Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2089745 times)

SeppelMeier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9735 am: 21.01.2024 12:22 »
Leute Leute… Hier hat doch offensichtlich niemand einen juristischen Hintergrund. Das sollte bei den Diskussionen hier klar sein. Geht Euch bitte nicht so an. Noch 2 Wochen warten, dann wissen wir was kommt.

Ernstgemeinte Frage: Ich lege seit 3 Jahren Widerspruch ein, es war ja unklar was da kommt… Wenn der AEZ mir nun 1000+X ab Sommer je Monat mehr bringt und ich bekomme meinen Abhilfebescheid, dann ist das für mich und meine Personengruppe doch erledigt, oder?
Ich kann doch unmöglich Klage einreichen, da ich doch nun locker ausreichend alimentiert werde? Also es bleiben doch nur ein paar wenige Beamte übrig, die wenig oder Nix bekommen und Pendler1, richtig?

Ich stelle mir gerade vor, wie ein Richter mich fragen würde was mein Problem sei bei ca. 5000 brutto +1000 AEZ. Da hätte ich keine Idee was zu antworten wäre. Es werden also Beamte ohne Kinder alleine weiter kämpfen müssen? Ist das so?


BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9736 am: 21.01.2024 12:30 »
Langfristig (auch mit Blick auf die Pension) ist ja hauptsächlich das Grundgehalt in der jeweiligen Endstufe relevant.
Und die absurden Kinderzuschlagsorgien wie beispielsweise zurzeit in NRW werden ja hoffentlich bald wieder Geschichte sein..

Wenn man also auf 40-Stunden-Basis die 2024er Endstufen-Grundgehälter vergleicht, erhält man folgende Rangordnung für A15:

Hessen         7.443,29 €  (7.629,37 € / 41 Stunden, inklusive Zuschlag)
Bayern         7.440,71 €  (inklusive Sonderzahlung)
Thüringen      7.288,09 €
Sachsen        7.279,81 €  (inklusive Abschlag)
Rheinl.-Pfalz  7.153,48 €
Ba.-Wü.        7.103,33 €  (7.280,91 € / 41 Stunden)
Berlin         7.087,44 €  (inklusive Sonderzahlung)
Niedersachsen  7.086,60 €  (inklusive Sonderzahlung)
Sachsen-A.     7.084,64 €  (inklusive Sonderzahlung)
Brandenburg    7.041,71 €
Meck.-Vo.      7.019,12 €  (inklusive Sonderzahlung)
Hamburg        6.974,39 €
Bremen         6.932,52 €
Saarland       6.898,24 €
Nordr.-Westf.  6.878,49 €  (7.050,45 € / 41 Stunden)
Schl.-Hol.     6.841,85 €  (7.012,90 € / 41 Stunden)


Der Vergleich mit dem Bund ist hingegen etwas schwierig. Zwar "springt" er im März 2024 von 7.074,54 € (7.251,40 € / 41 Stunden) auf 7.654,95 € (7.846,32 € / 41 Stunden), also aus dem unteren Mittelfeld an die (vorläufige) Spitze.
Aber genauso "springen" dann wiederum die Länder im Februar 2025, Bayern beispielsweise auf 8.072,38 €.


Und, das Allerwichtigste: ALLE genannten Werte sind verfassungswidrig!!!

andreb

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9737 am: 21.01.2024 12:31 »
Das Gericht prüft die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage und entscheidet dann.

Die Frage, die du anführst, wird der Richter nicht stellen.

Nachtrag:

Der Abhilfebescheid enthält wieder eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Dieser müsste dann den Klageweg eröffnen.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9738 am: 21.01.2024 12:38 »
PolareuDs Gedankengang ist in sich schlüssig, tigertom und xap; er hat ihn nur nicht vollständig augeführt, weil er die Voraussetzungen seiner Gedankenführung als gegeben betrachtet hat:

Für Beamte gilt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums das Hauptberuflichkeitsprinzip, aus dem folgt, dass der Beamte verpflichtet ist, sich voll für den Dienstherrn einzusetzen und diesem seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Er kann sich entsprechend nicht gegen die ihm gesetzlich normierte wöchentlichen Dienstzeit zur Wehr setzen, solange sie nicht die Höchstzeit von regelmäßig 48 Wochenstunden überschreitet. In diesem Sinne meinte PolareuD, dass der Gesetzgeber tatsächlich die Möglichkeit hätte, die Wochenstunden auf 48 Stunden heraufzusetzen, ohne dass er damit sagen wollte, dass er das für richtig erachtete.

