Autor Thema: Änderung der Eingruppierung wird abgelehnt, wie weiter?  (Read 2580 times)

Marpel

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Hallo liebe Mitleser,

ich bin in der EG 10 eingruppiert, mir liegen zwei Tätigkeitsbeschreibungen EG 12 aus dem gleichen Ressort, andere örtliche Zuständigkeit, für den gleichen Dienstposten und 1 zu 1 die gleichen Arbeitsvorgänge vor.

Alle drei Tätigkeitsbeschreibungen beschreiben die gleichen Zeitanteile in den bewertungsrelevanten Arbeitsvorgängen, die zwei EG 12 und meine EG 10.

Die Tätigkeitsbeschreibungen EG 12 sind von dem BAV geprüft und zwischen den beiden EG 12 liegt zusätzlich ein Vergleichbarkeitsvermerk vor. (alle Unterlagen sind aus den vergangenen 3 Jahren, meine Tätigkeitsbeschreibung ist 14 Jahre alt)

Mein Amt sieht das erwartungsgemäß etwas anders und akzeptiert weder den Vergleichbarkeitsvermerk noch erkennt es überhaupt die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit an.

Meine Frage,

Bin ich der Meinung meines Amtes ausgeliefert oder macht es Sinn eine Eingruppierungsfeststellungsklage anzustreben, zumal die Stelle schon durch das BAV geprüft wurde. (nicht meine persönliche aber eine vergleichbare Stelle)

Für eine Eingruppierungsfeststellungsklage, einen Gewerkschaftsanwalt oder lieber die private Rechtschutz bemühen, beides wäre möglich

Danke für eure Meinung




MoinMoin

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Zunächst sollte man das Entgelt einfordern, damit die §37 Frist gesetzt ist.
Wenn man unterschiedliche Meinungen zur Auslegung des TV und der EGO hat, dann ist man nicht ausgeliefert, sondern hat eben den Rechtsweg der Klage.
Man sollte natürlich einen Anwalt wählen, der schon mal solche Klagen (erfolgreich) eingereicht hat.

Tagelöhner

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Selbstverständlich sieht der AG das nicht gerne, wahrscheinlich ist gar keine weitere E12 Planstelle vorhanden, so dass dann irgendjemand sehr blöd dastehen wird, wenn die Klage zu deinen Gunsten ausgeht.

Wie MoinMoin schreibt, unbedingt einen Fachanwalt suchen, der sich mit Eingruppierungsfeststellungsklagen und dem Tarifrecht gut auskennt. Und dann bitte hier auch mal Feedback geben, wie alles ausgegangen ist.

DerNordmann

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Die Eingruppierung im TVöD richtet sich ausschließlich nach den tatsächlichen auszuübenden Tätigkeiten, nicht nach dem Haushaltsplan, der Dienststelle oder der bisherigen Bewertung durch den Arbeitgeber. Entscheidend ist, ob die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 12 erfüllt sind – und zwar nach Inhalt und Zeitanteil der bewertungsrelevanten Arbeitsvorgänge (siehe § 12 TVöD sowie BAG-Rechtsprechung zur Eingruppierung).

Wenn deine Tätigkeitsbeschreibung zu einem erheblichen Teil identisch ist mit der einer Stelle, die mit EG 12 bewertet wurde, und sich auch die bewertungsrelevanten Zeitanteile decken, hast du einen tariflichen Anspruch auf die höhere Eingruppierung. Der Vergleichbarkeitsvermerk des BAV, auch wenn er älter ist, kann hier ein starkes Indiz sein, ebenso wie identische oder ähnliche Dienstposten mit höherer Bewertung.

Dass dein Amt dies ablehnt oder "anders bewertet", ist rechtlich unerheblich, wenn du nachweislich die Voraussetzungen der EG 12 erfüllst. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung der Behörde, sondern die tarifliche Bewertung der Tätigkeit.

Du solltest in jedem Fall

1. einen schriftlichen Antrag auf Eingruppierungsüberprüfung stellen (am besten mit Fristsetzung gem. § 37 TVöD, um die Nachzahlungsfrist zu wahren),


2. die Vergleichstätigkeiten und Zeitanteile genau dokumentieren,


3. ggf. eine Eingruppierungsfeststellungsklage gem. § 256 ZPO vorbereiten.



Dafür ist ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht oder der gewerkschaftliche Rechtsschutz (z. B. ver.di oder DGB Rechtsschutz) zu empfehlen. Wichtig: Es geht hier nicht um ein Gnadenrecht des Arbeitgebers, sondern um einen durchsetzbaren tariflichen Anspruch. Auch wenn keine „Planstelle“ EG 12 existiert, ist das für die Eingruppierung irrelevant – der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, diese Stelle zu schaffen oder anzupassen.

