Autor Thema: [NI] Beamtenstatus in Kommunen nicht mehr konkurrenzfähig.  (Read 2703 times)

AVP

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In Niedersachen ist die Besoldung bekanntlich mit am schlechtesten.

Dies führt mittlerweile dazu, dass Verbeamtungen gerade in Kommunen (da hier der TVÖD gilt) überhaupt keinen Sinn mehr machen.

Zum einen wären hier natürlich alte bekannte Unterschiede vorhanden (Laufbahnprinzip statt Tarifautomatik, 40 statt 39 Stunden Arbeitszeit, keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Lohnentwicklung bis auf Klage bei Verfassungswidrigkeit, geringere JSZ).

Dazu kommen die am TV-L orientierten schlechteren und verspäteten Abschlüsse mit längerer Laufzeit.

Mal eine einfache Beispielrechnung von einem Beamten und Tarifbeschäftigten in einer Kommune mit gleicher Tätigkeit in A10 bzw. EG 10 (1. „Beförderungsamt“) mit 10 Jahren BE:

A 10 Stufe 6: brutto 44307 € ; netto (abzgl. 3.500€ PKV) 32941 €

EG 10 Stufe 5: brutto 67326 € ; netto 40148 €

Über 7000€ Unterschied.

A10 verheiratet mit 2 Kindern: brutto 49682 ; netto (abzgl. 4.000 € PKV) 36005 €

A10 in Endstufe nach ~30 Jahren: brutto 51038 ; netto (abzgl. 3.500 € PKV) 37388 €

Natürlich stehen bei den Beamten im nächsten halben Jahr noch Gehaltserhöhungen an, ABER der TVÖD läuft zum 31.12.2024 auch schon aus und wird dann ebenfalls neu verhandeln, noch bevor Niedersachen (TV-L) die +5,5% sehen.

Auch fraglich ob die Aussicht auf eine eventuelle Pension in X Jahren die Aussicht auf DRV und VBL hier so stark übertreffen kann um diesen Verlust aufzuholen.

AVP

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Tagelöhner

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Beamter hat bessere Aufstiegschancen und kann in der Regel 1-2 Beförderungen in seinem Arbeitsleben mitnehmen, meist ohne sich dafür sogar auf Funktionsstellen bzw. höhere Dienstposten bewerben zu müssen. Er muss dafür in aller Regel nur genug Sitzfleisch haben und darf sich keine Skandale leisten. Angestellte sind meist bereits zu Beginn EDEKA, außer es gibt sehr wohlwollende Vorgesetzte, die auch Angestellte fördern möchten.

Außerdem werden hier die sonstigen bekannten geldwerten Privilegien in dem für Beamte ausnahmsweise schlechten Beispiel ausgeklammert! Volle Bezüge im Falle längerer Krankheitsphasen, gute Absicherung von Familienangehörigen, Zuschläge für Ehe + Kinder die bei einigen Dienstherren inzwischen unverschämte Größenordnungen annehmen, bereits nach 5 Jahren Mindestpensionsanspruch von ich meine um die 1500€ pro Monat (bitte korrigieren, falls nicht mehr aktuell).

Ein Angestellter benötigt für den Fall seiner Berufsunfähigkeit einen Versicherungsschutz, der gerne mal 1000€ pro Jahr kostet, ist im Beamtenverhältnis alles mit drin.

AVP

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Die Kinderzuschläge wurden doch als Beispiel mit aufgeführt. Die sind in Niedersachsen sehr überschaubar und halt auch immer zeitlich begrenzt.

Bessere Aufstiegschancen kann ich nicht nachvollziehen. Der Großteil der Dienstposten und Arbeitsplätzen hat je eine feste Bewertung. Ausschreibungen richten sich fü gewöhnlich an beide Beschäftigtengruppen. EG 11 AP werden genau so häufig ausgeschrieben wie A11 DPs.

Krankenheldzuschuss sieht der TVÖD auch recht lange vor (quasi Lohnfortzahlung).

1.500€ Mindstalimentation ist jetzt auch nicht großartig über Bürgergeld (560€ + Miete und Krankenversicherung).

pfalzdumal

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Beide Systeme - Angestellten- und Beamtenverhältnis - haben jeweils Vor- und Nachteile, wie ich finde.