Da nun das Hauptberuflichkeitsprinzip gilt, ist es - unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsbelastung, die mit der Höhe der regelmäßigen Dienstzeit verbunden ist - für den Beamten hinsichtlich der Höhe seiner Besoldung unerheblich, ob er 40, 41 oder 48 Wochenstunden Dienst verrichten muss, da er anders als ein Arbeitnehmer keinen Stundenlohn erhält, sondern eben eine monatliche Besoldung. Genau deshalb konnte der Dienstherr (und könnte es auch weiterhin; das wollte PolareuD mit seinem ursprünglichen Beitrag sagen) mit der Anhebung der regelmäßigen wöchentlichen Dienstzeit auf 41 Stunden de facto hohe Personalkosten einsparen (und den Beamten bei identischer Besoldung deutlich stärker belasten), ohne dass er de jure die Besoldung verringert hat.

Das war die Gedankenführung hinter PolareuDs Darlegungen, die in sich schlüssig ist - und zugleich seid ihr alle drei einer Meinung, dass die Arbeitsbelastung mit zunehmender Dienstzeit steigt und dass höhere Zeiten regelmäßiger dienstlicher Tätigkeit für den Beamten de facto wie eine Besoldungskürzung wirken, wenn sie es auch de jure nicht sind, da sich das Besoldungsniveau nicht ändert, wenn die regelmäßigen wöchentlichen Dienstzeiten per Gesetz von 39 auf 41 oder mehr Stunden angehoben werden.

@ xap

Die rechtliche Regelung ist, wenn ich es richtig sehe (ich habe mich mit dem Thema bislang nicht beschäftigt), § 7 Abs. 8 S. 1 des geltenden Arbeitszeitgesetzes, die lautet: "Werden Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 4, Absatz 2 Nr. 2 bis 4 oder solche Regelungen auf Grund der Absätze 3 und 4 zugelassen, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten." (https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/BJNR117100994.html) Damit wird eine regelmäßige Arbeitszeit normiert, die jenen Höchstwert nicht überschreiten darf, wenn ich das nicht falsch sehe. Die gesetzliche Regelung sollte auch für Beamte gelten, wobei eben das Sonderrechtsverhältnis, dem er unterliegt, ein weiteres Mal besondere Regelungen ermöglicht (wie bspw. keine Besoldung auf Stundensatzbasis, sodass es für Beamte nicht automatisch monetär abzugeltende "Überstunden" gibt; die über die wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Verrichtung von Dienstgeschäften ist hingegen im Rahmen des Sonderrechtsverhältnisses ggf. anderweitig abzugelten): Denn das Sonderrechtsverhältnis ermöglicht das Hauptberuflichkeitsprinzip als strukturprägendes Merkmal des Berufsbeamtentums, gestattet es also dem Beamten anders als einen Arbeitnehmer nicht, von sich aus einer über seinen Dienst hinausgehende Beschäftigung nachzugehen. Denn dafür benötigt er die Genehmigung seines Dienstherrn.

Zugleich kann es zu Vergleichszwecken durchaus sinnvoll sein, die in den verschiedenen Rechtskreisen unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten mit einzubeziehen - und auf der anderen Seite bleiben das Besoldungs- und Alimentationsniveau das Maß aller Dinge, eben weil es keine regelmäßige Stundenbesoldung von Beamten gibt.

@ Seppel

Das Problem an den Berechnungen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sein, dass sie keine sachgerechten Grundlagen haben werden, soll heißen, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit eine zu geringe Mindestalimentation zur Grundlage des Vergleichs mit der gewährten Nettoalimentation gemacht werden wird (denn das war in den beiden letzten Entwürfen aus dem Frühjahr 2021 und 2023 jeweils der Fall ist). Damit wird am Ende dann allen Beamten ein zu geringes Besoldungsniveau gewährt.

In diesem Sinne sind alle Beamten betroffen, da sich die geplante gesetzliche Regelung an den sachwidrigen Bemessungen orientieren wird - und zwar unabhängig davon, dass darüber hinaus dann mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihrer Höhe her sachlich nicht zu rechtfertigende familienbezogene Besoldungskomponenten eingeführt werden werden.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9739 am: 21.01.2024 13:08 »
Die rechtliche Grundlage Beamte ggf. 48 Stunden in der Woche arbeiten zu lassen ist mir durchaus bekannt. Ich sehe trotzdem nicht wie der Dienstherr das dauerhaft ohne gleichzeitige Erhöhung der Besoldung begründen will, wenngleich mir klar ist, dass er genau das mit der Einführung der 41 Stunden Woche getan hat. Gesetze erlassen kann er natürlich wie er lustig ist, das sieht man seit geraumer Zeit. Ob diese vor Gericht Bestand hätten steht auf einem ganz anderen Blatt. Das sehe ich in meiner laienhaften Sicht eben nicht.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9740 am: 21.01.2024 13:16 »
Langfristig (auch mit Blick auf die Pension) ist ja hauptsächlich das Grundgehalt in der jeweiligen Endstufe relevant.
Und die absurden Kinderzuschlagsorgien wie beispielsweise zurzeit in NRW werden ja hoffentlich bald wieder Geschichte sein..

