte Weise zu beenden, um diesen Missstand nicht länger hinnehmen zu müssen.


Ich denke da hast du mich falsch verstanden. Ich habe keineswegs vor mein Dienstverhältnis wegen Unzufriedenheit mit der Besoldung zu beenden. Dafür gefällt mir mein Aufgabenbereich abgesehen von der Bezahlung viel zu sehr.
Es ändert aber nichts daran, dass mich die Besoldung und somit um es mit Nancys Worten zu sagen, die mir entgegengebrachte Wertschätzung nicht gerade vom Hocker haut. Vor allem wenn sie laut Urteil verfassungswidrig zu niedrig ist.

Eine verfassungswidrig zu niedrige Besoldung löst nunmal nicht gerade Jubelsprünge aus. Wo kämen wir hin, wenn man dies nicht mehr offen so kommunizieren darf? Ein "Wenn es dir nicht passt dann geh doch" hat noch nie zu einer sinnvollen Lösung geführt. Zumal jedem Beamten klar sein dürfte, dass ein Wechsel aus dem Beamtenverhältnis in die freie Wirtschaft gar nicht so trivial ist wie du es gerade darstellst. Allein aufgrund der Nachversicherungspraxis in der gRV und dem Verfallen des Pensionsanspruchs für die geleistete Dienstzeit.

HochlebederVorgang

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In vielen Bundesländern wird bereits ein Altersgeld gezahlt, d.h. Nachversicherung ist nicht mehr das Thema. Viel schwieriger ist das Thema PKV, da aufgrund des Behilfeanteils die Alterrückstellungen zu gering sind, wenn man sich bei Entlassung weiter privat versichern muss. Das fällt einem im Alter dann komplett vor die Füße.


Bundesjogi

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Das Dienst- und Treueverhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. Keiner von beiden Seiten lässt sich gerne verarschen.

[...]

Die gravierende Unterbesoldung motiviert mich jedenfalls nicht gerade  ::)

Und genau das eröffnet dir zweifellos die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag auf unkomplizierte Weise zu beenden, um diesen Missstand nicht länger hinnehmen zu müssen.


Ich denke da hast du mich falsch verstanden. Ich habe keineswegs vor mein Dienstverhältnis wegen Unzufriedenheit mit der Besoldung zu beenden. Dafür gefällt mir mein Aufgabenbereich abgesehen von der Bezahlung viel zu sehr.
Es ändert aber nichts daran, dass mich die Besoldung und somit um es mit Nancys Worten zu sagen, die mir entgegengebrachte Wertschätzung nicht gerade vom Hocker haut. Vor allem wenn sie laut Urteil verfassungswidrig zu niedrig ist.

Eine verfassungswidrig zu niedrige Besoldung löst nunmal nicht gerade Jubelsprünge aus. Wo kämen wir hin, wenn man dies nicht mehr offen so kommunizieren darf? Ein "Wenn es dir nicht passt dann geh doch" hat noch nie zu einer sinnvollen Lösung geführt. Zumal jedem Beamten klar sein dürfte, dass ein Wechsel aus dem Beamtenverhältnis in die freie Wirtschaft gar nicht so trivial ist wie du es gerade darstellst. Allein aufgrund der Nachversicherungspraxis in der gRV und dem Verfallen des Pensionsanspruchs für die geleistete Dienstzeit.
Allzu kompliziert ist es aber auch nicht. Es wird fiktiv nachversichert  und entsprechend in die Rentenkasse eingezahlt und da die PKV in den meisten Fällen zu teuer sein dürfte wechselt man in die GKV. Schwieriger ist eher, eine Stelle zu finden, die den eigenen Ansprüchen an die Bezahlung genügt, je mehr Familie desto schwieriger. Einerseits weil Vereinbarkeit in Privatunternehmen etwas ganz anderes ist als im öD und andererseits weil es eben keine Zuschüsse gibt. Nur auf die allerwenigsten Aussteiger*Innen wartet jemand und bietet ein dickes Gehalt...

Man kann natürlich zu Recht auf die verfassungsrechtlichen Probleme der zu niedrigen Besoldung  hinweisen. Aber man sollte auch im Blick haben, dass wir Beamten im Quervergleich zu unseren Tarifbeschäftigten Kolleg*Innen und in den meisten Bereichen auch zu der sagenumwobenen freien Wirtschaft wenn man einen Netto-Vergleich macht und die Pensionsansprüche und die Unkündbarkeit nicht unter den Tisch fallen lässt ziemlich gut dastehen.

