Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H > TVöD Kommunen
Erfahrungsaustausch Weiterbeschäftigung nach Renteneintrittsalter
Coach:
Ich bin seit 13 Jahren in einer AöR in der Vergütungsgruppe 9c unbefristet tätig.
Jetzt droht mein Renteneintrittsalter in wenigen Monaten und ich habe den Antrag gestellt, mich unbefristet weiter zu beschäftigen. Ich erspare mir jetzt die Nennung der Rechtsgrundlagen, nur dass der AG zustimmen muss und ein neuer Arbeitsvertrag zu den gleichen Konditionen geschlossen werden müsste.
Jetzt hat der AG diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass "eine Beschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus nicht möglich ist".
Unabhängig davon, dass ich mir anwaltliche Hilfe geholt habe, mich fit und in der Lage fühle, noch weitere mindestens fünf Jahre den Job zu machen und ich bisher eine AU-Quote von unter 3 Prozent vorweisen kann, sucht der AG händeringend fortwährend Arbeitskräfte in meiner Vergütungsgruppe und in meinem Arbeitsbereich.
Ebenfalls unabhängig davon geht jetzt für mich der Kampf um den Erhalt meines Arbeitsverhältnisses erst richtig los. Bisherigen Informationen nach sind sowohl die Vorgesetzten als auch die Kollegschaft entsetzt über diese Entscheidung.
Meine Frage lautet: Hat schon einmal jemand erfolgreich einen solchen Antrag gestellt und arbeitet weiter beim gleichen AG? Oder sind das Gesetz und der Wille unserer Regierungen von Bund und Land nur Publizismus?
Vanios:
Soweit ist weiß endet das Beschäftigungsverhältnis laut TVöD ohne Kündigung automatisch mit erreichen der Regelaltersgrenze (wenn nichts anderes beschlossen wurde). Für eine Weiterbeschäftigung muss ein neuer Arbeitsvertrag beschlossen werden.
Einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung hat man jedoch nicht. Falls der AG einen neuen Vertrag ablehnt, würde ich behaupten, dass man dagegen auch nichts machen kann.
Rentenonkel:
Grundsätzlich muss man zwei Dinge voneinander unterscheiden.
Sofern man die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat, kann man eine (ggf. geminderte) Altersrente beziehen und daneben bis zur Regelaltersgrenze unbegrenzt dazu verdienen. Diese Fallgestaltung ist unproblematisch und wird seit einigen Jahren auch so gelebt.
Einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung hat der Mitarbeiter nach TVöD über die Regelaltersgrenze dagegen nicht. Die Weiterbeschäftigung stellt nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar. Der TVöD geht davon aus, dass durch die Altersrente der Lebensunterhalt gesichert ist und es von daher nicht mehr zwingend erforderlich ist, das Arbeitsverhältnis beizubehalten.
Einigt er sich mit dem Arbeitgeber auf eine Weiterbeschäftigung, dann ist ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag abzuschließen. Es handelt sich um die völlige Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses.
Für den neuen Arbeitsvertrag gelten die Vorschriften des TVöD.
Das Arbeitsentgelt darf jedoch nicht niedriger sein als das Entgelt, das der Mitarbeiter unter Anwendung des TVöD für seine Tätigkeit erhalten würde. Für die auszuübende Tätigkeit müssen daher zutreffende Entgeltgruppe und Entgeltstufe ermittelt werden. Anspruch besteht dazu auch auf die übrigen Entgeltbestandteile (Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen).
Für das neue Arbeitsverhältnis kann eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsschluss für beide Seiten vereinbart werden. Es kann aber auch eine längere Kündigungsfrist, nicht jedoch eine kürzere Frist vereinbart werden.
Das Arbeitsverhältnis kann jederzeit vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer gekündigt werden. Für die Kündigung ist daher wie in der Probezeit kein Kündigungsgrund erforderlich. Damit ist auch keine Kündigungsschutzklage möglich.
Soll dieses neue Arbeitsverhältnis zeitlich befristet ausgestaltet werden (was grundsätzlich seitens der Arbeitgeberseite empfohlen wird), bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Zu beachten ist aber, dass der Bezug einer gesetzlichen Altersrente allein die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigt (vgl. BAG vom 11. Februar 2015 –7 AZR 17/13). Eine sachgrundlose Befristung kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 bzw. Abs. 3 TzBfG nicht erfüllt werden.
Ein solcher sachlicher Grund könnte eine zeitlich befristete Elternzeit eines Kollegen / einer Kollegin, eine Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters in einem speziellen Bereich (Technischer Dienst und einziger Mitarbeiter in dem Bereich) oder ein bestimmtes Projekt (Bau von Stuttgart 21) sein.
Oft scheitert die Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze daran, dass es für eine solche Befristung keinen sachlichen Grund gibt. Personalmangel an sich ist kein sachlicher Grund.
Coach:
--- Zitat ---Oft scheitert die Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze daran, dass es für eine solche Befristung keinen sachlichen Grund gibt. Personalmangel an sich ist kein sachlicher Grund.
--- End quote ---
Ich wäre ja bereit, einer Befristung oder sogar einer Teilzeittätigkeit mit Befristung zuzustimmen. Hier hat es jedoch bis zum heutigen Tag weder ein Gesprächsangebot noch überhaupt eine Rückfrage gegeben.
Ich will ergänzen, dass es beim AG in der Vergangenheit einige Rentner gegeben hat, denen als Weiterbeschäftigung Minijobs und sogar TZ-Tätigkeiten bei Personalengpässen für ein Jahr befristet angeboten wurden. Vermutlich habe ich mit meinem Wunsch nach "Weitermachen" meinen AG maßlos überfordert.
TVOEDAnwender:
Wenn der AG nicht will, will er nicht. Du kannst Deine Weiterbeschäftigung nicht gerichtlich einklagen. Der TVöD sieht in § 33 eine automatische Beendigung des AV vor, wenn Du das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente erreicht hast. Es gibt weder gesetzlich, noch tarifvertraglich, eine Anspruchsgrundlage, die einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung begründet. Das Geld für den Anwalt kannst Du Dir sparen.
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