Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
AltStrG:
--- Zitat von: Alexander79 am 17.11.2025 14:20 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 17.11.2025 13:11 ---Es bleibt dahingegen weiterhin die Aufgabe eines Besoldungsgesetzgebers, sofern er die Besoldung regional differenzieren wollte, das sachgerecht zu begründen.
--- End quote ---
Und hier dreh ich mich persönlich wieder im Kreis.
Zitat aus deinem Link.
"Das Alimentationsprinzip gehört zu den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebenskomfort ermöglicht. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unterscheiden sich regional teilweise erheblich, so dass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein können, damit die Beamten in der Lage sind, sich in der Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche zu leisten. Es verletzt das Alimentationsprinzip daher nicht, wenn bei der Bemessung der Bezüge von Beamten, die das gleiche Amt innehaben, an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufungen vorgesehen werden, sofern sich solche regionalen Unterscheidungen nach Anlass und Ausmaß der Differenzierung vor dem Gleichheitssatz rechtfertigen lassen. Welche Alimentation angemessen ist, bedarf allerdings der Konkretisierung durch den Gesetzgeber und ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig."
Daraus interpretiere ich für mich.
Diese Zuschlagorgie über den AEZ im alten Entwurf ist, sofern er sachlich begründet ist, durchaus möglich.
Auch wenn er unter Umstunden 1-2000€ im Monat ausmacht.
Denn wenn wenn ein Beamter in Hintertupfingen als Single für eine 3 Zimmer Wohnung 700€ zahlt und der Beamte in München mit 2 Kindern für eine 4 Zimmerwohnung 1800€, könnte ein von Ortszuschlag von 1.100€ grundsätzlich erstmal rechtens sein bzw nicht pauschal unzulässig, auch wenn er einen erheblichen Anteil der Grundbesoldung ausmachen würde.
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So pauschal: Nein, wie auf den letzten Seiten mehrfach dargelegt.
Ryan:
...so dass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein können...
Die in diesem Zusammenhang tragende Erwägung dürfte doch der Pressemitteilung zu entnehmen sein:
"Es ist nicht zu beanstanden, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, einen spezifischen Ausgleich für in Ballungsräumen erhöhte Lebenshaltungskosten vorzusehen. Die in bestimmten Ballungsräumen vergleichsweise hohen Preise spiegeln die dortige Lebensqualität wider. Sie bringen unter anderem zum Ausdruck, dass ein Leben in dem betreffenden Standort von einer Vielzahl von Menschen als attraktiv bewertet wird. Zwar trifft es zu, dass Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen von Teilen dessen, was die Attraktivität des Lebens an Orten mit hohem Preisniveau ausmacht, gerade aus Kostengründen nicht oder nur eingeschränkt profitieren können. Auch wenn berücksichtigt wird, dass etwa Teile des kulturellen Angebots, gehobene Einkaufsmöglichkeiten und innerstädtische Wohnungen nur von Personen mit höherem Einkommen intensiv oder überhaupt genutzt werden können, ist die Einschätzung nicht offensichtlich verfehlt, dass auch für Bezieher niedrigerer Einkommen den höheren Lebenshaltungskosten Vorteile gegenüberstehen, die dagegen sprechen, die geringere Kaufkraft des Beamtengehalts in diesen Räumen ohne weiteres mit einem entsprechend geringeren Lebensstandard gleichzusetzen. Als Beispiele seien nur die in Ballungsräumen reichhaltigeren Bildungsangebote und medizinischen Versorgungsmöglichkeiten, vielfältigere Freizeit- und Unterhaltungsangebote auch in den niedrigeren Preissegmenten oder ortsspezifische Vorteile wie die Nähe zu attraktiven Erholungsgebieten genannt."
Heißt: Nur weil es regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten gibt, müssen diese nicht zwangläufig (vollständig) nivelliert werden. Höhere Wohnkosten spiegeln jedenfalls zum Teil auch eine höhere Lebensqualität wider. Dieser die höhere Lebensqualität betreffende Anteil eignet sich gerade nicht für einen Ausgleich.
Die Zuschlagsorgie droht also aus dem Ruder zu laufen, wenn regionale Kostenunterschiede ohne Rücksicht auf Unterschiede der Lebensqualität vollständig ausgeglichen werden sollen. Der Bundes-AEZ hatte neben all seinen anderen Schwächen auch diese Tendenz.
Rentenonkel:
Wir hatten diese Diskussion auch schon mal vor einigen Monden, als ich einen ROMZ ins Spiel gebracht habe.
Schon damals hat dazu Swen recht ernüchternd folgendes geschrieben:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg341129.html#msg341129
Davon ausgehend, dass er seine Meinung dazu nicht geändert hat, gehe ich davon aus, dass Ortszuschläge auch weiterhin möglich sind, sofern sie sachlich zu begründen sind. Allerdings dürften sich diese eher auf einem verhältnismäßig niedrigen Niveau sachlich rechtfertigen lassen.
