Beamte und Soldaten > Beamte der Länder

[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

<< < (1474/1576) > >>

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Callisto am 08.04.2025 14:14 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 04.04.2025 16:55 ---(...) Man kann darüber hinaus m.E. der Kammer nur tiefen Respekt für den enormen Aufwand zollen, den sie auf sich genommen hat, und zwar das unabhängig davon, dass ich an verschiedenen Stellen der Entscheidungsbegründung zu anderen Schlüssen kommen würde. Um diese ins Feld zu führen, sind sie aber vom Kläger zu substantiieren, was hier offensichtlich nicht immer geschehen ist.
--- End quote ---

Zur Vermeidung von Missverständnissen:

Im Verwaltungsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 86 VwGO. Die Frage, inwieweit das Vorbringen der Beteiligten substantiiert ist, kann dafür relevant werden, inwieweit sich das Gericht - schon aus diesem Grund und unabhängig von der daneben stehenden Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen - damit sachlich auseinandersetzen muss (Anspruch auf rechtliches Gehör).

Um bestimmte Aspekte ins Feld zu führen und um sich mit bestimmten Sachen auseinanderzusetzen, ist das Verwaltungsgericht (anders als zum Teil Zivilgerichte) aber keinesfalls darauf angwiesen, dass einer der Beteiligten diese substantiiert vorträgt. 


--- Zitat von: § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO: ---"Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden."
--- End quote ---

--- End quote ---

Der Ermittlungsgrundsatz in besoldungsrechtlichen Verfahren erstreckt sich regelmäßig auf das bundesverfassungsgerichtliche "Pflichtenheft", das also die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Prüfung der im Klagezeitraum gewährten Alimentation heranzuziehen hat. Betrachtet man nun die Entscheidungsbegründung, stellt man fest, dass das hier geschehen ist, wofür der Kammer kein besonderer Respekt zu zollen wäre, da sie bis hierhin nur ihrer Aufgabe nachgekommen ist. Darüber hinaus ist aber die Kammer in eine deutlich umfangreichere Prüfung eingetreten, die sie nach meinem Empfinden in vorbildlicher Art und Weise dokumentiert hat, auch wenn ich nicht mit jeder der Argumentation der Kammer übereinstimme. Für diese deutlich tiefgehendere Prüfung zolle ich der Kammer in meinem Beitrag meinen Respekt. Denn sie ist mit einem gehörigen Mehraufwand verbunden, wie das allein der Umfang der Begründung bereits zeigt. Sie ist also nicht selbstverständlich und kann so auch nicht erwartet werden. Das gilt es m.E. zu respektieren.

Denn der Ermittlungsgrundsatz beihaltet nun nicht, dass sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit veranlasst sehen müsste, eine Klage aus sämtlich möglichen Blickwinkel heraus zu betrachten. Es liegt also zunächst einmal am Kläger, Argumente, die über das bundesverfassungsgerichtliche "Pflichtenheft" hinausgehen, selbst ins Feld zu führen, so die Klage zu substantiieren und dem Gericht entsprechend die Möglichkeit zu geben, diese Argumente zu prüfen und ggf. in die eigene Entscheidung mit einzubeziehen.

In dem von mir angeführten Link finden sich nun einige umfassend begründete Argumente, die nachzuweisen versuchen, dass die im Klagezeitraum gewährte Alimentation evident sachwidrig ist. Das Gericht sieht sich dabei weder gezwungen noch veranlasst, diese im Gesetzgebungsverfahren vorgebrachten Argumente von sich aus zu prüfen. Denn es ist zunächst einmal Sache des Klägers, seine Klage hinreichend zu substantiieren. Argumente, die über den Rahmen des "Pflichtenhefts" hinausgehen, vom Kläger aber nicht in die Klage eingebracht werden, müssen entsprechend von der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zur Kenntnis genommen zu werden, allein schon deshalb, weil unklar ist, ob sie ihr überhaupt bekannt sind. Sie zur Kenntnis zu bringen, also die eigene Klage zu substantiieren, ist hingegen weiterhin Aufgabe des Klägers. Darauf wollte ich mit meinen Zeilen hinweisen. Denn das wird auch in der Sprungrevision, sofern sie vom Kläger in Angriff genommen wird, so der Fall sein oder kann so der Fall bleiben. Auch darauf wollte ich mit meinen Zeilen hinweisen.

