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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: SS2712 am 06.02.2024 10:00

Titel: Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: SS2712 am 06.02.2024 10:00
Hallo liebes Forum, auf der Suche nach einer Antwort bin ich auf dieses Forum aufmerksam geworden und habe mich gleich mal angemeldet. Leider habe ich nur einen fiktiven Sachverhalt in Bezug auf HomeOffice und Arbeitsleistung nicht erbracht gefunden, leider ist mein SV ein wenig anders und ich hoffe, es findet sich jemand, der mir helfen kann.
Ich habe folgenden (fiktiven?) SV:
Wir haben zwei Azubis mit festen Arbeitszeiten (keine Gleitzeit), die ab dem 1. Tag eine Krankmeldung vorlegen müssen. Nun ist es vorgekommen, dass sie unentschuldigt in der Berufsschule gefehlt haben. Besteht die Möglichkeit das Gehalt nach TVöD-VKA einzubehalten? Ich finde im Internet nur Infos zur Abmahnung nach unentschuldigtem Fehlen, allerdings nichts zum Lohneinbehalt.

Würde mich über Infos oder auch alternative Ideen freuen.

Einem Azubi wurde in der Vergangenheit ebenfalls Lohn einbehalten, da dieser AUBs aus dem Internet geladen hat mit einem nicht approbierten Arzt auf jener. Hier wurde eine Abmahnung gefertigt jedoch ohne die Info, dass der Lohn einbehalten wird, daher finde ich hier ebenfalls keine rechtliche Grundlage - gerade bei Azubis.

Vielen Dank vorab für Eure Mühe :)
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: TV-Ler am 06.02.2024 14:12
...
Besteht die Möglichkeit das Gehalt nach TVöD-VKA einzubehalten? Ich finde im Internet nur Infos zur Abmahnung nach unentschuldigtem Fehlen, allerdings nichts zum Lohneinbehalt.
...
Nach TVöD ist da sicher nichts zu machen, da dieser für ein Ausbildungsverhältnis nicht einschlägig ist.
Da Azubis auch keinen Lohn erhalten, sondern eine Ausbildungsvergütung und darüber hinaus diese Ausbildungsvergütung keine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung darstellt, könnte es hier schwierig werden. Will aber nicht ausschließen, das es mit der richtigen Begründung möglich ist.

Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: SS2712 am 06.02.2024 14:22
.. Will aber nicht ausschließen, das es mit der richtigen Begründung möglich ist.

Erstmal vielen Dank für die Korrektur und deine Antwort, dann werde ich mal schauen, wie ich es machen werde.
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Rentenonkel am 06.02.2024 14:30
In der Privatwirtschaft hat ein Freund von mir seinem Azubi für jeden unentschuldigten Fehltag einen Urlaubstag gestrichen.

Vielleicht wäre das auch eine überlegenswerte Strategie  ;D
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Organisator am 06.02.2024 14:42
In Tarifverträgen wird sicherlich nichts über das Einbehalten von Entgelten stehen. Ich würde da mal nach allgemeinem Arbeitsrecht schauen. Typischerweise wird Arbeit gegen Entgelt getauscht. Keine Arbeit --> kein Entgelt wäre da nur logisch.
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: TV-Ler am 06.02.2024 14:44
In Tarifverträgen wird sicherlich nichts über das Einbehalten von Entgelten stehen. Ich würde da mal nach allgemeinem Arbeitsrecht schauen. Typischerweise wird Arbeit gegen Entgelt getauscht. Keine Arbeit --> kein Entgelt wäre da nur logisch.
Wobei Azubis zum Zwecke der Ausbildung beschäftigt werden und gerade nicht, um eine Arbeitsleistung zu erbringen.
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Organisator am 06.02.2024 14:45
In Tarifverträgen wird sicherlich nichts über das Einbehalten von Entgelten stehen. Ich würde da mal nach allgemeinem Arbeitsrecht schauen. Typischerweise wird Arbeit gegen Entgelt getauscht. Keine Arbeit --> kein Entgelt wäre da nur logisch.
Wobei Azubis zum Zwecke der Ausbildung beschäftigt werden und gerade nicht, um eine Arbeitsleistung zu erbringen.