Auch habe ich seine Antworten so interpretiert, dass solche Ortszuschläge nicht an die Kinderzahl sondern an den Wohnort zu koppeln wären, weil anderes sachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen lassen sich ebenfalls für den nach dem Wohnort differenzierten Ortszuschlag mehr als maximal zwei verschiedene Ortszuschläge unterschiedlicher Höhe sachlich nicht begründen.
Ohne jetzt genauere Berechnungen zu haben, könnte ich mir daher nach den Ausführung von Swen beispielhaft vorstellen, dass der Besoldungsgesetzgeber für Mietenstufe I und II gar nichts zahlt, für III und IV vielleicht irgendwas von 80 bis 120 EUR und für V und VI vielleicht irgendwas von 160 bis 200 EUR pro Monat an Ortszuschlag zahlen könnte, so er denn belastbare Berechnungen anstellen könnte.
Darüber hinaus kann er auch weiterhin Familienzuschläge zahlen, so dass der Beamte mit den zwei Kindern in Berlin am Ende doch etwas mehr hat als der Single in Hintertupfingen. Wie Ryan jedoch zutreffend geschrieben hat, werden diese Zuschläge die regionalen (und familiären; Ergänzung von mir) Kostenunterschiede nicht vollständig ausgleichen.
Nicht ohne Grund kommen die hohen Summen, die für die Anhebung der Grundbesoldung notwendig erscheinen, zusammen.
Alexander79:
--- Zitat von: Rentenonkel am 17.11.2025 16:18 ---Wir hatten diese Diskussion auch schon mal vor einigen Monden, als ich einen ROMZ ins Spiel gebracht habe.
Schon damals hat dazu Swen recht ernüchternd folgendes geschrieben:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg341129.html#msg341129
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Vielen dank für den Link.
Dieser Thread ist mittlerweile viel zu umfangreich um hier noch was zu finden.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: Alexander79 am 17.11.2025 17:16 ---
--- Zitat von: Rentenonkel am 17.11.2025 16:18 ---Wir hatten diese Diskussion auch schon mal vor einigen Monden, als ich einen ROMZ ins Spiel gebracht habe.
Schon damals hat dazu Swen recht ernüchternd folgendes geschrieben:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg341129.html#msg341129
--- End quote ---
Vielen dank für den Link.
Dieser Thread ist mittlerweile viel zu umfangreich um hier noch was zu finden.
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Na, wir fangen ja bald wieder bei der Seite 2 an, dann wird's wieder übersichtlicher...
Ernsthaft: Ihr macht in euren Betrachtungen den immer wieder selben Fehler, was daran liegt, dass uns allen (und sich selbst) die Besoldungsgesetzgeber im starken Maße den Verstand verhext haben, indem sie wiederkehrend weit überwiegend die Mindestalimentation als scheinbaren archimedischen Punkt der Besoldungsbemessung betrachtet und danach allerhand mathematische Surfleistungen vollbracht haben in der Hoffnung auf viele Punkte in der B-Wertung, um es so auszudrücken. Soll heißen: Von den Besoldungsgesetzgebern ist wiederkehrend so häufig so viel sachlicher Unsinn in den Gesetzgebungsverfahren der letzten fünf Jahre geschrieben worden, dass es wenig erstaunlich ist, dass ihr euch dem anschließt. Denn was normal ist (oder so scheint), setzt über kurz oder lang die Normen, deswegen normative Kraft des Faktischen.
Soll heißen, der Fehler ist der Folgende: Ihr betrachtet Beamte quasi wie Grundsicherungsempfänger und fangt deshalb (genauso wie die Besoldungsgesetzgeber mit ihrem scheinbaren archimedischen Punkt der Mindestalimentation) an, den Beamten wie einen Grundsicherungsempfänger zu betrachten.
Hinsichtlich des Grundsicherungsempfängers wie auch - sie sind es ja alle vier - der vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft geht das nicht anders, da ja der Sozialgesetzgeber gezwungen ist, das Existenzminimum an konkreten Bedarfen zu bemessen, um es überhaupt feststellen zu können. Die Bemessung des Existenzminimums und Grundsicherungsbedarfs ist eine immer auch mathematische Angelegenheit und basiert auf und führt hin zu statistisch erfassten Bedarfen, die die Grundsicherungsbehörden erfassen und auswerten.
So ist das und muss es sein, um sachgerecht eine hinreichende Sozial- und Steuergesetzgebung bewerkstelligen zu können.
