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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
SwenTanortsch:
Die Seehofer-Entwürfe ließen sich am Ende nicht im Kabinett finalisieren und sind entsprechend - so ist es berichtet worden - am damaligen Finanzminister Olaf Scholz gescheitert. Böse Zunge behaupten allerdings, dass genau das das Kalkül des damaligen Innenministers gewesen sei, der so oder so im Winter 2020/21 und Frühjahr 2021 wusste und sich dazu entschlossen hatte, dass er mit dem Ende der Legislaturperiode seine politische Karriere beenden würde. Letztlich waren auch jene Entwürfe wissentlich und willentlich, also zielgerichtet, verfassungwidrig konzipiert. Da im Winter 2020/21, also zum Zeitpunkt der Entstehung des ersten Entwurfs, als einziger weiterer Rechtskreis Berlin an der zielgerichteten Missachtung der Entscheidung vom 04. Mai 2020 gearbeitet hat und da dem Bund eine besondere Bedeutung für die Beamtenbesoldung zukommt, hat die damalige Bundesregierung an entscheidener Stelle die seitdem vollzogene Entwicklung in den weiteren Rechtskreisen mit vorbereitet, indem sie zeitgleich mit dem Senat von Berlin und dem Abgeordnetenhaus von Berlin den Takt vorgegeben hat.
Denn hätten sich die damalige Bundesregierung und Regierungsfraktionen veranlasst gesehen, zu einer verfassungskonformen Besoldung zurückzukehren, wie es ihre verfassungsrechtliche Pflicht gewesen wäre, hätten sich die weiteren Besoldungsgesetzgeber im Anschluss kaum veranlasst sehen können, die seitdem vollzogene Missachtung der neuen Judikatur des Bundesverfassungsgerichts auf die Spitze zu treiben. Nachdem also die damalige Bundesregierung aus Union und Sozialdemokraten in Gestalt des damaligen Innenministeriums das bekannte Rundschreiben vom 14.06.2021 zum einheitlichen internen Umgang mit Widersprüchen formuliert hat (https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm), hat die ihr nachfolgende Bundesregierung aus Sozialdemokraten, Bündnisgrünen und Freidemokraten den konzertierten Verfassungsbruch zielgerichtet fortgesetzt, indem sie in den knapp drei Jahren ihres Bestehens weiterhin nur ein Handeln gezeigt hat, das der Untätigkeit gleichgekommen ist, was die aktuelle Bundesregierung aus Sozialdemokraten und Bündnisgrünen seit Anfang November ein weiteres Mal verlängert und sich darin augenscheinlich weiterhin konzertiert mindestens mit der Union einig zu sein zeigt.
Neben der Kontinuität eines Handelns, das zielgerichtet einer Untätigkeit gleichkommt, bleibt seit dem Frühjahr 2021 als weitere Kontinuität, dass die Verantwortung für die zielgerichtet aufrecht erhaltene Missachtung der neuen Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts reihum den jeweils anderen zugewiesen wird, obgleich man sich ja übergreifend einig darin sein sollte, dass es so, wie es seitdem ist, genau richtig sei (denn wäre man sich nicht parteiübergreifend konzertiert einig, hätte man den Zustand ja in den letzten vier Jahren irgendwann mal ernsthaft in Angriff genommen). Das Ziel, von der eigenen Verantwortung abzulenken, die anderen Parteien nach Möglichkeit in der Ablenkung zu beschädigen und dabei die Beschädigung nicht nur des Bundesverfassungsgerichts, sondern ebenso des grundrechtsgleichen Individualrechts der Bediensteten wissentlich und willentlich voranzutreiben, zeugt von einer politischen Kurzsichtigkeit, die augenscheinlich als Einladung an die Wähler gemeint sein sollte, nach einer selbsternannten Alternative Ausschau zu halten.
Darin - das zeigen die Wahlergebnisse der letzten Jahre und die aktuellen Prognosen zur Bundestagswahl - waren die genannten Parteien auf jeden Fall sehr erfolgreich. Man darf vermuten, dass sie diese Erfolge auch weiterhin verlängern wollen, so wie sich derzeit weiterhin führende ihrer Repräsentanten auf Abgeordnetenwatch äußern. Dass man mit solcherart Handeln ein Monster füttert, sollte jedem der Beteiligten so bekannt wie gleichgültig sein - denn wäre es das jeweils nicht, würde man ja irgendwann im Besoldungsrecht wieder aus dem verfassungsrechtlichen Ausland auf den Boden der Verfassung zurückkehren, wofür es aber auch im Bund keinerlei Anzeichen gibt, dass man dieses Ziel ins Auge fassen wollte.
