Autor Thema: Erfahrungsaustausch Weiterbeschäftigung nach Renteneintrittsalter  (Read 3785 times)

Coach

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Ich bin seit 13 Jahren in einer AöR in der Vergütungsgruppe 9c unbefristet tätig.

Jetzt droht mein Renteneintrittsalter in wenigen Monaten und ich habe den Antrag gestellt, mich unbefristet weiter zu beschäftigen. Ich erspare mir jetzt die Nennung der Rechtsgrundlagen, nur dass der AG zustimmen muss und ein neuer Arbeitsvertrag zu den gleichen Konditionen geschlossen werden müsste.

Jetzt hat der AG diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass "eine Beschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus nicht möglich ist".

Unabhängig davon, dass ich mir anwaltliche Hilfe geholt habe, mich fit und in der Lage fühle, noch weitere mindestens fünf Jahre den Job zu machen und ich bisher eine AU-Quote von unter 3 Prozent vorweisen kann, sucht der AG händeringend fortwährend Arbeitskräfte in meiner Vergütungsgruppe und in meinem Arbeitsbereich.

Ebenfalls unabhängig davon geht jetzt für mich der Kampf um den Erhalt meines Arbeitsverhältnisses erst richtig los. Bisherigen Informationen nach sind sowohl die Vorgesetzten als auch die Kollegschaft entsetzt über diese Entscheidung.

Meine Frage lautet: Hat schon einmal jemand erfolgreich einen solchen Antrag gestellt und arbeitet weiter beim gleichen AG? Oder sind das Gesetz und der Wille unserer Regierungen von Bund und Land nur Publizismus?

Vanios

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Soweit ist weiß endet das Beschäftigungsverhältnis laut TVöD ohne Kündigung automatisch mit erreichen der Regelaltersgrenze (wenn nichts anderes beschlossen wurde). Für eine Weiterbeschäftigung muss ein neuer Arbeitsvertrag beschlossen werden.

Einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung hat man jedoch nicht. Falls der AG einen neuen Vertrag ablehnt, würde ich behaupten, dass man dagegen auch nichts machen kann.

Rentenonkel

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Grundsätzlich muss man zwei Dinge voneinander unterscheiden.

Sofern man die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat, kann man eine (ggf. geminderte) Altersrente beziehen und daneben bis zur Regelaltersgrenze unbegrenzt dazu verdienen. Diese Fallgestaltung ist unproblematisch und wird seit einigen Jahren auch so gelebt.

Einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung hat der Mitarbeiter nach TVöD über die Regelaltersgrenze dagegen nicht. Die Weiterbeschäftigung stellt nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar. Der TVöD geht davon aus, dass durch die Altersrente der Lebensunterhalt gesichert ist und es von daher nicht mehr zwingend erforderlich ist, das Arbeitsverhältnis beizubehalten.

Einigt er sich mit dem Arbeitgeber auf eine Weiterbeschäftigung, dann ist ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag abzuschließen. Es handelt sich um die völlige Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses.

Für den neuen Arbeitsvertrag gelten die Vorschriften des TVöD.

Das Arbeitsentgelt darf jedoch nicht niedriger sein als das Entgelt, das der Mitarbeiter unter Anwendung des TVöD für seine Tätigkeit erhalten würde. Für die auszuübende Tätigkeit müssen daher zutreffende Entgeltgruppe und Entgeltstufe ermittelt werden. Anspruch besteht dazu auch auf die übrigen Entgeltbestandteile (Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen).

Für das neue Arbeitsverhältnis kann eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsschluss für beide Seiten vereinbart werden. Es kann aber auch eine längere Kündigungsfrist, nicht jedoch eine kürzere Frist vereinbart werden.

Das Arbeitsverhältnis kann jederzeit vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer gekündigt werden. Für die Kündigung ist daher wie in der Probezeit kein Kündigungsgrund erforderlich. Damit ist auch keine Kündigungsschutzklage möglich.

Soll dieses neue Arbeitsverhältnis zeitlich befristet ausgestaltet werden (was grundsätzlich seitens der Arbeitgeberseite empfohlen wird), bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Zu beachten ist aber, dass der Bezug einer gesetzlichen Altersrente allein die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigt (vgl. BAG vom 11. Februar 2015 –7 AZR 17/13). Eine sachgrundlose Befristung kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 bzw. Abs. 3 TzBfG nicht erfüllt werden.

