Autor Thema: Rufbereitschaft  (Read 1030 times)

ITNRW

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Rufbereitschaft
« am: 02.09.2025 15:07 »
Hallo Zusammen,

der Betrieb ist dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-L) unterstellt und beschäftigt rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowohl Beamtinnen und Beamte als auch Angestellte. Die Regelung der Rufbereitschaft ist im TV-L festgelegt. Zusätzlich ist in den Arbeitsverträgen eine Verpflichtung zur Rufbereitschaft verankert.

Die Dienststelle "Amt 15" (Datenverarbeitung) beschäftigt rund 40 Mitarbeitende. Das Team setzt sich aus IT-Spezialist*innen, Telekommunikations-Expert*innen, Funktechniker*innen, Mitarbeitenden des User-Help-Desks, Einkäufer*innen sowie zwei bis drei weiteren Mitarbeitenden zusammen.

Über viele Jahre wurde die Rufbereitschaft auf freiwilliger Basis geleistet. Das bedeutet, dass je nach Fachgebiet entweder ein IT-Spezialist oder ein Funker/TK-Spezialist kontaktiert wurde. Diese Fachkräfte waren (freiwillig und rund um die Uhr) im Betrieb verfügbar. Im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, die restlichen Kollegen dazu zu bewegen, die Rufbereitschaft nicht mehr auf freiwilliger Basis zu leisten. Infolgedessen sah sich die Behörde gezwungen, die Rufbereitschaft offiziell anzuordnen.

Die Zusammenarbeit verlief ein Jahr lang zufriedenstellend. Die Rufbereitschaft wird auf die beiden Fachgebiete IT und Funk aufgeteilt, sodass stets zwei Personen in ständiger Rufbereitschaft sind. Für den Großteil der Kollegen war dies akzeptabel.

Nun soll eine Person für beide Fachgebiete zuständig sein. Eine solche Vorgehensweise würde eine Vermischung von zwei völlig unterschiedlichen Fachgebieten bedeuten. In unserer IT-Abteilung sind ausschließlich studierte Informatiker oder ausgebildete Fachinformatiker beschäftigt. Im Bereich Funk sind es häufig erfahrene Mitarbeiter, die bereits Ausbildungen absolviert haben, die heute nicht mehr angeboten werden.

Für beide Fachgebiete gibt es völlig unterschiedliche Tätigkeitsdarstellungen mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten. Es ist festzustellen, dass die beiden Fachrichtungen über unterschiedliche Schulungen, Zugänge, Werkzeuge und Verantwortungsbereiche verfügen. Falls relevant, sind alle in EG11 eingruppiert.

Diese Behörde ist in dieser Form mehrfach im Land vertreten, wobei eine Vermischung der Aufgabenraten an keiner Stelle zu verzeichnen ist.
Es besteht Einigkeit zwischen beiden Seiten darüber, dass es für keine der beiden Parteien möglich ist, das Aufgabengebiet der anderen zusätzlich zu den derzeitigen Aufgaben zu erlernen.

Selbstverständlich ist uns bewusst, dass es nicht möglich ist, der Rufbereitschaft entgegenzuwirken. Eine solche Vorgehensweise ist auch nicht unser Ziel. Ist es zulässig, die vorhandenen Tätigkeitsdarstellungen zu vernachlässigen und alle Mitarbeitenden mit den gleichen Aufgaben zu betrauen, nur weil sie der gleichen Entgeltgruppe angehören?

Die Kolleginnen und Kollegen wollen sich verständlicherweise dagegen rechtlich wehren, notfalls auch gegen die Rufbereitschaft im Allgemeinen. Welche Rolle kann der Personalrat in diesem Fall möglicherweise einnehmen?

Ich bitte um Eure Einschätzung und bedanke mich für alle Rückmeldungen.

blondie

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #1 am: 02.09.2025 15:12 »
Bei einer Anordnung von Rufbereitschaft ist der örtliche Personalrat zu beteiligen.