Wenn man also auf 40-Stunden-Basis die 2024er Endstufen-Grundgehälter vergleicht, erhält man folgende Rangordnung für A15:

Hessen         7.443,29 €  (7.629,37 € / 41 Stunden, inklusive Zuschlag)
Bayern         7.440,71 €  (inklusive Sonderzahlung)
Thüringen      7.288,09 €
Sachsen        7.279,81 €  (inklusive Abschlag)
Rheinl.-Pfalz  7.153,48 €
Ba.-Wü.        7.103,33 €  (7.280,91 € / 41 Stunden)
Berlin         7.087,44 €  (inklusive Sonderzahlung)
Niedersachsen  7.086,60 €  (inklusive Sonderzahlung)
Sachsen-A.     7.084,64 €  (inklusive Sonderzahlung)
Brandenburg    7.041,71 €
Meck.-Vo.      7.019,12 €  (inklusive Sonderzahlung)
Hamburg        6.974,39 €
Bremen         6.932,52 €
Saarland       6.898,24 €
Nordr.-Westf.  6.878,49 €  (7.050,45 € / 41 Stunden)
Schl.-Hol.     6.841,85 €  (7.012,90 € / 41 Stunden)


Der Vergleich mit dem Bund ist hingegen etwas schwierig. Zwar "springt" er im März 2024 von 7.074,54 € (7.251,40 € / 41 Stunden) auf 7.654,95 € (7.846,32 € / 41 Stunden), also aus dem unteren Mittelfeld an die (vorläufige) Spitze.
Aber genauso "springen" dann wiederum die Länder im Februar 2025, Bayern beispielsweise auf 8.072,38 €.


Und, das Allerwichtigste: ALLE genannten Werte sind verfassungswidrig!!!

Danke übrigens für diesen Vergleich. Er zeigt das der Bund zum Stichtag 21.01.2024 mitnichten Spitzenbesolder ist. Es sei denn man ist gewillt das obere Drittel der Liste als Spitze zu betrachten.

BerndStromberg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9741 am: 21.01.2024 13:20 »
Leute Leute… Hier hat doch offensichtlich niemand einen juristischen Hintergrund. Das sollte bei den Diskussionen hier klar sein.
Einige von uns schon, allerdings wohl außer Swen keinen einschlägigen. Deshalb sind seine fundierten und am aktuellen Geschehen orientierten Beiträge hier so interessant! Ausser Stuttmans 2-3 Zeitschriftenartikel und Battis Rechtsgutachten finde ich zu dieser Thematik von hoher gesamtstaatlicher Relevanz kaum etwas. Ist das nicht irritierend, wenn man sich die Masse an öffentlich-rechtlicher Fachliteratur anschaut? Es könnte natürlich dafür sprechen, dass die (dynamische) Problematik auch dank der Zersplitterung des Besoldungsrechts auf 17 Rechtskreise selbst für jeden Fachmann, der diese nicht täglich verfolgt, zu komplex ist, um fundierte Ausführungen machen zu können. Für mich auch der einzige Rechtfertigungsgrund für die Bearbeitungszeit durch das BVerfG.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9742 am: 21.01.2024 13:24 »
Swen ist Lehrer, das nur nebenbei zur Aufklärung. Aber ja, von uns allen steckt er seit Jahren wohl am tiefsten im Thema.

BerndStromberg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9743 am: 21.01.2024 13:27 »
Weiss ich, trotzdem kann er einen autodidaktisch erworbenen juristischen Hintergrund haben und in der Frage dank jahrelanger Einarbeitung ein höheres Fachwissen als 99,9% aller zu Generalisten ausgebildeten Volljuristen.

Nichtsdestotrotz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9744 am: 21.01.2024 13:58 »
Leute Leute… Hier hat doch offensichtlich niemand einen juristischen Hintergrund. Das sollte bei den Diskussionen hier klar sein. Geht Euch bitte nicht so an. Noch 2 Wochen warten, dann wissen wir was kommt.