Im gewählten Beispiel verstehe ich allerdings nicht, warum E 10 mit A 10 verglichen wird und nicht mit A 11 - bei uns in der Kommune ist die Zuordnung verschoben, also so und dann wird allein dadurch schon die Rechnung eine ganz andere, denn A 11 und A 10 sind doch gut 250 bis 350 Euro mehr pro Monat ab einer entsprechenden Stufe mit längerer Erfahrungszeit.

E 9a - A 9
E 9b/c - A 10
E 10 - A 11
E 11 - A 12
E 12 - A 13

Sehe hier auch bei eigentlich allen Nachbarkreisen und Städten dieses System, dass A 10-E10 ausgeschrieben werden wird kenne ich nur aus dem benachbarten Saarland und da auch nur in Ministerium, also direkt vom Land...

MoinMoin

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Bei der Rechnung versteht man auch nicht was das für Menschen sind, die mit A10 in Pension gehen.
Der Karriereweg ist doch in beiden Systemen grundverschieden.
Und ich verstehe auch nicht, dass der Sinn einer Verbeamtung im Geld liegen soll, unabhängig davon, dass die Beamten in der Tat gut und verfassungskonform bezahlt werden müssen.

AKMS94

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Kann den Threadersteller schon absolut nachvollziehen und eigentlich zustimmen.. Klar, da gibts viele Punkte die man berücksichtigen muss.

Die Angestellten bei uns in NRW bekommen zusätzlich zu all den genannten Sachen außerdem Zuschuss zum Jobticket, wir Beamte nicht. Sind auch gute 300€ Mehrkosten für Beamte. Wie gesagt, gibt leider viele Unterschiede die man abwägen muss.

Das führte letztendlich dazu, dass nach der Ausbildung der Großteil der Auszubildenden meines Jahrganges sich aus finanziellen Gründen entschieden haben als Angestellter übernommen zu werden. Einige sind direkt auf E9 / A9 stellen gelandet.. Die hätten als Beamter sage und schreibe 6 Jahre warten müssen bis sie die A9 Besoldung bekommen hätten. Der Angestellte hat direkt die E9 bekommen. Ich will mir die Differenz zwischen A6 und E9 nicht anschauen.. Sind bestimmt mind. 300€ netto mehr. Über 6 Jahre!!

Warum der Beamte bessere Aufstiegschancen haben soll erklärt sich mir beim besten Willen nicht. Hier glauben einige anscheinend immer noch an die Priviligien der Beamten aus den 90er.


AVP

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Die Besoldungs- und Entgeltgruppen lassen sich natürlich nicht 1:1 vergleichen. Die Entgeltgruppen ergeben sich aus von den Tarifvertragsparteien verhandelten Tätigkeitsmerkmalen. In der Dienstpostenbewertung ist der Dienstherr deutlich freier und zusätzlich muss er einen Dienstposten auch nicht entsprechend der Bewertung vergüten. Wenn keine freie Planstelle vorhanden ist gibts halt keine Beförderung und ein Anspruch suf Beförderung besteht ebenfalls nicht.

Schaut man aber in die Bundesbesoldung (die mit dem TVÖD praktisch „verzahnt“ ist), dann merkt man schon dass eigentlich Gehaltstechnisch schon eher eine Orientierung von A10 und EG 10 angedacht ist.

In A10 BBesO mit 10 Jahren BE (Stufe 4) beträgt die Nettoalimentation (PKV abgezogen):

Ledig: 36.500 €
Verh. 2 Kinder: 43.800 €
Endstufe ledig: 45.250 €

Hier besteht also durchaus eine Art Gleichgewicht zwischen A10 und EG10.

Und wenn wir in Nds. mit A 11 und gleichen Parametern rechnen:

Ledig: 35.800 €
Verh. 2 Kinder: 38.800 €
Endstufe ledig: 41.030 €

Also auch in A 11 liegt die Besoldung in Nds. sowohl unter der Bundesbesoldung in A 10 als auch unter der EG 10 TVÖD VKA, selbst mit 2 Kindern.