Ich korrigiere: Keine Ausbildung --> keine Ausbildungsvergütung ;)
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: TV-Ler am 06.02.2024 14:51
In Tarifverträgen wird sicherlich nichts über das Einbehalten von Entgelten stehen. Ich würde da mal nach allgemeinem Arbeitsrecht schauen. Typischerweise wird Arbeit gegen Entgelt getauscht. Keine Arbeit --> kein Entgelt wäre da nur logisch.
Wobei Azubis zum Zwecke der Ausbildung beschäftigt werden und gerade nicht, um eine Arbeitsleistung zu erbringen.
Ich korrigiere: Keine Ausbildung --> keine Ausbildungsvergütung ;)
Aus welchem Grunde?
Der Schaden liegt ja nicht beim Ausbildungsbetrieb, sondern beim Azubi. Der hat ja seine Zeit verschwendet und die Gelegenheit, etwas zu lernen, verstreichen lassen...
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Organisator am 06.02.2024 14:57
Aus welchem Grunde?

Pflichtverstoß, die im Rahmen der Ausbildung übertragenen Aufgaben und Verrichtungen auszuführen.
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: blondie am 06.02.2024 15:02
Es wäre sicherlich zu prüfen, ob da § 7 Entgeltfortzahlungsgesetz greift
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: TV-Ler am 06.02.2024 15:04
Aus welchem Grunde?

Pflichtverstoß, die im Rahmen der Ausbildung übertragenen Aufgaben und Verrichtungen auszuführen.
So könnte es funktionieren. Die Azubis sind heute ja vielfach eher lethargisch und gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Wenn sich der Azubi aber auf die Hinterbeine stellt, könnte ein Richter diesen Ansatz kassieren...
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Organisator am 06.02.2024 15:09
Es wäre sicherlich zu prüfen, ob da § 7 Entgeltfortzahlungsgesetz greift

nein, da laut Sachverhalt keine Erkrankung genannt ist.
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Organisator am 06.02.2024 15:11
Aus welchem Grunde?

Pflichtverstoß, die im Rahmen der Ausbildung übertragenen Aufgaben und Verrichtungen auszuführen.
So könnte es funktionieren. Die Azubis sind heute ja vielfach eher lethargisch und gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Wenn sich der Azubi aber auf die Hinterbeine stellt, könnte ein Richter diesen Ansatz kassieren...

Wenn das so wäre, würde ich mal eben 50 Ausbildungsverträge abschließen, Ausbildungsvergütung abgreifen und nicht erscheinen. Entstünde dem Ausbildungsbetrieb ja kein Schaden ;)
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Faunus am 06.02.2024 15:14
Ist  niemand mit Ausbildungereignungsschein und damit zwangsläufig mit einer (theoretisch) vorhandenen  arbeitspädagogischen Fähigkeit in Eurem Laden und damit auch rechtl. Wissen?

Wenn es das erste Mal war, sind die vorgeschlagenen Reaktionen auf ein einmaliges unetschuldigtes Fehlen in der BS m.M. nach völlig überzogen und arbeitspädagogisch destruktiv.

1. Maßnahme immer bei einmaligen, unentschuldigten Fehlen: Gespräch mit Aufzeigen des Vertrags-/Vertrauensbruchs samt  möglicher rechtlicher Konsequenzen. Wie weit man im Gespräch aufdreht, hängt auch vom Azubi ab.

Ein einmaliges  "Blaumachen" habe ich früher unter "Sturm und Drang" eingeordnet mit entsprechender "Gardinenpredigt geahndet". Weiter musste ich als Ausbilder nie gehen.
In den 3 Ausbildungsjahren machen Azubis eine unglaubliche Veränderung durch mit anfänglichem 1/2 Kinder mit Spieltrieb bis hin zu ernsthaften zielbewußten Erwachsenen, die Freude an ihrer Arbeit haben. Dieser Entwicklung sollte vor allem während der Ausbildungszeit Rechnung tragen.


