Autor Thema: Zeugnis im öffentlichen Dienst anfechten – Chancen mit LOB?  (Read 1091 times)

GeoFen

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Ich wollte mal eure Einschätzung hören zu einer recht merkwürdigen Konstellation, die ich erlebt habe.

Ich (tarifbeschäftigter) habe insgesamt knapp 8 Monate für eine Behörde gearbeitet. Nach ein paar Monaten wurde mir  innerhalb der Probezeit korrekt gekündigt, allerdings mit einer verlängerten Frist (ca. 2 Monate). Im Kündigungsschreiben stand, dass man diese  lange Frist bewusst gewählt habe, um mir die Möglichkeit zu geben, mich  in der verbleibenden Zeit zu beweisen. Man würde mich ggf. doch noch übernehmen. Ich habe dann ca. 3 Wochen später selbst gekündigt und bin etwa einen Monat vor dem vom Arbeitgeber genannten letzten Arbeitstag ausgeschieden.

Kurios wird es beim Thema Leistungsbewertung / LOB:

Nach ca. 4 Monaten dort habe ich eine erste Bewertung bekommen.
Gesamt: leicht überdurchschnittlich
Qualitative Leistung: überdurchschnittlich
Quantität: durchschnittlich
Kooperation: unterdurchschnittlich
Rest: durchschnittlich

Dazu gab es kein Gespräch über Erwartungen oder Zielsetzungen, ich habe das Formular einfach unterschrieben.

Nun, einige Wochen nach meinem Ausscheiden, meldet sich die Personalabteilung und will noch ein „LOB-Gespräch“ mit mir führen. Gleichzeitig habe ich mein Arbeitszeugnis und eine neue LOB-Bewertung zugeschickt bekommen (Der Zeitraum dieser Bewertung überschneidet sich sogar z.T: mit dem Zeitraum der ersten Bewertung - ca. 23 Tage überschneiden sich):
Leistung: durchschnittlich
Quantität: durchschnittlich
Kooperation: unterdurchschnittlich
Neu dazugekommen: Kriterium  „Wirtschaftlichkeit“ mit Bewertung „überdurchschnittlich“, obwohl mein Chef zuvor meinte, dieser Punkt könne gar nicht bewertet werden.
In Summe also schlechter als die erste Bewertung.

Und dann das Arbeitszeugnis: Es wimmelt von „sehr guten“ Formulierungen, ergibt aber in der Gesamtnote nur ein „befriedigend“. Außerdem steht im letzten Satz, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen beendet wurde. Ein üblicher Schlusssatz wie „wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg“ fehlt.

Nun meine Überlegung: Wenn man eine bessere Gesamtnote als „befriedigend“ möchte, muss man das ja in der Regel nachweisen, obwohl befriedigend in der Praxis sehr selten vergeben wird und einer 5 gleicht.
Ich habe aber diese LOB-Bewertungen vorliegen – eine davon sogar mit „Qualitative Leistung: sehr gut“, erstellt nach 4 Monaten Tätigkeit. Im 6. Monat war ich mehrere Wochen im Urlaub. Könnte so etwas im Streitfall (z. B. vor Gericht) als Beleg dienen, dass die Note im Zeugnis höher ausfallen müsste?

Da ich Berufseinsteiger bin, spielt dieses Arbeitszeugnis für mich eine wichtige Rolle. Ich möchte es daher, soweit möglich, korrigieren bzw. bessern lassen. Vor allem da ich überzeugt bin, dass die Teamdynamik toxisch war.

Meine Fragen:
- Wie kann sich eine LOB-Bewertung innerhalb weniger Wochen so stark ändern, v.a. wenn man im letzten Monat der Bewertungszeitraums sowieso abwesend d.h. im Urlaub war?
- Warum wird plötzlich ein neuer Punkt („Wirtschaftlichkeit“) reingenommen, der vorher gar nicht bewertet wurde?
- Und wieso passt die Gesamtnote im Zeugnis nicht zu den vielen sehr guten Einzelaussagen und zur ersten LOB Bewertung?

Das LOB-Gespräch mit der Personalabteilung des alten Arbeitgebers steht bald für mich an. Was würdet ihr machen? Sind meine Gedanken valide?

Vielen Dank für eure Meinungen!

ÖDWorker

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Warum solltest du nach deinem Ausscheiden noch ein LOB-Gespräch mit deinem alten AG führen?

Du kannst natürlich versuchen ein besseres Zeugnis zu verlangen, ggf. solltest du dir dafür einen Anwalt für Arbeitsrecht suchen. Dieser kann den alten AG vlt. erstmal anschreiben und versuchen eine einvernehmliche Änderung herbeizuführen (vlt. will der AG ja keinen Rechtsstreit führen).

