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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Bundi:
Auch wenn viele hier ich schließe mich da nicht aus, nahezu doe Hoffnung verloren haben sonst und bleibt unsere einzige Chance das BVerfG. Unsere BesGesetzgeber das sieht man ja an den Entwürfen sind nicht willens eine amtsangemessene Alimentation zu verabschieden. Es ist schon traurig dass man als Beamter nur noch auf das BVerfG hoffen kann damit der eigene Dienstherr verfassungsgemäß besoldet.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Alexander79 am 16.08.2024 12:56 ---

Es muss doch möglich sein, das unser BVerfG explizite Vorgaben machen kann  in welchem Rahmen wir uns bewegen.

--- End quote ---

Das ist das Problem: Genau das kann es nicht aus sich heraus, wenn es seine Stellung in unserer Rechtsordnung und darin seinen ihm von der Verfassung gegebenen Auftrag ernstnimmt: Das Bundesverfassungsgericht muss nicht zuletzt als Folge von Art. 20 Abs. 3 GG davon ausgehen, dass sich der Besoldungsgesetzgeber an die Verfassung und damit ebenso an dessen rechtskräftige Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht gebunden sieht. In meiner Antwort an Soldat werde ich darauf noch einmal gesondert eingehen, also weshalb dem so ist.

Entsprechend kann es nur prüfen, ob eine evidente (also unmissverständliche, sprich eindeutige) Verletzung des Alimentationsprinzips vorliegt, wobei es mit jeder Entscheidung, die das feststellt, zwangsläufig sowohl vergangenheitsbezogen als auch auf die Zukunft gerichtet Einschränkungen im weiten Entscheidungsspielraum des (Besoldungs-)Gesetzgebers vollzieht.

Diese Einschränkungen des weiten Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers, die das Bundesverfassungsgericht in einem konkreten Normenkontrollverferfahren nur auf Anruf durch ein Gericht vollziehen kann, geschehen dabei grundsätzlich vergangenheitsbezogen, nämlich anhand der jeweils verhandelten Richtervorlage, die aus der Vergangenheit stammt - es schränkt damit aber zwangsläufig den weiten Entscheidungsspielraum des zukünftigen Besoldungsgesetzgebers mit ein, der ebenso zwangsläufig noch nicht verfassungswidrig gehandelt hat, weil er in den allermeisten Fällen noch nicht gewählt und entsprechend noch nicht zur Gesetzgebung ermächtigt ist.

Die Folge ist also, dass damit ebenso der zukünftige Wille des Wahlvolks eingeschränkt wird, das als Souverän jenen zukünftigen Gesetzgeber in den meisten Fällen noch nicht gewählt hat, durch den es sich zukünftig repräsentiert sehen wird. Damit aber wird im Ergebnis des zukünftigen Souveräns weite Entscheidungsmöglichkeit eingeschränkt, seine dann gegebene demokratische Gestaltungskraft oder demokratische Gestaltungsmöglichkeit im weiteren Rahmen selbst bestimmen zu können, als das für den heutigen oder vergangenen Souverän gegolten hat. Dieser Prozess ist jedoch in unserer Verfassung so nicht vorgesehen oder zumindest nicht expliziert, da unsere Verfassung davon ausgehen muss, dass es als Folge aus Art. 20 Abs. 3 GG verfassungstheoretisch keine Verletzung ihrer selbst geben kann. Diese Einschränkung auch des zukünftigen weiten Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers führt im Extremfall dazu, dass das legislative Handeln des Gesetzgebers zunehmend - durch mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht - zu einem Art Verwaltungshandeln wird, da der Souverän, repräsentiert durch seinen von ihm gewählten Gesetzgeber, wegen der Bindungswirkung bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen Judikate vorfindet, die er - der Souverän, repräsentiert durch den von ihm gewählten Gesetzgeber - nicht selbst ändern kann, da nur das Bundesverfassungsgericht dazu ermächtigt ist, die eigenen Direktiven im Rahmen der jeweils gegebenen Verfassheit des Grundgesetz rechtskräftig zu verändern. Zusammengefasst kann man sagen: Mit jedem Judikat des Bundesverfassungsgerichts wird dem Souverän, repräsentiert durch den von ihm gewählten Gesetzgeber, ein Teil seiner demokratischen Entscheidungsmöglichkeiten zukünftig genommen.

Als Folge findet sich das Bundesverfassungsgericht mit jedem Judikat, das in einem konkreten Normenkontrollverfahren eine gesetzliche Norm vernichtet, im Spagat, vergangenheitsbezogen die Verfassung rechtskräftig auszulegen, um damit zukunftsbezogen die dem Souverän in voller Freiheit seiner Entscheidungsmöglichkeiten gegebene Gesetzeskraft bindend einzuschränken, indem es die Vielfalt an möglichen Entscheidungen eingrenzt und sie so dem demokratischen Diskurs entzieht, ohne dass dieser Souverän und ebenso wenig der von ihm repräsentierte Gesrtzgeber dafür irgendeine Verantwortung trüge, da letzterer in den allermeisten Fällen noch gar nicht gewählt ist.

