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[Allg] freiwillig gesetzlich krankenversichert – Widerspruch Beitragsfestsetzung

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SwenTanortsch:
Zum 01.01.2018 wurde ein neues Beitragsbemessungsverfahren für freiwillig gesetzlich Krankenversicherte eingeführt, durch das die zunächst vorläufig zu entrichtenden Beiträge für ein Kalenderjahr auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheids dann rückwirkend endgültig festgesetzt werden. Nach dem Einreichen des Einkommenssteuerbescheids für das Jahr 2018 durch den Versicherten berechnet die Krankenkasse nun die zu entrichtenden endgültigen Beiträge. Da das Verfahren so jetzt zum ersten Mal angewendet wird, dürfte es noch fehleranfällig sein – auch verzeichnen die GKV‘en zum ersten Mal seit Jahren wieder deutliche Verluste, was eventuell die Attraktivität von Fehleranfälligkeiten (um‘s mal so zu bezeichnen) erhöhen könnte.

In dem Bescheid meiner GKV wurde – etwas vereinfacht ausgedrückt – nicht das gleichgestellte Arbeitseinkommen, sondern wurden die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit insgesamt zugrunde gelegt, d.h., dass die Werbungskosten nicht berücksichtigt wurden, da die GKV letztlich nicht den Einkommenssteuerbescheid, sondern weiterhin die – zur vorläufigen Beitragsbemessung nötigen, für die endgültige Beitragsfestsetzung aber nicht hinreichenden – Gehaltsmitteilungen zugrunde legte. Als Folge ergibt sich eine deutliche Differenz zwischen den von der GKV zugrunde gelegten und den offensichtlich tatsächlich zu beachtenden Einnahmen und also ein entsprechend überhöhter Mitgliedsbeitrag, der, da offensichtlich auf fehlerhafter Grundlage ermittelt, m.E. zu korrigieren ist.

Nun ist die Anzahl freiwillig gesetzlich versicherter Beamt*innen insgesamt verhältnismäßig überschaubar; andererseits dürfte sich ihre Zahl nicht zuletzt wegen der zunächst von Hamburg vollzogenen Öffnung der GKV, der mittlerweile augenscheinlich Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen gefolgt sind, sukzessive erhöhen.

Von daher würde mich interessieren, ob es weitere Kolleg*innen gibt, deren Bescheide fehlerhaft sind (was ich vermute); im Hinblick auf die nur einen Monat betragende Widerspruchsfrist stelle ich zugleich im nächsten Beitrag ein Musterwiderspruchsschreiben ein, das ggf. verwendet werden kann, das allerdings, da ich es nicht habe juristisch prüfen lassen, keine Rechtsberatung ersetzt; wer also gleichfalls betroffen ist, sollte ggf. einen juristischen Beistand kontaktieren. Sobald ich eine Reaktion der Krankenkasse erhalten habe, werde ich von dieser berichten.

SwenTanortsch:
Die mit eckigen Klammern gekennzeichneten Stellen müssen individuell ergänzt werden:

[Briefkopf]

Ihr Schreiben vom [.....]; Widerspruch gegen den entsprechenden Bescheid vom selben Tage



Sehr geehrter Herr [.....],

haben Sie vielen Dank für Ihr oben genanntes Schreiben und die darin enthaltene Beitragsberechnung für das Kalenderjahr 2018, mittels derer die für jenes Jahr geltende vorbehaltliche Beitragseinstufung aufgehoben und durch die abschließende Beitragsberechnung ersetzt werden soll, sowie die mittelbar damit zusammenhängenden Neufestsetzungen der vorbehaltlichen Bemessungen für den Zeitraum [.....: Daten laut Bescheid einfügen] des derzeitigen Kalenderjahrs, gleichfalls mittelbar fortwirkend, und zwar in das kommende Kalenderjahr. Gegen jene Berechnungen in ihrer Gänze und damit gegen den Bescheid in seiner derzeitigen Form und seinem daraus resultierenden Inhalt muss ich allerdings Widerspruch einlegen, da die vorgenommenen Berechnungen in Teilen nicht den gesetzlichen Rahmen beachten und von daher in ihrem Ergebnis formal und so dann auch inhaltlich fehlerhaft sind.

