Beamte und Soldaten > Beamte der Länder

[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Pseudonym:

--- Zitat von: BStromberg am 30.08.2020 11:35 ---
--- Zitat von: was_guckst_du am 29.08.2020 17:31 ---@Chrisdus

...weil es nicht mehr finanzierbar wird und weil die Schere zum Tarifbereich im öD zu weit auseinandergeht...da kommt man schnell auf den Gedanken, mal die Verfassung zu ändern...

--- End quote ---

Kommt doch eh!

In einer Dekade gibt es die Urkunde höchstens noch für den unmittelbaren Staatsdienst und die Eingriffsverwaltung! Ob ich das gut oder schlecht finden soll... keine Ahnung?!

--- End quote ---

Sie wurde in der Vergangenheit aber teilweise auch inflationär ausgehändigt. TB mit den Versorgungsmodalitäten der Beamten (per TV und nicht per Verhandlung) und ich würde auf die Urkunde verzichten. Sofort.

Im Nachbarland Österreich gibt es seit vielen Jahren den sog. "Pragmatisierungsstop". Die bauen ab wo immer möglich und konzentrieren sich auf im Kern hoheitliche Aufgaben.

https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/fakten/bundespersonal/bedienstete/index.html

micha77:

--- Zitat von: kommunalbeamter91 am 29.08.2020 23:43 ---
--- Zitat von: micha77 am 29.08.2020 16:14 ---Irgendwie ist das ganze Thema noch schwer zu greifen (obwohl eigentlich von Swen detailiert erklärt).

1. Was ich mich frage, wenn das BVerfG die Heiz-, Unterkunfts- und Bildung u Teilhabekosten als nicht mehr zeitgemäß und als verfassungswidrig ansieht, mag ich mir gar nicht ausdenken, wie die kommenden Lohnsteigerungen aussehen müssten.
Das BVerfG legt für 2015 eine Mindestalimentation von 33.651€ fest. Wenn ich nun davon ausgehe, wie von Swen erwähnt die Steigerung bis 2020 irgendwo zw. 2.2 und 3.5% p.a. liegt, dann ergibt sich das größtenteils aus den steigenden Unterkunftskosten.
Wenn ich von Lohnsteigerungen im Mittel zw. 2-3% (brutto!) pro Jahr ausgehe, dann wären doch damit gerade mal die Unterkunftskosten ausgeglichen. Was ist mit Heizkosten, Bildung und Teilhabe und Inflationsausgleich?
Brauche ich dann überhaupt noch Gewerkschaften oder Tarifverhandlungen, wenn ich die Lohnerhöhungen sowieso mit den vorliegenden Parametern abgleichen muss?

--- End quote ---

Ein Traum, wenn die Besoldung nicht mehr im Zusammenhang mit den jährlichen Tarifverhandlungen gebracht wird und sich jährlich einfach anhand der vom BVerfG definierten Systematik entwickelt. Die Besoldung wird per Gesetz festgelegt. Ich fand es schon immer kurios, dass Tarifverhandlungen die Entwicklung der Besoldung maßgeblich bestimmen, wo sich der Beamte doch in einem Dienst- und Treueverhältnis befindet, welches sich durch das Alimentationsprinzip auszeichnet. Da kann es doch eigentlich nicht sein, dass der Beamte auf das Erkämpfen von Tarifabschlüssen durch Beschäftigte und Gewerkschaften vertrauen muss.... ???

--- End quote ---

Eigentlich wäre es zu einfach, oder? Es würde aber auch den Gesetzgeber entlasten. Der könnte höchstens darüber diskutieren, ob eine Haushaltsnotlage vorliegt, bzw. kann dann noch Quervergleiche ziehen zu Abschlüssen vom ÖD oder der freien Wirtschaft.
Man nehme die Unterkunfts-, Heiz- und Kosten für Bildung und Teilhabe (+15%) und erhöht die jedes Jahr bspw um 2% + dazu obendrauf den Inflationsausgleich (am besten netto) auf das Gehalt (bspw. 1.4% in 2019). Dann hätte man zumindest mal ein Grundgerüst mit dem man jedes Jahr arbeiten kann.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: micha77 am 30.08.2020 11:10 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 29.08.2020 17:29 ---
--- Zitat von: micha77 am 29.08.2020 16:14 ---
4. muss der Gesetzgeber die Unterkunftskosten zwingend für die letzten 5 Jahre erhöhen, dass die Mindestalimentation von 33.651€ auf Swens rund 39.000€ steigt? Oder kann er einfach die Werte von 2015 so stehen lassen, bis ihn wieder die höchsten Gerichte dazu zwingen die Werte anzugleichen? 


