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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
PolareuD:
--- Zitat von: Alexander79 am 07.08.2025 08:01 ---
--- Zitat von: Lichtstifter am 07.08.2025 06:58 ---„Den Verwaltungsrichtern ist kein Grund bekannt oder vorstellbar, warum in einem riesigen Ausmaß richterliche Arbeitskraft gebunden werden soll, um Verfahren einzutragen und zu verwalten, die gar nicht entschieden werden können“, schrieb Neuhäuser an den Ministerpräsidenten. Bislang hat er keine Antwort erhalten.
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Jetzt hab ich mal eine Frage an Swen ...
Warum kann ein Verwaltungsgericht grundsätzlich nicht in der Sache entscheiden?
Ob das Urteil bestand hätte, steht ja dann erstmal auf einem anderen Blatt.
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Aus meiner Sicht kann die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht entscheiden, da das BVerfG noch nicht die Vollstreckung angeordnet hat. Eine Vollstreckungsanordnung kann aufgrund fehlender Präzision in einigen Punkten bis dato auch nicht vollzogen werden.
Hierzu fehlen mir noch grundsätzliche Aussagen des BVerfG wie eine amtsangemessene Alimentation überhaupt auszusehen hat. Bisher wissen alle nur wie eine realitätsgerecht ermittelte Mindestalimentation aussieht. Wir malen uns letztendlich alle aus, dass allein die Höhe der Mindestalimentation Auswirkungen aus das gesamte Besoldungsgefüge haben muss. Letztendlich fehlen aber noch Aussagen in welchem Verhältnis leistungsbezogene Besoldungskomponenten zu leistungslosen Besoldungskomponenten stehen, sowie Parameter zur Ausgestaltung des Binnenabstandsgebot.
Bis dato liegen ca. 70 Klagen beim BVerfG vor. Weitere Normenkontrollverfahren würden vermutlich auch erstmal keinen weiteren Erkenntnisgewinn erzielen, so dass die Klagen vom VG selbst ruhend gestellt werden.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: Alexander79 am 07.08.2025 08:01 ---
--- Zitat von: Lichtstifter am 07.08.2025 06:58 ---„Den Verwaltungsrichtern ist kein Grund bekannt oder vorstellbar, warum in einem riesigen Ausmaß richterliche Arbeitskraft gebunden werden soll, um Verfahren einzutragen und zu verwalten, die gar nicht entschieden werden können“, schrieb Neuhäuser an den Ministerpräsidenten. Bislang hat er keine Antwort erhalten.
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Jetzt hab ich mal eine Frage an Swen ...
Warum kann ein Verwaltungsgericht grundsätzlich nicht in der Sache entscheiden?
Ob das Urteil bestand hätte, steht ja dann erstmal auf einem anderen Blatt.
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Am Ende entscheidet die Verwaltungsgerichtsbarkeit, worauf ich gleich zurückkomme, Alex.
Vorweg: Die in der NOZ genannten 500 Seiten dürften sich - so gilt es zu vermuten - auf die Gerichtsakte beziehen und nicht auf den vom Berichterstatter BVR Maidowski zu erstellenden Entwurf, denn über dessen Umfang und Inhalt wird weiterhin nichts nach draußen dringen.