Kurz: Du bist dem Arbeitgeber nicht "ausgeliefert", sondern hast das Recht, den Anspruch einzufordern. Die Klage ist kein Affront, sondern ein übliches Mittel zur tariflichen Klärung. Wenn du objektiv EG 12 erfüllst, ist die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ausgangs gut – insbesondere, wenn du das Ganze sauber aufbereitest.

Rheini

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Nur kurz eine Frage die sich mir stellt und die nicht dazu dienen soll den TE abzuschrecken.

Wenn bei der weiteren Prüfung festgetellt wird das nur EG 10 gerechtfertigt ist, wie ist dann der Ablauf?

MoinMoin

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Dann teilt man diese Meinung oder man teilt sie nicht und strebt eine Eingruppierungsfeststellungsklage.

Die Eingruppierung kann nur von einem Gericht festgestellt werden, alles andere sind nur Rechtsmeinungen.

TVOEDAnwender

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Zitat
1. einen schriftlichen Antrag auf Eingruppierungsüberprüfung stellen (am besten mit Fristsetzung gem. § 37 TVöD, um die Nachzahlungsfrist zu wahren),
Das sollte der TE auf keinen Fall machen, sondern er sollte direkt das entsprechende Entgelt fordern. Eine "Antrag auf Überprüfung der Eingruppierung" ist tarifvertraglich nirgendwo vorgesehen, jedoch die Geltendmachung von Ansprüchen (maximal rückwirkend für 6 Monate). Wenn der TE der Rechtsmeinung ist, das die ihm übertragen Tätigkeiten die Tätigkeitsmerkmale der EG 12 erfüllen, dann muss er den AG auffordern, ihm das entsprechende Entgelt zu zahlen. Alles andere ist nur bedrucktes Klopapier und würde die Ausschlussfrist im Zweifel nicht unterbrechen.

Rheini

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Dann teilt man diese Meinung oder man teilt sie nicht und strebt eine Eingruppierungsfeststellungsklage.

Die Eingruppierung kann nur von einem Gericht festgestellt werden, alles andere sind nur Rechtsmeinungen.

Und das Gericht stellt es fest, wie geht es dann mit den bisherigen in EG 12 weiter?

AngestellterBeamter

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Bin ich der Meinung meines Amtes ausgeliefert oder macht es Sinn eine Eingruppierungsfeststellungsklage anzustreben, zumal die Stelle schon durch das BAV geprüft wurde. (nicht meine persönliche aber eine vergleichbare Stelle)
Natürlich steht dir hier die Möglichkeit der Klage offen. Bedenke hierbei aber auch ggf. langfristige Folgen. Ich persönlich glaube immer an das gute im Menschen und dazu, dass die Personalstellen grundsätzlich auf der Seite der Arbeitnehmer sind, sie sind ja auch nur angestellte. Die Entscheidung, wieviel Personal die verwalten dürfen, wird ja auch nicht dort getroffen sondern deutlich weiter oben. Wenn du denen da jetzt in die Suppe spuckst und die evtl. bereits laufende Einstellungsverfahren abbrechen müssen weil die einzige E12 nun laut Gericht für dich genutzt werden muss, sorgt da natürlich für Ärger. Auch der Referent von der Nachbarabteilung, dem mitgeteilt wird, dass man das Einstellungsverfahren für seinen neuen Mitarbeiter abgebrochen hat und neu ausschreiben muss mit einer E10 und du schuld bist, sorgt auch nicht für gutes Büroklima.
Evtl. wird man dich bei zukünftigen Beförderungen dann einfach überspringen oder man protokolliert jede Verspätung oder Verfehlung um dich evtl. feuern zu können.
Wenn die Stelle dein absoluter Traum ist und du dort super gerne bis zur Rente bleiben willst, sollteste evtl. nicht Klagen. Wenn du aber eigentlich eh abhauen willst und nurnoch auf ne gute Stelle wartest und schon Bewerbungsunterlagen bereitliegen hast, ist die Klage natürlich ein gangbarer Weg.
Für eine Eingruppierungsfeststellungsklage, einen Gewerkschaftsanwalt oder lieber die private Rechtschutz bemühen, beides wäre möglich
In jedem Fall den Gewerkschaftsanwalt. Der hat mit genau sowas ständig zu tun und die nehmen dir auch eine Niederlage nicht allzu übel. Eine private Rechtsschutz musst du aber erstens um eine Deckung im vorhinein bitten und die können dir bei zu vielen Klagen auch den Vertrag kündigen. Was dabei jetzt zu viel ist, variiert. Da du aber die Möglichkeit des Gewerkschaftsanwalts hast, nimm den. Du weißt ja nicht ob evtl. nächste und übernächste Woche weitere Fälle auftreten wo du dann die RSV bemühen musst und bei drei Klagen wäre es sicher schon kritisch mit dem Vertrag.

clarion

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Dann bekommt Du rückwirkend das Gehalt was im Rahmen der Ausschlussfrist gefordert wurde und die Stufenlaufzeit wird neu ausgerechnet.  Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, wann du die Tätigkeit, die dir die E12 bescheren, übertragen worden sind.