Und da kommt in der Diskussion hier wieder eine Unwucht ins Spiel, wenn der Gesetzgeber nämlich ansetzt und erkennt, dass die Zwei-Kinder-Frau daheim Familie Basis der Beamtenbesoldung in der Verfassung ist (und das sage ich obwohl es bei mir genau so ist) und die Lebensrealität oft eine ganz andere. Und hier kommt der Witz ins Spiel: absolut unerwarteterweise führt eine an dieser klassischen Rollenverteilung orientierte Besoldung zu Anreizen für... (Trommelwirbel) eine klassische Rollenverteilung. Das will man aber aus verständlichen Gründen nicht (wie gesagt, das sage ich obwohl es bei uns exakt so ist). Als Lösung könnte man nach aktueller Rechtslage wohl nur das tatsächliche Partnereinkommen heranziehen um einen Abschlag zu berechnen im Vergleich zu der amtsangemessenen Besoldung der gesamten Familie, was eben wieder zum Anreiz Einverdiener-Modell führen würde. Und auch für mich alles andere als fair wäre.

Oder man muss die Besoldungsstruktur ändern, dass Beamte nur noch für sich und z.B. ihre Kinder besoldet werden (in etwa so wie beim Unterhaltsrecht wo man ja auch die Zahlungen für Ehepartner*Innen verringert hat mit dem Hinweis, dass diese in aller Regel ja auch selbst arbeiten können). So lange man das aber nicht will muss eben mit so angreifbaren Dingen wir einem fiktiven Partnereinkommen rumgedoktert werden, was dann von allen Seiten zerpflückt werden kann (und wird). Aber das eigentliche Problem besteht in einer an der Lebensrealität vorbei konstruierten Idee von Beamtentum. Und damit das nicht falsch verstanden wird: wir haben es genau so geregelt, weil die Anreize nun mal so sind wie sie sind und wir im Zwei-Verdiener-Modell keinen adäquaten Zuwachs an Einkommen erzielen würden. Das geht sicher vielen so, weshalb es auch diese Modelle oft gibt. Deshalb geht aber der Hinweis, der sicher kommt, dass es eben viele solcher Konstellationem gibt ein Stück weit ins Leere, denn es gibt diese Konstellationen eben vor allem im Beamtenbereich, das ist aber eher ein Symptom der rationalen Reaktion auf die bestehenden Anreize und kein unabänderbarer Zustand. Wenn die Gesetze anders wären, würden sicher auch einige Familien anders strukturiert. Ich sage nicht, dass es für die Betroffenen angenehm wäre (wenn Steuergelder für die eigenen Zwecke verwendet werden ist das immer gut) aber es gibt auch keinen richtig guten Grund dafür, dass das so sein muss und ein Recht auf Nichtveränderungen gibt es auch nicht. Ich finde deshalb die Diskussionen hier oft weit über das Ziel hinaus, weil einzig die eine rechtliche Seite beleuchtet wird und dabei vergessen wird, dass Recht der Wille zu Gerechtigkeit ist.

BWBoy

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Wenn Recht der Wille zur Gerechtigkeit ist, muss aber dennoch die Wertigkeit des Amtes im Vordergrund stehen und eben nicht mit in den Ländern teils völlig ausufernden Familienzuschlägen oder so wie im letzten Entwurf durch AEZ eine Verzerrung stattfinden, die die Wertigkeit der eigenen Leistungen in den Hintergrund drängt, nur um sich um die Erhöhung der Grundbesoldung zu drücken.

Bundesjogi

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Wenn Recht der Wille zur Gerechtigkeit ist, muss aber dennoch die Wertigkeit des Amtes im Vordergrund stehen und eben nicht mit in den Ländern teils völlig ausufernden Familienzuschlägen oder so wie im letzten Entwurf durch AEZ eine Verzerrung stattfinden, die die Wertigkeit der eigenen Leistungen in den Hintergrund drängt, nur um sich um die Erhöhung der Grundbesoldung zu drücken.