--- End quote ---

4. Er wird am Ende für die Beamten, die zeitnah Widerspruch eingelegt oder ein Klageverfahren angestrengt haben, Nachzahlungen leisten müssen. Wer das nicht getan hat, wird keine Nachzahlungen erhalten. Ein Widerspruch für das aktuelle Kalenderjahr ist immer bis spätestens zum 30.12. des Jahres zu stellen (manche sagen auch: bis zum 31.12.). Sofern bis dahin kein Widerspruch gestellt worden ist, verfallen eventuelle Ansprüche. Das Stellen eines nachträglichen Widerspruchs (also z.B. heute für das Jahr 2019 oder noch frühere Jahre) ist ausgeschlossen.

--- End quote ---

Kann man aus den Vorgaben betr. den Unterkunftskosten heraus ableiten, dass diese seit 2015 und zukünftig steigen müssen? Oder können diese eingefroren bleiben, bis diese in 10 Jahren vielleicht wieder überprüft werden?
Gleiches gilt für die Heizkosten und die Bedarfe an Bildung und Teilhabe, wenn auch in geringerem Ausmaß für die Besoldung.

--- End quote ---

In seinem bislang maßgeblichen Urteil zu Ortszuschlägen vom 06. März 2007 - 2 BvR 556/04 -, in dem das Verfassungsgericht entschieden hat, dass der Gesetzgeber nicht per se dazu verpflichtet werden kann, sie zu gewähren, in dem es ihm aber zugleich die Möglichkeit einräumte, sie zu gewähren, hat es ihn zugleich dazu verpflichtet, seiner Aufgabe nachzukommen, die tatsächliche Entwicklung der Lebenshaltungskosten auf relevante Unterschiede zwischen Stadt und Land zu beobachten, um möglichen Verstößen gegen den Alimentationsgrundsatz angemessen begegnen zu können (Rn. 71). Die den Beamten treffenden Unterhaltslasten insgesamt sind realitätsgerecht zu berücksichtigen (Rn. 61).

Das bezieht sich insofern nicht nur auf die Unterkunfts-, sondern generell auf alle Unterhaltspflichten. Nicht umsonst hat das Verfassungsgericht im ersten Leitsatz seines Beschlusses vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - den Dienstherrn verpflichtet, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen, und das mit dessen Aufgabe begründet, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu gewährleisten.

In diesem Sinne hebt das Gericht nun im aktuellen Beschluss ebenfalls immer wieder auf die realitätsgerechte Beobachtung und Berücksichtigung ab, die von daher auf aktuellen Daten beruhen muss, insbesondere wenn es darum geht:

- den Umfang der Sozialleistungen als Ganzes realitätsgerecht zu bemessen (Rn. 52) und ggf.,
- sofern der Besoldungsgesetzgeber dabei nicht der Methodik des Verfassungsgerichts folgen wollte, wenn er eine andere plausible und ralitätsgerechte Methodik entwickeln will (Rn. 53).

Als Folge müssen jeweils realitätsgerecht - explizit genannt - die Höhe der grundsicherungsrechtlichen Kosten der Unterkunft (Rn. 59), der Heizkosten (Rn. 63), der Bedarfe für Bildung und Teilhabe (Rn. 67, 70) erfasst, übernommen und ermittelt werden.

Das Gericht hat auch diesbezüglich dem Besoldungsgesetzgeber keine juristische Lücke mehr gelassen. Zugleich gebieten es ihm seine Prozeduralisierungspflichten, die Datengrundlage zur Bestimmung der berücksichtigten Kosten bereits in der Gesetzesbegründung - also vor Beschluss des Gesetzes - zu nennen. Ein vielfach mindestens fahrlässiges Vorgehen wie bisher ist ihm so nicht mehr möglich.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: micha77 am 30.08.2020 12:36 ---
--- Zitat von: kommunalbeamter91 am 29.08.2020 23:43 ---
--- Zitat von: micha77 am 29.08.2020 16:14 ---Irgendwie ist das ganze Thema noch schwer zu greifen (obwohl eigentlich von Swen detailiert erklärt).

