Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H > TV-L
Regelung Dienstreisen-Arbeitszeit
MoinMoin:
--- Zitat von: Hart am 03.12.2025 09:38 ---
--- Zitat ---Eine Sache hab ich noch nicht verstanden:
bei uns gilt der Spruch "Reisezeit ist keine Dienstzeit".
Mitunter gibt es bei uns Dienstreisen, die übers WE gehen. Also: Entweder Sonntag los oder mal einen Vortrag am Samstag oder Sonntag.
Wie ist das korrekt zu handhaben? Der AG steht da auf dem Standpunkt: Keine Arbeitszeit. Das ist aus Arbeitnehmersicht nicht zu verstehen.
--- End quote ---
Hallo, Ich sehe das nicht so eindeutig wie MoinMoin. Reisezeit kann auch dann Arbeitszeit sein wenn der Reisende Beifahrer ist und nicht arbeitet oder einfach Zug fährt oder fliegt. ( Siehe Urteile VG Lüneburg Urt. v. 02.05.2023, Az.: 3 A 146/22 oder nun auch EuGH, Urteil vom 9.10.2025 – C-110/24)
Wichtig ist hier die genaue Beschreibung des Sachverhalts. Z.B. was wurde genau angeordnet. Wurde angeordnet das mit dem Firmwagen zum Einsatzort gefahren wird, dann ist dieses auch für den Beifahrer Arbeitszeit, denn er kann nicht frei über seine Zeit verfügen. Aber auch Arbeitnehmer die Regelmäßig zu Messen fahren müssen, ist die Reisezeit als Arbeitszeit anzunehmen da dieses ein fester Bestandteil ihrer Arbeit ist.
Gruß
Hart
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Ja, da hast du recht, aber der Umkehrschluss ist nicht richtig, dass durch dieses EUGh Urteil der Beifahrer automatisch auch Arbeitszeit hat. Das gilt doch "nur" wenn das Transportmittel, Abfahrts- und Ankunftsort und die entsprechenden Zeiten vom AG vorgegeben sind. du also über die Zeit nicht verfügen kannst.
Wenn du aber entscheiden darfst, mit welchem Zug du anreist oder wann du mit dem Auto losfährst, dann ist das Urteil wahrscheinlich nicht einschlägig.
Davon ab, Arbeitszeit beim EuGH heißt nicht dass diese auch zu vergüten ist. Es ist also eher nur für die Betrachtung im Sinne der ArbZG und nicht des TVs zu sehen. Leider.
Hart:
Hallo Moin Moin,
zum Thema Zug und Flugzeug usw. ist das Urteil aus Lüneburg interessant und insbesondere für diejenigen
Arbeiter wo Reisen praktisch zum Berufsbild gehört.
Es kommt auch entscheidend darauf an, welche Möglichkeiten für Arbeitnehmer bestehen, ihren persönlichen oder sozialen Interessen nachzugehen. EuGH, Urt. v. 9.3.2021, C-580/19 und C-344/19.
Auch Interresant dazu EFTA-Gerichtshof v. 15.7.2021 – E-11/20 "Die Reisezeit eines Arbeitnehmers, der anweisungsgemäß an einen anderen als seinen üblichen Arbeitsort reist, um dort Aufgaben zu erledigen, gelte als Arbeitszeit".
Zudem ist es auf einer Zugfahrt nur sehr eingeschränkt möglich, seinen persönlichen oder sozialen Interessen nachzugehen; dies folgt alleine schon aus den räumlichen Gegebenheiten was wieder analog als Beifahrer im Auto gilt.
--- Zitat ---Davon ab, Arbeitszeit beim EuGH heißt nicht dass diese auch zu vergüten ist. Es ist also eher nur für die Betrachtung im Sinne der ArbZG und nicht des TVs zu sehen. Leider
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Arbeitszeit ist doch in der Regel immer zu vergüten bzw. durch Freizeit auszugleichen, es gibt natürlich Berufe wo dieses durch Pauschalen als abgegolten gelten kann.
Auf jeden Fall bleibt dieses Thema ein heißes Thema bei den Betroffenen.
Gruß Hart
Rowhin:
--- Zitat von: Hart am 03.12.2025 11:53 ---Zudem ist es auf einer Zugfahrt nur sehr eingeschränkt möglich, seinen persönlichen oder sozialen Interessen nachzugehen; dies folgt alleine schon aus den räumlichen Gegebenheiten was wieder analog als Beifahrer im Auto gilt.
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Interessant. Genuine Frage: ist das deine Einschätzung, oder ergibt sich das aus einem der genannten Urteile?
Das würde ich persönlich nämlich ganz anders sehen. Wenn ich in der Bahn sitze, habe ich die Möglichkeit, ein Buch zu lesen, am Laptop was zu machen, aus dem Fenster zu starren...und dank einigermaßen funktionierendem WLAN in den ICEs durchaus sozialen Interessen nachzugehen. Zumindest mehr als als Beifahrer im Auto, so rein gefühlt.
Hart:
Hallo Rowhin,
--- Zitat ---Interessant. Genuine Frage: ist das deine Einschätzung, oder ergibt sich das aus einem der genannten Urteile?
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So Wortwörtlich steht es da nicht drin. Das ist tatsächlich meine Formulierung ;) Aber es ergibt sich meiner
Ansicht nach aus allen den Urteilen.
Folgende Zitate sind aus der Urteilsbegründung des VG Lüneburg
" Jedenfalls kommt es darauf an, wie frei der Arbeitnehmer hierbei über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 3.10.2000 - C-303/98 -, juris Rn. 50)."
"Unabhängig davon, dass es den Fahrern der Klägerin obliegt, ihre Zugfahrten selbst zu planen und ihnen damit keine bestimmte Zugverbindung vorgeschrieben wird, unterliegen sie während der Fahrtzeiten in vollem Umfang der Weisungsbefugnis der Klägerin. "
"Auch wenn die Fahrer der Klägerin während der Zugfahrten essen, trinken oder schlafen können, müssen sie sich außerhalb ihres familiären und sozialen Umfeldes aufhalten (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 3.10.2000 - C-303/98 -, juris Rn. 50; Urt. v. 9.9.2003 - C-151/02 -, juris Rn. 65) "
Das sind Zitate mit denen unter anderem das VG sein Urteil pro Arbeitszeit begründet hat.
Wir sind in einer Zeit wo sich die Bedingungen, zur Zeit, zu Gunsten der Arbeitsnehmer verändern. Das spiegelt sich auch in der Rechtsprechung wieder.
Es gibt aber kein "So und So ist das immer" ;)
Gruß Hart
Rowhin:
Herzlichen Dank!
--- Zitat von: Hart am 03.12.2025 12:39 ---Wir sind in einer Zeit wo sich die Bedingungen, zur Zeit, zu Gunsten der Arbeitsnehmer verändern. Das spiegelt sich auch in der Rechtsprechung wieder.
--- End quote ---
Dann wollen wir hoffen, dass diese Entwicklung uns so bleibt oder sich gar verstärkt :)
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