Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4399860 times)

Aloha

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11115 am: 13.03.2024 20:47 »
Leider können wir wegen der Ursachen der Inkonsistenzen zwischen den beiden Dokumenten nur Mutmassungen anstellen, handwerklich wirft das aber kein gutes Licht auf den Umgang mit den Verfahren - und schafft auch kein Vertrauen bei den Klägern. Ich tippe auf handwerkliche Fehler, denn Unterschiede sind ja bei taggleich veröffentlichten Dokumenten nicht sachlich erklärbar.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11116 am: 13.03.2024 21:05 »
Nach so langer Prüfung und intensivsten Beschäftigung ist das in der Tat... merkwürdig...

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11117 am: 13.03.2024 21:28 »
Hoppla Swen, nun auch bei Dir Frust über den schleppenden Fortgang beim BVerfG?

Ich habe einen ganz bösen Gedanken. Die beiden Kläger könnten verstorben sein und die Erben zurück gezogen haben. Schließlich sind die 17 bzw. 18 Jahre, die mindestens seit dem ersten Widerspruch vergangen sind,  eine signifikante Lebensspanne.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11118 am: 13.03.2024 23:11 »
Man müsste die sachlichen Inhalte des Berliner Verfahrens mit den sachlichen Inhalten des Schleswig-Holsteinischen  und des niedersächsischen Verfahrens vergleichen.

Das ist nicht unendlich schwierig, da die grundlegenden Ergebnisse der angekündigten Entscheidungen über die Berliner Richtervorlagen mit  hoher Wahrscheinlichkeit auf der Hand liegen. Denn der sachliche Inhalt der Berliner Verfahren dürfte mindestens weitgehend identisch mit denen der Entscheidung vom 04. Mai 2020 sein:

1) Das vorlegende Gericht ist zunächst das identische, nämlich das Bundesverwaltungsgericht.

2) Es hat dabei hinsichtlich der Betrachtung der R- und A-Besoldung in den jeweiligen Vorlagebeschlüssen vom 22.09.2017 die weitgehend selbe Methodik zugrunde gelegt.

3) Der Entscheidungszeitraum der Entscheidung vom 04. Mai 2020 über die R-Besoldung im Land Berlin waren die Jahre 2009 bis 2015, der Entscheidungszeitraum in vier der anhängigen fünf Vorlagen, über die nun die Entscheidung angekündigt wird, ist der identische, in der fünften Vorlage wird der Zeitraum von 2008 bis 2015 betrachtet. Alle fünf nun angekündigten Entscheidungen betreffen die A-Besoldung und die Besoldungsgruppen A 9 bis A 12.

5) Die Parameterwerte der ersten Prüfungsstufe dürften dabei kaum unterschiedlich sein; die Überschreitung in den einzelnen drei ersten Parameterregelungen dürfte ggf. in den nun angekündigten Entscheidungen über die A-Besoldung leicht geringer ausfallen, da die Kürzung der Sonderzahlungsregelung(en) in der A-Besoldung gegenüber der R-Besoldung im einzelnen eine leicht dämpfende Wirkung haben sollte. Diese dämpfende Wirkung sollte aber - auf's Ganze gesehen - kaum ausreichen, um hinsichtlich dieser Parameterwerte zu anderen Ergebnissen zu gelangen als in der Entscheidung vom 04. Mai 2020.

6) Darüber hinaus sollten sich die zu erwartenden Darlegungen des Bundesverfassungsgerichts zum Mindestabstandsgebot weitgehend nicht von denen in der Entscheidung vom 04. Mai 2020 unterscheiden; ggf. wird nun das 95 %-Perzentil der kalten Unterkunftskosten ohne Bedarfsgemeinschaften im Kontext  von Fluchtmigration herangezogen, das sich im Betrachtungszeitraum im einzelnen aber in Berlin offensichtlich identisch oder weitgehend identisch zeigen sollte. Gegebenenfalls sieht sich der Senat von Berlin mittlerweile in der Lage, für den Zeitraum zwischen 2008 und 2015 differenzierte und also realitätsgerechte Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie für den monetären Gegenwert der Sozialtarife zur Verfügung zu stellen - davon sollte rund vier Jahre nach der aktuellen Entscheidung, die eine solche Verpflichtung beinhaltet hat, an sich auszugehen sein, wobei ja auf der anderen Seite in Berlin manche Uhr bis auf Weiteres nicht immer so tickt, wie das normalerweise zu erwarten wäre -, was den Betrag der Mindestalimentation mittelbar höher werden lassen würde als noch 2020, sodass hier im einzelnen höhere Fehlbeträge zu erwarten wären.