Insofern sollte man sich tatsächlich vor Missverständnissen hüten, wenn man in ein Klageverfahren eintritt. Zu glauben, der Ermittlungsgrundsatz führte schon von allein zum Erfolg, ist m.E. ein gefährlicher Irrglauben. Denn die Verwaltungsgerichtsbarkeit prüft regelmäßig die Gesetzesbegründung - und die ist so gehalten, dass sie selbst davon ausgeht und es entsprechend so darstellt, sachgerecht zu sein. Sie kann dabei von der Gerichtsbarkeit nur als sachwidrig betrachtet werden, sofern das evident ist. Das - eine evidente Sachwidrigkeit - ist aber vielfach auf den ersten (und ggf. auch zweiten) Blick nicht zu erkennen, also sollte der Kläger sich anschicken, diese Evidenz nachzuweisen, eben seine Klage hinreichend zu substantiieren. Nichts anderes führe ich aus. Denn der vorliegende Fall zeigt ja nun, dass die Klage nicht hinreichend substantiiert worden ist. Denn wäre sie hinreichend substantiiert gewesen, wäre die Kammer zu einem anderen Ergebnis gekommen.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass die in Hamburg 2022 gewährte Alimentation nicht amtsangemessen gewesen ist. Und ich gehe weiterhin davon aus, dass sich das hinreichend nachweisen lässt. Also sollte man das als Kläger tun, wenn man sicherstellen will, dass der eigenen Klage Erfolg beschieden sein soll. Das war die Quintessenz meines Beitrags, aus dem Du zitierst.

A9A10A11A12A13:

--- Zitat von: Callisto am 08.04.2025 14:14 ---Zur Vermeidung von Missverständnissen:

Im Verwaltungsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 86 VwGO.

--- End quote ---

Im Verwaltungsverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz, § 24 VwVfG.
die erschöpft sich in der Feststellung, dass ein Dienstherr durch ein Besoldungsgesetz mit einem auf Null reduziertem Ermessen in seiner Entscheidung gebunden ist. Es ist nicht hinterfragbare Hörigkeit angeordnet. Zweifel an einer verfassungsfeindlichen Anordnung ist im Keim erstickt.
(bereits gerichtlich entschieden)

(mit der Methodik der Verantwortungsentlastung haben sich z. B. auch viele für ihr tun auf Geheiß in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts gerechtfertigt.)

Verfassungskonformität könnte nur im Gesetzgebungsverfahren - passiert nicht oder falsch - berücksichtigt werden und dann erst wieder im verfassungsgerichtlichen Verfahren - passiert nicht oder sehr sehr schleppend (Agenda "2065" als Zwischenetappe)

Zerot:
Am 10.04.2025 erfolgt die Jahrespressekonferenz vom VG Karlsruhe. Bin gespannt ob da etwas spannendes für unsere Verfahren dabei rauskommt.

NordWest:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 08.04.2025 14:53 ---Ich gehe weiterhin davon aus, dass die in Hamburg 2022 gewährte Alimentation nicht amtsangemessen gewesen ist. Und ich gehe weiterhin davon aus, dass sich das hinreichend nachweisen lässt. Also sollte man das als Kläger tun, wenn man sicherstellen will, dass der eigenen Klage Erfolg beschieden sein soll. Das war die Quintessenz meines Beitrags, aus dem Du zitierst.

--- End quote ---

Weißt Du eigentlich etwas über den Klagehintergrund? Ist das ein Hamburger Einzelkämpfer, wird er von einer Gewerkschaft unterstützt oder evtl. von einem bekannten Anwalt?

Es wäre jedenfalls m.E. sehr wichtig, dass der Kläger sämtliche argumentative Unterstützung für die potentielle Sprungrevision erhält, und es wirkt ja bislang als haben mehrere wichtige Argumente im VG-Verfahren noch keine Rolle gespielt.

Wie lässt sich ein solcher Kontakt ggf. aufbauen?

SwenTanortsch:

--- Zitat von: NordWest am 10.04.2025 01:42 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 08.04.2025 14:53 ---Ich gehe weiterhin davon aus, dass die in Hamburg 2022 gewährte Alimentation nicht amtsangemessen gewesen ist. Und ich gehe weiterhin davon aus, dass sich das hinreichend nachweisen lässt. Also sollte man das als Kläger tun, wenn man sicherstellen will, dass der eigenen Klage Erfolg beschieden sein soll. Das war die Quintessenz meines Beitrags, aus dem Du zitierst.

