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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Unknown:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 02.09.2025 07:27 ---Daraus folgt  für das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen mit Blick auf den weiten Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, und damit auch für sein Recht, die Struktur der Besoldung, die Art ihrer Zusammensetzung, jederzeit für die Zukunft ändern und auch die Gehaltsbeträge kürzen zu dürfen, solange sich die Kürzung in den von der Alimentationspflicht gezogenen Grenzen hält, solange er also einen sachlichen Grund ins Feld führen kann (BVerfGE 49, 260, 271 f. m.w.N.; https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv049260.html), dass es ein solch starres Korsett, das ihr euch wünscht, materiell-rechtlich nicht geben kann.

Dahingegen gibt es ein indizielles Prüfverfahren, das also in der gerichtlichen Kontrolle zur Anwendung gelangt und das hinsichtlich des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen besagt, dass ein im Rahmen der Gesamtabwägung zu gewichtendes Indiz für eine unzureichende Alimentation dann vorliegt, wenn die Abstände um mindestens 10 % in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen worden sind (vgl. Rn. 45 der aktuellen Entscheidung). Darüber hinaus hat der Besoldungsgesetzgeber hier materiell-rechtlich zu beachten, dass ein Verbot schleichender Abschmelzung bestehender Abstände besteht, dass ihm also eine "Salami-Taktik" nicht gestattet ist, dass also Gehaltskürzungen in futuro nur im Rahmen der zulässigen gesetzgeberischen Neubewertung und Neustrukturierung stattfinden dürfen, also eines sachlichen Grundes bedürfen, jedoch bestehende Abstände zwischen den Besoldungsgruppen Ausdruck der den Ämtern durch den Gesetzgeber zugeschriebenen Wertigkeiten sind, weshalb sie nicht infolge von Einzelmaßnahmen – etwa die zeitversetzte und/oder gestufte Inkraftsetzung von Besoldungserhöhungen für Angehörige bestimmter Besoldungsgruppen - nach und nach eingeebnet werden dürfen (BVerfGE 145, 304, 328 f., Rn. 78; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html).

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Magst du das mal rechnerisch ausführen, wie man das beispielsweise von A9 zu A10 herleitet?


--- Zitat von: SwenTanortsch am 02.09.2025 07:27 ---Das sind die an der von euch betrachteten Stelle vom Besoldungsgesetzgeber zu beachtenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, in deren Rahmen der Dienstherrn sich also materiell-rechtlich verpflichtet sieht, Richtern, Staatsanwälten und Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (vgl. den LS 1 der aktuellen Entscheidung).

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Gibt es dafür eine Definition was ein allgemeiner Lebensstandard und Verantwortung für A5, A10 und A15 ist? Für mich klingt das in etwa so, dass man mit A5 sich einen 3er BMW, mit A10 einen 5er BMW und mit A15 einen 7er BMW leisten kann. Das Beispiel ist natürlich bildlich und inhaltlich gemeint, um es materiell darzustellen.

beamtenjeff:
Ich weiß nicht inwiefern das hier bereits Thema war, aber falls sich noch jemand fragt, woher die Mittel für eine aA kommen sollen, dem kann ich folgenden Artikel ans Herz legen:

https://www.stern.de/news/wildberger-plant-anti-buerokratie-initiative-mit-millliarden-einsparungen-35988388.html

So wie ich das sehe, bekommen wir vielleicht irgendwann eine mehr oder weniger angemessene Besoldung, allerdings mit dem Preis, dass links und rechts von uns die Stellen weg brechen. Was das für jeden einzelnen von uns bedeuten wird, kann sich jeder selbst ausmalen. Oder sehe nur ich diese Parallelen? Auch das die CDU nicht mehr im großen Stil verbeamten möchte, spricht ja die gleiche Sprache. Wird es am Ende eine +-0-Rechnung die auf unseren Schultern ausgetragen wird?

SwenTanortsch:
@ Good Bye und Unknown

Ich schaffe es zurzeit zeitlich nicht, die Themen hier tiefgehender darzulegen, weiß aber, dass zurzeit eine Studie in Arbeit ist, die nicht zuletzt am Beispiel Thüringens die Problematik der heutigen Alimentation aus verschiedenen Perspektiven beleuchten wird, nämlich neben der historischen und statistischen ebenfalls aus einer systematischen. Entsprechend wird sie das Thema in den systematischen Teilen regelmäßig aus dem statusrechtlichen Amt heraus betrachten, weil nur so geklärt werden kann, was als (amts-)angemessen zu begreifen ist. Mit Blick auf die statistischen Problematiken wird im nächsten Monat ein Beitrag in der ZBR erscheinen, der methodisch den Nachweis führt, dass aus dem Prüfhorizont des bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenhefts" verschwindende Jahre dennoch weiterhin entscheidungserheblich sein können, was als ein statistisches Problem die Sache insbesondere gerichtlich unter der Prämisse der langen Verfahrensdauer erheblich verändern kann, zumindest der Komplexität des Themas eine weitere grundlegende Facette hinzufügt. Deshalb auch der historische Teil - wenn ich das richtig verstehe - der Studie, der sehr weit in die Vergangenheit zurückgeht, um das Thema weiterhin zu erhellen. Denn das Problem, das wir heute haben, hat auch mit den langen Verfahrensdauern zu tun, kann aber nicht so ohne weiteres darauf beschränkt bleiben, wenn man sich die Besoldungsentwicklung seit der Mitte des 19. Jh.s vor Augen führt, da hier wiederkehrende Kontinuitäten zu beobachten sind, die die Frage nach der Höhe einer heute amtsangemessenen Alimentation noch einmal schattieren dürfte, vermute ich.