"Das Landespersonalvertretungsgesetz NRW (LPVG NRW) regelt die Mitbestimmung der Personalvertretungen bei der Anordnung von Rufbereitschaft, was in der Regel eine Festlegung der Anwesenheitszeiten und der Beginn und Ende der Arbeitszeit betrifft. Laut dem Bundesverwaltungsgericht (§ 74 Abs. 1 Nr. 9 LPVG NRW) unterliegt die Anordnung von Rufbereitschaft der Mitbestimmung der Personalvertretung."

Daher würde ich an deiner Stelle beim Personalrat mal nachfragen und um Unterstützung bitten.

MoinMoin

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #2 am: 02.09.2025 19:15 »
Selbstverständlich ist uns bewusst, dass es nicht möglich ist, der Rufbereitschaft entgegenzuwirken. Eine solche Vorgehensweise ist auch nicht unser Ziel. Ist es zulässig, die vorhandenen Tätigkeitsdarstellungen zu vernachlässigen und alle Mitarbeitenden mit den gleichen Aufgaben zu betrauen, nur weil sie der gleichen Entgeltgruppe angehören?
Ich würde sogar so weit gehen, dass man auch den Hausmeister und den Boten mit der Rufbereitschaft betrauen könnte, ohne das es tariflich eine Auswirkung hätten.
Dürfte noch mit der Weisungsbefugnis gedeckt sein.

Allerdings ist es angeraten, dass die, die Rufbereitschaft für ein Arbeitsfeld aufgedrückt bekommen, welches sie nicht beherrschen, dies vorab dem AG mitteilen, dass sie keine Kompetenz im Bereich X haben und im Falle der Rufbereitschaft von ihnen dort auch keine kompetente Lösung erwrtet werden kann.

Also so what, wenn der AG meint, der Funker könnte einen DB Cluster vernünftig wieder hochfahren, dann ist es sein Risiko, dass hinterher alles im Arsch ist und das recovery 2 Tage dauert.


clarion

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #3 am: 02.09.2025 19:33 »
Wehren könnt ihr Euch nur, indem ihr das Problem schriftlich aufzeigt und ganz wichtig, welches Schadenspotential vorhanden ist, wenn ein Funker in der IT rumstümpert und umgekehrt. Wenn das trotzdem angeordnet wird, dann muss es halt mal krachen.

troubleshooting

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #4 am: 03.09.2025 12:19 »
Wehren könnt ihr Euch nur, indem ihr das Problem schriftlich aufzeigt und ganz wichtig, welches Schadenspotential vorhanden ist, wenn ein Funker in der IT rumstümpert und umgekehrt. Wenn das trotzdem angeordnet wird, dann muss es halt mal krachen.

Getreu dem immer gern zitierten Motto, insbesondere der BW: Wer schreibt, der bleibt!
Tatsächlich ist auch der Angestellte verpflichtet Missstände mittels Überlastungsanzeige aufzuzeigen. Wenn ich es richtig sehe §242 BGB - wenn übertragene Arbeit liegen bleibt oder (hier wird es mMn wichtig) nur mangelhaft erledigt werden kann.
Und, ich würde neben eben schriftlichen Hinweis auch um schriftliche Anweisungen bitten, wenn eben ein "fachfremder Notfall" eintritt.

Organisator

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #5 am: 03.09.2025 13:38 »
Um das wirklich sinnig beantworten zu können fehlen Informationen. Nämlich, was die Rufbereitschaft leisten soll. Ggf. wäre es nur eine erste Einschätzung der Schwere des Problems und das Abtelefonieren von Leuten, die dann helfen könnten. Dazu bräuchte man keine besonders umfangreichen Fachkenntnisse, das ginge auch mit einer Checkliste.