Ist auch so, aber dass die Grundbesoldung zu niedrig ist, liegt an der überkommenen Vorstellung, der Beamte müsse seine gesamte Familie ernähren können in jedem Amt. Dieser auch in der Verfassung festgeschriebene Grundsatz müsste meiner Meinung nach geändert werden, dazu bestand aber bisher nie der Wille (und jetzt wir auch teilweise vorher) besteht auch gar nicht mehr die Chance. Also versucht man sich "pragmatisch" in einer Begrenzung der Beamtenstellen allgemein, einer Verringerung der Kosten durch Einbezug in die Rentenversicherung (CDU und SPD) und bis dahin in diesen durchsichtigen Zuschlagsorgien. Ich will das nicht verteidigen,  sondern kritisiere das ausdrücklich. Letztlich ist es aber verkürzt, wenn man das Bundesverfassungsgericht wie hier fleißig vorgebetet wird darauf reduziert, dass es Mindestsätze der Besoldung festlegt. Es stellt dabei lediglich fest, wie die Sätze im bestehenden System sein müssen. Eigentlich ist das nur eine Aufforderung an den Gesetzgeber, seinen Kram in Ordnung zu bringen und es wäre genau so dem Gericht genüge getan wenn man sich mit der Besoldung an der Lebensrealität orientierte und Partnereinkommen nicht rechnerisch einbezieht sondern von vornherein zur Sicherung eines gewissen Lebensstandards voraussetzt. Und das stört mich an den Diskussionen, die Politik ignoriert das Verfassungsgericht, ja. Aber eine Erhöhung der Besoldung ist nicht der einzige Ausweg das zu reparieren, zumal sie eben neue Ungerechtigkeiten schaffen bzw. bestehende vergrößern würde.

HochlebederVorgang

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Gleich gibt es einen Grundkurs von Swen für Neueinsteiger.

emdy

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Also mir würde es ja schon reichen, wenn heute von zwei Beamtengehältern im gehobenen Dienst das möglich wäre, was bis in die 80er von einem möglich war. Bescheidener Wohlstand. Schaffe schaffe Häusle baue. Sehe ich nicht mehr in Reichweite. Das heruntergekommene Haus, das meine Großeltern aus der Not heraus (es gab ja keine Wohnungen!) in den 50ern von einem Angestelltengehalt gebaut haben, konnten wir uns nicht leisten.

Unsere Konstellation ist A13/A10. Von daher geht die Diskussion des angeblichen Alleinverdienermodells eh völlig an den Realitäten vorbei.

Meine Erwartung ist keine andere, als dass das so wieder möglich ist. Mag unrealistisch sein aber meines Erachtens trotzdem berechtigt.

HochlebederVorgang

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Am Ende hilft es nichts, zu lamentieren und weiter unglücklich zu sein. Man kann "mit Sicherheit" auch krank werden. Es ist nicht mehr nur die Besoldung, auch die Tätigkeit an sich verkommt immer mehr, so dass man sich nach einem Studium fragt, ob man noch am richtigen Platz ist.

Ich gebe dem System jetzt noch ein Jahr Zeit. Und dann werde ich eine Entscheidung treffen.

(Und da es hier um Erwartungen geht, kenne ich meine Entscheidung wahrscheinlich bereits)


clarion

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Meint ihr nicht, dass JEDER, der oder die Vollzeit arbeitet, mindestens zwei Kinder versorgen können muss, ohne auf ergänzende Sozialleistungen oder Besoldungszuschläge im Fall von Beamten angewiesen zu sein???

Dementsprechend müssen sowohl der Mindestlohn als auch die Mindestbesoldung ausgestaltet sein. M.E, kann man vom 4 K Modell  argumentativ auf ein 3K Modell, d.h. Erwachsener plus zwei Kinder als aktuelle Lebensrealität umsteigen. Der Partner oder die Partnerin finanziert den Lebensunterhalt selbst.

Vor dreißig Jahren war es vermutlich auch noch möglich, als Normalverdeiner ein Häuschenzu kaufen oder bauen bzw. eine komfortable, hinreichend große Mietwohnung zu bewohnen. Nur sind seitdem insbesondere die Kosten für Wohnen so exorbitant gestiegen, dass eine eigene Immobilie nun schon Luxus geworden sind und auch die Mieten prozentualen wesentlich mehr ins Gewicht fallen als früher.