Kority:
Seh ich das richtig das mit dem neuen Entwurf von Januar ich immernoch leer ausgehe? Dieser Abschmelzungsbetrag ergibt halt einfach mal gar keinen sinn. Also profitiert man wenn überhaupt erst ab 3 kindern alles darunter geht leer aus? A6 Stufe 3 bald A7 mietstufe 4 2 kinder = 0 € AEZ? & 0€ Nachzahlung ?
Knecht:
Danke Swen, mal wieder ernüchternd aufschlussreich.
Ich weiß den Punkt siehst du anders, aber mMn hätte Karlsruhe schon lange ein Machtwort sprechen müssen.
Unser ganzes System ist leider nur noch dysfunktional. Damit gewinnt man keinen Blumentopf und schon gar keine Wähler mehr. Wenn die Schlüsselstellen dann noch überwiegend von Ideologen besetzt sind - willkommen in Deutschland.
GeBeamter:
--- Zitat von: Kority am 26.01.2025 00:00 ---Seh ich das richtig das mit dem neuen Entwurf von Januar ich immernoch leer ausgehe? Dieser Abschmelzungsbetrag ergibt halt einfach mal gar keinen sinn. Also profitiert man wenn überhaupt erst ab 3 kindern alles darunter geht leer aus? A6 Stufe 3 bald A7 mietstufe 4 2 kinder = 0 € AEZ? & 0€ Nachzahlung ?
--- End quote ---
Für den Dienstherrn macht das schon Sinn. Denn das was im Gesetzentwurf steht, ist die Reperatur alleine des Leitsatzes des BVerfG zum Urteil 2 BvL 4/18. Kern des Urteils war ja die nicht amtsangemessene Alimentation im höheren Dienst ab 3 Kinder aufwärts. Dass das BVerfG darüber hinaus in dem Verfahren festgestellt hat und auch das BMI dies eingesteht, dass die Grundbesoldung unabhängig von der Zahl der Kinder nicht amtsangemessen, in vielen Fällen nicht einmal die Mindestalimentation erreicht wird, wird in den Entwürfen weitestgehend aus fiskalischen Gründen ignoriert. Lediglich in den untersten Besoldungsgruppen wird durch Streichungen von Besoldungsstufen und Erfahrungsstufen ein bisschen Salbe aufgetragen, um nicht das zu manifestieren, was jetzt selbst die Bild kritisiert: dass Beamte für 41 Wst Arbeit weniger erhalten, als eine Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeldbezug. Unfassbar ist dann aber, dass selbst das im Entwurf nur erreicht wird, indem pauschal auch für nicht verpartnerte Beamte unterstellt wird, dass ein Zuverdienst im Umfang eines Minijobs den Abstand zum Bürgergeld herstellt.
SwenTanortsch:
Gern geschehen, Knecht - die politische Seite unseres Themas ist leider tatsächlich wirklich ernüchternd. Denn das Schlimme ist ja, dass solcherart Handeln nur denen nützt, die unsere liberale Demokratie hassen und deshalb sowohl tatsächlich als auch im Geiste unser Heimatland schon lange verlassen haben, um ihre Vorbilder ausgerechnet dort zu suchen, wo es ausnahmslos nur Katastrophen gibt. Denn ob nun deren jeweilig auswechselbaren Spitzenkandidaten Krah, Bystron, Ladig oder Weidel heißen, ihre maßgebliche aktuelle Bindung weist immer gen Peking und Moskau, wo also das notwendige Geld für Korruption und Camouflage zu finden ist.
Man kann solchen vaterlandslosen Gesellen, deren geistiger Bezugspunkt der 7. Mai 1945 ist, wenig entgegensetzen, wenn man wiederkehrend selbst nicht den 23. Mai 1949 erreicht. Entsprechend nützt solcherart Politik, wie wir sie in der Ausgestaltung des Besoldungsrechts finden, ausnahmslos nur der Alternative für Peking und Moskau.
Meine Sicht auf bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen ist ja seit je, dass verfassungsrechtliche Präzision vor Schnelligkeit gehen muss - allerdings treibt mich seit geraumer Zeit die Frage um, ob nicht mit zunehmender Dauer bis zu einer Entscheidung, also mit immer weiter zunehmenden "hybriden" besoldungsrechtlichen Regelungen, die sicherlich auch deshalb möglich sind, weil seit dem Mai 2020 weitere präzisierende Klarstellungen aus Karlsruhe fehlen, nicht auch umso schärfere Einschnitte in den weiten Entscheidungsspielraum notwendig sein müssen, über die ebenso der Besoldungsgesetzgeber verfügt. Folge der angekündigten Entscheidung darf aber nicht sein, dass jener weite Entscheidungsspielraum zukünftig über Gebühr eingeschränkt werden könnte, da das zum einen zur "Versteinerung" des Rechts führen könnte, womit niemand gedient wäre, und es zum anderen offenbaren müsste, dass in Angesicht von über 60 anhängigen besoldungsrechtlichen Normenkontrollverfahren Karlsruhe zu lange zugewartet hätte.
