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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
Knecht:
--- Zitat von: bebolus am 01.03.2025 13:39 ---Die Erfahrungsstufen gehören abgeschafft. Zwei A8er Stufe 2 Zollbeamte müssen nachts ganz ohne Hilfe eine rechtssichere Festnahme eines Drogenschmugglers genauso umsetzen wie zwei A9er in Stufe 7.
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Ganz abschaffen wäre definitiv fairer als nur wieder die unteren Gruppen aufzuwerten und alle in der Mitte sind wieder die Verlierer. Also quasi alle "Stufe 7", nur das direkt auf die Grund-Besoldung. Im Prinzip Win-Win für alle...
SwenTanortsch:
--- Zitat von: bebolus am 01.03.2025 13:39 ---Die Erfahrungsstufen gehören abgeschafft. Zwei A8er Stufe 2 Zollbeamte müssen nachts ganz ohne Hilfe eine rechtssichere Festnahme eines Drogenschmugglers genauso umsetzen wie zwei A9er in Stufe 7.
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Sowohl Dein Beispiel ist schlüssig, bebolus, als auch die von Dir geübte Kritik, Rentenonkel, wobei die von Dir vorgeschlagene Reform sicherlich vom weiten Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, gedeckt sein dürfte. Wieso sie nun in der derzeitigen Form des Beamtenrechts nicht abgeschafft werden können - auch diese Deine Forderung kann man durchaus unter Fairnessgesichtspunkten stellen, Knecht; sie ist so verstanden schlüssig -, hat ein weiteres Mal mit dem geltenden Verfassungsrecht zu tun, was bei unserem Thema fast zwangsläufig bedeutet, dass wir uns die maßgeblichen hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums anschauen müssen, die ja nicht das gewachsene Beamtenrecht, sondern das Berufsbeamtentum als Institution schützen. Damit wird dann ein weiteres Mal - wie fast immer im Beamtenrecht - klar, dass es nicht um Gerechtigkeit geht, sondern um Begründbarkeit.
Bei den Erfahrungsstufen handelt es sich um eine der vielen Besonderheiten des Beamtenrechts, hier des Leistungsgrundsatzes aus Art. 33 Abs. 2 GG in seiner Überschneidung mit dem Alimentationsprizip aus Art. 33 Abs. 5 GG, was gemeinsam das Leistungsprinzip als einen hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums ausprägt, das so wegen seiner die Institution des Berufsbeamtentums prägenden Form als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz zu verstehen ist, zu dessen Beachtung (und nicht nur Berücksichtigung) der Gesetzgeber verpflichtet ist. Der Zweite Senat hebt entsprechend bspw. hervor:
"Das Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG bezeichnet in seinem Kern vor allem das Prinzip der Bestenauslese, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist. Art. 33 Abs. 5 GG ergänzt dabei die für Auswahlentscheidungen geltende Regelung des Art. 33 Abs. 2 GG vor allem durch eine bewahrende, auf den Schutz der 'erdienten Statusrechte' ausgerichtete Komponente, die zur Garantie der Unabhängigkeit des Beamtentums beitragen und damit die Funktionsfähigkeit der Institution sichern soll." (BVerfGE 145, 1, 5, Rn. 19; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/01/ls20170117_2bvl000110.html)
Der Dienstherr hat also als Ausfluss des Leistungsprinzips sicherzustellen, dass unterschiedliche Leistungen des Beamten unterschiedlich zu bewerten sind und dass unterschiedlich bewertete Leistungen sachgerecht unterschiedlich alimentiert werden (hier zeigt sich das Leistungsprinzip als sachliche Überschneidung des Leistungsgrundsatzes aus Art. 33 Abs. 2 GG mit dem Alimentationsprinzip aus Art 33 Abs. 5 GG), sodass es für ihn - sofern er nicht wiederkehrend Leistungsmessungen durchführen will, was ihm gleichfalls verfassungsrechtlich nicht verboten werden könnte, jedoch in einem erheblichen Maße zeitliche und personelle Ressourcen binden und der viel größeren Gefahr der Bewiderspruchung und Beklagung der Bewertung unterliegen müsste - am Einfachsten ist, eine Systematik wie das Erfahrungsstufensystem zu regeln, das mit dem sachlichen Grund verbunden und also entsprechend so begründet wird, dass der Beamte regelmäßig mit zunehmender Erfahrung über eine zunehmende Leistungsfähigkeit verfügen würde (so die sachliche Begründung, ob das in allen Fällen so tatsächlich der Fall wäre, bleibt dahingestellt).