Das kann man - hier nur skizzenhaft - ausgeführt am Mindestabstandsgebot und seiner mit dem letzten Judikat einhergehenden Konkretisierung eindrücklich zeigen. Der Zweite Senat hat mit der realitätsgerechten Konkretisierung des Mindestabstandsgebots eine materiell so hohe Grenze zur Unteralimentation gezogen, dass die zukünftigen Besoldungsgesetzgeber sich nun gezwungen sehen werden, ein so hohes Besoldungsniveau zu garantieren, das sie nicht garantieren müssten, sofern die Besoldungsgesetzgeber der letzten 20 Jahre sich im Rahmen der bis dahin vom Bundesverfassungsgericht erlassenen Judikate bewegt hätten. Denn dann hätte das Bundesverfassungsgericht nicht 2015 die Garantie eines 15 %igen Abstand zum Grundsicherungsniveau als Grenze zur Unteralimentation festgelegt und hätte es nicht 2020 sachgerechte Kriterien zur realitätsgerechten Bemessung des Mindestalimentation erlassen. Der heutige und zukünftige Besoldungsgesetzgeber dürfte sich heute und in der Zukunft also in der Lage sehen, ein deutlich geringeres Besoldungsniveau garantieren zu müssen, als das nun heute und in der Zukunft der Fall sein wird. Eine auf Basis der Judikate des Jahres 2004 amtsangemessene Alimentation oder auch eine inflationsbereinigt um vielleicht zehn % höhere Alimentation kann sich aber ab 2020 zwangsläufig nicht mehr als amtsangemessen zeigen; das verfassungswidrige Handeln der Besoldungsgesetzgeber vollzieht sich darüber hinaus bereits seit 2020 sachwidrig wie Verwaltungshandeln, indem sie allesamt die Mindestalimentation nun - sachwidrig und wie als Tanz um das goldene Kalb - als Maßstab zur Betrachtung der amtsangemessenen Alimentation betrachten, also die auf sachgerechten Begründungen beruhenden Forderungen des Alimentationsprinzips weitgehend durch fragwürdige Rechenoperationen ersetzen, was sie - zumindest so - nicht getan hätten, hätte sich das Bundesverfassungsgericht durch das seit 2015, 2017 und 2018 fortgesetzt evident sachwidrige Handeln der vormaligen Besoldungsgesetzgeber nicht veranlasst gesehen, 2020 das Mindestabstandsgebot und seiner realitätsgerechte Bemessung zu betrachten. Für all das kann aber der Besoldungsgesetzgeber des Jahres 2026 und damit ebensowenig der Souverän jenes Jahres nichts; entsprechend wäre es im verfassungsrechtlichen Auftrag des Bundesverfassungsgericht an sich allemal "besser" gewesen, dass es sich 2020 nicht zu der Entscheidung veranlasst gesehen hätte, zu der es sich nun veranlasst gesehen hat.

Ergo: Auch wegen der hier skizzierten Zusammenhänge - der verfassungsrechtlichen Zusammenhänge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und also der Einheit unserer Rechtsordnung - sieht sich das Bundesverfassungsgericht gezwungen, ausschließlich evident sachwidrige gesetzliche Normen zu vernichten, also eine auch im Hinblick auf die offene Zukunft schonende gerichtliche Kontrolle zu vollziehen, die also davon auszugehen hat, dass der vergangene, gegenwärtige und zukünftige Gesetzgeber im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG, an den er sich gebunden sieht, handelt. Das tut es nicht, um den heutigen oder vergangenen Gesetzgeber zu schonen, sondern um dem zukünftigen Souverän, repräsentiert durch den von ihm gewählten Gesetzgeber, eine möglichst weite Entscheidungsmöglichkeit in der Verfasstheit unserer freiheitlich-demokratischen Grundortnung zu erhalten.

Umso verwerflicher ist das wissentlich und willentlich fortgesetzt verfassungswidrige Handeln der 17 Besoldungsgesetzgeber, weil es dazu führt, dass der zukünftige Souverän sich in seinen demokratischen Entscheidungsmöglichkeiten zunehmend eingeschränkt sehen wird, obgleich er für diese Einschränkung keinerlei Verantwortung trägt.

Ozymandias:

--- Zitat von: Bundi am 16.08.2024 20:07 ---@ozymandis

Sorry aber der Spruch hinsichtlich der "besoffene Ukrainer" ist sollte ich das nicht total missverstanden haben absolut daneben.

--- End quote ---

Bitte beim Wall Street Journal beschweren, ist wörtlich die Überschrift.
Eine von Fremdmächten oktroyierte Entscheidung ist auch keine demokratische Entscheidung.
Deutschland als Volkswirtschaft und auch inbesondere BASF-Aktionäre haben u.a. auch große finanzielle Verluste dadurch erlitten.

