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[NI] Günstigkeitsprüfung nach §72 NBesG für Einstellung zw. 2011 und 2016
_restore:
Um die komplizierte Sachlage für alle mal etwas transparenter zu machen:
Am 01.01.2017 sagt das Gesetz: "Mach eine Günstigkeitsprüfung! Nutze dazu Anlage 5, um die Einstiegsstufe festzulegen!"
Jetzt drei Varianten...
Irgendwann nach dem 01.01.2017 antwortet der Verwaltungsbeamte:
Variante A: "Mach ich! Ah, in Anlage 5 steht Stufe 4, also Stufe 4!"
Variante B: "Hm... [setzt sich geistig zurück ins Jahr 2012]... verdammt, es gibt keine Anlage 5... [wartet geistig 5 Jahre] Ah, endlich! Der Gesetzgeber hat endlich Anlage 5 nachgereicht. Stufe 4!"
Variante C: "Hm... [setzt sich geistig zurück ins Jahr 2012]... verdammt, es gibt keine Anlage 5... nehme ich halt das nächstbeste... die 2012-Besoldungstabelle sieht zumindest so ähnlich aus, wie es Anlage 5 in 5 Jahren mal tut... woher ich das jetzt im Jahr 2012 schon weiß?! Keine Ahnung... egal. Stufe 3!"
2:1 für mich ;-) Nee ernsthaft. Variante C ist die einzige, die nicht Anlage 5 zur Bestimmung der Einstiegsstufe nutzt, obwohl das Gesetz in §25 Abs. 1 Satz 2 dies eindeutig vorgibt. Für mich handelt der Verwaltungsbeamte in Variante C also willkürlich. Eine rückwirkende Alternative zu Anlage 5 müsste es in meinen Augen nur geben, wenn es tatsächlich irgendjemanden zwischen 2011 und 2017 gab, der dies Problem auf dem Tisch hatte. Gab es aber nicht, da es die Günstigkeitsprüfung erst seit 2017 gibt.
SwenTanortsch:
Ich finde Deine Gedankengänge schlüssig und überzeugend - und genau deshalb ist es richtig, nicht nur Widerspruch einzulegen, sondern Deinen Fall auch gerichtlich prüfen zu lassen.
Ich glaube allerdings nach wie vor, dass in diesem Fall leider der Gesetzesvorbehalt greifen wird. Juristisch gesehen wird es wohl genau um die Sekunde zwischen dem 31.12.2016 und dem 01.01.2017 gehen. Denn es kommt nicht darauf an, wann die Günstigkeitsprüfung durchgeführt wurde, sondern auf welcher gesetzlichen Grundlage. Die Günstigkeitsprüfung ist ein ab dem 01.01.2017 vorhandenes juristisches Faktum, das auf den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 31.12.2016 angewandt werden soll. Die Prüfung konnte also nicht vor dem 01.01.2017 durchgeführt werden und von daher sollte der Zeitpunkt der Prüfung - sofern ihr Ergebnis dann rückwirkende Geltung hat, was in allen Fällen gegeben sein wird - unerheblich sein.
Die Komplexität der Thematik hat ihre Ursache letztlich in einem anderen Feld - und genau hier liegt vielleicht auch der zentrale Angriffspunkt, nämlich dass die verwaltungsrechtlich konstruierte Rechtslage erst nachträglich geschaffen wurde, indem durch Rückdatierung die tatsächlich seit 2011 juristisch bestehende Altersdiskriminierung für nicht vorhanden erklärt wurde (eben mit dem - wir sind in Niedersachsen, wie sollte es anders sein - Ziel der Regierungsmehrheit, anders als in den anderen betroffenen Ländern Besoldungsansprüche zu verhindern; genau deshalb, um die Erfahrungen der anderen Länder abzuwwarten, hat Niedersachsen so lange gewartet und dann als letzte Land die Neuregelung durchgeführt, sie dann rückwirkend in Kraft gesetzt). Die Rückdatierung der Rechtskraft ist solange juristisch möglich, solange es in keinem Fall zu einer Schlechterstellung auch nur eines Betroffenen kommt. Wenn es Dir und Deinem Anwalt gelänge, eine Schlechterstellung nachzuweisen, hätte das eventuell Auswirkungen für die vielen Widersprüche gegen die rückwirkende Neuregelung der Besoldungsregelung, die in Niedersachsen vorhanden sind. Denn damit würde dann eventuell das ganze Konstrukt der Rückdatierung ins Wanken geraten ("eventuell" und nicht "sicher" deshalb, weil der Einzelfall keine allgemein gültige Norm setzen muss und also auf dem Verwaltungsweg geändert werden kann, ohne dass das Gesamtgefüge geändert werden müsste). Von daher sollten auch die Verbände und Gewerkschaften Interesse an Deinem Fall haben.
Viel Glück - ich bin gespannt, wie die Sache weitergeht!
_restore:
Erstmal vielen Dank für deinen Beitrag, SwenTanortsch.
Habe mir aufgrund dessen doch nochmal ein bisschen mehr durchgelesen. Ich habe Gesetze bisher immer bei voris durchgelesen. Da steht als Anlage 5 immer die aktuelle Tabelle mit entsprechendem Gültigkeitsbeginn (ab 01.01.2017, ab 01.06.2017, ab 01.06.2018).