Ein solcher sachlicher Grund könnte eine zeitlich befristete Elternzeit eines Kollegen / einer Kollegin, eine Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters in einem speziellen Bereich (Technischer Dienst und einziger Mitarbeiter in dem Bereich) oder ein bestimmtes Projekt (Bau von Stuttgart 21) sein.

Oft scheitert die Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze daran, dass es für eine solche Befristung keinen sachlichen Grund gibt. Personalmangel an sich ist kein sachlicher Grund.

Coach

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Zitat
Oft scheitert die Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze daran, dass es für eine solche Befristung keinen sachlichen Grund gibt. Personalmangel an sich ist kein sachlicher Grund.

Ich wäre ja bereit, einer Befristung oder sogar einer Teilzeittätigkeit mit Befristung zuzustimmen. Hier hat es jedoch bis zum heutigen Tag weder ein Gesprächsangebot noch überhaupt eine Rückfrage gegeben.

Ich will ergänzen, dass es beim AG in der Vergangenheit einige Rentner gegeben hat, denen als Weiterbeschäftigung Minijobs und sogar TZ-Tätigkeiten bei Personalengpässen für ein Jahr befristet angeboten wurden. Vermutlich habe ich mit meinem Wunsch nach "Weitermachen" meinen AG maßlos überfordert.
« Last Edit: 18.06.2025 13:46 von Coach »

TVOEDAnwender

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Wenn der AG nicht will, will er nicht. Du kannst Deine Weiterbeschäftigung nicht gerichtlich einklagen. Der TVöD sieht in § 33 eine automatische Beendigung des AV vor, wenn Du das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente erreicht hast. Es gibt weder gesetzlich, noch tarifvertraglich, eine Anspruchsgrundlage, die einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung begründet. Das Geld für den Anwalt kannst Du Dir sparen.

Rentenonkel

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Ich wäre ja bereit, einer Befristung oder sogar einer Teilzeittätigkeit mit Befristung zuzustimmen. Hier hat es jedoch bis zum heutigen Tag weder ein Gesprächsangebot noch überhaupt eine Rückfrage gegeben.

Warum sollte der Arbeitgeber sich auch melden? Das Beschäftigungsverhältnis endet automatisch und er hat keinen Handlungsdruck.

Nochmal: Falls man sich auf eine Weiterbeschäftigung einigt, bedarf es eines neuen Arbeitsvertrages. Daher muss sich grundsätzlich auch der Arbeitnehmer darum bemühen, entsprechendes Interesse für ein neues Beschäftigungsverhältnis zu bekunden, in der er sich beispielsweise rechtzeitig vorher (am besten auf eine zeitlich befristete, ausgeschriebene Stelle) bewirbt. Dann kann sich der Arbeitgeber für Dich entscheiden ... oder für jemand anderen.

Genauso steht es Dir frei, Dein Glück bei einem anderen Arbeitgeber zu suchen und Dich woanders zu bewerben.

Ich will ergänzen, dass es beim AG in der Vergangenheit einige Rentner gegeben hat, denen als Weiterbeschäftigung Minijobs für ein Jahr befristet angeboten wurden. Vermutlich habe ich mit meinem Wunsch nach "Weitermachen" meinen AG maßlos überfordert.

Auch da wieder die Frage: Erfolgte die Weiterbeschäftigung vor oder nach Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze? Das ist sachlich und rechtlich ein sehr großer Unterschied.


TVOEDAnwender

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Ich erspare mir jetzt die Nennung der Rechtsgrundlagen, nur dass der AG zustimmen muss und ein neuer Arbeitsvertrag zu den gleichen Konditionen geschlossen werden müsste.
Erspare Sie mal nicht, nenn Sie mal.

Coach

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Auch da wieder die Frage: Erfolgte die Weiterbeschäftigung vor oder nach Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze? Das ist sachlich und rechtlich ein sehr großer Unterschied.

Nach Erreichen der Regelaltersrente und dem regelrechten Ausscheiden aus dem (Vollzeit)Arbeitsverhältnis.

