Autor Thema: Stellenbesetzung: gewählte Kandidat zieht nach einschüchterung seine Zusage zurü  (Read 3490 times)

Mauli2025di

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Im September fand ein Vorstellungsgespräch zur Nachbesetzung der Stelle des Stadtbautechnikers statt. Zwei qualifizierte Bewerber wurden dem Gemeinderat vorgestellt. Einer war Favorit des Bürgermeisters und einer Fraktion, der andere war dem Gremium unbekannt, überzeugte aber im Gespräch. Der Gemeinderat entschied sich mehrheitlich gegen den Favorit des Bürgermeisters.
Der Bürgermeister übermittelte dem gewählten Kandidaten die Zusage, die dieser telefonisch und per E-Mail bestätigte. Am Folgetag rief der Bürgermeister den Kandidaten erneut an und äußerte, dass bei unzureichender Leistung eine Freistellung in der Probezeit möglich sei und der Schwerpunkt der Stelle doch anders sei wie ausgeschrieben. Diese Aussage verunsicherte den Kandidaten so stark, dass er seine Zusage zurückzog.
Daraufhin erhielt der ursprünglich favorisierte Bewerber des Bürgermeisters die Stelle.
Der abgelehnte Kandidat wandte sich vertraulich an mich als Personalratsvorsitzenden und schilderte den Vorgang. Nun bin ich mit der Situation konfrontiert und suche dringend Rat.

Schmitti

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Am Folgetag rief der Bürgermeister den Kandidaten erneut an und äußerte, dass bei unzureichender Leistung eine Freistellung in der Probezeit möglich sei und der Schwerpunkt der Stelle doch anders sei wie ausgeschrieben. Diese Aussage verunsicherte den Kandidaten so stark, dass er seine Zusage zurückzog.
Ich versteh gerade nicht, was bitte soll denn an so einer Aussage überhaupt dermaßen verunsichernd sein?

shorets

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Ohne weitere Details zu kennen nennst du hier folgende Punkte, die der Bürgermeister wohl angesprochen haben soll:

1. Kündigung in der Probezeit
2. Anderer Tätigkeitsschwerpunkt auf der Stelle

Zu 1:
Ich kann nur annehmen, der Bürgermeister hat betont, dass man während der Probezeit als Angestellter eben durchaus gekündigt werden kann. Fehlende Leistung ist da sicherlich ein wichtiger Faktor. Das ist jetzt erst einmal nur eine Feststellung einer üblichen Regelung nach Tarifvertrag. Natürlich betont man das in der Regel nicht so früh, aber solange der Bürgermeister jetzt nicht klar und aggressiv gedroht hat sehe ich da kein großes Problem. Das ist ja, rein neutral betrachtet, einfach nur eine Information zur Sachlage "Probezeit."

Zu 2:
Das finde ich etwas interessanter, denn da kommt es vor allem darauf an, was in der Stellenbeschreibung steht. Wenn dort klar ein bestimmter Schwerpunkt für die Tätigkeit steht und jetzt ist das ein ganz anderer, dann sehe ich das als potentiell problematisch. Wenn es der Unterschied zwischen "social media manager" und "IT backend" ist dann ist das schon weit auseinander, aber wenn die Schwerpunkte jetzt inhaltlich oder fachlich doch sehr nah aneinander liegen, dann sollte das kein Problem sein.

So wie du die Sachlage beschreibst, aus deiner Sicht, klingt das natürlich sehr schief und jeder kann sich denken warum der Bürgermeister diese Informationen im Gespräch genannt hat. So oder so wird es sehr schwer zu beweisen, dass Einschüchterung stattgefunden hat. Dafür benötigt es entsprechende Beweise. Wenn der Kandidat die Zusage nicht zurückgezogen hätte, dann hätte man sicherlich schauen können wie man mit einer möglichen Kündigung umgeht (auch in der Probezeit ist das jetzt nicht super einfach) und ob die spontane Änderung des Schwerpunktes konform mit der Stellenausschreibung und der Tätigkeitsbeschreibung ist.

Schokokeks

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... und suche dringend Rat.

Und welcher wäre das?
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... und suche dringend Rat.

Und welcher wäre das?

Das ist eine richtige Frage - wohin soll die Reise gehen? Der ursprünglich gewählte Kandidat ist abgesprungen, es bleibt nur noch einer übrig.

MaLa

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Wenn sich der Tätigkeitsschwerpunkt so dermaßen geändert hat, müsste man ggf. schauen ob man die Stelle erneut ausschreibt, mit dem geänderten Profil.