7) Auf der ersten Prüfungsstufe sollte sich also auch in den fünf nun angekündigten Normenkontrollverfahren die Vermutung einer verfasungswidrigen Unteralimentation in den zu betrachtenden Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 finden; zu diesem Ergebnis sollte zumindest nach heutigem Stand auf Basis der gerade dargelegten Sachverhalte die entsprechende Gesamtbetrachtung kommen.

8 ) Diese Vermutung sollte sich gleichfalls auf der zweiten Prüfungsstufe erhärten, jedenfalls wenn das Bundesverfassungsgericht den Vorlagen des Bundesverwaltungsgericht folgt (wovon auszugehen sein sollte). Das Bundesverwaltungsgericht hat 2017 in der "Gesamtabwägung aller alimentationsrelevanten Kriterien auf der zweiten Prüfungsstufe [...] ein einheitliches Bild" hinsichtlich der A-Besoldung festgestellt: "Die im Land Berlin gewährte Alimentation ist weder in der Lage, ihre qualitäts- und verantwortungssichernde Funktion sicherzustellen (a) noch hält das Besoldungsniveau einem Vergleich mit den in der Privatwirtschaft für Beschäftigte mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung gezahlten Löhnen stand (b). Dieser Befund wird durch parallele Entwicklungen im Bereich anderer Alimentationsleistungen nicht entkräftet, sondern verstärkt (c). Unabhängig von der Einordnung der Daten zum Nominallohnindex in Berlin ist daher als Gesamtbefund eine evidente Unteralimentierung zu konstatieren (d)." (vgl. die Rn. 72 ff. unter: https://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/220917B2C4.17.0.pdf).

9) Die Gesamtabwägung im Anschluss an die zweite Prüfungsstufe, die die Ergebnisse beider Prüfungsstufen zusammenführt, sollte also mit hoher Wahrscheinlichkeit für die vier Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A zu demselben Ergebnis kommen, wie das in der aktuellen Entscheidung für die dort betrachteten drei Besoldungsgruppen der Besoldungsgruppe R der Fall gewesen ist. Es sollte also davon auszugehen sein, dass wir hier in den angekündigten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts weitgehend dieselbe Aussage wie aktuell in der Rn. 160 vorfinden werden, nun die Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 betreffend (Hervorhebungen durch mich):

"Die Gesamtbetrachtung der Parameter auf der ersten Prüfungsstufe begründet somit die Vermutung, dass im Land Berlin die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in den Jahren 2009 bis 2015 sowie die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe R 3 im Jahr 2015 das Mindestmaß amtsangemessener Alimentation unterschritten haben (vgl. Rn. 148 ff.). Die Gesamtabwägung unter Einbeziehung weiterer alimentationsrechtlicher Determinanten bestätigt diese Vermutung (vgl. Rn. 154 ff.)."

10) Auch hinsichtlich der dritten Prüfungsstufe sollten wiederum die identischen Aussagen wie in der aktuellen vom 04. Mai 2020 zu finden sein, da sich auch hier keine begründete Ausnahmesituation den Gesetzgebungsmaterialien entnehmen lässt.