1. Was ich mich frage, wenn das BVerfG die Heiz-, Unterkunfts- und Bildung u Teilhabekosten als nicht mehr zeitgemäß und als verfassungswidrig ansieht, mag ich mir gar nicht ausdenken, wie die kommenden Lohnsteigerungen aussehen müssten.
Das BVerfG legt für 2015 eine Mindestalimentation von 33.651€ fest. Wenn ich nun davon ausgehe, wie von Swen erwähnt die Steigerung bis 2020 irgendwo zw. 2.2 und 3.5% p.a. liegt, dann ergibt sich das größtenteils aus den steigenden Unterkunftskosten.
Wenn ich von Lohnsteigerungen im Mittel zw. 2-3% (brutto!) pro Jahr ausgehe, dann wären doch damit gerade mal die Unterkunftskosten ausgeglichen. Was ist mit Heizkosten, Bildung und Teilhabe und Inflationsausgleich?
Brauche ich dann überhaupt noch Gewerkschaften oder Tarifverhandlungen, wenn ich die Lohnerhöhungen sowieso mit den vorliegenden Parametern abgleichen muss?

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Ein Traum, wenn die Besoldung nicht mehr im Zusammenhang mit den jährlichen Tarifverhandlungen gebracht wird und sich jährlich einfach anhand der vom BVerfG definierten Systematik entwickelt. Die Besoldung wird per Gesetz festgelegt. Ich fand es schon immer kurios, dass Tarifverhandlungen die Entwicklung der Besoldung maßgeblich bestimmen, wo sich der Beamte doch in einem Dienst- und Treueverhältnis befindet, welches sich durch das Alimentationsprinzip auszeichnet. Da kann es doch eigentlich nicht sein, dass der Beamte auf das Erkämpfen von Tarifabschlüssen durch Beschäftigte und Gewerkschaften vertrauen muss.... ???

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Eigentlich wäre es zu einfach, oder? Es würde aber auch den Gesetzgeber entlasten. Der könnte höchstens darüber diskutieren, ob eine Haushaltsnotlage vorliegt, bzw. kann dann noch Quervergleiche ziehen zu Abschlüssen vom ÖD oder der freien Wirtschaft.
Man nehme die Unterkunfts-, Heiz- und Kosten für Bildung und Teilhabe (+15%) und erhöht die jedes Jahr bspw um 2% + dazu obendrauf den Inflationsausgleich (am besten netto) auf das Gehalt (bspw. 1.4% in 2019). Dann hätte man zumindest mal ein Grundgerüst mit dem man jedes Jahr arbeiten kann.

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Das wäre für uns Beamte sicherlich wünschenswert - aber das wird so nicht geschehen, denke ich. Zum einen bestände so die Gefahr, dass die Verdienste und Gehälter von Tarifbeschäftigten und Beamten im öffentlichen Dienst voneinander abgekoppelt werden könnten. Zum anderen wäre das insbesondere auch nicht im Interesse der Gewerkschaften und Verbände, die alles daran setzen werden, dass sich die Tarifergebnisse mittelbar auch auf die Beamten auswirken. Denn alles andere würde ihre Verhandlungsposition verschlechtern - allein schon, weil sich dann die Anzahl der unmmitelbar und mittelbar von den Tarifauseinandersetzungen Betroffenen deutlich verringern würde. Und schließlich dürften auch die Dienstherrn kein Interesse an einer starren Erhöhung der Besoldung haben, da das ebenfalls auch ihre Gestaltungsspielräume einengen würde. Insofern werden mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin alle 17 Besoldungsgesetzgeber ihr jeweils eigenes Süppchen kochen, schätze ich.

was_guckst_du:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 29.08.2020 19:27 ---Unter einem solche Fokus würde mich interessieren - "da kommt man schnell auf den Gedanken, mal die Verfassung zu ändern" -, wer da eigentlich deiner Meinung nach "man" ist und welcher Artikel unserer Verfassung deiner Meinung nach schnell mal wie geändert werden könnte, damit deine neue Befürchtung der Nichtfinanzierbarkeit nicht eintritt?

--- End quote ---

...warum sollte ich das einem Pensionär erklären wollen?... ;D

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