Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
Alexander79:
--- Zitat von: MoinMoin am 30.09.2024 12:27 ---Nein, der Beamte hat eine freie Wohnortwahl
--- End quote ---
Nein hat er nicht.
Zitat:"§ 72
Wahl der Wohnung
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist."
https://dejure.org/gesetze/BBG/72.html
Gruenhorn:
--- Zitat von: Alexander79 am 01.10.2024 14:07 ---
--- Zitat von: MoinMoin am 30.09.2024 12:27 ---Nein, der Beamte hat eine freie Wohnortwahl
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Nein hat er nicht.
Zitat:"§ 72
Wahl der Wohnung
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist."
https://dejure.org/gesetze/BBG/72.html
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Und das ist nicht bloß graue Theorie. Mir wurde mal von einem ehemaligen Chef die notwendige Bestätigung des örtlichen Zusammenhangs einer Wohnung mit dem Dienstort verweigert, was aber Grundlage für die Erstattung der Umzugskosten bei einem (internationalen) Umzug war.
Die freie Wahl der Wohnung ist bei Bundesbeamten also durchaus auch praktisch eingeschränkt.
Rentenonkel:
--- Zitat von: NelsonMuntz am 30.09.2024 23:14 ---
Von daher ergibt sich bei mir ganz primitiv die Frage, wie eben jene, verfassungsrechtlich "saubere" Tabelle aussehen soll. Ich möchte überhaupt keine "gleiche" Welt, aber eben eine zumindest halbwegs "gerechte".
--- Zitat von: InternetistNeuland am 30.09.2024 22:23 ---Das Kindergeld ist keine Grundsicherung sondern eine Abschlagszahlung der Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuer. Sämtliche Gedankengänge die hieraus eine Kindergrundsicherung erreichen wollen, vermischen Steuerrecht und Sozialleistungen.
--- End quote ---
Formal korrekt. Lösung: Abschlagszahlung signifikant erhöhen.
Aus dem Leben gegriffen: Ich beziehe Kindergeld, welches mir schlicht jeden Monat stupide ausgezahlt wird. Im Steuerbescheid heißt es dann "Ooopsie, Freibetrag ist besser und wird bei der Berechnung der EkSt berücksichtigt" ... Das anschließende Umschichten der Gelder von Topf A zu Topf B juckt mich konkret einen Sche*** - Also da sollten wir uns nicht von abschrecken lassen.
Überdies: Obwohl ich davon überhaupt gar kein Freund bin und es volkswirtschaftlich sogar hochriskant bewerte: Mit diesem "4k-Vollalimentationmodell" der Beamten kommen wir vielleicht gar nicht um ein Art "Mini-BGE" in Form einer negativen EkSt herum, wenn wir unseren Bürgen/Beamten ein halbwegs gleichwertiges Prosperitätsniveau bieten wollen. Das ist nicht mal Ideologie, sondern schlicht und ergreifend Mathematik.
--- End quote ---
Anderes gilt nur für das Kindergeld (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>; 99, 300 <315, 321>), weil mit ihm im Ausgangspunkt die – bei der Ermittlung des Nettogehalts ohnehin zu berücksichtigende – verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes bewirkt wird (vgl. BVerfGE 99, 246 <265>) und es daher nur in bestimmten Fällen und in unterschiedlichem Umfang den Charakter einer Sozialleistung hat (vgl. BVerfGE 82, 60 <78 f.>).
Bei der Einkommensteuererklärung wird dann die durch den Kinderfreibetrag festzusetzende Steuererstattung mit dem tatsächlichen Kindergeld verrechnet. So wirkt sich der Kinderfreibetrag bis zu einem Einkommen von etwa 80.000 EUR bei Verheirateten nicht aus. Daher ist nur der Teil des Kindergeldes, der der Steuerentlastung entspricht, eine gebotene steuerliche Freistellung und die Differenz zu den 250 EUR ist eine Sozialleistung. De facto haben also die Mehrzahl der Familien pro Kind etwa 250 EUR netto mehr Einkommen.
Während also im Steuerrecht das steuerliche Existenzminimum auf weitestgehend 250 EUR (netto) definiert wird, ist es im Sozialrecht anders. Dort gibt es einen Regelbedarf für 0-5 jährige von 357 EUR, für 6-13 jährige von 390 EUR und für 14- 17 jährige von 471 EUR. Dazu kommt noch der angemessene Mehrbedarf für höhere Miet- und Heizkosten. Daran kann man schon erkennen, dass ein erheblicher Bedarf der Kinder für Berufstätige nicht mit den 250 EUR sondern aus weiterhin versteuertem Einkommen gedeckt werden muss. Während vor 50 Jahren ein Einkommen ausreichte, um den notwendigen Lebensbedarf zu decken, sind dafür mittlerweile 1,5 Einkommen notwendig.
Das Gefühl der Familien, dass es sich nicht mehr lohne, zu arbeiten, hat auch was damit zu tun, dass man erst einmal als Paar viel arbeiten und Geld verdienen muss, um mehr Einkommen zu haben, als eine Familie, die von Bürgergeld lebt. Auch die Anträge, die man als Durchschnittsverdiener stellen muss, und die Unterlagen, die man einreichen muss, tragen weder bei einem selbst noch im Bekannten - und Verwandtenkreis dazu bei, ein gutes Gefühl zu haben, wenn man sich für Kinder entscheidet.
