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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Und weiter geht es:
https://www.dgb.de/fileadmin/download_center/Stellungnahmen/DGB_Stellungnahme_BBVAngG-25.09.2024.pdf

NelsonMuntz:

--- Zitat von: BVerfGBeliever am 25.09.2024 22:29 ---
Nochmal: Die vierköpfige Alleinverdiener-Familie ist in keiner Weise das "Leitbild der Beamtenbesoldung", sondern lediglich "eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße" (siehe z.B. die BVerfG-Entscheidung aus 2020).

Sie ist also nur ein Kontrollmaßstab, anhand dessen die Mindestbesoldung kalibriert wird (irgendeine Bezugsvariable muss man schließlich nehmen). Und wie gesagt könnte man diesen Kontrollmaßstab theoretisch auch ändern, jedoch nicht mal eben "einfach so".

--- End quote ---

Niemand hat gesagt, dass dies einfach wäre - das gleiche gilt für jene Diskussion um die Abschaffung des Ehegattensplittings. Aus einer geübten Praxis heraus jedoch eine "Ewigkeitsgarantie" abzuleiten, erscheint mir schwierig. Ich widerspreche dabei nicht einmal der juristisch hergeleiteten Verpflichtung, die gesamte Familie eines Beamten reich zu alimentieren, stelle aber die Frage, ob dieser Praxis noch eine gesellschaftliche und politische Legitimation zu Grunde liegt. Über die völlige Entkopplung von dieser gesellschaftspolitischen Realität müssen wir bei dem Beispiel in der Stellungnahme des Richterbundes wohl kaum reden.

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--- Zitat von: emdy am 25.09.2024 22:45 ---Nein, das lege ich nicht dar, weil ich nicht abstreite, dass auch Leute in der pW den Lebenshaltungskosten in Deutschland unangemessen niedrig bezahlt werden können. Meine These ist, es fehlt an Wohnraum. Diesen Preissteigerungen ist mit Löhnen nicht beizukommen. Aber als Beamter könnte mir das egal sein, wenn mein Dienstherr die Rechtsprechung beachten würde.

--- End quote ---

Also hier vermischt Du unzulässigerweise verschiedene Themenfelder. Die Situation auf dem Immobilienmarkt und die auf diesem Weg entstehenden Wohnoptionen für die verschiedenen Einkommenskohorten unterliegen einer marktwirtschaftlichen Dynamik, die sich für fast alle Menschen in diesem Land in den letzten Jahren negativ entwickelt hat. Wo hier für den Beamten eine Sonderrolle in Sachen Größe oder Qualität des Wohnaumes definiert wird, entzieht sich meiner Kenntnis.


--- Zitat ---Ich muss nichts gemeinsam mit dir herausfinden. In Hamburg ist kürzlich die Besoldung eines kinderlosen A15ers für verfassungswidrig erachtet worden (Beschlussvorlage durch das dortige VG) . Insofern weine du doch einfach noch eine Runde und werd grün. ;D oder lass es bleiben, denn zu ihrem Recht kommen die Beamten ja eh nicht.
...
Die Diskussion rührt daher, dass das Alleinverdienermodell noch immer eine von verschiedenen gesellschaftlichen Realitäten ist, es aber billiger wäre, ein Partnereinkommen anzunehmen und so die Besoldung absenken zu können.

Dabei belass ich es. Es ist schon schlimm wie gleichgültig die Beamtenschaft dem Thema gegenüber ist. Für Diskussionen mit TB fehlt mir die Motivation...  ;D

--- End quote ---

Das allein reicht mir als Aussage bereits, vielen Dank ;)

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--- Zitat von: clarion am 25.09.2024 22:47 ---@NelsonMutz,

Wenn man bei VW die Verantwortung eines A16er (= Behördenleiter) hätte, wäre man vermutlich schon in der Chef-Etage mit den Millionen-Boni. Ich finde nach wie vor, dass Beamte im gD und hD im Vergleich zu VW Mitarbeitern absolut mies besoldet sind, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Beamte keine RV- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlen.

Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen,  dass VW ein seltener Fall von spätrömischer Dekadenz ist, aber wenn unsere Besoldungen ab A10 aufwärts und auch die Gehälter im TV-L ab E10 aufwärts so üppig wären, warum wollen denn so wenige junge Leute bei uns arbeiten?

Neulich hörte, ich dass eine mittelständische Firma einem Schnösel von 19 Jahren, gerade mit der Lehre fertig, 3.500 Euro plus Dienstwagen angeboten hat. Und der Schnösel sprach, das wäre ein bißchen wenig. Offenbar ist die spätrömische Dekadenz doch verbreiteter.

--- End quote ---

Ich sehe das tatsächlich etwas differenzierter - und möchte Deinen Blick hier auch mal von den großen Konzernen weg lenken. In so einem KMU mit vielleicht 500 Beschäftigten tragen die Manager die 100%ige Verantwortung für das erfolgreiche Geschätsergebnis und damit eben auch für die Gehälter aller Mitarbeiter. Der A16er Behördenleiter mag eine vergleichbare Verantwortung haben, in der finalen Konsequenz des Versagens wird jedoch kein einziger seiner ihm untergebenen Beamten (und auch er selbst nicht) vor die Tür gesetzt. Ein weiterer Unterschied ist die Defintion von "Erfolg", denn eine Behörde steht in keinerlei Wettbewerb.