Zur Frage: Die judikative Gewalt ist über Art. 20 Abs. 3 GG an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden. Sie hat in unserer Kompetenzordnung kein Recht, Gesetzes zu verwerfen - und zwar mit einer Ausnahme: Das Bundesverfassungsgericht hat als einziges Gericht nicht nur dieses Recht, sondern qua seines Auftrags als das zuständige Verfassungsorgan die Pflicht, auf Anruf den verfassungskonformen Gehalt eines Gesetzes zu prüfen und so die verfassungsgerichtliche Kontrolle zu vollziehen.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit prüft also in besoldungsrechtlichen Feststellungsverfahren den Fall des Klägers, betrachtet also, ob der Kläger amtsangemessen alimentiert wird. Dabei prüft sie regelmäßig, ob die Höhe der gewährten Alimentation im Sinne des Alimentationsprinzips angemessen ist, wofür ihr seit 2015 ein umfangreiches "Pflichtenheft" zur Verfügung steht, an das sie sich gebunden sieht. Kommt die Verwaltungsgerichtsbarkeit in dem betrachteten Fall auf Grundlage des "Pflichtenhefts" zu dem Schluss, dass die Höhe der gewährten Alimentation nicht amtsangemessen ist, kann sie das nicht rechtskräftig feststellen, da sie wie gerade dargestellt als Folge aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht die Kompetenz hat, ein Gesetz zu verwerfen. Deshalb sieht sie sich nun gezwungen, nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob die jeweilige Anlage des von ihr betrachteten Besoldungsgesetzes mit dem Alimentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist, im Endeffekt, ob die Höhe der gewährten Alimentation sachgerecht ist. Entsprechend formuliert sie nun regelmäßig: "Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist ein Gerichtsverfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, wegen einer Verletzung des Grundgesetzes für verfassungswidrig hält."
Das Bundesverfassungsgericht prüft nun nicht den Fall des Klägers, sondern die Begründung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die also den Nachweis führen will, dass die gesetzliche Grundlage nicht mit der Verfassung in Einklang steht. Es verwirft also im Sinne des ihm zukommenden Verwerfungsmonopols die gesetzliche Regelung, wenn es ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass sie verfassungswidrig sei, oder es betrachtet die gesetzliche Grundlage als verfassungskonform und weist so die Vorlage zurück. Es geht hier also weiterhin nicht um den Fall des Klägers, sondern um die Vorlage.
Seine Entscheidung weist das Bundesverfassungsgericht nun an die Verwaltungsgerichtsbarkeit zurück, die auf dieser Grundlage den Fall des Klägers entscheidet. Ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss gekommen, die gesetzliche Regelung ist mit der Verfassung im Einklang, wird die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Klage niederschlagen; ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss gekommen, dass die gesetzliche Grundlage verfassungswidrig ist, wird sie den Fall nun entsprechend betrachten und der Klage in der Regel in diesem Rahmen stattgeben.
Weil dem so ist und weil es hier um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18) geht und es nach der nun angekündigten Pilotentscheidung 2 BvL 5/18 u.a. in den zwischenzeitlich mehr als 70 Normenkontrollverfahren aus mehr als einem Dutzend Bundesländern um diese Entscheidungen gehen wird, die ebenfalls vom Zweiten Senat gefällt werden werden, spielt die Frage, wer den beiden BVR nachfolgt, eine für uns hier maßgebliche Rolle, da am Ende Personen den Senat bilden. Das ist der zentrale Grund, wieso ich hier umfassend zum Thema schreibe; ein weiterer Grund ist, dass das sich weiterhin vollziehende politische Gezerre mit einiger Wahrscheinlichkeit für einige der zukünftig möglichen Kandidaten die Frage aufwerfen wird, ob sie sich ebenfalls einer solchen Möglichkeit unterziehen wollen. Auch deshalb hat das Thema Wahl von Bundesverfassungsrichter hier m.E. seinen Platz.
Lord of the Vast:
--- Zitat von: Alexander79 am 07.08.2025 08:39 ---
--- Zitat von: Lord of the Vast am 07.08.2025 08:20 ---Normverwerfungskompetenz, die ;)
Gesetze, die gegen das Grundgesetz verstoßen, können nur vom BVerfG verworfen werden. Ein Gericht, das von der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes überzeugt ist, muss also an das BVerfG vorlegen.
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Grundsätzlich ja, aber das BVerfG hat ja mit seinem Urteil 2 BvL 4/18 schon mehr oder weniger deutlich festgelegt.
Wenn nun das BVerfG das Gesetz für verfassungswidrig hält, könnte jeder Besoldungsgesetzgeber ja wieder ein "verfassungswidriges" Gesetz erlassen und das Spiel beginnt von vorne.
Es würde sich also, wenn der Gesetzgeber nicht will, nie etwas ändern.