Bei der Mitbestimmung durch den PR kann dieser z.B. in Erfahrung bringen, was in der Rufbereitschaft geleistet werden soll und ggf. Nachfragen stellen bzw. die Mitbestimmung (wenn es denn vorgesehen ist) ablehnen.

MoinMoin

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #6 am: 03.09.2025 18:23 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

ITNRW

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #7 am: 04.09.2025 07:35 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

So wird es nämlich in anderen Behörden praktiziert. Arbeits- und Tarifrechtlich unzulässig.

Hat ein Funker RB und ein Server hat ein Problem, so wird der IT'ler angerufen. Und umgekehrt eben das Gleiche.

ITNRW

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #8 am: 04.09.2025 07:36 »
Um das wirklich sinnig beantworten zu können fehlen Informationen. Nämlich, was die Rufbereitschaft leisten soll. Ggf. wäre es nur eine erste Einschätzung der Schwere des Problems und das Abtelefonieren von Leuten, die dann helfen könnten. Dazu bräuchte man keine besonders umfangreichen Fachkenntnisse, das ginge auch mit einer Checkliste.

Bei der Mitbestimmung durch den PR kann dieser z.B. in Erfahrung bringen, was in der Rufbereitschaft geleistet werden soll und ggf. Nachfragen stellen bzw. die Mitbestimmung (wenn es denn vorgesehen ist) ablehnen.

Das kommt auf die Störung an. Es gibt Störungen, die so gewaltig sind, dass extern kommen muss. Es kann aber auch sein, dass ein zentraler Server Probleme macht oder der Funk ausgefallen ist. Je nach Fachlichkeit kann es eben nur eine Seite lösen. 

Organisator

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #9 am: 04.09.2025 08:34 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

Nicht zwingend. Es könnte auch ein externer Dienstleister sein, der sich dann ums Problem kümmert.
Ansonsten gibt es auch nicht tarifgebundene Mitarbeiter, die - weil sie eher als AG denn als AN gelten - jederzeit ansprechbar sein können.
Ansonsten kann es auch Leute geben, die sich bereiterklären, wenn sie gerade erreichbar sind und es passt, fachlich einzuspringen.

Insofern kommt das immer auf den Einzelfall an, ob ein Nicht-Fachmann sinnvoll eine Rufbereitschaft ausführen kann. Wenns nur um eine erste Einschätzung geht und man dann andere Leute anruft: Ja!

MoinMoin

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #10 am: 04.09.2025 08:45 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

So wird es nämlich in anderen Behörden praktiziert. Arbeits- und Tarifrechtlich unzulässig.

Hat ein Funker RB und ein Server hat ein Problem, so wird der IT'ler angerufen. Und umgekehrt eben das Gleiche.
Klar kann man das machen und klar kann der Angerufenen den Hörer abnehmen und (unentgeltlich) einspringen oder es sein lassen und der Server ist halt bis zur regulären Arbeitszeit down.
Das Risiko trägt halt der AG.
Und wenn es ganz doof kommt, dann würde der nette ITler die Zeiten auch nicht gutgeschrieben bekommen, weil der PR es nicht vorab genehmigt hat  8)

@Organisator: Ja, wenn immer externe angerufen werden, dann geht das natürlich, dann kann man aber auch den Pförtner mit dieser Aufgabe betreuen.
Ich habe aber den SV so verstanden, dass eben nicht immer externe benötigt werden, sondern das Funker Funkerdinge intern löst und ITler / IT Dinge und jetzt auf einen der beiden verzichtet werden soll und dann muss der AG auch darauf verzichten, dass diese Problem während der Rufbereitschaft von internen gelöst wird, oder man findet Deppen die halt sich untertariflich verkaufen.

ITNRW

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #11 am: 04.09.2025 08:56 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

So wird es nämlich in anderen Behörden praktiziert. Arbeits- und Tarifrechtlich unzulässig.

Hat ein Funker RB und ein Server hat ein Problem, so wird der IT'ler angerufen. Und umgekehrt eben das Gleiche.
Klar kann man das machen und klar kann der Angerufenen den Hörer abnehmen und (unentgeltlich) einspringen oder es sein lassen und der Server ist halt bis zur regulären Arbeitszeit down.
Das Risiko trägt halt der AG.
Und wenn es ganz doof kommt, dann würde der nette ITler die Zeiten auch nicht gutgeschrieben bekommen, weil der PR es nicht vorab genehmigt hat  8)

@Organisator: Ja, wenn immer externe angerufen werden, dann geht das natürlich, dann kann man aber auch den Pförtner mit dieser Aufgabe betreuen.
Ich habe aber den SV so verstanden, dass eben nicht immer externe benötigt werden, sondern das Funker Funkerdinge intern löst und ITler / IT Dinge und jetzt auf einen der beiden verzichtet werden soll und dann muss der AG auch darauf verzichten, dass diese Problem während der Rufbereitschaft von internen gelöst wird, oder man findet Deppen die halt sich untertariflich verkaufen.

Genau so ist es gemeint.

Es geht darum Personalkosten zu sparen. Der AG möchte tatsächlich diese zwei unterschiedlichen Fachrichtungen so vermischen, dass ALLE Aufgabengebiete durch Jedermann/Jederfrau gelöst werden können. Nicht nur für die Rufbereitschaft, sondern für den Tagesdienst...

MoinMoin

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #12 am: 04.09.2025 09:01 »
Kann man ja auch alles so machen.
Dann schreibt man denen halt auf, was alles passieren wird, wenn fachunkundige an Systemen rumfummeln.
Und wie damit umgegangen werden soll, bzw. wie der Funker in die System der ITler und umgekehrt eingewiesen werden sollen und wann Schulungen stattfinden und wer die Verantwortung bei Schäden trägt und so weiter und so fort.

Organisator

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« Antwort #13 am: 04.09.2025 09:06 »
Interessante Variante, die Rufbereitschaft ruft Leute an, die nicht in Rufbereitschaft sind?

So wird es nämlich in anderen Behörden praktiziert. Arbeits- und Tarifrechtlich unzulässig.

Hat ein Funker RB und ein Server hat ein Problem, so wird der IT'ler angerufen. Und umgekehrt eben das Gleiche.
Klar kann man das machen und klar kann der Angerufenen den Hörer abnehmen und (unentgeltlich) einspringen oder es sein lassen und der Server ist halt bis zur regulären Arbeitszeit down.
Das Risiko trägt halt der AG.
Und wenn es ganz doof kommt, dann würde der nette ITler die Zeiten auch nicht gutgeschrieben bekommen, weil der PR es nicht vorab genehmigt hat  8)

@Organisator: Ja, wenn immer externe angerufen werden, dann geht das natürlich, dann kann man aber auch den Pförtner mit dieser Aufgabe betreuen.
Ich habe aber den SV so verstanden, dass eben nicht immer externe benötigt werden, sondern das Funker Funkerdinge intern löst und ITler / IT Dinge und jetzt auf einen der beiden verzichtet werden soll und dann muss der AG auch darauf verzichten, dass diese Problem während der Rufbereitschaft von internen gelöst wird, oder man findet Deppen die halt sich untertariflich verkaufen.

Genau so ist es gemeint.

Es geht darum Personalkosten zu sparen. Der AG möchte tatsächlich diese zwei unterschiedlichen Fachrichtungen so vermischen, dass ALLE Aufgabengebiete durch Jedermann/Jederfrau gelöst werden können. Nicht nur für die Rufbereitschaft, sondern für den Tagesdienst...

Wäre natürlich aus AG-Sicht traumhaft. Da sollte er sich nur fachkundig beraten lassen, ob das auch ohne Qualitätseinbußen möglich ist.

NWB

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Antw:Rufbereitschaft
« Antwort #14 am: 04.09.2025 14:15 »
Die eierlegende Wollmilchsau - sehr schön!