lotsch:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 02.09.2025 07:27 ---
--- Zitat von: clarion am 01.09.2025 20:39 ---
--- Zitat von: GoodBye am 01.09.2025 17:13 ---
Deshalb hebe ich auch ständig hervor, das Mindestalimentation noch lange nicht aA ist.

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Dahingegen gibt es ein indizielles Prüfverfahren, das also in der gerichtlichen Kontrolle zur Anwendung gelangt und das hinsichtlich des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen besagt, dass ein im Rahmen der Gesamtabwägung zu gewichtendes Indiz für eine unzureichende Alimentation dann vorliegt, wenn die Abstände um mindestens 10 % in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen worden sind (vgl. Rn. 45 der aktuellen Entscheidung). Darüber hinaus hat der Besoldungsgesetzgeber hier materiell-rechtlich zu beachten, dass ein Verbot schleichender Abschmelzung bestehender Abstände besteht, dass ihm also eine "Salami-Taktik" nicht gestattet ist, dass also Gehaltskürzungen in futuro nur im Rahmen der zulässigen gesetzgeberischen Neubewertung und Neustrukturierung stattfinden dürfen, also eines sachlichen Grundes bedürfen, jedoch bestehende Abstände zwischen den Besoldungsgruppen Ausdruck der den Ämtern durch den Gesetzgeber zugeschriebenen Wertigkeiten sind, weshalb sie nicht infolge von Einzelmaßnahmen – etwa die zeitversetzte und/oder gestufte Inkraftsetzung von Besoldungserhöhungen für Angehörige bestimmter Besoldungsgruppen - nach und nach eingeebnet werden dürfen (BVerfGE 145, 304, 328 f., Rn. 78; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html).


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Swen, du hast doch schon viele Berechnungen durchgeführt und hast vielleicht einen Überblick, ob diese "Salamitaktik" angewendet wird. Von welchem Ausgangsjahr geht man da überhaupt aus, vom Jahr 2000, 1990? Hat der Gesetzgeber schon jemals sachliche Gründe für ein Abschmelzen der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen vorgebracht?
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SwenTanortsch:
Die Prüfsystematik wird regelmäßig im vierten Parameter des "Pflichtenhefts" indiziell angewandt, da hier beide Abstandsgebote regelmäßig in den Blick genommen werden, lotsch. Ein im Rahmen der Gesamtabwägung zu gewichtendes Indiz für eine unzureichende Alimentation liegt dann vor, wenn die Abstände um mindestens 10 % in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen wurden (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 45). Ungeklärt ist dabei weiterhin, inwiefern auch ein Abschmelzen der Abstände zum Grundsicherungsniveau durch die Streichung unterer Besoldungsgruppen und niedriger Erfahrungsstufen ggf. zu einem nicht sachgerechten Abschmelzen von Besoldungsabständen führen kann. Dafür lassen sich gewichtige Gründe ins Feld führen, ob sie aber hinreichend sind, um das wirklich begründen zu können, dürfte sich erst in Zukunft klären lassen.

Den Grundsatz des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 145, 304 als solchen betrachtet (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html). Die dazu bislang präzisierten Ausführungen finden sich dort ab den Rn. 74 ff. Die Entscheidungsbegründung stellt daraufhin ab den Rn. 87 die Verletzung des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen insbesondere im Zusammenhang mit der Verletzung des Gleichheitssatzes fest und führt das ab dort entsprechend aus, um ab den Rn. 105 ff. in die gleichfalls notwendige Konkretisierung zu gehen und ab den Rn. 120 f. eine Art Zusammenfassung zu formulieren.

Insgesamt ist hier wie in allen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts seine besondere Methodik zu beachten, die sich daraus ergibt, dass es regelmäßig Recht mit Recht vergleicht, nämlich einfachgesetzliches Recht auf Basis des Verfassungsrechts, auch war die Verfahrensart eine Verfassungsbeschwerde und kein konkretes Normenkontrollverfahren - nichtsdestotrotz lässt sich die Entscheidung verhältnismäßig leicht sachlich nachvollziehen.

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