Der Widerspruch ergibt sich aus der zu beachtenden Rechtslage, die in Teilen nicht korrekt herangezogen und deshalb schließlich sachlich falsch angewendet wird, was sich wie folgt begründet:

Der endgültige Beitrag für eine freiwillig gesetzliche Krankenversicherung bemisst sich bei Beamten nicht auf Basis von Verdienstbescheiden, die in jedoch fehlerhafter Weise zur Berechnung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zugrunde gelegt werden (vgl. die Angaben zu den sonstigen Einnahmen für die jeweiligen Zeiträume ab dem [.....: Daten laut Bescheid einfügen] in der detaillierten Aufstellung zur Beitragsberechnung, die dem genannten Schreiben als Anlage beigefügt ist), sondern entsprechend nach dem für das betroffene Kalenderjahr geltenden Einkommenssteuerbescheid (vgl. § 240 (4a) 3 SGB V, vgl. a. entsprechend § 6a (2) 5 der Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung).

Als Folge des von der [.....: Name der GKV einfügen] vorgenommenen Heranziehens der Verdienstbescheide, nicht aber des gesetzlich vorgesehenen Einkommenssteuerbescheids liegt in der abschließenden Beitragsberechnung u. a. ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor; denn in den betreffenden gesetzlichen Regelungen erfolgt hier keine Differenzierung zwischen freiwillig gesetzlich versicherten Beamten und anderen Gruppen von freiwillig gesetzlich versicherten Beitragszahlern, wohingegen die [.....: Name der GKV einfügen] in ihrer vorgenommenen Berechnung fälschlicherweise differenzierend vorgeht.

Denn zwar betont § 7 (2) 1 der genannten Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung von verbeamteten freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung neben den sonstigen Einnahmen die zu erwartenden Bezüge, die also zur vorläufigen Ansetzung des Mitgliedsbeitrags verwendet werden sollen; auf deren Grundlage können allerdings nicht die endgültigen sonstigen Einnahmen erfasst werden, die zum Zeitpunkt der vorläufigen Bemessung in der Regel noch nicht in ihrer Gänze, auf jeden Fall noch nicht abschließend vorliegen, die jedoch bei Festsetzung des zu entrichtenden endgültigen Mitgliedsbeitrags im Sinne des vorletzten Absatzes per definitionem feststehen und folglich wie oben dargelegt anhand des Einkommenssteuerbescheids zu ermitteln sowie dann abschließend zugrunde zu legen sind. Eine weitere Differenzierung zwischen Beamten und anderen Gruppen freiwillig gesetzlich Versicherten ist aus den genannten Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu entnehmen und könnte auch nicht aus der sie begründenden Gesetzeslage abgeleitet werden, da hier weder ein solches Vorgehen begründende noch jenes zumindest entsprechend rechtfertigende Vorgaben gegeben sind, sodass ein solches Verfahren, wie es die [.....: Name der GKV einfügen] hier dann offensichtlich irrtümlich vollzieht, im gesetzlichen Rahmen nicht zur Anwendung gebracht werden kann.

Denn da die entsprechende Differenzierung zwischen den freiwillig gesetzlich versicherten Beamten und anderen Gruppen folglich gesetzlich nicht geboten, dahingegen diesbezüglich die genannte Gleichstellung gegeben ist, ist hier auch bei freiwillig gesetzlich versicherten Beamten ein horizontaler Verlustausgleich zu beachten, wie er auch bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen anzuwenden ist (vgl. u. a. das maßgebliche BSG-Urteil vom 20.03.2006 – B 12 KR 14/05 R – insbesondere Rn. 18 bzw. die seitdem vom BSG in diesem Sinne erfolgte ständige Rechtsprechung), der also entsprechend § 2 (2) i. V. m. §§ 8 bis 9a EStG sowie § 15 (1) SGB IV durchgeführt werden muss, um am Ende die tatsächlich erzielten sonstigen Einnahmen heranziehen zu können (vgl. a. § 3 (1) 1 i.V. m. § 3 (1a) und § 5 (2) sowie § 6 (3) 3 Nr. 1 der genannten Einheitlichen Grundsätze, die im Sinne der gegebenen Gleichstellung entsprechend anzuwenden sind), welche letztere dann durch die Anwendung der Verdienstbescheide in der von der [.....: Name der GKV einfügen] vorgenommenen Berechnung tatsächlich nicht beachtet wurden und anhand einer solchen fehlerhaften Anwendung wie oben dargelegt prinzipiell auch nicht beachtet werden könnten.

Von daher geht die von der [.....: Name der GKV einfügen] im genannten Schreiben vorgenommene Berechnung offensichtlich von unangemessen zu hohen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit aus, die sich für das Kalenderjahr 2018 laut genanntem Einkommenssteuerbescheid vom [.....] tatsächlich auf [.....: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach Abzug der Werbungskosten laut aktuellem Einkommenssteuerbescheid einfügen] Euro belaufen und nicht aber auf [.....: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor Abzug der Werbungskosten laut aktuellem Einkommenssteuerbescheid einfügen] Euro, wie sie von der [.....: Name der GKV einfügen] fälschlicherweise in der detaillierten Aufstellung zur Beitragsberechnung für das Kalenderjahr 2018 auf Grundlage des genannten fehlerhaften Heranziehens der Verdienstbescheide zugrunde gelegt werden.

