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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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lotsch:
Soweit ich mich erinnern kann, hat das BVerfG bei seiner Entscheidung, dass die Kürzung auf 71,75 % der Beamtenversorgung zulässig ist, festgestellt, dass die Kürzung gerade so noch im Rahmen ist, obwohl Die Beamtenversorgung schon über Gebühr gekürzt wurde. Ansonsten hat das BVerfG oft auf den materiellen Zusammenhang zwischen gesetzl. Rente und Beamtenversorgung hingewiesen.

M.E. bedeutet das, dass das BVerfG einen Berechnungsmodus hat (diesen aber nicht mitgeteilt hat), was noch zulässig ist und was nicht. Zum Anderen sehe ich keine weitere Kürzungsmöglichkeit, außer es wird auch bei den gesetzlichen Renten und der Zusatzversorgung gekürzt.

HansGeorg:
@ SwenTanortsch und @lotsch
Vielen Dank euch beiden für den Input. Jedoch zweifle ich keine Sekunde dran, dass doch einige Dienstherren die Versorgung durch die Prozentuale Anpassung absenken werden. So lässt sich, wie diese ja jetzt selbst erlebt haben, sehr viel Geld sparen. Bis dann in 20 Jahren das BVerfG ein Urteil für die 10% der Versorgungsempfänger ausspricht, welche Klage erhoben haben.

SwenTanortsch:
@ lotsch

Mit einer Ausnahme ist allem, was Du schreibst, zuzustimmen. Einzig die Annahme, der Zweite Senat hätte bereits 2005 eine entsprechende Berechnungsmethodik gehabt, dürfte zweifelhaft bleiben.

Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht erst 2015 die Mindestalimentation in seine alimentationsrechtliche Rechtsprechung eingeführt und sie erst 2020 methodisch konkretisiert. 2005 war die Hartz 4-Gesetzgebung noch nicht oder gerade erst etabliert, entsprechend gab es noch kein 95 %-Perzentil, ebenso wurde nun erst der Heizspiegel für Deutschland erhoben (war aber zu jener Zeit noch kaum allgemein bekannt), auch wurden die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie die Sozialtarife gesetzlich erst deutlich später etabliert. Die 2020 erstellte Methodik wäre also 2005 noch gar nicht sachlich möglich gewesen.

Dahingegen hat das Bundesverfassungsgericht 2007 das ggf. problematische Alimentationsniveaus als Folge der Kürzungen der letzten Jahre hervorgehoben und entsprechend ausgeführt:

"Allerdings erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die in den letzten Jahren erfolgten finanziellen Einschnitte in die Alimentation der Beamten dazu geführt haben, dass einzelne Beamtengruppen oder sogar die Beamtenschaft insgesamt nicht mehr angemessen alimentiert werden. " (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03 -, https://www.bverfg.de/e/rk20070924_2bvr167303.html, Rn. 34.

2005/07 - in der Zeit vor der 2008 erfolgten Ernennung Andreas Voßkuhles zum BVR - war das Bundesverfassungsgericht noch so weit von seinem sich ab da zaghaft andeutenden Rechtsprechungswandel entfernt, dass insbesondere alimentationsrechtliche Berechnungsmethodiken hinsichtlich der allgemeinen Alimentationsrechtsprechungen gerade erst in den Horizont des Senats Einzug erhielten, diese aber noch gänzlich unkonkret blieben (und wie gehabt verfassungsrechtlich zu jener Zeit noch entsprechend unkonkret bleiben mussten): Wen das interessiert, sollte die jeweiligen Entscheidungen seit den beginnenden 2000er Jahre lesen: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Servicesuche_Formular.html?nn=5399998&resourceId=5402340&input_=5399998&pageLocale=de&templateQueryString=Alimentation+beamte&sortOrder=score+desc&language_=de&submit.x=0&submit.y=0. Der sich seit Mitte der 2000er Jahre ausprägende Rechtsprechungswandel ist - wie ich finde - hochinteressant und zugleich als Folge des typischen Wechselspiels zwischen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und dem Bundesverfassungsgericht zeitlich langwierig, nicht umsonst sind auch hier zwischen 2005 und 2015 zehn Jahre vergangen.

@ Hans-Georg

Ich halte es gleichfalls für recht wahrscheinlich, dass die Gesetzgeber alsbald das Versorgungsniveau über entsprechende gesetzliche Regelungen weiter abzusenken versuchen werden - und zwar spätestens, sobald sie sich gezwungen sehen, die Grundgehälter substanziell anzuheben. Es wird entsprechend zunächst einmal interessant werden, wie sich Berlin nach den angekündigten Entscheidungen verhalten wird, insbesondere - wovon m.E. mit recht hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen ist - wenn diese Entscheidungen zum Berliner Besoldungsrecht (anders als die zum bremischen) mit dem Datum einer Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG verbunden sein werden. Da darüber hinaus davon auszugehen ist, dass im Gefolge der angekündigten Entscheidungen die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungsfindung über die anhängigen Normenmkontrollverfahren deutlich beschleunigt vonstatten gehen wird, darf man begründet davon ausgehen, dass alsbald deutlich mehr Druck auf die Besoldungsgesetzgeber lasten wird als in den letzten Jahren, der wiederum (nach und nach) mit sich abzeichnenden deutlich höheren Personalkosten verbunden sein wird, sodass es m.E. mehr als erstaunlich wäre, wenn nicht versucht werden würde, diese Kosten zum Teil auf die Versorgungsempfänger abzuwälzen bzw. (auch) hier die Kostensteigerungen möglich klein zu halten. Es darf also davon ausgegangen werden, denke ich, dass sich das Bundesverfassungsgericht ab der zweiten Hälfte der 2020er Jahre mit einer deutlich höheren Zahl an versorgungsrechtlichen Normenkontrollverfahren konfrontiert sehen wird.

lotsch:
@ Swen Tornatsch,
vielleicht hat das BVerfG ja eine andere Berechnungsmethodik, ohne 95 %- Perzentil, Heizspiegel, usw. Es könnte z.B. ein Prozentanteil der gesetzl. Rente + Zusatzversorgung sein. Das würde natürlich bedeuten, dass die Höhe der Beamtenversorgung ab Eintritt in diese, von der Entwicklung der Beamtenbesoldung materiell abgekoppelt wäre. Wir werden es sehen, wenn wir alt genug werden.

SwenTanortsch:
Es gibt keinen sachlichen Bezug zwischen der Rente und der Beamtenversorgung, lotsch, weshalb die Betrachtung des Rentensystems oder seiner Teile keinen sachlichen Zusammenhang mit einer wie auch immer zu bemessenen "Mindestversorgung" aufweisen könnte. Darüber hinaus war die Rechtsprechungspraxis wie dargestellt 2005 eine substanziell andere, als sie es seitdem geworden ist. Eine Mindestalimentation lag in der Rechtsprechung des Senats noch in weiter Ferne. Schließlich müssten die genannten prinzipiellen Probleme für eine entsprechende Systematik ausgeräumt werden, was wie dargestellt dem Bundesverfassungsgericht kaum möglich sein dürfte.

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