Erst nach vielen vielen Jahren in der Endstufe kann man ca. mit EG 10 Stufe 6 gleichziehen.

Nach meinem Verständnis war die Verbeamtung eigentlich mal ein Attraktivtätsfaktor. Etwas auf das man hingearbeitet hat. Aber das ist offensichtlich nicht mehr wirklich der Fall. Solange man nicht vor hat sehr viele Kinder zu bekommen oder möglichst oft und viel krank zu sein wird man wohl mit einer Tarifanstellung besser fahren. Eine Stunde mehr Arbeitszeit pro Woche bedeutet übrigens ca. 1 Jahr längere Lebensarbeitszeit übers gesamte Dienstleben.

EdekaA11

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Die Besoldungs- und Entgeltgruppen lassen sich natürlich nicht 1:1 vergleichen. Die Entgeltgruppen ergeben sich aus von den Tarifvertragsparteien verhandelten Tätigkeitsmerkmalen. In der Dienstpostenbewertung ist der Dienstherr deutlich freier und zusätzlich muss er einen Dienstposten auch nicht entsprechend der Bewertung vergüten. Wenn keine freie Planstelle vorhanden ist gibts halt keine Beförderung und ein Anspruch suf Beförderung besteht ebenfalls nicht.

Schaut man aber in die Bundesbesoldung (die mit dem TVÖD praktisch „verzahnt“ ist), dann merkt man schon dass eigentlich Gehaltstechnisch schon eher eine Orientierung von A10 und EG 10 angedacht ist.

In A10 BBesO mit 10 Jahren BE (Stufe 4) beträgt die Nettoalimentation (PKV abgezogen):

Ledig: 36.500 €
Verh. 2 Kinder: 43.800 €
Endstufe ledig: 45.250 €

Hier besteht also durchaus eine Art Gleichgewicht zwischen A10 und EG10.

Und wenn wir in Nds. mit A 11 und gleichen Parametern rechnen:

Ledig: 35.800 €
Verh. 2 Kinder: 38.800 €
Endstufe ledig: 41.030 €

Also auch in A 11 liegt die Besoldung in Nds. sowohl unter der Bundesbesoldung in A 10 als auch unter der EG 10 TVÖD VKA, selbst mit 2 Kindern.

Erst nach vielen vielen Jahren in der Endstufe kann man ca. mit EG 10 Stufe 6 gleichziehen.

Nach meinem Verständnis war die Verbeamtung eigentlich mal ein Attraktivtätsfaktor. Etwas auf das man hingearbeitet hat. Aber das ist offensichtlich nicht mehr wirklich der Fall. Solange man nicht vor hat sehr viele Kinder zu bekommen oder möglichst oft und viel krank zu sein wird man wohl mit einer Tarifanstellung besser fahren. Eine Stunde mehr Arbeitszeit pro Woche bedeutet übrigens ca. 1 Jahr längere Lebensarbeitszeit übers gesamte Dienstleben.

Da muss ich dir leider zähneknirschend Recht geben. Nach Abzug der PKV stellst du dich finanziell nicht besser als ein TVÖD VKA´ler -> außer mit vielen Kindern. Als Beamter einer größeren Kommune in NRW sind sehr viele Stellen E10 - A10, E11 - A11, E12 - A12, E13 - A13 etc. bewertet. Sowohl der Betriebsrat als auch die Personalstelle verweisen auf die Tätigkeitsmerkmale/Bewertung - da sind dir die Hände gebunden, wenn du dich verbessern willst. Und mit Ende 40 lässt man dich jedenfalls bei uns nicht ziehen. Mag sein, dass man beim Bund auch mit Ende 40 problemlos wechseln kann. In Kommunen ist das nicht so einfach, da muss man wirklich Glück haben oder noch Anfang/Mitte 20 sein. Im Nachhinein hätte ich eine Beamtenkarriere beim Bund gestartet -> da viel mehr Entwicklungs- und Wechselpotenzial besteht und auch hier nur ab A12 oder im hD. Im hD lohnt sich die Verbeamtung eigentlich in den meisten Fällen.