Autor Thema: Vetternwirtschaft  (Read 8075 times)

DiVO

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #15 am: 27.11.2025 06:44 »
Und selbst mein Gruppenleiter wurde Monate vor der Ausschreibung bereits auf seine Stelle als Führungskraft vorbereitet. Die interne Ausschreibung seiner Stelle war eindeutig auf ihn zugeschnitten.

Das nennt sich dann Personalentwicklung. Positiv betrachtet ist es doch gut, dass bestehendes und geeignetes Personal für höherwertige Tätigkeiten qualifiziert und vorbereitet wird.
Ich habe nur ein Problem damit, dass es unfair ist, weil andere potentielle Kandidaten für diese Stelle keinen solchen Vorteil hatten, diese Stelle bereits im Vorfeld inoffiziell besetzen zu dürfen. Dass dann die Stelle Monate später kurzfristig formal auf ihn zugeschnitten im Interessenbekundungsverfahren für wenige Tage intern veröffentlicht wurde per E-Mail, setzt dem noch die Krone auf. Ich habe mich inzwischen beim Bezirksbürgermeister beschwert, weil selbst der Amtsleiter Vetternwirtschaft duldet bzw. mit drinhängt.

Was schlägst du alternativ vor?

Organisator

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #16 am: 28.11.2025 11:04 »
Und selbst mein Gruppenleiter wurde Monate vor der Ausschreibung bereits auf seine Stelle als Führungskraft vorbereitet. Die interne Ausschreibung seiner Stelle war eindeutig auf ihn zugeschnitten.

Das nennt sich dann Personalentwicklung. Positiv betrachtet ist es doch gut, dass bestehendes und geeignetes Personal für höherwertige Tätigkeiten qualifiziert und vorbereitet wird.
Ich habe nur ein Problem damit, dass es unfair ist, weil andere potentielle Kandidaten für diese Stelle keinen solchen Vorteil hatten, diese Stelle bereits im Vorfeld inoffiziell besetzen zu dürfen. Dass dann die Stelle Monate später kurzfristig formal auf ihn zugeschnitten im Interessenbekundungsverfahren für wenige Tage intern veröffentlicht wurde per E-Mail, setzt dem noch die Krone auf. Ich habe mich inzwischen beim Bezirksbürgermeister beschwert, weil selbst der Amtsleiter Vetternwirtschaft duldet bzw. mit drinhängt.

Das ist doch der normale Lauf der Personalentwicklung. Du nimmst dir einen passenden Kandidaten und entwickelst ihn auf den neuen Job. Gut für den Mitarbeiter und den AG, letzterer weiß dann nämlich, was er hat und dass jemand eingearbeitet ist.

Stellen ohne potentiellen internen Bewerber wären dann etwas für eine externe und offene Ausschreibung.

KleinerErMittler

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #17 am: 29.11.2025 18:30 »


Das ist doch der normale Lauf der Personalentwicklung. Du nimmst dir einen passenden Kandidaten und entwickelst ihn auf den neuen Job.

Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) ist Ihnen schon bekannt? Stichwort Bestenauslese. Also gerade nach Vitamin B (Beziehungen) sollte die Besetzung der Stellen nicht erfolgen. Art. 33 Abs. 2 GG besagt, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt haben muss. Dieser Grundsatz verpflichtet den Staat, Stellen mit den am besten geeigneten Bewerbern zu besetzen, um die Qualität des öffentlichen Dienstes sicherzustellen und Chancengleichheit zu gewährleisten.

"Personalentwicklung" ist für meine Begriffe das Schönreden der Stellenvergabe an Wunschkandidaten ohne Chance für andere Bewerber.
« Last Edit: 29.11.2025 18:38 von KleinerErMittler »

FearOfTheDuck

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #18 am: 29.11.2025 19:10 »
Und was hindert den AG, den am besten geeigneten Bewerber bereits im eigenen Bestand zu erkennen? Nach deiner Auslegung dürfte es keinerlei interne Ausschreibung geben. Mit Vitamin B hat das erstmal nichts zu tun. Eine Ausschreibungspflicht ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG gerade nicht

Rowhin

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #19 am: 29.11.2025 19:27 »
Siehe dazu z.B. Rehm:

Zitat
Aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt keine generelle Verpflichtung des öffentlichen Diensts, Stellen für Arbeitnehmer öffentlich auszuschreiben (BAG vom 23.1.2007 – 9 AZR 492/06 – ZTR 2007, 462; vgl. auch BAG vom 3.12.2019 – 9 AZR 78/19 – ZTR 2020, 364). Auch aus dem TV-L lässt sich eine solche Verpflichtung zur Stellenausschreibung nicht ableiten.

Ich habe aktuell meine 5te Stelle im öD. 4 davon waren niemals ausgeschrieben.

Umlauf

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #20 am: 30.11.2025 10:48 »
Richtig, intern müsste nicht ausgeschrieben werden. Das kann ebenso nach objektiven Kriterien nach Aktenlage entscheiden werden. Die Ausschreibungen erfolgen meist, weil es mit der Personalvertretung eine Abmachung zur internen Ausschreibung gibt. Ich behaupte ma, dass in 90% der Fälle mit und ohne Ausschreibung das gleiche Ergebnis raus käme.

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #21 am: 01.12.2025 08:10 »


Das ist doch der normale Lauf der Personalentwicklung. Du nimmst dir einen passenden Kandidaten und entwickelst ihn auf den neuen Job.

Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) ist Ihnen schon bekannt? Stichwort Bestenauslese. Also gerade nach Vitamin B (Beziehungen) sollte die Besetzung der Stellen nicht erfolgen. Art. 33 Abs. 2 GG besagt, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt haben muss. Dieser Grundsatz verpflichtet den Staat, Stellen mit den am besten geeigneten Bewerbern zu besetzen, um die Qualität des öffentlichen Dienstes sicherzustellen und Chancengleichheit zu gewährleisten.

"Personalentwicklung" ist für meine Begriffe das Schönreden der Stellenvergabe an Wunschkandidaten ohne Chance für andere Bewerber.

Abgesehen davon, dass wie von aus den anderen Post ersichtlich es keine Ausschreibungspflicht gibt, wählt die Führungskraft auf mittlerer Ebene eher selten seinen Vetter aus, sondern die Person, die am geeignetsten für den Job erscheint. Da ist eine bekannte Person nunmal leichter zu beurteilen. Und wenn kein geeigneter Kandidat auszumachen ist (oder dann der ausgewählte Kanditat auf seinem alten Job ersetzt werden muss), wird ausgeschrieben.

Wie wäre denn aus deiner Sicht sonst eine mitarbeiterorientierte Personalentwicklung bzw. die Einrichtung von Karrierepfaden möglich?

Aktenstaub

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #22 am: 08.12.2025 18:09 »
Ich kann vieles von dem was hier geschrieben wurde absolut nachvollziehen, denn die realen Probleme liegen für mich nicht nur in einzelnen Personalentscheidungen, sondern in Strukturen, in denen Beziehungen sichtbarer sind als Kompetenz. Wenn ich mir unser Arbeitsumfeld ansehe, frage ich mich ehrlich wie lange man solche Zustände noch als normal akzeptiert. Oft scheint nicht entscheidend zu sein wer zuverlässig arbeitet oder wer Verantwortung übernimmt, sondern wer gut vernetzt ist, wer laut auftritt und wer sich innerhalb des internen Gefüges am besten positioniert. Manche investieren mehr Energie in Gespräche über Kollegen als in ihre eigentlichen Aufgaben und trotzdem stehen sie am Ende nicht selten besser da als die die einfach nur ihre Arbeit sauber machen wollen.

Was mich dabei am meisten irritiert ist nicht einmal, dass solche Mechanismen existieren, sondern wie gewohnt und selbstverständlich sie inzwischen wirken. Statt Leistung steht Sympathie im Vordergrund. Wer gut ankommt hat Vorteile. Wer unauffällig seinen Job erledigt gerät schnell aus dem Sichtfeld. Und genau an diesem Punkt wird es kritisch, denn im Verwaltungsbereich ist Leistung kaum direkt messbar. Wenn etwas funktioniert spricht niemand darüber, während Fehler sofort auffallen und kommentiert werden. Eine gut geführte Akte, ein korrektes Bürgergespräch, ein sauber abgearbeiteter Vorgang sind keine Trophäen die man hochhalten kann. Unsichtbare Qualität erzeugt kein Momentum und findet selten Beachtung.

So entsteht ein Bild bei dem nicht der trägt der am meisten leistet, sondern der der sich am wirkungsvollsten zeigt. Das verzerrt Realitäten, demotiviert Engagierte und verschiebt Anerkennung an Orte an denen sie nicht entsteht. Und je länger man in so einem Klima arbeitet, desto stärker merkt man wie sehr die Gewichtung sich von Kompetenz hin zu sozialer Position verschiebt. Es geht nicht um Schuld oder böse Absicht, sondern um Strukturen, die Sichtbarkeit mehr belohnen als Inhalt.

Ich würde mir eine Verwaltung wünschen, in der Leistungsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Sorgfalt wieder als Maßstab gelten. Wo nicht die Frage im Vordergrund steht ob man sich gut verkauft, sondern ob man gut arbeitet. Wo Menschen die tragen nicht die ersten sind die ermüden und ausbrennen. Dass man Kritik kaum äußern kann ohne selbst zur Zielscheibe zu werden zeigt wie groß das Problem inzwischen geworden ist. Wenn Engagement ausbrennt und Anpassung belohnt wird, verliert jedes System an Qualität.

Eine öffentliche Verwaltung, die ein Vorbild sein will, muss Transparenz und Fairness nicht nur proklamieren, sondern leben. Sonst bleibt am Ende genau das wovon viele inzwischen sprechen: ein Zustand der sich festsetzt, weil er bequem für jene ist die ihn nutzen können und frustrierend für jene die ihn ausgleichen müssen.

HamburgerJung

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #23 am: 08.12.2025 21:54 »
In Hamburg ab Positionen E/A15 gibt es an vielen Stellen keine wirkliche Bestenauslese. Die Besetzung ist oft schon vor Ausschreibung im Hintergrund besprochen. Kenne zig dieser Storys. Gibt immer Mittel und Wege vermeintlich "bessere" rauszuschreiben.

Es mag sicher auch die wirklich fairen Verfahren geben, aber ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht der größere Anteil ist.

Kann mir auch kaum vorstellen, dass es in anderen Bundesländern oder beim Bund anders zugeht.

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Antw:Vetternwirtschaft
« Antwort #24 am: 09.12.2025 09:09 »
In Hamburg ab Positionen E/A15 gibt es an vielen Stellen keine wirkliche Bestenauslese. Die Besetzung ist oft schon vor Ausschreibung im Hintergrund besprochen. Kenne zig dieser Storys. Gibt immer Mittel und Wege vermeintlich "bessere" rauszuschreiben.

Es mag sicher auch die wirklich fairen Verfahren geben, aber ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht der größere Anteil ist.

Kann mir auch kaum vorstellen, dass es in anderen Bundesländern oder beim Bund anders zugeht.

für eine Bundesbehörde gesprochen siehe meinen Beitrag
am: 01.12.2025 08:10