BTW: Sind beide Azubis volljährig 18 oder über 21?
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: McOldie am 06.02.2024 15:19
Für Auszubildende gilt wohl der Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD).
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/oeffentlicher-dienst/tarifvertraege/auszubildende_bbig.pdf;jsessionid=C481526B0580B2C8D696EB05D1F00F23.live882?__blob=publicationFile&v=9
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Faunus am 06.02.2024 15:20
Müssen eigentlich alle MA in Eurer Dienststelle am 1. Fehltag eine AU vorlegen oder nur die Azubis?
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: TV-Ler am 06.02.2024 15:28
...
Ein einmaliges  "Blaumachen" habe ich früher unter "Sturm und Drang" eingeordnet mit entsprechender "Gardinenpredigt geahndet". Weiter musste ich als Ausbilder nie gehen.
In den 3 Ausbildungsjahren machen Azubis eine unglaubliche Veränderung durch mit anfänglichem 1/2 Kinder mit Spieltrieb bis hin zu ernsthaften zielbewußten Erwachsenen, die Freude an ihrer Arbeit haben. Dieser Entwicklung sollte vor allem während der Ausbildungszeit Rechnung tragen.
Wann war dieses "früher"?
Etwa, als 90% der Azubis ca. 16 Jahre alt waren und frisch von der Realschule kamen. Und nur eine kleine Minderheit bereits älter und irgendwelche Warteschleifen im Lebenslauf hatten oder Abitur hatten?

Heute sind es eher 10% ca. 16-jährige (mit Entwicklungspotential hinsichtlich ihres Charakters) und 90% haben diverse Schleifen und Dreher im Lebenslauf und sind irgendwo zwischen 20 und 25 Jahre alt, mit all den Problemchen, die ein bereits gefestigter Charakter so mit sich bringt...
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Faunus am 06.02.2024 15:37
Könnte 2/3 16-jährige und 1/3 Rest hinkommen mit  "früher" ;)

Heute habe ich Studierende.
Im 1. Sem erinnern diese mich sehr an Azubis im 1. Lehrjahr.
Im November die Mensa aufsuchen heißt auch jedes Jahr darüber zu staunen wie kindlich/kindisch unsere Erstsemester sind - oder es liegt daran, dass der Altersabstand immer größer wird  :o
Egal!
Allerdings sind unsere Studis im 7. Sem. dann "gut gereift" ;D
Titel: Antw:Lohnkürzung Azubi bei unentschuldigtem Fehlen
Beitrag von: Umlauf am 09.02.2024 09:31
Ganz genau, es gilt der TVöAD in seinen jeweiligen Ausprägungen mit genannten Verweisen auf den TVöD.

Auch in TV genannt und ganz wichtig:
Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Mal ein Auszug:
§ 10(2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.

§ 13 Verhalten während der Berufsausbildung
Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Sie sind insbesondere verpflichtet,
1. die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
2. an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die sie nach § 15 freigestellt werden,
3. den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildenden, von Ausbildern oder Ausbilderinnen oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden,
4. die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
5. Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
6. über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren,
7. einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen.

§ 15 Freistellung, Anrechnung

(1) Ausbildende dürfen Auszubildende vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigen. Sie haben Auszubildende freizustellen
1. für die Teilnahme am Berufsschulunterricht,
2. an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche,
3. in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen,
4. für die Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen außerhalb der Ausbildungsstätte durchzuführen sind, und
5. an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht.
Im Fall von Satz 2 Nummer 3 sind zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden wöchentlich zulässig.
(2) Auf die Ausbildungszeit der Auszubildenden werden angerechnet
1. die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1,
2. Berufsschultage nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit,
3. Berufsschulwochen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 mit der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit,
4. die Freistellung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 mit der Zeit der Teilnahme einschließlich der Pausen und
5. die Freistellung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit.
(3) Für Auszubildende unter 18 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz.

§ 19 Fortzahlung der Vergütung
(1) Auszubildenden ist die Vergütung auch zu zahlen
1. für die Zeit der Freistellung (§ 15),
2. bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn sie
a) sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt oder
b) aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen.