Autor Thema: Arbeitszeiterfassung  (Read 2640 times)

erich148

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Arbeitszeiterfassung
« am: 21.09.2025 12:52 »
Hallo

Ich arbeite als spfh bei einem Jugendhilfeträger. Wir sind alle angestellt und werden nach tvöd sue 12 vergütet. Wir haben keinen eigenen Tarifvertrag, sondern tatsächlich den TVÖD in allen seinen Ausführungen. Auftraggeber sind verschiedene Jugendämter. Nun ist es so, dass das Jugendamt der Kernstadt folgendes Abrechnungsmodell bietet. Eine Fachleistungsstunde + 30% Overhead. Der Overhead soll alles abbilden was über die Zeit mit den Klienten hinausgeht. (Teamsitzung, Fahrtzeiten, Berichte erstellen, Supervision etc). Mein Vertrag umfasst aktuell 28 Stunden von denen ich etwa 22 Stunden Klientenzeit habe.

Unsere Zeiterfassung sieht folgendermaßen aus: wenn ich 90 Minuten Termin habe, Tage ich den als Klientenzeit ein und bekomme 117 Minuten Arbeitszeit gutgeschrieben. Wird ein Termin kurzfristig abgesagt, Tage ich den trotzdem ein und kann im besten Fall nach Hause gehen. So viel zum positiven.

Nun sind die Fahrtzeiten manchmal relativ lang innerhalb der Stadt. Es gibt viele Situationen, bei denen ich mehr als 30 Minuten Fahrzeit für eine Strecke habe. Dies kann ich nicht als Arbeitszeit abrechnen, auch wenn ich mit einem Dienstwagen fahre.

Beispiel: ich hatte eine Zeitlang freitags nur einen Termin. Ankommen um 9:15 Uhr im Büro. Auto geholt, 35 Minuten Fahrzeit, 90 Minuten Termin, 35 Minuten zurück, Auto abgegeben und das Büro um 12:15 verlassen. Arbeitszeit auf meinem Konto 117 Minuten. Reelle Arbeitszeit 180 Minuten.
Der AG argumentiert, dass sie das nicht machen können, will es nicht refinanziert ist.

Ich denke, das steht rechtlich auf wackeligen Füßen und würde gerne wissen, was ich da tun kann. Betriebsrat haben wir nicht, bleibt der Gang zu verdi. Übrigens wird das System ab 2026 von entsprechenden Jugendamt geändert und Fahrzeiten können ebenfalls gebucht werden. Dafür verringert sich der Overhead auf 18%.

Trotzdem ist es so, dass ich keine Arbeitszeit bekomme, wenn ich im Büro bin und Zeit habe zwischen zwei Terminen. Ich frage mich immer, was ist, wenn etwas passiert? Bin ich dann versichert. Und wenn ja, dann ist es doch auch Arbeitszeit.

Ich danke schonmal für Rückmeldungen.

Schokokeks

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #1 am: 22.09.2025 07:22 »
..., Tage ich den trotzdem ein und kann im besten Fall nach Hause gehen.
...

Arbeitszeit auf Deinem Konto 117 Minuten, reelle Arbeitszeit = 0 Stunden

#sowhat?
Quereinsteiger mit Hang zum Monk

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #2 am: 22.09.2025 08:18 »
Vielen Dank für deine fachliche Einschätzung meiner Anfrage. Ausgefallene Termine und nach Hause gehen ist natürlich Luxus. Aber ich habe geschrieben, dass dies der beste Fall ist. Reell habe ich sechs Stunden Overhead pro Woche zur Verfügung. Davon gehen zwei Stunden Teamsitzungen ab, also nur noch vier Stunden für sämtliche Fahrzeiten, Berichte etc. Und das bei ungefähr 10 Terminen pro Woche. Ab einer Fahrzeit von 13 Minuten (von zur zu Tür) Rutsche ich schon ins Minus. Dieser Fall ist weitaus häufiger. Absagen lassen sich natürlich auch nicht einplanen. Sollten keine Termine abgesagt werden, muss ich alles was liegen geblieben irgendwann erledigen und kann mir dafür nichts aufschreiben. Das ist eigentlich der Standard.

SozPädinJH

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #3 am: 22.09.2025 10:45 »
Das liegt doch in der Verhandlung deines Trägers mit dem Jugendamt.
Wir haben einen eigenen ambulanten Bereich als Angebot unserer Einrichtung. Unsere SPFHs haben z.B. eine volle Stelle (39 Stunden). Davon werden 30 Stunden für Klientenkontakte verplant, inklusive Fahrtzeit! Diese zählt natürlich als Arbeitszeit, man muss ja auch hinkommen. Dass dies sinnvoll geplant wird, liegt dann bei den Mitarbeitenden.
Die restlichen 9 Stunden sind Teamsitzung, Berichte usw.
Wenn mal ein Termin ausfällt und es kann kein neuer Termin reingelegt werden, ist das halt Bürozeit. Die zählt ja trotzdem zur Wochenarbeitszeit dazu, kann halt nicht als Fachleistungsstunde direkt für einen Klienten abgerechnet werden.
Du wirst ja nicht nur bezahlt, wenn du Klientenkontakt hast?

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #4 am: 22.09.2025 12:45 »
Genau das ist ja mein Problem. Bürozeit gibt es nicht. Ich trage mir für die Zeit im Büro keine Arbeitszeit ein. Sämtliche Fahrten, die über den Overhead hinaus gehen, ebenfalls nicht. Arbeitszeit bekomme ich nur über die Abrechnung der Fachleistungsstunden. Wenn mir z.b. ein Fall von Jugendamt weggenommen wird, dann mache ich minus Stunden auch wenn ich die entsprechende Zeit ins Büro gehen würde.
Das Jugendamt verhandelt mit allen Trägern gleich. Es kommt halt drauf an, was intern damit gemacht wird.

Klar werde ich weiterhin bezahlt, muss aber die Stunden irgendwann nachholen.

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #5 am: 22.09.2025 13:42 »
Ich kann zwei Beispiele nennen:

Letzte Woche Donnerstag. Erster Termin 9:15-10:45 = 117 Minuten Arbeitszeit. Dann 45 Minuten zum nächsten Termin gefahren eine Stunde Termin = 78 Minuten Arbeitszeit. Dann halbe Stunde ins Büro gefahren. War um 13 Uhr dort, Mittagspause und von 14:00 - 14:30 mit den JA telefoniert = 39 Minuten. Um 15:15 den nächsten Termin gehabt, Fahrzeit 25 Minuten. Termin 75 Minuten = 97,5 Minuten Arbeitszeit. Insgesamt eingetragene Arbeitszeit 5,525. Tatsächliche Arbeitszeit von 9:15 - 16-15 abzüglich Pause 6,5 Stunden.

Zweites Beispiel:
Heute war ich um 8:45 im Büro, habe über einen Bericht geschaut und dann von 9-11 Teamsitzung. Danach einen Termin über 1,5 Stunden und danach noch knapp 30 Minuten mit einem Kollegen über interne Abläufe gesprochen.
Arbeitszeit im System 117 Minuten. Tatsächlich dort gewesen 4,5 Stunden.

D-x

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #6 am: 22.09.2025 14:07 »
Abgesehen davon, dass das mit dem öD offenbar nur mittelbar zu tun hat (wenn ich das richtig verstehe, dass der Jugendhilfeträger sich hier und da am TVöD orientiert und eine Bezahlung entsprechend einer SuE-Entgeltgruppe vornimmt), scheint der Arbeitgeber sein eigenes Problem zu dem seiner Mitarbeiter*innen zu machen.
Das Erfordernis der Zeiterfassung insbesondere auch in Hinsicht auf das Mindestlohngesetz bezieht sich auf die "tatsächliche Arbeitszeit", siehe auch den Artikel bei Haufe.

Das was von Euch verlangt wird klingt vorsichtig gesagt zweifelhaft. Ich würde mich an Gewerkschaft und/oder Anwalt wenden.

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #7 am: 22.09.2025 14:28 »
Vertragswerk ist der TVöD. Nicht angelehnt an, sondern TVöD in allen seinen Ausführungen.

UNameIT

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #8 am: 22.09.2025 14:29 »
Denk dran, das du dich bei Arbeitszeitbetrug deines Arbeitgebers (der hier anscheinend stattfindet) strafbar machst. Ich würde hier definitiv einen Anwalt zu Rate ziehen.

D-x

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #9 am: 22.09.2025 15:04 »
Vertragswerk ist der TVöD. Nicht angelehnt an, sondern TVöD in allen seinen Ausführungen.
Was ist denn das für ein Arbeitgeber, bzw. welche Rechtsform hat dieser "Jugendhilfeträger"?

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #10 am: 22.09.2025 15:06 »
Wieso mache ich mich dabei strafbar? Der Arbeitgeber ist ein Verein und in mehreren Bereichen der Jugendhilfe tätig. Angegliedert an den paritätischen.

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #11 am: 22.09.2025 15:54 »
Ich habe jetzt nochmal Verdi kontaktiert. Danke schonmal für die Rückmeldungen, es darf gerne weiter diskutiert werden :)

erich148

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #12 am: 23.09.2025 14:59 »
Ich habe mit Verdi gesprochen. Sie sehen es im Grunde ähnlich. Fachleistungsstunden sind ein Abrechnungsmodell und kein Arbeitszeitmodell. Zudem ging es noch um Annahmeverzug und andere Dinge. Ich soll meine tatsächliche Arbeitszeit erfassen und den AG damit konfrontieren.

Alien1973

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Antw:Arbeitszeiterfassung
« Antwort #13 am: 24.09.2025 07:19 »
Einzig richtige Vorgehensweise.....

Alles andere würde mich stark wundern und ist alleinig das Problem deines AG.