Einer der zentralen Dreh- und Angelpunkte der angekündigten Entscheidungen wird die präzise Klarstellung der Alleinverdienerannahme als aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteter Kontrollmaßstab sein, was in wenigen Sätzen geschehen kann. Da das aber in wenigen Sätzen geschehen kann, bleibt bis auf Weiteres durchaus unklar, wieso seit den Klarstellungen vom 21. Dezember 2023 bis heute weiterhin keine Entscheidung über die angekündigten "Pilotverfahren" vollzogen worden ist. Denn die diesbezüglich letzten Stellungnahmen im Rahmen der "Pilotverfahren" sollten etwa im Spätsommer oder Frühherbst in Karlsruhe eingegangen sein.
Der langen Rede kurzer Sinn: Das Besoldungsrecht ist seit spätestens dem Frühjahr 2022 im Zuge der seitdem spezifisch um sich greifenden "Hybridbildung" zunehmend schwerer beschädigt worden, was nicht minder spätestens im Herbst 2022 erkennbar war, als Ulrich Battis begründet von einem konzertierten Verfassungsbruch im Besoldungsrecht gesprochen hat (https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf) - diese Zunahme sachfremder "Hybridbildungen" verfassungsrechtlich einzuhegen, dürfte tendenziell nur umso schwieriger werden, je länger es dauert, bis eine Entscheidung über die "Pilotverfahren" ergeht und je länger sich der Zeitraum bis zu den daran anschließenden weiteren Entscheidungen erstreckt.
Dabei haben wir bislang allesamt wirklich Glück gehabt, dass nun nicht auch der Bund noch auf den letzten Metern entsprechende "Hybridbildungen" wie die geplanten in die Tat umgesetzt hat. Denn damit wäre das Chaos rein faktisch auf die Spitze getrieben worden. Es wird nun in dem Jahr nach der ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung über die "Pilotverfahren" vor allem an Berlin und - in dem ab etwa dem Frühsommer einsetzenden Gesetzgebungsverfahren zur Übertragung des Tarifergebnisses auf die Bediensteten - dem Bund liegen, sachgerechte Schlüsse aus den angekündigten Entscheidungen zu ziehen. Wir werden also - sofern die angekündigten Entscheidungen bis in den Sommer hinein veröffentlicht werden - eine weitgehend ähnliche Konstellation wie 2020 vorfinden - und das nur umso mehr, als dass ab dem Herbst die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder beginnen werden, sodass es ab dem Frühjahr des nächsten Jahres in 15 Rechtskreisen um die gesetzliche Regelung der jeweiligen Übertragung auf die Bediensteten gehen wird, während Hessen dem dann zeitlich um wenige Monate versetzt folgen wird.
Da davon ausgegangen werden sollte, dass der Zweite Senat nun in die Beratung eingetreten ist und da es keine verfassungsrechtliche oder gesetzliche Regelung gibt, die besagt, dass zwischen der Entscheidung und ihrer Veröffentlichung ein ausnehmend längerer Zeitraum bestehen muss, wäre es erfreulich, wenn nun im Verlauf des nächsten halben Jahres die Veröffentlichung der Entscheidung über die "Pilotverfahren" ergehen würde. Sofern der Zweite Senat sich einig darin zeigen sollte, die seit 2012 erstellte neue Besoldungsdogmatik bruchlos fortzusetzen, sollte das, da dann - wenn ich es nicht falsch sehe - kein überaus großer Diskussionsbedarf bestehen sollte, sachlich möglich sein. Wollte Karlsruhe erst nach dem Vollzug der ab dem (Früh-)Sommer anstehenden Übertragung des Tarifergebnisses auf die Bediensteten des Bundes eine Entscheidung in den angekündigten "Pilotentscheidungen" treffen - jenes Gesetzgebungsverfahren sollte sich realistisch betrachtet bis mindestens in den Herbst hinziehen -, sollte dem Zweiten Senat klarsein, dass die rund 370.000 Bediensteten des Bundes und Soldaten dann einen Dienstherrn vorfinden werden, der das Besoldungsrecht erst nach den nächsten Tarifverhandlungen grundsätzlich wird ändern wollen, was also kaum vor 2027 der Fall sein wird.
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