Autor Thema: Rechtliche Unsicherheit  (Read 848 times)

TVBürgergeld

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Rechtliche Unsicherheit
« am: 25.11.2025 11:12 »
Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz lautet: „Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.“

§ 3 BeamtStG (Landesbeamte) und § 4 BBG (Bundesbeamte) bestimmen wiederum übereinstimmend zum Beamtenverhältnis:
„Beamtinnen und Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis).“

Verbindet man jetzt die Aussage der beiden Beamtengesetze mit der Vorgabe des Art. 33 Abs. 4 GG so ergibt sich folgende Aussage:

Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes = Beamten zu übertragen!

Durch die so getroffene Aussage ergibt sich ein Funktionsvorbehalt zugunsten von Beamten, denn nur diese stehen in dem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, um hoheitliche Tätigkeiten auszuüben muss man ein Beamter sein.

Ich bin Tarifangestellter, bin aber vollständig verantwortlich für die Erstellung (und Aufbewahrung) aller Steuerbescheide eines gesamten Bundeslandes.
Das heißt ich erstelle Bescheide im Namen eines Bundeslandes und habe Einsicht in jegliche (auch personenbezogenen Daten), sowie bin verantwortlich für die Archivierungsdauer (diese kann je nach Bescheid unterschiedlich sein).
Diese von mir erstellten Bescheide werden im Namen des Staates anschließend an die jeweiligen Stellen/Personen versendet.


Meine Fragen:

  • Darf ich das als Tarifbeschäftigter überhaupt? Ich stehe in einem Dienstverhältnis, allerdings in keinem Treueverhältnis.
  • Übe ich eine hoheitliche Tätigkeit aus?
  • Müsste diese Tätigkeit durch den Funktionsvorbehalt nicht ein Beamter ausführen?

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Antw:Rechtliche Unsicherheit
« Antwort #1 am: 25.11.2025 11:33 »
ja
eher egal
nein

So wie das Grundgesetz schon schreibt: "in der Regel", also sind auch Ausnahmen denkbar. Weiterhin würde es auch reichen, wenn deine Tätigkeit durch einen Beamten beaufsichtigt / überwacht wird. Und dein Chef, bzw. dessen Chef wird bestimmt Beamter sein. Insoweit musst du dir keine Gedanken machen.

TVBürgergeld

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Antw:Rechtliche Unsicherheit
« Antwort #2 am: 25.11.2025 11:46 »
Bei uns gibt es keinen einzigen Beamten.
Wir sind alle IT'ler als Tarifbeschäftigte, ebenso die Bereichs- und Abteilungsleitungen.

Organisator

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Antw:Rechtliche Unsicherheit
« Antwort #3 am: 25.11.2025 14:36 »
Bei uns gibt es keinen einzigen Beamten.
Wir sind alle IT'ler als Tarifbeschäftigte, ebenso die Bereichs- und Abteilungsleitungen.

Ihr handelt auch nicht hoheitlich (--> Servicebereich), von daher ist das unproblematisch.

MeTe

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Antw:Rechtliche Unsicherheit
« Antwort #4 am: 25.11.2025 16:00 »
Das ist ein leidiges Thema über das Juristen gerne und ausführlich debattieren können (meiner Erfahrung nach).

Unterm Strich lässt sich sagen, als ganz klar und eindeutig hoheitliche Aufgabe zählen meines Wissens eigentlich nur sehr wenige Bereiche, insbesondere Polizei, Justiz/-Vollzug und Teile der Finanzverwaltung (+ was ich vergessen habe...), eben z.B. wo unmittelbarer Zwang im Namen des Staates ausgeübt werden muss.

Alles andere, inklusive den allermeisten Tätigkeiten die heute üblicherweise mit Beamten besetzt sind, sind nicht eindeutig hoheitliche Aufgaben. Fast alle Tätigkeiten die heute von Beamten ausgeübt werden, könnten rechtlich auch von Angestellten ausgeübt werden. 

Dieses "Hoheitlich" ist schlichtweg rechtlich/juristisch gar nicht so eindeutig wie manche denken sondern muss erstmal juristisch ausgelegt und im Einzelfall geprüft werden. Abgesehen von dem oben benannten wie Polizei, ist erstmal fast nichts "eindeutig hoheitlich". Und selbst wenn festgestellt werden sollte, dass deine Aufgabe hoheitlich ist, findet sich immer noch das Wörtchen "in der Regel" im Gesetz, womit Ausnahmen von der Regel möglich sind. Und, wenn eine hoheitliche Aufgabe nur einen kleineren Teil deiner Tätigkeit umfasst, während der Großteil nicht hoheitlich ist - dann gilt das schon wieder als unproblematisch. (Alles basierend auf der Auskunft eines Juristen).

Kurzum, du glaubst gar nicht welche Aufgaben im "Staatsdienst" alles von "einfachen" Angestellten übernommen werden die als "hoheitliche Aufgabe" angesehen werden könnte. Als Beispiel: Die Bewachung von Bundeswehreinrichtungen - man könnte meinen eine hoheitliche Aufgabe - wird von (bewaffneten) Angestellten durchgeführt. Oder, obwohl alle das gleiche machen mit den gleichen Befugnissen und Aufgaben, sind es in einer Behörde es Angestellte, in der nächsten Beamte, in wieder einer anderen Angestellte und Beamte. Alles völlig normal.
« Last Edit: 25.11.2025 16:14 von MeTe »