Beamte und Soldaten > Beamte der Länder
[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
Feidl:
Oder Kredite aufnehmen, wie Habeck es möchte.
BerndStromberg:
--- Zitat von: Ytsejam am 21.08.2020 13:01 ---
--- Zitat ---
Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.
--- End quote ---
Nehmen wir einfach mal alle Beamten in ganz Deutschland, rund 2 Millionen. Gehen wir utopisch von 10.000€ mehr pro Jahr aus. Macht zusammen 20 Milliarden Mehrausgaben. Das ist doch (theoretisch) nix. Von der Sache her stellt sich die Frage auch gar nicht, es geht hier um das Erfüllen der verfassungsmäßigen Besoldung, ist doch schon ein Witz dass man überhaupt um so eine Grenze kämpfen muss.
Es fragt übrigens auch keiner, wie das Geld für Flüchtlinge, Hartz4, Corona und Co. aufgebracht wird. Es ist einfach da. Dann muss halt an anderer Stelle gespart werden.
--- End quote ---
Exakt so sehe ich das mittlerweile auch. V.a. sollte man mal die viel größere Summe berechnen, die der Staat durch die verfassungswidrig niedrige Besoldung der letzten 15 Jahre und damit durch ein riesiges Sonderopfer der Beamten gespart hat!
Auch das ist ja eine der Kernaussagen des BVerfG: Die Zeit der Sonderopfer ist vorbei. Wenn zukünftig bei den Beamten unterhalb der zulässigen Mindestalimentation gespart werden soll, dann nur noch im Rahmen eines finanziellen Gesamtkonzepts, zu dem dann auch die Beamten ihren Anteil (!) beizutragen hätten.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: BerndStromberg am 21.08.2020 14:39 ---
--- Zitat von: Ytsejam am 21.08.2020 13:01 ---
--- Zitat ---
Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.
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Nehmen wir einfach mal alle Beamten in ganz Deutschland, rund 2 Millionen. Gehen wir utopisch von 10.000€ mehr pro Jahr aus. Macht zusammen 20 Milliarden Mehrausgaben. Das ist doch (theoretisch) nix. Von der Sache her stellt sich die Frage auch gar nicht, es geht hier um das Erfüllen der verfassungsmäßigen Besoldung, ist doch schon ein Witz dass man überhaupt um so eine Grenze kämpfen muss.
Es fragt übrigens auch keiner, wie das Geld für Flüchtlinge, Hartz4, Corona und Co. aufgebracht wird. Es ist einfach da. Dann muss halt an anderer Stelle gespart werden.
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Exakt so sehe ich das mittlerweile auch. V.a. sollte man mal die viel größere Summe berechnen, die der Staat durch die verfassungswidrig niedrige Besoldung der letzten 15 Jahre und damit durch ein riesiges Sonderopfer der Beamten gespart hat!
Auch das ist ja eine der Kernaussagen des BVerfG: Die Zeit der Sonderopfer ist vorbei. Wenn zukünftig bei den Beamten unterhalb der zulässigen Mindestalimentation gespart werden soll, dann nur noch im Rahmen eines finanziellen Gesamtkonzepts, zu dem dann auch die Beamten ihren Anteil (!) beizutragen hätten.
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Genauso ist es, Bernd!
Bei NRW fällt mir sogleich das 2014 vom VerfGH NRW 2014 gekippte Besoldungsanpassungsgesetz 2013/14 ein, das für die BesGr. bis A 10 in Übertragung der Tarifverhandlungen für 2013 eine Besoldungserhöhung von 2,65 % und 2014 von 2,95 %, für die BesGr. A 11 und A 12 jeweils um 1 % und ab A 13 aufwärts sowie die Besoldungsordnungen B, R, C, H und W keine Besoldungserhöhung vorsah, sodass rund 80 Prozent der verbeamteten Beschäftigten für zwei Jahre nur eine sehr eingeschränkte bis gar keine Besoldungserhöhung erfuhren, was von dem damaligen Finanzminister (der heute gänzlich vergessen ist, von dem hat man nie wieder was gehört, wenn ich mich recht entsinne) Norbert Walter-Borjans wie folgt begründet worden war:
„Das ist uns alles andere als leicht gefallen. Ich stehe zu der schon mehrfach zitierten Auffassung, dass der öffentliche Dienst auch in Zukunft attraktiv bleiben muss und dass wir ein Interesse daran haben müssen, dass Menschen, die im öffentlichen Dienst ihre Arbeit tun, dafür auch anständig entlohnt werden. […] Wir müssen sagen, was geht und was nicht geht […] Die komplette Übertragung des Tarifergebnisses hätte das Land bis 2014 mit rund 1,3 Milliarden € mehr belastet. […] Die eingeschränkte Übertragung des Tarifergebnisses hat deshalb mit mangelnder Wertschätzung für die Arbeit der Beamtinnen und Beamten nichts zu tun […] es geht hier nicht darum, dass das, was wir vorschlagen, alternativlos ist, sondern schlicht und ergreifend darum, dass alle Alternativen schlechter gewesen wären.“ (Plenarprotokoll 16/31 v. 15.5.2013, S. 2668).