Wer nach spezifischen Warnungen oder expliziter Rechtssprechung nicht handelt und dadurch Schäden entstehen, der verletzt seinen Amtseid, ganz einfach. Wer das nicht so sehen kann, hat vermutlich selber den Weg der FDGO bereits verlassen.

GeBeamter:

--- Zitat von: Pendler1 am 16.08.2024 16:30 ---
Allerdings habe ich in meiner Familie 2 Fälle, die das ganze Besoldungs/AEZ Thema überhaupt nicht interessiert:

1) Ehepaar A13/A16
2) Ehepaar, beide höhere B-Beamte in Ministerien (Bereichs-/Abteilungsleiter oder so, ich frage da nicht nach)

Noch Fragen? Brauchen die unbedingt noch mehr Geld? De jure wohl ja, aber in praxi? Wollen die noch mehr Geld?

--- End quote ---

Ich habe lange überlegt, ob ich mich dazu äußern soll. Ich tue es Mal.
Ja auch die "verdienen" mehr Geld zu erhalten. Warum? Weil der öffentliche Dienst Leistung im Sinne von höherwertigen Aufgaben und Verantwortungsübernahme aufeinander aufbauend entlohnen sollte. Alleine durch die regelmäßigen Tarifabschlüsse, in denen nach oben"abgeschmolzen" wurde, hat sich der Abstand der Besoldungsgruppen so nivelliert, dass Leitungsverantwortung ja oder nein am Ende des Monats noch wenige hundert Euro netto ausmacht. Verglichen mit der freien Wirtschaft wird Leitungsverantwortung also schlecht bezahlt, da ist man nicht konkurrenzfähig. Hinzu kommt, dass im hD häufig Juristen, Betriebswirte und Ingenieure beschäftigt sind. Für diese Mangelberufe ist die Besoldung im Vergleich zur Wirtschaft zu niedrig, man findet kaum noch jemanden für diese Planstellen in den Behörden.
Und wenn jetzt bei den genannten Beispielen A13/A15 oder B-Besoldung noch Kinder dazu kommen, ist auch dort die Alimentation zu gering. Meine eigene Situation ist A14/A12, 3 Kinder. Wir fahren ein Auto das Mal unter 15k € gekostet hat, Urlaub auf dem Campingplatz. Haus im Ballungsraum gebaut - unser Glück. Aktuelle Kosten (Zins, Tilgung, Betriebskosten, feste Rücklagen für Instandhaltung) liegen weit unter dem Preis für die KALTmiete einer für fünf Personen angemessenen Wohnung oder eines Hauses. Wir leben sparsam. Trotzdem sind am Ende des Monats vllt ein paar hundert Euro übrig. Ohne das Gehalt meiner Frau kämen wir überhaupt nicht hin. Vor dem Hintergrund absolut erschreckend, dass der Besoldungsgesetzgeber den notwendigen Partnerverdienst zum drücken der Besoldungsanpassung einsetzen will. Wir beten, dass unser Auto nicht kaputtgefahren wird, denn auf ein vergleichbares Neues (auch im Sinne von gebraucht) müssten wir 4-5 Jahre lang alle Ersparnisse aufwenden, um uns kein Geld dafür leihen zu müssen.
Jetzt zum Vergleich die Situation meines Schwiegervaters vor 30 Jahren: A14, 2 Kinder. Alle paar Jahre ein neues Auto - ohne Kredit versteht sich. Ersparnisse irgendwann für ein Haus eingesetzt, das dann nur noch einen kleinen Kredit erfordert hat. Frau komplett zu Hause.
Es hat sich etwas geändert bei Besoldung und den zu leistenden Abgaben sowie den Lebenshaltungskosten. A14 und co sind heute nicht mehr das wert, was sie einmal waren. Ein weiteres Indiz dafür, dass in allen Besoldungsgruppen nicht mehr amtsangemessen alimentiert wird.

Knecht:
@GeBeamter

Spannend zu lesen. Aber ich sag's mal so: irgendwo muss das nicht gerade weniger Geld ja hingehen?! Wenn man schon in der Konstellation solche Probleme hat (von der ich/wir weit entfernt sind), frage ich mich, wie ich einigermaßen (m)einen vernünftigen Standard aufrecht erhalten. Und ja, ich wohne zum Glück und bewusst nicht im Ballungsgebiet (trotzdem in einer nicht gerade günstigen und guten Gegend), aber das macht bei dir ja nun offenbar auch nicht das Meiste aus. Da fragt man sich schon, wie Leute im md, oder gar ed dort überleben...

Und danke @Swen

Das führt nämlich genau wieder zu meiner Eingangsfrage zurück: Wozu die Hoffnung? Wenn die ihren Job richtig machen, wovon die Meisten ja offenbar ausgehen, wird am Ende was bei rauskommen, was für den Gesetzgeber wieder leicht mit irgend einem anderen Trick beiseite gewischt werden kann und der Tanz beginnt von vorne. Das ist doch unendlich deprimierend. Insofern kann ich nur hoffen, dass auch das Bundesverfassungsgericht anfängt etwas außerhalb der Regeln zu spielen.

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