Mauli2025di

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Der Bürgermeister hat bewusst versucht, den gewählten Kandidaten zu verunsichern, damit dieser absagt und sein Favorit nachrücken kann – so die Einschätzung des Personalrats, nachdem wir mit dem gewählten Kandidaten telefoniert hatten. Dieser empfand den zweiten Anruf des Bürgermeisters als Drohung und zog daraufhin seine Zusage zurück. Die Schilderung des Telefonats sowie das vom Bürgermeister vermittelte „Drohpotenzial“ liegen dem Personalrat nun schriftlich vor. Vermutlich war der Bürgermeister mit dem Ergebnis im Gemeinderat nicht einverstanden und konnte so seinen Favoriten zurückgewinnen.
Wir überlegen nun, die Kommunalaufsicht einzuschalten, um den Vorgang prüfen zu lassen. Wir sehen hier ein rechtswidriges Verhalten und eine Umgehung des Gemeinderatsbeschlusses.

Sjuda

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Selbst wenn die Vermutung zutrifft und der Bürgermeister tatsächlich aus der ihm unterstellten Motivation heraus gehandelt haben sollte, stellt sich die Frage, ob man ihm das auch nachweisen kann.

Wenn sich aus der Auswertung des Telefongespräches keine weiteren "belastenden" Anhaltspunkte ergeben, ist die Ausgangslage relativ dünn.

Der Hinweis auf die Probezeit ist, wenn auch vielleicht nicht üblich, nicht zu beanstanden.

Was den geänderten Aufgabenschwerpunkt anbelangt, so könnte man die Frage stellen, ob sich die Änderungen wirklich erst nach den Vorstellungsgesprächen ergeben haben. Undenkbar ist es jedenfalls nicht. Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen würde, das Verfahren hätte abgebrochen und die geänderte Aufgabe neu ausgeschrieben werden müssen, so stellt sich mit Blick auf den abgesprungenen Kandidaten die Frage, inwieweit ihm das helfen würde. Da er seine Zusage aufgrund des geänderten Aufgabenzuschnitts zurückgezogen hat, ist davon auszugehen, dass er sich auf eine erneute, dann abgeänderte Ausschreibung nicht mehr bewerben würde.
Interessant ist hier m. E. lediglich, ob der geänderte Aufgabenschwerpunkt in der Praxis auch tatsächlich wirksam wird. Auch der vom Bürgermeister favorisierte Kandidat müsste nun mit der Änderung konfrontiert werden.

Unter dem Strich haben wir zwei Aussagen, die für sich genommen unkritisch sind. Der Bewerber hat seine Zusage von sich aus zurückgezogen. Somit war der Ratsbeschluss gar nicht mehr umzusetzen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob für die Einstellung des Nachrückers ein neuer Beschluss erforderlich ist.

Welche konkreten Rechtsverstöße sieht denn der Personalrat?

ich1974

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Darf denn aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses überhaupt der zweite Bewerber eingestellt werden? Oder gab es nur einen Beschluss, dass Nummer 1 eingestellt wird?

Mauli2025di

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Tatsächlich ja, der Wunsch wurde geäußert und mit knapper Mehrheit abgestimmt. Man wollte den Teufel nicht an die Wand malen aber auf Nummer sicher gehen, wunsch Bürgermeister. Daher macht es die Situation nicht einfacher.

ich1974

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Hinweise auf die Probezeit sechs Wochen bzw. sechs Monate und deren Kündigungsfristen gibt es bei uns sogar in den Vorstellungsgesprächen sowie die Entgeltgruppe und Stufe.

Schokokeks

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Warum beschäftigt sich überhaupt der Personalrat damit, wenn der Bewerber seine Bereitschaft zurückgezogen hat? Dies hat er bestimmt ebenso vorbildlich und gewissenhaft im Anschluss an das Telefonat dem Bürgermeister geschickt wie die Dokumentation seiner Zusage.

Wollt Ihr dem Bgm ans Bein pi**en oder was ist eure Intention dahinter?

Ich kann immer noch kein Ersuchen nach einem Ratschlag zu der Konstellation herauslesen...
Quereinsteiger mit Hang zum Monk

KaiBro

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Wollt Ihr dem Bgm ans Bein pi**en oder was ist eure Intention dahinter?


Der Bürgermeister ist angepisst, weil der Gemeinderat nicht für seinen Favoriten gestimmt hat. Deshalb übt der Bürgermeister nun Druck aus. Der Bürgermeister sollte sich an demokratische Entscheidungen halten und nicht dagegen agieren.

Sickern solche Informationen an den Gemeinderat durch, was ich in diesem Fall hoffe, dürfte es das für den Bürgermeister gewesen sein. Das Vertrauen würde gegen 0 tendieren.

SozPädBW

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Dann hoffe ich für den Bürgermeister (nicht), dass dies an die Presse gelangt. Über Probezeit etc. einen Tag später nochmals telefonisch zu informieren, sollte eher durch das Personalamt übernommen werden. Der Bürgermeister hatte ein klares Ziel und dieses auf eine üble Art erreicht.

clarion

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Erstaunlicher Vorgang, auf jeden Fall mit Geschmäckle. Der unterlegene Kandidat sollte sich selbst an den Gemeinderat wenden.