Und weil er sagen wollte, was geht und was nicht geht, sagte er nicht, dass in NRW die Nettoneuverschuldung von 2013 nach 2014 wie geplant um eine Milliarde Euro sinken würde (https://www.finanzverwaltung.nrw.de/de/pressemitteilung/neuverschuldung-sinkt-auf-24-milliarden-euro) und dass NRW von 2000 bis 2012 pro Jahr durchschnittlich rund 2,4 Milliarden bei der Beamtenbesoldung und -versorgung eingespart hatte, was in dreizehn Jahren einer stattlichen Summe von 31,2 Mrd. Euro entsprach, weshalb das Land in bekannter Fürsorge auch nicht die Tarifbeschäftigten vergessen hatte. In bekanntem Bemühen um eine stetig anständige Entlohnung wurde zusammengefasst:
„Davon entfallen u.a. auf die Minderung der Sonderzahlung ca. 1 Mrd. Euro, Wegfall des Urlaubsgelds ca. 63 Mio. Euro, Änderungen bei der Beihilfe ca. 125 Mio. Euro, Verlängerung der Arbeitszeit für Beamtinnen und Beamte ca. 325 Mio. Euro, Minderung der Anwärterbezüge ca. 50 Mio. Euro sowie auf Rechtsänderungen im Versorgungsbereich rund 500 Mio. Euro. [Absatz] Diese Rechtsänderungen im Rahmen der Beamtenbesoldung und -versorgung sind jedoch keine Schlechterstellung der Beamtinnen und Beamten gegenüber den Tarifbeschäftigten des Landes. Vielfach entsprechen die Rechtsänderungen denen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. zeichnen Änderungen im Tarifbereich nach.“ (vgl. Vorlage 16/820 vom 19.4.2013, darin 8. Sitzung des Unterausschusses „Personal“ des Haushalts und Finanzausschusses, S. 1; vgl. a. Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen v. 1.7.2014 – VerfGH 21/13 – Rn. 4)
Und deshalb liiiiebe ich es einfach, wenn Politiker von der Wertschätzung des öffentlichen Dienstes sprechen, und kann das nicht oft genug hören…
„Bei aller Freude über das Erreichte müssen wir weiter für einen starken, attraktiven und zukunftsfähigen öffentlichen Dienst des Bundes sorgen. Wichtig ist die Wertschätzung über das Finanzielle hinaus.“ (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/interviews/DE/2019/12/zukunft-oed-namensartikel-faz.html)
Oder wie es der damalige niedersächsisches Finanzminister 2016 so schön auf den Punkt brachte:
„Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst erfüllen zweifellos eine wichtige Aufgabe und verdienen Wertschätzung auch in Form von Gehaltssteigerungen. Allerdings müssen die Forderungen auch erfüllbar sein – und an diesem Punkt müssen wir die Realität akzeptieren“. (https://www.mf.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/schneider-jeder-zweite-euro-an-steuereinnahmen-fliet-in-personalausgaben-149399.html)
Und wenn wir als Beamte die Realitäten alle brav mit akzeptieren, geht's dem Staat auch bald wieder ganz schnell ganz ganz viel besser. Die unbezahlten Überstunden von Lehrkräften an Gesamtschulen, Grundschulen und Gymnasien liegen übrigens hier in Niedersachsen seit Regierungsantritt der Regierung Weil II bei knapp 18 Mio (https://www.gew-nds.de/gute-arbeitsbedingungen/ueberstunden-uhr/) und das ist auch gut so, denn je mehr sie unbezahlt Überstunden machen, desto weniger haben sie Zeit, ihre ihnen nicht gewährte amtsangemessene Alimentation auszugeben. Das nennt man nachhaltiges Wirtschaften.
Fahnder:
Hallo SwenTanortsch,
vielen Dank für Ihre umfangreichen und aus meiner Sicht wirklich substantiellen Ausführungen. Ich verfolge die rechtliche Situation seit 2015, habe jedoch nicht im Ansatz mit diesem Ergebnis gerechnet. Es klingt für mich unglaublich, dass das BVerfG monetär deutlich über die Urteile des BVerwG und der weiteren Instanzen hinaus gegangen ist (Sie haben sich ja bereits bei Herrn Voßkuhle bedankt). Insbesondere der umfassende und damit höhere Ansatz der Wohnkosten wird in den Ministerien und Ausschüssen Kopfschmerzen bereiten.
Ich versuche im Moment, etwaige Auswirkung auf mein Bundesland nachzuvollziehen, da ich im letzten Jahr zum Glück noch rechtzeitig Widerspruch für 2019 einlegen konnte und für 2020 dies abhängig von der weiteren Entwicklung noch tuen werde. Die meisten Parameter sind ziemlich gut zu recherchieren (Regelsätze, Besoldung, Steuer, Kindergeld, Mindestbetrag, usw.) bzw. anhand des Sachverhaltes in Berlin zumindest ohne größere Unsicherheiten zuungunsten der Beamtenschaft zu schätzen (Pkv, Heizkosten, Teilhabeleistung, ...).