Ich würde das grundsätzlich nicht vergleichen wollen, weil es sich hier um zwei völlig unterschiedliche Arten beruflicher Betätigung handelt.

Zur spätrömischen Dekadenz: Der von Dir angesprochene, 19jährige Schnösel mit Ausbildung würde immer noch weniger als die Hälfte dessen netto verdienen, was der Richterbund dem vielleicht 18jährigen A3er ohne Ausbildung zugestehen würde.

Das juristische Dilemma ist mir dabei sehr wohl bewusst, aber final muss es dazu eine auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext tragbare Lösung geben.

BVerfGBeliever:
Danke @Swen für deine wie immer sehr lesenswerten Ausführungen. Und du hast natürlich völlig Recht, in einem Punkt war der DRB (und in der Folge auch ich) sprachlich nicht ganz präzise:

1.) Das Grundgehalt plus die Familienzuschläge ergibt die Bruttobesoldung.
2.) Zieht man die Steuern ab, erhält man die Nettobesoldung (und ja, dabei hat der DRB die Abzugsfähigkeit der Basis-KV/PV vergessen, so dass die Steuern etwas niedriger sein dürften, was aber keinen großen Unterschied machen sollte).
3.) Zieht man die private Krankenversicherung ab und addiert das Kindergeld, erhält man die Nettoalimentation.

Der DRB hat in seiner Stellungnahme aufgezeigt, dass die Nettoalimentation eines A3-Beamten mit Ehepartner und zwei Kindern um gut 60% höher sein müsste, um wieder verfassungsgemäß zu sein. Per Rückwärtsindukation habe ich dargelegt, dass dies einer Erhöhung der Bruttobesoldung um rund 75% entspricht.

Und ja, natürlich dürfte es unrealistisch sein, diese Werte vollumfänglich zu erreichen. Aber es sollte offensichtlich sein, dass zur Zeit eine sehr sehr sehr große Lücke zwischen der aktuellen und einer mit dem Grundgesetz in Einklang stehenden Besoldung existiert.

Somit ist eine massive Erhöhung aller Besoldungen die einzig mögliche Lösung. Und dass dies in der Praxis vielleicht auch nicht völlig unbegründet ist, zeigen Wortmeldungen wie beispielsweise von @Imperator.


Und nochmal, das kann man selbstverständlich "doof" finden. Aber es ist nun mal Gesetz. Und zwar nicht irgendein Gesetz, sondern Artikel 33 unserer Verfassung (die man auch nicht mal eben so per Handstreich ändern kann).

Organisator:

--- Zitat von: BVerfGBeliever am 25.09.2024 22:29 ---Nochmal: Die vierköpfige Alleinverdiener-Familie ist in keiner Weise das "Leitbild der Beamtenbesoldung", sondern lediglich "eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße" (siehe z.B. die BVerfG-Entscheidung aus 2020).

Sie ist also nur ein Kontrollmaßstab, anhand dessen die Mindestbesoldung kalibriert wird (irgendeine Bezugsvariable muss man schließlich nehmen). Und wie gesagt könnte man diesen Kontrollmaßstab theoretisch auch ändern, jedoch nicht mal eben "einfach so". Außerdem müssten natürlich sämtliche weiteren Grundsätze (Leistungsprinzip, Ämterwertigkeit, etc.) beachtet werden.

--- End quote ---

Hier sehe ich den Ansatzpunkt. Eine pauschale Erhöhung aller Besoldungsgruppen um mindestens 30 % wäre eine Möglichkeit, die verfassungsmäßige Besoldungsordnung wiederherzustellen. Dies dürfte aber politisch nicht umsetzbar sein.

Statt darauf zu beharren wäre es doch sinnvoll, alternative Besoldungsmodelle zu entwickeln, deren Umsetzung auch gesellschaftlich zustimmungsfähig ist und dennoch dem postitulierten Kontollmaßstab genügen.

MDWiesbaden:

--- Zitat von: Skywalker2000 am 26.09.2024 06:54 ---Mal ganz ehrlich in die Runde. Wer ist den als Beamter egal mD oder gD kurz vor dem verhungern??? Wieso sind da einige in einer undefinierbaren Blase gefangen?

Und wenn ich mir die Beispiele anschaue, dass Mittelständische Unternehmen viel besser bezahlen als im gD?! Wieso wechselt ihr dann nicht? Bewerben und tschüss.

--- End quote ---

Ich bin im mD und lebe mit meiner Familie (2 Kinder) in Wiesbaden, einer der zehn teuersten Städte Deutschlands.
Würde meine Frau nicht Vollzeit arbeiten, dann wäre hier aber mal ganz wenig außerhalb der Normalität möglich.
Ich finde deinen Kommentar , sagen wir mal freundlich "seltsam".

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