Ernstgemeinte Frage: Ich lege seit 3 Jahren Widerspruch ein, es war ja unklar was da kommt… Wenn der AEZ mir nun 1000+X ab Sommer je Monat mehr bringt und ich bekomme meinen Abhilfebescheid, dann ist das für mich und meine Personengruppe doch erledigt, oder?
Ich kann doch unmöglich Klage einreichen, da ich doch nun locker ausreichend alimentiert werde? Also es bleiben doch nur ein paar wenige Beamte übrig, die wenig oder Nix bekommen und Pendler1, richtig?

Ich stelle mir gerade vor, wie ein Richter mich fragen würde was mein Problem sei bei ca. 5000 brutto +1000 AEZ. Da hätte ich keine Idee was zu antworten wäre. Es werden also Beamte ohne Kinder alleine weiter kämpfen müssen? Ist das so?


Ich dachte die gesamte Zeit über er will es einfach nicht verstehen. Mittlerweile bin ich der Überzeugung, er ist nicht in der Lage es zu verstehen.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9745 am: 21.01.2024 14:11 »
Die rechtliche Grundlage Beamte ggf. 48 Stunden in der Woche arbeiten zu lassen ist mir durchaus bekannt. Ich sehe trotzdem nicht wie der Dienstherr das dauerhaft ohne gleichzeitige Erhöhung der Besoldung begründen will, wenngleich mir klar ist, dass er genau das mit der Einführung der 41 Stunden Woche getan hat. Gesetze erlassen kann er natürlich wie er lustig ist, das sieht man seit geraumer Zeit. Ob diese vor Gericht Bestand hätten steht auf einem ganz anderen Blatt. Das sehe ich in meiner laienhaften Sicht eben nicht.

Wie gehabt, kommt's auf eine sachgerechte Regelung und deren hinreichenden Begründung an. Die Dienstzeiten von heute 41 auf 48 Stunden anzuheben, wäre sicherlich kaum möglich. Aber dass eine weitere Anhebung auf bspw. 42 Stunden so ohne Weiteres sachlich nicht mehr begründbar wäre, dürfte man bezweifeln können. In diesem Sinne hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 20. September 2005 - Vf. 13-VII-04 et al. - die Verlängerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit der Beamten im Freistaat Bayern in einem altersabhängigen Stufenmodell von 40 auf bis zu 42 Stunden als mit der Bayerischen Verfassung im Einklang stehend betrachtet (https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/13-vii-04__17-vii-04-entscheidung.pdf).

Das sachliche Grundgerüst der Entscheidungsbegründung, wie es vom Verfassungsgerichtshof präzise durchdekliniert wird, dürfte auch heute noch tragfähig sein - ob sich eine solche Anhebung in der heutigen sozialen Wirklichkeit der Bundesrepublik noch sachgerecht begründen ließe, lässt sich auch deshalb bereits m.E. nicht so ohne Weiteres bezweifeln, wobei eine solche gesetzliche Begründung ganz sicher nicht ein einfacher "Selbstläufer" wäre.

Sofern sich eine solche Erhöhung der wöchentlichen Dienszeiten sachlich rechtfertigen ließe, wäre weiterhin kein automatisch unmittelbarer Zusammenhang mit der amtsangemessenen Alimentation gegeben. Denn wie vorhin dargelegt, ist diese im Regelfall unabhängig von der Höhe der wöchentlichen Dienstzeiten zu betrachten: Die amtsangemessene Alimentation hat der Gesetzgeber als Konsequenz aus Art. 33 Abs. 5 GG unabhängig von einer wöchentlichen Arbeitszeit zu garantieren. Das ist ein zentrales Schutzrecht des Beamten, das leider im Sinne des gegenseitigen Treueprinzips auch gegen ihn gewendet werden kann.

Hinsichtlich meiner besoldungsrechtlichen Kenntnisse: Ich habe mich ab Herbst 2018 durchaus in das Thema reingekniet, sodass ich heute um meine damit erworbenen Fähigkeiten wie weiterhin vorhandenen Grenzen weiß. Ein Präsident eines Verwaltungsgerichts hat mich vorletztes Jahr in einem Gespräch mal als einen "besoldungsrechtlichen Wilderer" bezeichnet und damit gemeint, dass ich keinen Jagdschein habe, aber hier durchaus zum Zielen und Treffen befähigt bin. Ich denke, das ist ein ganz tragfähiges Bild.