Entsprechend betrachtet das Bundesverfassungsgericht die Grundgehaltssätze zunächst einmal als prinzipiell zentralen Gehaltsbestandteil (BVerfGE 139, 64, 141, Rn. 175; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/05/ls20150505_2bvl001709.html), um gleichzeitig hervorzuheben, dass sich in ihm mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht (BVerfGE 145, 1, 10, Rn. 20). Der mittelbare Gehalt ist nun genau das System der Erfahrungsstufen - würde der Dienstherr dahingegen regelmäßig über ein System sachgerechter Leistungsüberprüfungen die Leistungsfähigkeit des einzelnen Beamten bewerten, bedürfte es dieses mittelbaren Gehalts nicht, da dann ja eine unmittelbare Bewertung vorliegen würde, die typisiert zur Grundlage einer amtsangemessenen Alimentation gemacht werden könnte.
Ergo: Die Erfahrungsstufen sind ein grundlegendes Strukturmerkmal, das der Dienstherr regelt, um nicht mit erheblich größerem Aufwand (und erheblich größerer Gefahr der Bewiderspruchung und Beklagung der bewertenden Ergebnisse entsprechender Überprüfungen des einzelnen Beamten) andere Formen in das Beamtenrecht einzuführen, die ebenfalls die Beachtung des Leistungsprinzips sicherstellen könnten. Genau deshalb hat sich bspw. das Altersstufensystem als verfassungswidrig herauskristallisiert, da "Alter" kein Maßstab für Leistung sein kann, was für "Erfahrung" nicht so gilt. Denn Leistungsfähigkeit lässt sich aus Erfahrung ableiten, sodass ein sachlicher Grund gegeben werden kann, um Erfahrungsstufen zu begründen (unabhängig davon, ob das in jedem Einzelfall so der Fall wäre; solange die Typisierung sich sachlich begründen lässt, ist ein sachlicher Grund gegeben, sodass sich die Systematik sachlich begründen lässt).
Knecht:
Hallo Swen,
ehrlich gesagt bin ich etwas amüsiert, denn die Aufklärung, warum auch das wieder nicht geht, habe ich schon beim Schreiben des vorigen Beitrags erwartet :D
Es ist wie in letzter Zeit gefühlt immer: man steht sich selbst im Weg und es funktioniert einfach nichts, zumindest nichts, was eine Verbesserung bringen würde.
Wenn wir hier nicht langsam pragmatischer werden, können die Geiger auf Deck schon mal anfangen zu spielen.
PS: es wäre ja noch verkraftbar, wenn es in der Praxis immer so wäre, wie in der Theorie festgelegt.
bebolus:
Die Erfahrungsstufen sind eben nicht althergebracht. Vielleicht waren es die Altersstufen, die aber zurecht gekippt wurden.
Es bedarf mE einer grundlegenden Ämterneubwertung. Wir haben unzählige Zulagen, die fast schon willkürlich zugewiesen werden. Diese Zulagen werden auch nicht automatisch mit Besoldungserhöhungen angehoben, sondern verwässern über die Jahre.
Nanum:
Hi,
Bei der bündelung ist es das Gleiche. A9 gD Stufe 1 macht das Gleiche wie A11 Stufe 8. Sind ja nur 2500 brutto dazwischen alles nur Geld kürzen. Attraktiv machen 22 Jahre auf das Geld warten den Job sicher nicht.
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