Sollte es jedoch nicht ohne Klage gehen liegt jedoch die Beweislast komplett bei dir. Dein Arbeitgeber kann immer sagen nach der vorherigen Beurteilung hat der Mitarbeiter sich verändert und ich würde mal schätzen wenn du schon sagst das Arbeitsumfeld war toxisch wird sich keiner der anderen Mitarbeiter bereit erklären vor Gericht für dich auszusagen.

Wenn du nicht wirklich wasserdichte Beweise hast würde ich es versuchen einvernehmlich zu klären oder es dabei zu belassen. Im schlimmsten Fall kannst du ja sagen das das Beschäftigungsverhältnis nur von kurzer Dauer war und es kein Zeugnis gab, wenn du dich scheust es bei einer zukünftigen Bewerbung beizulegen.

PS: Formulierungen im Zeugnis die schön klingen müssen nicht auch unbedingt gut gemeint sein (Zeugnissprache) und eine fehlende Abschiedsformel ist i.d.R. eine volle Breitseite.

VG

FearOfTheDuck

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Entweder würde ich sagen: Sch... drauf! oder eben genau diese Fragen in dem Gespräch stellen.

clarion

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Auf das LOB Gespräch kann man sich ein Ei pellen.

Entweder Du versuchst ein neues besseres qualifiziertes Arbeitzeugnis zu bekommen, oder Du lässt die Sache auf sich beruhen. Wenn Du schon einen neuen Job hast, könnte es die Nerven schonender sein.

GeoFen

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Ja, mein Ziel ist es ein besseres Zeugnis zu bekommen.

Ich frage mich nur, ob meine Gedanken valide sind...

clarion

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Hallo,

ich fürchte, Du musst das bessere Zeugnis einfach einfordern. Zur Begründung kannst Du auf die Diskrepanzen hinweisen.

Es scheint zwischen Dir und dem Team nicht gepasst haben, Dir wird unkooperatives Verhalten vorgeworfen: Weißt Du, auf welche Vorkommnisse das beruht? Wenn nicht nachfragen, auch wenn es weh tut. Vielleicht kannst Du daraus auch etwas lernen.

TVOEDAnwender

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Da die LOB und ein Arbeitszeugnis zwei verschiedene Paar Schuhe sind, solltest Du zunächst in die jeweilige Dienstvereinbarung zur LOB schauen, um Näheres zum Verfahren und zu den Bewertungsmaßstäben zu erfahren.
Zum Thema Arbeitszeugnis hat Dir ÖD-Worker bereits einige Hinweise gegeben. Letztlich ist die Frage: Lohnt es sich wirklich, in den Clinch zu gehen, gerade für eine so kurze Zeit und wenn Du ohnehin schon einen neuen Arbeitgeber hast?
Für viele Arbeitgeber ist ein Arbeitszeugnis heutzutage nicht mehr als eine formale Bestätigung, dass man beschäftigt war.

dwp

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Meine bisherigen Erfahrungen sind:

In der Wirtschaft habe ich es ein paar mal bei Zeugnissen angesprochen, das eine Formulierung fehlt oder ich was gestrichen haben möchte uns es hatte immer geklappt.

Als ich im ÖD in der Probezeit gekündigt wurde, wurde ich gefragt ob ich ein Qualifiziertes Zeugnis haben möchte oder eine Arbeitsbescheinigung reicht. Das Zeugnis war dann wesentlich besser als die Beurteilung meiner Vorgesetzten.

In aller Regel haben die Vogesetzten kein Interesse irgendwas böses in das Zeugnis zu schreiben, hauptsache du bist weg. Wenn du die Änderung haben willst, macht es nur ein bischen Arbeit das Zeugnis zu ändern, aber viel Arbeit, wenn Gegenwind droht. Alleine aus wirtschaftlichen Abwägungen bekommt man die Verbesserung. Außerdem scheut der ÖD Arbeitsplatzkonflikte und Anwälte die was einfordern genau so wie der Teufel das Weihwasser.

Ein schlechtes Zeugnis hast du bereits, was hast du zu verlieren? Es kann nur besser werden.

Wenn du in der Gewerkschaft bist geh zu denen und mach Druck, damit deren Anwalt was schreibt.
Wenn nicht, schreibt ein Fachanwalt für 300 - 600 Euro einen Brief.
Vor das Arbeitsgericht gehen dauert lange, geht aber auch ohne Anwalt und endet meist mit einem Vergleich (also genug fordern)
« Last Edit: 19.08.2025 10:33 von dwp »