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Werkstudententätigkeit als förderliche Zeit?

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Carme:
Hallo in die Runde,

folgende Frage beschäftigt mich aktuell:

Vor meiner Einstellung wurde mir vom Arbeitgeber eine Eingruppierung nach TV-L E 11, Stufe 1 formal zugesagt. Ich habe jedoch darum gebeten, meine zweijährige Werkstudententätigkeit – die inhaltlich in weiten Teilen dem jetzigen Aufgabenbereich entsprach, wenn auch mit weniger Verantwortung und bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt – auf eine mögliche Anrechenbarkeit im Sinne förderlicher Zeiten prüfen zu lassen.

Die Voraussetzungen der dringenden Personalgewinnung sowie ein besonderes Gewinnungsinteresse an meiner Person waren zweifelsfrei und nachweislich erfüllt.

Nun wurde mir mitgeteilt, dass das Landesverwaltungsamt studentische Tätigkeiten offenbar grundsätzlich nicht als förderliche Zeiten anerkennt. Das irritiert mich insofern, als eine Werkstudententätigkeit eine berufliche Tätigkeit darstellt, die dem Erwerb des Lebensunterhalts dient und nicht der akademischen Weiter- oder Ausbildung.

Weder im Tarifvertrag selbst noch in den Durchführungshinweisen der SenFin findet sich jedoch ein Hinweis darauf, dass studentische Beschäftigungsverhältnisse grundsätzlich von der Anerkennung förderlicher Zeiten ausgeschlossen wären. Dass solche Tätigkeiten nicht als einschlägige Berufserfahrung gelten, ist klar, und logisch – bei förderlichen Zeiten müsste jedoch aus meiner Sicht eine andere Bewertung gelten. Hier kommt es, sofern der Tatbestand erfüllt ist, der dem AG das Ermessen eröffnet, auf eine Nützlichkeit für die auszuübende Stelle im Sinne inhaltlicher und funktionaler Nähe an.

Mich interessiert daher eure fachkundige Einschätzung, gern auch mit direkten Verweisen auf die rechtlichen Grundlagen.

Herzlichen Dank!
C.

Wabi Sabi:
Die Beschäftigung im Rahmen einer sog. Werkstudententätigkeit stellt ein - befristetes (zumeist) in Teilzeit ausgeübtes - Arbeitsverhältnis dar (mit sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten).

So unterfällt dieses Beschäftigungsverhältnis nebenbei bemerkt im Anwendungsbereich des TV-L (oder auch des TVöD) diesem Tarifregime (mit allen tarifvertraglichen Folgen, wie z. B. einer Eingruppierung aufgrund Tarifautomatik nach § 12 TV-L), da der Geltungsbereich nach dessen § 1 Abs. 1 eröffnet (insbesondere Vorliegen eines Arbeistverhältnisses als tatbestandliche Voraussetzung) und in den folgenden Absätzen nicht ausgenommen wurde (so z. B. bei studentischen oder wissenschaftlichen Hilfskräften).

Als solches kann diese Tätigkeit als Werkstudent daher dem Begriff der in einem Arbeitsverhältnis erworbenen einschlägigen Berufserfahrung (§ 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L) als auch dem Begriff der Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L unterfallen, wenn die dort genannten Voraussetzungen (insbesondere Einschlägigkeit der Berufserfahrung bzw. Förderlichkeit für die vorgesehene Tätigkeit) erfüllt sind.

MoinMoin:
Das Problem ist, dass der AG die Meinung vertritt, dass ein Werksstudent keine beruflichen Tätigkeit ausübt.
Denn er ist ja noch Student und hat noch keine Ausbildung, hat also auch keinen Beruf und damit ist er dann auch nicht berufliche tätig und muss daher auch keine Abgaben für die Arbeitslosen-, Pflege- und Krankenversicherung
zahlen.

So wahrscheinlich deren Logik.
Die man nicht teilen muss.
Vielleicht haben sie doch ein Erbarmen, wenn man klarstellt, dass es keine studentische Hilfskrafttätigkeit war, sondern eine Tätigkeit im beruflichem Umfeld war.
Aber wenn sie nicht wollen, kann man sie nicht zwingen.
 
Alternative:
Dir und dein AG bliebe aber die Möglichkeit, das du eine Zulage von 1-2 Stufen via §16.5 bekommst.
Kommt dann monetär auf das gleiche Hinaus.

bzw. du könntest damit direkt das Entgelt der Stufe 3 beziehen (stets widerruflich, aber so what)
und als Sahnehaupt: Du könntest damit nach einem Jahr das Entgelt der Stufe 4 beziehen.
Muss der AG dich halt nur doll genug wollen....

Carme:
Vielen Dank für die schnellen Rückmeldungen!

Zur weiteren Präzisierung meines Falles: Die studentische Tätigkeit wurde im Rahmen eines weiterbildenden Masterstudiengangs ausgeübt – also nach dem Erwerb eines berufsqualifizierenden Studienabschlusses (Bachelor), der die Zugangsvoraussetzung für meine derzeitige Tätigkeit bildet.

Im TV-L sowie in verschiedenen Durchführungshinweisen ist davon die Rede, dass „Ausbildungszeiten“ nicht als förderliche Zeiten im Sinne der Stufenzuordnung anerkannt werden. Aus meiner Sicht wurde jedoch keine einzelfallbezogene Prüfung vorgenommen, sondern es wird pauschal jede Art studentischer Beschäftigung unter diesen Begriff subsumiert, offenbar in der Annahme, dass während eines Studiums keine "echte" berufliche Tätigkeit ausgeübt werden könne.

In meinem Fall handelte es sich um eine zweijährige, regelmäßig 20 Wochenstunden umfassende Tätigkeit bei einem Arbeitgeber, der weder organisatorisch noch inhaltlich mit der Universität verbunden war.

MoinMoin:
Natürlich kann der AG diese Tätigkeiten als berufliche Tätigkeiten anerkennen, wenn du ihm das so schilderst.
Natürlich kannst du ihn nicht dazu zwingen, das zu tun.
Aber du kannst deinen AG klar machen, dass deine Voraussetzung für den Job ist, dass du in Stufe 2 bezahlt wirst, oder wenn du mehr mumm hast, fordere die Stufe 3 als Bezahlung.
Tariflich kann er das offensichtlich dir bezahlen, die Voraussetzungen dafür sind da.

Wenn der AG dich unter diesen Bedingungen nicht will, bleibt dir nur die Kröte zu schlucken oder sich einen AG suchen, mit dem man sich einig wird. Hast ja die Probezeit, in der sich der AG bei dir bewähren kann, vielleicht ist er dann so gnädig dir die Zulage zur 3 zu gewähren, weil er deinen Wert erkennt.

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