Als Folge der auf falscher Grundlage erfolgten fehlerhaften Berechnungen ist die von der [.....: Name der GKV einfügen] vorgenommene Beitragssumme für das Kalenderjahr 2018 nicht korrekt, was durch die mittelbaren Zusammenhänge des letzten mit diesem und ggf. dem nächsten Kalenderjahr zu dem Ergebnis führt, dass der Bescheid als solcher in seiner Gesamtheit nichtig ist, sodass ich darum bitte, eine entsprechende Neuberechnung auf Basis der anzuwendenden gesetzlichen Grundlagen durchzuführen, die also die tatsächlich zu entrichtenden Beiträge für die zu betrachtenden Zeiträume ermittelt. Darüber hinaus wäre ich Ihnen für eine kurze Eingangsbestätigung meines fristgerechten Widerspruchs verbunden, die aus Arbeitsersparnisgründen gerne formlos und auch per Mail erfolgen kann.

In diesem Sinne verbleibe ich mit Dank im Voraus sowie

Mit freundlichen Grüßen

Muckel:
Maßgeblich sind die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor Abzug der individuellen Werbungskosten, diese (die Einkünfte) werden im Steuerbescheid auch entsprechend ausgewiesen. Wenn der Versicherte über weitere Einkünfte (aus freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit) verfügt, zählen auch diese zur Bemessungsgrundlage für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Ein Einspruch/Widerspruch erübrigt sich somit.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Muckel am 02.01.2020 11:20 ---Maßgeblich sind die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor Abzug der individuellen Werbungskosten, diese (die Einkünfte) werden im Steuerbescheid auch entsprechend ausgewiesen. Wenn der Versicherte über weitere Einkünfte (aus freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit) verfügt, zählen auch diese zur Bemessungsgrundlage für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Ein Einspruch/Widerspruch erübrigt sich somit.

--- End quote ---

Könntest Du Deine Aussage kurz anhand der Rechtslage belegen; m.E. sieht diese mit Blick auf die Beitragsbemessung, so wie ich das im Widerspruchsschreiben anhand der dort genannten Gesetzesstellen konkretisiert habe, sowohl bezüglich des von Dir nicht betrachteten Arbeitseinkommens als auch im Hinblick auf den gesetzlich geregelten horizontalen Verlustausgleich etwas anders aus (dass alle beitragspflichtigen Einnahmen - nicht nur das Arbeitseinkommen - des freiwillig gesetzlich Versicherten bemessen werden, ist ja klar, genau deshalb differenziert das Schreiben ja zwischen Bezügen und sonstigen Einnahmen; aber die Art der Bemessung gilt es doch, wie im Schreiben dargelegt, jeweils anhand der Gesetzeslage zu konkretisieren).

Ergo: Auf welche gesetzliche Grundlage beziehst Du Dich mit Blick auf die Beitragsbemessung konkret?

Muckel:
Maßgeblich sind mittlerweile übrigens alle Einkünfte, die zum Lebensunterhalt genutzt werden können.

Das Abziehen von Werbungskosten ist weder vorgesehen, noch gewünscht. Andernfalls würde ja neben der Einkommensteuererklärung auch noch für jedes Jahr eine Erklärung jedes einzelnen Mitgliedes gegenüber seiner Krankenversicherung erfolgen müssen, bei der dann die tatsächlich angefallenen Werbungskosten zum Ansatz bzw. Abzug kommen müssten. Die Krankenversicherungen erheben ihre Beiträge nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, also nach den jeweils erzielten (Brutto-)Einkünften vor Abzügen jedweder Art (Werbungskosten, Lohn- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung).

Weitere Informationen findest Du in den beiden nachfolgenden Informationsblättern:

https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/2018-11-28_Beitragsverfahrensgrundsaetze_Selbstzahler.pdf

§3 regelt hier ganz eindeutig, dass die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit maßgeblich sind! Werbungskosten dürfen lediglich und auch nur in begrenztem Umfang bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie den Kapitaleinkünften Berücksichtigung finden.

https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/2018-11-20_Katalog_Beitragseinnahmen.pdf

Du brauchst also keinen Einspruch/Widerspruch einzulegen.

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