So ist das aber nicht und kann es deshalb auch nicht sachgerecht sein, um eine hinreichende Besoldungsgesetzgebung zu vollziehen. Denn dazu fehlt zunächst einmal (das ist der zweite Schritt) eine umfangreiche empirische Datenerhebung über grundlegende Alimentationsbedarfe oder Alimentationsbedürfnisse von Beamten. Hier gibt es keine auch nur in Ansätzen vergleichbare Daten wie zu Grundsicherungsempfängern. Sie gibt es allein deshalb nicht - damit sind wir beim ersten Schritt -, weil ihre Erfassung auch nicht notwendig ist. Denn der erste Schritt heißt: Dem Besoldungsgesetzgeber ist eine an konkreten Alimentationsbedürfnissen ausgerichtete Besoldungsbemessung verboten. Nicht die individuellen Bedürfnisse des Beamten sind für die Besoldungsbemessung relevant - denn sie sind Ausdruck individueller Werteentscheidungen des jeweils einer Beschäftigung nachgehenden Beamten, der sich zu seinem Dienstherrn in einem Dienst- und auf gegenseitige Treue angelegten Verhältnis befindet -, sondern die von ihm erbrachte Leistung, die von ihm in seinem jeweils von ihm bekleideten Amt zu erbringen ist, ist das Maß der Dinge: Für die Besoldungsbemessung des Beamten ist das Amt im statusrechtlichen Sinne das maßgebliche Kriterium - wie der Beamte danach mit der ihm gewährten amtsangemessenen Alimentation verfährt, ist gänzlich seine eigene Sache, solange er mit den Verwirklichung seiner Bedürfnisse nicht gegen Grundsätze verstößt, die sich aus seinen eingeschränkten Grundrechten ergeben.
Entsprechend hat der Dienstherr als Besoldungsgesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass der Beamte amtsangemessen alimentiert wird. Dafür ist das Grundgehalt maßgeblich, weil sich in ihm unmittelbar und mittelbar der Leistungsgrundsatz zu verwirklichen hat. Das Alimentationsprinzip ist unmittelbar mit dem Grundgehalt verbunden, da sich hier maßgebliche hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums verwirklichen (wie bspw. das Leistungsprinzip).
Darüber hinaus ist es dem Besoldungsgesetzgeber gestattet, im verhältnismäßig engen Rahmen die Besoldung differenzierende Zulagen und Zuschläge zu gewähren, die allesamt nicht Teil des Alimentationsprinzips sind und damit auch nicht maßgeblich mit dafür Sorge tragen können, eine amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten.
Wenn also der Besoldungsgesetzgeber die Besoldung mittels eine Ortszuschlags differenzieren will, dann kann er das empirisch nur in einem recht geringen Maße. Denn ein Beamter, der in einer Gegend mit sehr hohen Unterkunftskosten über das Glück verfügt, eine sehr günstige Wohnung zu beziehen, ist nicht anders zu betrachten, wie ein Beamter, der in der selben Gegend das Pech oder selbst gewählte Leiden vollzieht und also eine sehr teure Wohnung bezieht. Beides ist Ausdruck seiner persönlichen Werteentscheidung - der eine schränkt sich in seinem wohnlichen Umfeld ein und geht dafür ggf. einem sehr teuren Hobby nach, der andere möchte möglichst repräsentativ oder darüber hinaus leben, schränkt sich dafür aber in anderen Bedürfnissen (zwangsläufig) ein. Solange beide nicht in Konflikt mit ihrer Pflicht kommen, eine amtsangemessene Lebensführung zu vollziehen, ist weder das eine noch das andere zu kritisieren. Es geht den Dienstherrn entsprechend nichts an.
Ihr versucht hier hingegen, Beamte wie Grundsicherungsempfänger zu betrachten, deren staatliche Leistung auf streng bemessenen Bedarfen beruht (wenn sie am Ende ebenfalls im Rahmen ihrer ihnen staatlicherseits gewährten Möglichkeiten über die ihnen gewährten finanzielle Mittel frei verfügen dürfen). Und damit verhext ihr euch hier regelmäßig gegenseitig wie kommunizierende Röhren den Verstand, den ihr erst wieder freigepustet kommt, wenn ihr euch vom Mindestabstandsgebot löst.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird - in welchem Rahmen auch immer - der Zweite Senat uns am Mittwoch genau diesen Verstand wieder freipusten, indem er diesen scheinbaren archimedischen Punkt kräftig schreddert und das Mindestabstandsgebot wieder auf das ihm zukommende Maß stutzt. Denn es sagt nur aus, dass eine Alimentation die die Mindestalimentation unterschreitet und damit unterhalb der Grenze zur Unteralimtation liegt, unmittelbar verfassungswidrig ist; und dass für eine Alimentation, die oberhalb der Mindestalimentation liegt, nun ein Indiz für die Vermutung einer amtsangemessenen Alimentation gegeben ist.
Ergo: Eure an (ggf. sogar ganz konkrete) Bedürfnisse ausgerichteten Vorstellungen über das Maß einer amtsangemessenen Alimentation gehen regelmäßig in die Irre. Der Beamte muss am Ende einen seinem Amt entsprechenden Lebensstandard leben können - wie er ihn lebt, unterliegt seiner persönlichen Freiheit, solange er nicht Grundrechtseinschränkungen überschreitet, die ihm auferlegt sind.
Das - so können wir nur hoffen und davon gehe ich auch aus - wird einer der grundlegenden Darlegungen sein, die wir ab Mittwoch lesen können.
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