Um wieder dahin zu kommen, dass ein auskömmliches Leben mit zwei Kindern möglich ist, muss man m.E an mehreren Stellschrauben drehen, zum Einen muss man unbedingt an den Wohnungsmarkt ran und zum Anderen bedarf es eine entsprechende Verbesserung der Einkommensseite.

Dass die Besoldung nicht mehr verfassungsgemäß ist, ist nur ein Symptom eines gesamtgesellschaftlichen Negativtrends.

Alphonso

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Also mir würde es ja schon reichen, wenn heute von zwei Beamtengehältern im gehobenen Dienst das möglich wäre, was bis in die 80er von einem möglich war. Bescheidener Wohlstand. Schaffe schaffe Häusle baue. Sehe ich nicht mehr in Reichweite. Das heruntergekommene Haus, das meine Großeltern aus der Not heraus (es gab ja keine Wohnungen!) in den 50ern von einem Angestelltengehalt gebaut haben, konnten wir uns nicht leisten.

Unsere Konstellation ist A13/A10. Von daher geht die Diskussion des angeblichen Alleinverdienermodells eh völlig an den Realitäten vorbei.

Meine Erwartung ist keine andere, als dass das so wieder möglich ist. Mag unrealistisch sein aber meines Erachtens trotzdem berechtigt.

Das gilt vielleicht für die absoluten Ballungsgebiete, aber grundsätzlich ist man mit A13 und A10 bei mindestens 7k netto im Monat zu zweit. Banken würden wohl bis zu 1 Mio finanzieren, wenn keine riesigen Kredite irgendwo schlummern. Davon kann man sehr wohl Eigentum kaufen.
Du kannst ja mal schauen, auf was deine Großeltern alles verzichtet haben, um ein Eigenheim zu besitzen. Wenn ihr denselben Aufwand erbringt, ist Eigentum absolut kein Problem! Kein Auto/sehr schlechtes Auto, billigster Urlaub, Verzicht an allen Ecken und Enden und schwupps sind auf einmal locker über 2k im Monat über.
Man muss es natürlich wollen.

HochlebederVorgang

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Das sind bei 100K Eigenkapital, 4 % Zinsen und 1 % Tilgung schlappe 3750 Euro im Monat.

PolareuD

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Das gilt vielleicht für die absoluten Ballungsgebiete, aber grundsätzlich ist man mit A13 und A10 bei mindestens 7k netto im Monat zu zweit.

Abzgl. der PKV!

Banken würden wohl bis zu 1 Mio finanzieren, wenn keine riesigen Kredite irgendwo schlummern. Davon kann man sehr wohl Eigentum kaufen.

Bei einem Kaufpreis von 1 Mio. € sollte man aber über ein Eigenkapital von min. 600.000 € verfügen, um die Immobilie bei einem Finanzierungshorizont von 25 Jahre abzuzahlen. Zumindest, wenn man bei erträglichen Ratenzahlungen von um die 2.000 € monatlich landen will. Mir persönlich sind keine Personen bekannt die über soviel Eigenkapital verfügen.

HochlebederVorgang

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Die Diskussion ist wirklich absurd. Es geht hier auch immer noch um "amtsangemessen". Ich sehe jedenfalls nicht, dass meine Vergleichsgruppe, Juristen mit Prädikatsexamen, Führungskräfte mit Personalverantwortung für eine hohe 3-stellige Zahl an Mitarbeitern, hohe Haushaltsverantwortung etc. sich in ihrem Leben in einem dauerhaften Verzicht üben.

Vielleicht sollte hier mal verpflichtend eingeführt werden, dass man unten in der Signatur seine Besoldungsgruppe und seine Tätigkeit reinschreibt, damit man nachvollziehen kann, aus welcher Ecke dieser Quatsch hier teilweise kommt.


Bastel

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Das gilt vielleicht für die absoluten Ballungsgebiete, aber grundsätzlich ist man mit A13 und A10 bei mindestens 7k netto im Monat zu zweit. Banken würden wohl bis zu 1 Mio finanzieren, wenn keine riesigen Kredite irgendwo schlummern.

Die Rechnung möchte ich einmal sehen...

Bei 800.000€ Kredit und einer Anuität von 5%/6% wären wir bei einer monatlichen Belastung von 3333€/4000€.
Da hat man als A13/A10 Ehepaar überhaupt keinen Spaß.