Und natürlich bewerbe ich mich jetzt. Mir ging es hier um einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in ähnlicher oder gleicher Situation.

TVOEDAnwender

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Und natürlich bewerbe ich mich jetzt. Mir ging es hier um einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in ähnlicher oder gleicher Situation.

Der Austausch ist ganz einfach: Ja, ich kenne Beschäftigte, die vom Arbeitgeber auch bei Erreichen der Altersgrenze weiterbeschäftigt werden - in unterschiedlichen vertraglichen Konstellationen (Teilzeit, Vollzeit, zu anderen Bedingungen der Eingruppierung, mit den gleichen Tätigkeiten, mit anderen Tätigkeiten, befristet und unbefristet). Und ich kenne genauso Beschäftigte (beim gleichen AG), die beim gleichen Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden wollten, jedoch der Arbeitgeber dies nicht wollte.

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Ich finde es gut, wenn sich jemand nach der Regelarbeitsgrenze noch fit genug fühlt seiner bisherigen Tätigkeit weiter nachzugehen. Aus Personalersicht möchte ich nur folgende Erfahrungen anmerken, die es häufig erschweren:

- Minijobber kosten administrativ extrem viel Aufwand (Zeiterfassung, Urlaub, Arbeitsverträge, Einstellungsvorgänge, Arbeitsunfälle, Ausstattung etc.)
- Minijobber arbeiten je nach EG meist um die 5-6 Stunden pro Woche und nehmen ja trotzdem an Besprechungen, Personalversammlungen, Kaffeerunden etc. teil (heißt die persönlichen und sachlichen Verteilzeiten sind naturgemäß hoch ggü. der tatsächlichen Arbeit(-szeit)
- Minijobber unterschätzen den steuerlichen Aufwand und die Belastung, deswegen stehen sie nach der Steuerrückerstattung scharenweise im Büro um sich über die Nichtaufklärung von Abzügen aufzuregen (SW: Steuernachforderung)

Ich rate jedem Minijobber/ TB nach Regelaltersgrenze sich umfassend von einem Steuerprofi beraten zu lassen. Das gehört als Arbeitgeber nämlich nicht zu meinen Aufgaben.

NWB

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Ich finde es gut, wenn sich jemand nach der Regelarbeitsgrenze noch fit genug fühlt seiner bisherigen Tätigkeit weiter nachzugehen. Aus Personalersicht möchte ich nur folgende Erfahrungen anmerken, die es häufig erschweren:

- Minijobber kosten administrativ extrem viel Aufwand (Zeiterfassung, Urlaub, Arbeitsverträge, Einstellungsvorgänge, Arbeitsunfälle, Ausstattung etc.)
- Minijobber arbeiten je nach EG meist um die 5-6 Stunden pro Woche und nehmen ja trotzdem an Besprechungen, Personalversammlungen, Kaffeerunden etc. teil (heißt die persönlichen und sachlichen Verteilzeiten sind naturgemäß hoch ggü. der tatsächlichen Arbeit(-szeit)
- Minijobber unterschätzen den steuerlichen Aufwand und die Belastung, deswegen stehen sie nach der Steuerrückerstattung scharenweise im Büro um sich über die Nichtaufklärung von Abzügen aufzuregen (SW: Steuernachforderung)

Ich rate jedem Minijobber/ TB nach Regelaltersgrenze sich umfassend von einem Steuerprofi beraten zu lassen. Das gehört als Arbeitgeber nämlich nicht zu meinen Aufgaben.


Welche Steuernachforderungen entstehen im Zusammenhang mit einem Minijob?

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Das müsste man die Beschäftigten selbst fragen. Eventuell hat die Kombination aus anderen Einkünften und der Beschäftigung bei uns für eine Nachforderung gesorgt.