BerndStromberg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9746 am: 21.01.2024 16:09 »
Spätestens wenn das BVerfG deine in der DÖV und ZBR veröffentlichten Aufsätze in seinen bevorstehenden Entscheidungen zitiert hat, wird sich die Frage nach dem offiziellen Jagdschein erübrigen ;-) Horst Seehofer hat sich ggü Journalisten übrigens immer als „Erfahrungsjurist“ beschrieben, vielleicht auch kein schlechter Titel. Volljuristen ohne nennenswerte fachliche Expertise gibt es übrigens genug, von denen würde ich keinen Beitrag, wenn sie einen hier veröffentlichen würden, bis zum Ende lesen. Generell, was einem so tagtäglich an anwaltlichen Schriftsätzen unterkommt…da sehne ich mich nach den gezielten Schüssen eines „Wilderers“…

Tom1234

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9747 am: 21.01.2024 16:21 »
Das Arbeitszeigesetz entfaltet hier keine Wirkung auf die Beamten. Die Arbeitszeit ist in 87 BBG geregelt und darf 44 Stunden die Woche nicht überschreiten. Entsprechend Absatz 3 wurde dann in der AZV ( Paragraf 3 ) die Festlegung auf 41 Sunden die Woche vorgenommen. Es gibt also noch Luft nach oben für den Bund.

xap

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« Antwort #9748 am: 21.01.2024 16:27 »
Und wieder was gelernt. Danke dafür.

SwenTanortsch

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« Antwort #9749 am: 21.01.2024 16:55 »
Das Arbeitszeigesetz entfaltet hier keine Wirkung auf die Beamten. Die Arbeitszeit ist in 87 BBG geregelt und darf 44 Stunden die Woche nicht überschreiten. Entsprechend Absatz 3 wurde dann in der AZV ( Paragraf 3 ) die Festlegung auf 41 Sunden die Woche vorgenommen. Es gibt also noch Luft nach oben für den Bund.

Hier müssen zwei normative Regelungen getrennt voneinander betrachtet werden:

1. Das Arbeitszeitgesetz legt eine Höchstgrenze fest, die kein Beschäftigter in Deutschland im Kalenderjahr regelmäßig insgesamt überschreiten darf, nämlich eine auf das Kalenderjahr gesehene durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden in der Woche.

2. Das BBG regelt in § 87 die heute regelmäßige Höchstgrenze für Bundesbeamte; sie darf heute im Durchschnitt wöchentlich 44 Stunden nicht überschreiten.

Die Nr. 2 kann der Bundesgesetzgeber aber weiterhin jederzeit mit einfacher Mehrheit verändern - nur eben nicht auf eine regelmäßige Arbeitszeit oberhalb von 48 Stunden erhöhen, da damit die Höchstgrenze einer regelmäßigen Beschäftigung in Deutschland überschritten werden würde, was solange als eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG zu betrachten wäre, wie nicht auch das Arbeitszeitgesetz eine entsprechende Änderung der regelmäßigen Höchstgrenze erfahren würde.

So verstanden könnte der Bundesgesetzgeber die wöchentliche Höchstgrenze aus § 87 BBG jederzeit mit einfacher Mehrheit im Einklang mit dem Arbeitszeitgesetz auf 48 Stunden erhöhen - wobei dabei allerdings das zu beachten sein würde, was ich im letzten Beitrag geschrieben habe. Denn es bliebe fraglich, dass er eine so starke Erhöhung bis an die allgemeine gesetzliche Höchstgrenze vor Art. 3 Abs. 1 GG so ohne Weiteres sachgerecht begründen könnte. Anders würde das - wie vorhin dargelegt - ggf. hinsichtlich einer durchschnittlichen 42 Stunden-Woche aussehen. Nicht umsonst würde eine solche Regelung weiterhin auch im Einklang mit § 87 BBG stehen. Solange § 87 BBG vor den Gerichten Bestand hat, ist eine entsprechende Erhöhung der regelmäßigen Dienstzeiten für Bundesbeamte rechtlich möglich.

@ Bernd

Deine Worte in Gottes Ohren und zugleich Danke für Deine Worte, über die ich mich freue! Wollen wir mal schauen, was auf uns zukommt. In einem kann man sich - denke ich - aber schon heute prognostisch sicher sein: Die angekündigten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts werden auch in der Rechtswissenschaft eine deutlich stärkere Resonanz entfalten als die aktuelle, die allerdings in den letzten dreieinhalb Jahren wiederkehrend betrachtet worden ist. Eine wirklich interessante findet sich bspw. auch aus der Feder der beiden Besoldungsrechtspezialisten des dbb, Alexia Tepke und Andreas Becker, in der ZBR 2022: www.zbr-online.de/click_buy/2022/becker_tepke.pdf