Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
SwenTanortsch:
In dem, worüber ihr hier gerade schreibt, geht es um zwei weitere Themen:
1. Thema: Bindungswirkung von bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen
Bis in den Winter des letzten Jahres war es einfachgesetzlich in § 31 Abs. 1 BVerfGG geregelt, dass Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden binden, was auch als ein unausgesprochener Verfassungsgrundsatz betrachtet worden ist. Mit Art. 94 Abs. 4 Satz 1 GG ist die Bindungswirkung nun ein Verfassungsgut. Unumstritten ist darüber hinaus weiterhin, dass als Folge der Bindungswirkung sog. entscheidungstragende Gründe auch den Gesetzgeber binden. In der Rechtswissenschaft umstritten ist, was genau alles unter einen entscheidungstragenden Grund fällt. Unumstritten ist, dass die Leitsätze entscheidungstragend sind. Sie binden also alle Verfassungsorgane und damit auch die Gesetzgeber, die nicht unmittelbar der Entscheidung unterliegen. Deshalb werden entsprechende Leitsätze von Entscheidungen, die mit Gesetzeskraft gefällt worden sind, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Leitsätze der aktuellen Entscheidung finden sich bspw. hier: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html
2. Kein schlichtes Normwiederholungsverbot
Sobald das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als nicht mit der Verfassung in Einklang stehend betrachtet, ist es entweder nichtig oder mit ihr unvereinbar. Daraus folgt allerdings nicht, dass der Gesetzgeber die identische Regelung nicht doch wieder unverändert, jedoch mit einer nun sachgerechten Begründung beschließen könnte. Sofern er das tut, sieht er sich der Gefahr ausgesetzt, dass er so die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts missachtet. Das muss aber nicht automatisch der Fall sein, da bspw. neue Gründe für das Gesetz dazu führen können, dass es nun als sachgerecht betrachtet werden kann. Diese neuen Gründe müssen aber eben sachgerecht sein, dürfen also nicht gegen entscheidungstragende Gründe bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen verstoßen.
Von daher sieht sich der Gesetzgeber in der Regel veranlasst, ein nicht identisches Gesetz zu beschließen, das also das nichtige oder unvereinbare Gesetz ersetzt und den Regelungsgegenstand verfassungskonform regelt.
Bleibt er hingegen untätig oder zeigt nur ein Handeln, das der Untätigkeit gleichkommt, muss er damit rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht in einem weiteren konkreten Normenkontrollverfahren darauf reagiert, am Ende ggf. mit der Ultima Ratio, nämlich der Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVErfGG, also die Bindungswirkung seiner Entscheidung im Rahmen seiner Möglichkeiten durchsetzt. Das ist im Besoldungsrecht bereit einmal der Fall gewesen, nämlich hinsichtlich des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs kinderreicher Familien. Auch das habe ich hier in der Vergangenheit bereits dargelegt, sodass sich eine erneute Darlegung erübrigt, denke ich.
Nordlex:
In der NOZ vom 30.07.2025 heißt es, dass das BVerfG-interne Arbeitsdokument bzgl. einiger Normenkontrollverfahren zu der amtsangemessenen Alimentation bereits über 500 Seiten hat (https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/25000-beamte-klagen-fuer-hoeheres-gehalt-und-ueberlasten-gerichte-49024875).
Ozymandias:
Über archive.ph ist der Artikel aufrufbar. Das liegt daran, dass oftmals erst nachträglich die Bezahlschranke seitenes der Zeitungen eingeführt wird.
BVerfG, 16.07.2025 - 2 BvR 1719/23
Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen Änderungsgesetz zum saarländischen Besoldungsgesetz (RIS: BesG SL 2022) - Subsidiarität gegenüber einer Feststellungsklage bzgl der fehlenden Amtsangemessenheit der Alimentation
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BVerfG&Datum=16.07.2025&Aktenzeichen=2%20BvR%201719%2F23
Für den Bund hatte das ein Forumsteilnahmer mal diskutiert. Ist also eher aussichtslos.
E15TVL:
Einigen bekommt wohl das gute Wetter nicht, scheint mir :) Habe daher mal grob durchgefegt auf den letzten Seiten…
PolareuD:
--- Zitat von: Ozymandias am 07.08.2025 17:46 ---Über archive.ph ist der Artikel aufrufbar. Das liegt daran, dass oftmals erst nachträglich die Bezahlschranke seitenes der Zeitungen eingeführt wird.
BVerfG, 16.07.2025 - 2 BvR 1719/23
Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen Änderungsgesetz zum saarländischen Besoldungsgesetz (RIS: BesG SL 2022) - Subsidiarität gegenüber einer Feststellungsklage bzgl der fehlenden Amtsangemessenheit der Alimentation
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BVerfG&Datum=16.07.2025&Aktenzeichen=2%20BvR%201719%2F23
Für den Bund hatte das ein Forumsteilnahmer mal diskutiert. Ist also eher aussichtslos.
--- End quote ---
Danke für den Link, Ozy. Das zeigt eindeutig, dass die Verfassungsbeschwerde nicht zum Ziel führen kann, solange der Rechtsweg über die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht ausgeschöpft ist. Von daher steht uns allen erstmal nur die Feststellungsklage auf amtsangemessene Alimentation offen.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version