MoinMoin

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Ich finde es gut, wenn sich jemand nach der Regelarbeitsgrenze noch fit genug fühlt seiner bisherigen Tätigkeit weiter nachzugehen. Aus Personalersicht möchte ich nur folgende Erfahrungen anmerken, die es häufig erschweren:

- Minijobber kosten administrativ extrem viel Aufwand (Zeiterfassung, Urlaub, Arbeitsverträge, Einstellungsvorgänge, Arbeitsunfälle, Ausstattung etc.)
- Minijobber arbeiten je nach EG meist um die 5-6 Stunden pro Woche und nehmen ja trotzdem an Besprechungen, Personalversammlungen, Kaffeerunden etc. teil (heißt die persönlichen und sachlichen Verteilzeiten sind naturgemäß hoch ggü. der tatsächlichen Arbeit(-szeit)
- Minijobber unterschätzen den steuerlichen Aufwand und die Belastung, deswegen stehen sie nach der Steuerrückerstattung scharenweise im Büro um sich über die Nichtaufklärung von Abzügen aufzuregen (SW: Steuernachforderung)

Ich rate jedem Minijobber/ TB nach Regelaltersgrenze sich umfassend von einem Steuerprofi beraten zu lassen. Das gehört als Arbeitgeber nämlich nicht zu meinen Aufgaben.


Welche Steuernachforderungen entstehen im Zusammenhang mit einem Minijob?
Die der obligatorischen Steuererklärung des Rentners 😃

NWB

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Der Minijob gehört nicht in die Einkommensteuererklärung.
Beim ordnungsgemäß durchgeführten Minijob ergeben sich keine Steuernachforderungen

Rentenonkel

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Der Minijob gehört nicht in die Einkommensteuererklärung.
Beim ordnungsgemäß durchgeführten Minijob ergeben sich keine Steuernachforderungen

Bei Minijobs bestimmt der Arbeitgeber die Art der Besteuerung. Er kann sich für die Pauschalsteuer mit 2 Prozent entscheiden oder für die individuelle Besteuerung nach der Lohnsteuerklasse des Minijobbers.

Ob von dieser Pauschalbesteuerung im Einzelfall überhaupt Gebrauch gemacht wird, steht grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers, denn § 40a Abs. 2 EStG eröffnet unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Arbeitslohn mit 2 % pauschal zu versteuern, begründet jedoch keine Verpflichtung hierzu.

Vielmehr bleibt es dem Arbeitgeber regelmäßig unbenommen, sich auch in diesen Fällen die Besteuerung des geringfügig entlohnt beschäftigten Arbeitnehmers nach dessen Steuerklasse durchzuführen. Dies ist auch für den Arbeitgeber unproblematisch, wenn z. B. Schüler geringfügig entlohnt beschäftigt werden, die die Steuerklasse I aufweisen, weil in diesen Fällen aufgrund des Eingangsfreibetrags keinerlei Lohnsteuerabzug stattfindet und in aller Regel die Einkünfte aus der geringfügigen Tätigkeit auch bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer in diesen Fällen regelmäßig keine Einkommensteuer auslösen wird.

In vielen Bereichen des ÖD ist eine Pauschalversteuerung des Minijobs nur dann möglich, wenn sich der Beschäftigte verpflichtet, die Pauschalsteuer dem Arbeitgeber zu ersetzen. Da die individuelle Besteuerung im Nachhinein deutlich ungünstiger ist als die Pauschalsteuer, kann ich die Nachfrage der Rentner, ob man zukünftig auf die Pauschalsteuer wechseln kann, durchaus nachvollziehen.

Hier sehe ich allerdings den Arbeitgeber schon als den richtigen Ansprechpartner an. Nur er kann entscheiden, für welche Besteuerungsvariante er sich bei dem Minijob entscheidet und ob er bereit wäre, mit einer entsprechenden Verpflichtungserklärung zukünftig pauschal zu versteuern. Der Arbeitgeber kann dieses Wahlrecht zur Vorlage der Steuerkarte allerdings nur nach billigem Ermessen ausüben, d. h. er hat die berechtigten Belange des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (§ 241 Abs. 2; § 315 BGB). Da er grundsätzlich die Pauschalsteuer auch auf den Arbeitnehmer abwälzen kann, müsste er sogar dem Wunsch des Rentners nach einer entsprechenden pauschalen Versteuerung nachkommen, wenn der ein berechtigtes Interesse nachweisen kann.

Dazu dient der Steuerbescheid, aus dem zu entnehmen ist, dass der Rentner deutlich mehr als 2 % Steuern zu zahlen hat.