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Ein Stück weit ist das so. Es wird lediglich über einen begrenzten Zeitraum in der Vergangenheit entschieden. Theoretisch könnten Besoldungsgesetzgeber also immer wieder - versehentlich - verfassungswidrige Gesetze erlassen, die dann erneut überprüft werden müssten. Die Gesetzgeber werden die Entscheidungen des BVerfG jedoch ernst nehmen und dafür sorgen, dass nicht offensichtlich die selben Fehler begangen werden, die schon zur Verfassungswidrigkeit eines älteren Gesetzes geführt hatten, um den hohen politischen Druck Stand halten zu können und ein unnötiges Kostenrisiko (Prozesskostenrisiko) zu vermeiden. Angesichts angespannter Haushaltslagen gibt es aber auch gegenläufige Interessen, die zu einer gesteigerten Kreativität führen könnten, wie der Aufwand in der Umsetzung der neuen Vorgaben des BVerfG gering gehalten werden könnte.
Alexander79:
--- Zitat von: Lord of the Vast am 07.08.2025 09:30 ---Ein Stück weit ist das so. Es wird lediglich über einen begrenzten Zeitraum in der Vergangenheit entschieden. Theoretisch könnten Besoldungsgesetzgeber also immer wieder - versehentlich - verfassungswidrige Gesetze erlassen, die dann erneut überprüft werden müssten. Die Gesetzgeber werden die Entscheidungen des BVerfG jedoch ernst nehmen und dafür sorgen, dass nicht offensichtlich die selben Fehler begangen werden, die schon zur Verfassungswidrigkeit eines älteren Gesetzes geführt hatten, um den hohen politischen Druck Stand halten zu können und ein unnötiges Kostenrisiko (Prozesskostenrisiko) zu vermeiden. Angesichts angespannter Haushaltslagen gibt es aber auch gegenläufige Interessen, die zu einer gesteigerten Kreativität führen könnten, wie der Aufwand in der Umsetzung der neuen Vorgaben des BVerfG gering gehalten werden könnte.
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Genau darum gehts mir ...
Das BVerfG hat ein Urteil gefällt und den Besoldungsgesetzgebern ein Pflichtenheft zur Seite gelegt.
Aufgrund dessen kam der ein oder andere Besoldungsgesetzer auf die Idee und wurde kreativ hat mehr oder weniger zB ein Partnereinkommen eingeführt.
Die Verwaltungsgerichte stellen die Entscheidung zurück und geben es gemäß Art 100 GG ans BVerfG ab.
Wenn ich mir Art 100 GG in Verbindung mit §81 BVerfGG anschau, interpretiere ich es so, das nur dieses Gesetz, welches das VerwG vorlegt mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Nicht mehr und nicht weniger.
Praktisch wäre es ja dann so, wenn ein VerwG das Partnereinkommen verfassungswidrig hält, dem BVerfG vorlegt und das BVerfG urteilt dann, "jupp, verstößt gegen das Grundgesetz", dann gilt diese Entscheidung ja nur für den jeweiligen Besoldungsgesetzgeber.
Würde sich dieser Besoldungsgesetzgeber wieder etwas verfassungswidriges einfallen lassen, würde das komplette Verfahren von vorne beginnen.
Faunus:
--- Zitat von: Lord of the Vast am 07.08.2025 09:30 ---Angesichts angespannter Haushaltslagen gibt es aber auch gegenläufige Interessen, die zu einer gesteigerten Kreativität führen könnten, wie der Aufwand in der Umsetzung der neuen Vorgaben des BVerfG gering gehalten werden könnte.
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Der Staat darf nichts verschenken!
Grundprinzip des Haushaltsrechts ist es mit möglichst geringen Mitteln den größtmöglichen Nutzen für den Staat (uns alle) zu erlangen.
Sie sind also verpflichtet den finanziellen Aufwand in der Umsetzung der neuen Vorgaben des BVerfG möglichst gering zu halten. Wehe der Regierung, der man nachweisen kann, dass Geld an Beamte zu verschwenden. Sind doch die Pensionen jetzt schon viel zu hoch (Quelle: Regenbogenpresse, Stammtischgelabbere, etc.)
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