Jetzt habe ich mir nochmal dies hier durchgelesen:
https://www.niedersachsen.de/download/113907/Nds._GVBl._Nr._20_2016_vom_29.12.2016_S._307-372.pdf
Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt. Seriöse Quelle, will ich meinen 😉
Da stehen verschiedene Anlagen 5 drin.
Auf PDF-Seite 34 von 68 die Anlage 5 ohne ausgewiesen Gültigkeitsbeginn.
Auf Seite 48 und 54 dann noch zwei Anlagen 5 (mit Anführungsstrichen davor) mit Gültigkeitbeginn Juni 17 bzw. Juni 18.
Das sollte jetzt aber passen oder? Damit ist die Anlage ab 2011 gültig (es wird ja bei der Anlage extra auf den ab 2011 gültigen §25 verwiesen) und bei mir anzuwenden.
Natürlich nur zur Bestimmung der Einstiegsstufe, nicht zur Bestimmung der Besoldung (vgl. §§7,71).
In dem vorherigen Dialog entfallen somit Varianten B und C. Bei Variante A könnte sich der Verwaltungsbeamte ruhig geistig zurückversetzen, wäre egal.
Also Stufe 4 (plus die unstrittigen 1,5 Jahre Erfahrungszeit) oder?
SwenTanortsch:
Wie gesagt, die Sachlage ist komplex und aus verschiedenen Gründen, die wir zum Teil tangiert haben, kompliziert - und ich bin kein Jurist und habe mich nicht durch das gesamte Gesetz durchgearbeitet, was bei jedem Gesetz nötig ist, um zu einer die Rechtsverbindlichkeit abschätzenden Aussage zu kommen.
Die von Dir aufgeführte Tabelle auf der S. 34/340 gibt als Anlage zunächst die zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschluss am 20.12.2016 gültige und vom 01.06.2016 bis 31.05.2017 anzuwendende Besoldungstabelle wieder (sie war mit dem Haushaltsbegleitsbegleitsgesetz 2015 als Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2015/16 vom Landtag am 18.12.2014 beschlossen und mit der Veröffentlichung im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 30.12.2014 ab S. 477 ausgeführt worden).
Auf den weiteren Seiten (a) 48/354 und (b) 54/360 werden in Anlage die mit dem Besoldungsgesetz am 20.12.2016 beschlossenen Besoldungstabellen wiedergegeben, die (a) vom 01.05.2017 bis 31.05.2018 Gültigkeit hatte (bzw. aus Sicht des Dezembers 2016 Gültigkeit haben würde) und (b) ab dem 01.06.2018 bis heute gilt (bzw. aus Sicht des Dezembers 2016 Gültigkeit haben würde).
Damit wird typischerweise dem Verwaltungsakt Genüge getan, indem in Anlage auf entsprechende Rechtsgrundlagen verwiesen wird, die innerhalb des Gesetzes von Relevanz sind (Anlagen kreieren kein neues Recht, sondern geben vergangenes oder in der Vergangenheit beschlossenes Recht mit dem Ziel wieder, dass der Leser nicht erst umständlich nach den Rechtsgrundlagen suchen muss, auf die sich das neue Gesetz bezieht). Wenn ich es richtig verstehe (korrigiere mich, wenn ich einem Denkfehler unterliege; ich habe mich deutlich weniger mit dem Sachverhalt beschäftigt als Du), ist damit keine juristisch bindende Aussage über den Zeitraum vor dem 01.06.2016 gemacht worden, sodass m.E. - leider; denn ich würde Dir die Anrechnung der anderthalb Jahre sehr gönnen! - weiterhin der Gesetzesvorbehalt zu beachten sein sollte, also dass beim Fehlen eines Gesetzes Verwaltungshandeln ausgeschlossen ist. Auf dieser juristischen Grundlage müsste dann m.E. die Günstigkeitsprüfung entsprechend meiner Anmerkungen vom 06.03. erfolgen. Aber wie gesagt, das sind nur Vermutungen und womöglich habe ich Deine letzte Argumentation auch nicht richtig durchdrungen.
_restore:
Abwarten ::)
Gibt es denn hier - außer ME - noch jemanden, der auch schon einen Bescheid bekommen hat oder bekommen müsste? Das soll/muss ja von Amt wegen durchgeführt werden. Auf der NLBV-Homepage liest man:
"Das Ergebnis der Günstigkeitsprüfung wird Ihnen schriftlich vom NLBV mitgeteilt. Aufgrund der hohen Anzahl der betroffenen Personalfälle wird die Bearbeitung noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Sie brauchen Ihre diesbezüglichen Ansprüche nicht extra geltend zu machen. Die Vergleichsberechnung und ggf. Nachzahlung wird von Amts wegen vorgenommen."
Bei mir ist das nur ins Rollen gekommen, weil ich letzten Sommer mal angerufen habe, wann man denn etwa mit einem Ergebnis rechnen könne. Da wurde mir mitgeteilt, dass die Personalstelle noch keine Daten rübergeschickt hat. Ich also da angerufen und um Übermittlung gebeten. Die wussten von nichts (1,5 Jahre scheinbar nichts passiert).
Betrifft bei uns im Haus ca. 20 Kolleginnen und Kollegen (5 würden besser gestellt werden), bisher hat noch immer niemand einen Bescheid bekommen ???
Irgendwie merkwürdig...
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