Dabei verkennt die Politik und die Gesellschaft, dass wir eine starke Geburtenrate von etwa 2,1 bräuchten, um unseren Wohlstand und auch unsere soziale Marktwirtschaft am Leben zu halten. Das Delta in der Geburtenrate können wir theoretisch durch Zuwanderung lösen, diese Zuwanderung löst aber neue Konflikte aus, die auf anderen Ebenen wieder viele Probleme schaffen.
Mit ein Grund, warum immer weniger Netto vom Brutto verbleibt, dürften auch die steigenden Sozialversicherungsbeiträge sein. Das Existenzminimum ist eigentlich der Betrag, der einem Netto verbleiben müsste, um sein Existenzminimum zu sichern. Durch die immer höheren SV Beiträge und die schleichende Progression sowie die immer steigenden und stark auseinander driftenden Kosten für Miete und Heizung gelingt das jedoch immer weniger Familien.
Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (vgl. BVerfGE 103, 310 <320>; 117, 330 <353>; 121, 241 <261>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 95>; 140, 240 <279 Rn. 75>). Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung (vgl. BVerfGE 65, 141 <148 f.>; 103, 310 <319 f.>; 110, 353 <364 f.>; 117, 330 <353>; 130, 263 <294 f.>; 139, 64 <113 Rn. 96>; 140, 240 <279 Rn. 75>)
Alleine deswegen muss das BVerfG seine notwendige, politische Zurückhaltung üben. Es legt allerdings durch viele Urteile durchaus den Finger in die Wunden, um für politische Änderung zur Stärkung der Demokratie zu werben.
Bei der Frage der Gerechtigkeit gibt es daher neben den monetären Möglichkeiten auch viele andere Stellschrauben, an denen für alle Bundesbürger gedreht werden könnten. Der Gestaltungsspielraum ist enorm und die Urteile des BVerfG sollten dazu anregen, nicht immer nur in die eine Richtung zu schauen.
In Frankreich gibt es beispielsweise das Familiensplitting, wo die steuerliche Belastung durch die Anzahl der Familienmitglieder geteilt wird.
Auch gibt es, wie MoinMoin zutreffend darauf hinweist, unterschiedliche politische Gestaltungsmöglichkeiten für den sozialen Wohnungsbau, Sozialwohnungen oder Unterstützung der Familien bei dem Erwerb eines Eigenheims. So kann man die Wohnkosten senken und somit auch den Grundsicherungsbedarf senken.
Dazu passt auch eine aktuelle Meldung:
Die Zahl der Haushalte in Deutschland, die Wohngeld beziehen, hat sich binnen Jahresfrist stark erhöht. Sie stieg von rund 651.800 Ende 2022 auf knapp 1,2 Millionen Haushalte zum Jahresende 2023, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bekanntgab. Das entspricht einem Plus von 80 Prozent. Gerechnet auf alle Hauptwohnsitze erhalten damit 2,8 Prozent aller Haushalte in Deutschland diese Förderung.
Es ist geradezu bezeichnend, dass diese sozialen Transferleistungen nicht mehr die Ausnahme, sondern zunehmend die Regel werden und der dahinter stehende bürokratische Aufwand sehr viele Ressourcen und Gelder verschlingt, die dann an anderer Stelle fehlen.
MoinMoin:
--- Zitat von: Alexander79 am 01.10.2024 14:07 ---
--- Zitat von: MoinMoin am 30.09.2024 12:27 ---Nein, der Beamte hat eine freie Wohnortwahl
--- End quote ---
Nein hat er nicht.
Zitat:"§ 72
Wahl der Wohnung
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist."
https://dejure.org/gesetze/BBG/72.html
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Was ich damit zum Ausdruck bringen wollte, dass er die freie Wahl hat ob er in Berlin Neukölln oder Berlin Dahlem oder im Grünen vor der Stadt wohnt.
Man ihm also nicht vorschreiben kann, dass er in einer Billigwohngegend ziehen muss, nur damit die Alimentation günstig wird.
lotsch:
Wenigstens in Niedersachsen bemühen sie sich den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen:
Es geht um die 34-jährige Aynur Colpan, die das Amt der Büroleiterin seit Februar 2023 innehat. Colpan ist SPD-Funktionärin und SPD-Kommunalpolitikerin im Wahlkreis des SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil, aber das ist nicht außergewöhnlich. Außergewöhnlich ist, dass Aynur Colpan an allen Besoldungsregelungen vorbei in der niedersächsischen Staatskanzlei außertariflich in eine der Besoldungsstufe B2 (rund 8.200 Euro monatlich) entsprechende Gruppe hochgeboxt wurde.
Sogar um ein Dreivierteljahr rückwirkend: Grundlage war eine erst im November 2023 erstellte interne Neufassung von Verwaltungsregeln für Beförderungen innerhalb der rot-grünen niedersächsischen Regierung. Aufgrund ihres Werdegangs hätte ihr dieses Gehalt frühestens in acht bis zehn Jahren zugestanden. Sie hat also einen Sprung um fast 2.000 Euro gemacht. Gegen zahlreiche Warnungen von Fachbeamten. Weil und sein Staatskanzleichef Jörg Mielke schieben die Gehaltsaffäre mit der Bemerkung beiseite, sie hätten neue Gehaltsregeln geschaffen, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. Selten so gelacht!
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/stephan-weil-skandale-niedersachsen/
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