Die große Unbekannte sind m. E. die Unterkunftskosten. Wie Sie auf Seite 15 festgestellt haben, wurden die Unterkunftskosten laut BVerfG im Gegensatz zum BVerwG in Höhe von genau 50 % bzw. 58,8 % über den im WoGG festgelegten Werten ermittelt. Das BVerfG schreibt jedoch dazu, dass man die Daten seitens der Bundesagentur erhalten habe und diese 95 % aller Fälle einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft im Bundesland abdecken sollte. Heißt das nun, dass man die Wohnkosten generell dadurch ermitteln kann, dass man die höchste Mietstufe im Land laut WoGG um 50 % erhöht oder handelt es sich hierbei um einen großen Zufall?
Wenn es wirklich so einfach sein sollte wäre eine Alimentationsberechnung für jedes Bundesland in Minuten zu erledigen, ich kann mir dies jedoch kaum vorstellen. Wie sehen Sie das?
WasDennNun:
--- Zitat ---Du gehst im Moment noch davon aus, dass es möglich ist,
„Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 .… [zu setzen]
Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.“
Wenn das so möglich wäre, wäre Deine Folgerung richtig, nämlich dass am Ende „etwas rauskommen, was den Fam mit Kinder sehr zu gute kommt und dem Rest wird minimal in Richtung RestderWelt nachgeholfen“.
Allerdings ist die Ausgangsprämisse so nicht möglich, da es nicht einen für die verschiedenen Gruppen unterschiedlichen Ausgangspunkt gibt, von dem aus die Besoldungsberechnungen starten können, weshalb sich letztlich juristisch auch gar nicht die Frage stellt, ob ein Single die amtsangemessene Alimentation erreicht oder nicht – denn diese und alle ähnlichen Fragen sind innerhalb der Besoldungssystematik nicht vorgesehen; insofern haben sie juristisch gesehen keine Relevanz und entfalten von daher keine praktische Bedeutung.
--- End quote ---
Obiges ist von mir unglücklich gewählt.
Grundsätzlich muss das neue Besoldungsmodell ja eben für "alle" Varianten (mit / ohne Partner 0-10 Kinder) in der A5S1 den 115% Abstand waren.
Dazu gibt es 2,5 Steuerungskomponenten Grundbesoldung (also Single) und Famzuschlag (abgestuft nach Kinder)
Drum müßte es heißen:
Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4) = Grundbesoldung GB
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 = GB plus VAufschlag (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 .… = GB plus VAufschlag + Kindaufschlag ....
Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.“
Von diesem GB ist "leicht" die entsprechende Besoldung nach oben errechenbar, so dass die Abstände amtsangemessen bleiben, die VAufschläge und K Aufschläge können gleich bleiben (oder mitnem Amtsangemessenheitsfaktor versehen werden).
Davon ausgehen, kann jetzt der Staat jedem 1 € mehr GB gönnen (da GB so scheint es mir immer diese Kriterium erfüllt) und bei VA und KA ordentlich druflegen, damit diese Frechheit geheilt wird.
Fraglich ist, ob VA und KA nicht mit dem Stufenanstieg abgeschmolzen werden kann (denn was ist eigentlich die Grundgesetzliche Bedingung, dass es einen Stufenanstieg geben muss), man bliebe ja über dem +115% Niveau :-[
Frecherweise könnte der Staat möglichweise ja auch feststellen, dass er den GB absenken (oder einfrieren) kann, da diese ja wesentlich höher ist als er sein müßte *kotz*
Natürlich nur wenn man eben vom Leitbild GB muss für 4 Kopffamilie reichen abkehrt, was aufgrund der jetzigen Lebensrealitäten sicherlich begründbar ist.
Und ob es überhaupt einen VK geben muss, dass kann sicherlich auch noch diskutiert werden. Wenn der Beamte 3 Jahre vollen Sold bei Freistellung für die ersten 3 Jahre der Kinder bekommt, dann braucht der Partner ja kein Geld vom ihm zum Leben.
Also da ist einiges an Musik drin und ich sehe nicht, dass da für die geänderte Besoldung so viel rausspringen muss.
Denn die Grundbesoldung für den Single scheint ja in der jetzigen Höhe nicht illegal zu sein.
Bitte nicht falsch verstehen: Bin nur gedanklich Advocatus Diaboli
Und sehe es als ne Frechheit an, dass Beamte mit Kinder H4 Niveau haben (können)
Es ist halt der historische Stellschraubenfehler, der sich jetzt ändern wird.
Insbesondere muss der Dienstherr ja auf keinen Fall die Grundbesoldung der höchsten Stufe ändern und kann dieses evtl. einfrieren (oder?) Also eine horizontale Stauchung ist doch denkbar oder spricht hier GG mäßig was dagegen.
Und auch für den oben nicht in der GB integrierten denkbare Faktor Wohnkosten sind es ja nur einfache Rechenspiele, wenn man Dienstortbezogen Mietkosten festlegt.
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