--- End quote ---

Weißt Du eigentlich etwas über den Klagehintergrund? Ist das ein Hamburger Einzelkämpfer, wird er von einer Gewerkschaft unterstützt oder evtl. von einem bekannten Anwalt?

Es wäre jedenfalls m.E. sehr wichtig, dass der Kläger sämtliche argumentative Unterstützung für die potentielle Sprungrevision erhält, und es wirkt ja bislang als haben mehrere wichtige Argumente im VG-Verfahren noch keine Rolle gespielt.

Wie lässt sich ein solcher Kontakt ggf. aufbauen?

--- End quote ---

Leider muss man (oder muss ich) das so deutlich sagen: Reisende soll man nicht aufhalten. Ich denke, dass jeder, der meine Expertise in Anspruch nehmen möchte, weiß, wie er den Kontakt zu mir herstellen kann. Darüber hinaus liegt ja die umfangreiche Stellungnahme für den BDR Hamburg öffentlich vor. Es sollte nicht allzu schwer sein, maßgebliche Erkenntnisse mittels copy and paste in eine Klage einzubringen. Das war bis heute so der Fall und wird auch noch morgen so sein.
Um es also auf den Punkt zu bringen: Eines weiß ich als Lehrer aus langer Erfahrung, was ein kluger Pädagoge vor schon langer Zeit sinngemäß wie folgt auf den Punkt gebracht hat: Der Lehrer kann schimpfen, schreien, strafen. Der Lehrer kann fast alles. Nur eines kann der Lehrer nicht. Er kann nicht für den Schüler lernen.
Ergo: Jeder, der klagt, muss selbst wissen, welche Wege er geht. Mein Grundsatz ist auch hier aus längerer Erfahrung: Ich bringe mich gerne ein, wenn ich das Gefühl habe (und mir dieses Gefühl also nachhaltig gegeben wird, nachhaltig heißt, wiederkehrend und nicht nur einmal und dann nie wieder), dass das nicht nur erwünscht ist (das ist es meistens), sondern dass meine Darlegungen auch hinreichende Wirksamkeit erfahren. Ist das nicht hinreichend der Fall, nutze ich meine - auch bei mir nur begrenzte - Zeit lieber anders, da es genügend Baustellen gibt und mein Bauunternehmen nur zwei Hände hat und ich noch nichtmal beidhändig bin.
Ich bin in den letzten Jahren zunehmend desillusioniert - der Begriff hat eine negative Konnotation, ich meine ihn aber für mich positiv, da er der Realität näherkommt als Wolkenkuckuckheime -, was meine eigene Beratungmöglichkeiten anbelangt, die in einigen Fällen erfolgreich war und ist, weshalb ich sie dort dann fortsetze - und in nicht wenigen das nicht war, was für mich in Ordnung ist. Ich überlasse dann anderen die Inititative, was Teil meiner Strategie ist, herauszubekommen, ob mein Handeln nicht nur erwünscht ist, sondern am Ende auch hinreichend wirksam.
Wenn ich nicht das wiederkehrende Gefühl der Selbstwirksamkeit habe, muss ich mich um andere Felder kümmern, derer es in unserem Thema mehr als genügend gibt, wo ich also dann das Gefühl habe, Wirksamkeit entfalten zu können.
Ich sehe diesen Fall möglicher Sprungrevision als ein Geschenk des Himmels an, und zwar das nur umso mehr, als dass die Kammer eine für ein solches Verfahren hervorragende Begründung erstellt und nun dem Kläger seine Klagebegründung geradezu auf den Präsentierteller gelegt hat. Allerdings werde ich den Fall nicht entscheiden, da ich dazu nicht berufen bin. Ich bringe mich aktiv nur ein, wenn das nachhaltig gewollt ist. Ansonsten mache ich mit dem weiter, an dem ich heute sitze, und morgen mit dem weiter, woran ich morgen sitzen werde - und ich denke, dass das genauso weitergeht. Ich arbeite an dem, was Erfolg verspricht, nicht an dem, was mir viel Arbeit macht, um dann absehbar in Sackgassen zu führen.

Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

[*] Previous page

Go to full version