Es könnte also um eine ziemliche Stange Geld gehen.

clarion

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Antw:Änderung der Eingruppierung wird abgelehnt, wie weiter?
« Antwort #10 am: 01.08.2025 14:33 »
@AngestellterBeamter, aus Mitleid mit anderen soll man auf eine Stange Geld verzichten?  Wirklich komische Ansicht. Die meisten wenn auch nicht alle Menschen können auch akzeptieren, was Gerichte entscheiden, ohne übel nachzutreten. Ich habe schon mit Leuten zusammen gearbeitet, die vor  dem Arbeitsgericht  Entfristungen oder höhere EG erklagt haben. Die Gerichtsverfahren waren nur Anekdoten, und die Leute waren z.T. sogar beliebte Kollegen.

AngestellterBeamter

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Antw:Änderung der Eingruppierung wird abgelehnt, wie weiter?
« Antwort #11 am: 01.08.2025 14:40 »
@AngestellterBeamter, aus Mitleid mit anderen soll man auf eine Stange Geld verzichten?  Wirklich komische Ansicht.
Wo sagte ich das genau? Ich sagte nur, dass man nicht auf Teufel komm raus klagen sollte und eine Klage zwar kurzfristig mehr Geld bedeutet, langfristig aber eben auch negative Folgen haben KÖNNTE. Dessen muss man sich einfach nur bewusst sein. Ob man dann lieber das Geld nimmt oder nicht, muss jeder für sich individuell abwägen und entscheiden.

Zu sagen "Klag, das schlimmste was passieren kann wäre, dass du in der E10 bleibst" wäre aber mehr als nur gemein.


Übrigens wäre der Gang zur Gewerkschaft eh das beste da die sich auchmal mit Fachwissen die Stellenbeschreibungen angucken und vergleichen können. Teilweise ist da ein minimal anderes Wording schon der rechmäßige Unterschied zwischen 10 und 12. Die sagen dir dann auch, wie groß die Chance der Klage sind und werden dir sicher auch nochmal sagen, das es auch negative Folgen für das Arbeitsleben haben KÖNNTE.

Tagelöhner

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Antw:Änderung der Eingruppierung wird abgelehnt, wie weiter?
« Antwort #12 am: 01.08.2025 15:25 »
Ich persönlich glaube immer an das gute im Menschen und dazu, dass die Personalstellen grundsätzlich auf der Seite der Arbeitnehmer sind, sie sind ja auch nur angestellte. Die Entscheidung, wieviel Personal die verwalten dürfen, wird ja auch nicht dort getroffen sondern deutlich weiter oben. Wenn du denen da jetzt in die Suppe spuckst und die evtl. bereits laufende Einstellungsverfahren abbrechen müssen weil die einzige E12 nun laut Gericht für dich genutzt werden muss, sorgt da natürlich für Ärger. Auch der Referent von der Nachbarabteilung, dem mitgeteilt wird, dass man das Einstellungsverfahren für seinen neuen Mitarbeiter abgebrochen hat und neu ausschreiben muss mit einer E10 und du schuld bist, sorgt auch nicht für gutes Büroklima.

Personalabteilung = Vertretung von Arbeitgeberinteressen, wer anderes behauptet ist schlichtweg naiv. Und es ist ebenfalls nicht die Regel, dass es sich dabei "nur" um Angestellte handelt. Hier wird gerne verbeamtetes Personal eingesetzt, das daher mit der Treuepflicht noch näher an den Arbeitgeber gebunden ist. Und wer sich mit dieser Einstellung gerne übervorteilen lässt, hat offensichtlich einen Fetisch dafür, Arbeitgeberprobleme zu seinen eigenen zu machen. Wenn der Arbeitgeber sich bewusst dafür entscheidet, das Tarifrecht dem Haushaltsrecht unterzuordnen, muss er halt gelegentlich auch mal wieder die Kehrseite der Medaille erleben und daran erinnert werden, dass er sich rechtswidrig verhält. Von dem her, Feuer frei zur Durchsetzung des Rechtschutzes.