11) Da darüber hinaus die gesetzlichen Grundlagen im Betrachtungszeitraum in der A- und R-Besoldung prozedural identisch sind, nun also vom Bundesverfassungsgericht auch diesbezüglich derselbe Begründungskontext vorgefunden wird, dürften auch hier nur wenige Veränderungen in den anstehenden Normenkontrollverfahren gegenüber denen aus dem Jahr 2020 zu erwarten sein, wobei es ggf. hier oder in den Bremer Normenkontrollverfahren durchaus zur weiteren Ausformung der prozeduralen Anforderungen kommen könnte, was mindestens in einem oder beiden Rechtskreisen sogar recht wahrscheinlich sein dürfte.

Zu den schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Vorlagen finden sich nun weiterhin hier einige Darlegungen: https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/03/Weitere-Normenkontrollantraege-vor-der-Entscheidung-5.pdf Auch auf dieser Grundlage wäre also ein entsprechender Vergleich zumindest im weiteren Sinne möglich (vgl. hier die Darlegungen auf den S. 7 ff. und 13 ff.).

@ clarion

Die Interpretation, die sich im ersten Satz Deines Beitrags findet, ist sachlich nicht korrekt. Meine Irritation, die mich durchaus wütend gemacht hat, bezieht sich wie dargelegt auf andere Sachverhalte, die mit den jeweiligen Verfahrensdauern verbunden sind, aber insgesamt einen anderen Kontext abbilden. Darüber hinaus habe ich von "Wut" und nicht von "Frust" gesprochen. Diese Wut, die als solche ja wiederkehrend (zumindest bei mir) ein eher temporäres Phänomen ist, verfliegt nun bei mir zunehmend, weil sie sachlich nicht weiterführt, also in der sachlichen Betrachtung der vor uns liegenden Zeit keinen positiven Sinn haben könnte. Entsprechend gilt es also, den Blick weiterhin auf die Sache zu richten, was ich unter anderem mit den gerade vollzogenen Ausführungen versuche, um lotsch und anderen die Möglichkeit zu geben, sich ein eigenes Bild von der Sachlage zu machen. Es hilft nix, denke ich, sich zu lange negativen Emotionen hinzugeben, die den Blick nach vorn verstellen. Ergo: Mund abwischen, weitermachen. Lebbe geht weider.
« Last Edit: 13.03.2024 23:18 von SwenTanortsch »

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11119 am: 14.03.2024 00:00 »
Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Verschärfung der Rechtsprechung im Sinne weiterer Eingriffe in den ehemals weiten Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber nicht von dem jeweils betrachteten Besoldungsrechtskreis abhängig ist, wobei untätige Dienstherren, wie Berlin, am ehesten mit der "ganzen Härte des Rechtsstaates" rechnen müssen.

So verstanden sehe ich keinen großen Anlass für Unmut darin begründet, dass Entscheidungen zu einzelnen Rechtskreisen angekündigt und dann doch andere priorisiert werden. Maßgeblich ist, dass die Zügel mit den kommenden Entscheidungen deutlich angezogen werden. Nur sollte das nicht erfolgen, gibt es Grund für Unmut. Alles bis dahin bleibt Analyse und Prognose.

Was mich aber die letzten drei Tage gelehrt haben ist, dass das Problematisieren langer Verfahrensdauern, die per se keine Kritik am Bundesverfassungsgericht darstellt, nur Swen zusteht, ebenso wie vorübergehende Wut. Wer ohne auf Schuldzuweisungen hinauszuwollen den Diskurs auf die Folgen eines extrem langwierigen Prozesses lenken möchte, ist nur zu blöd die langen Texte zu lesen und träumt vom pragmatisch esoterischen Gefühlsrechtsstaat. Wie oben angedeutet, der heutige Tag war aus meiner Sicht kein schlechter. Das BVerfG hat für 2024 Beschlüsse in Aussicht gestellt.

Für lehrreiche Analysen und Prognosen bin ich trotzdem auch weiterhin dankbar.

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11120 am: 14.03.2024 04:17 »
Das erste Quartal ist ja bald zu Ende… Vielleicht gibts morgen etwas im Wochenausblick.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11121 am: 14.03.2024 06:13 »
Also Swens Ausgeglichenheit hier im Forum finde ich persönlich immer wieder bemerkenswert.

Ich denke für einige, für mich auf jedenfall, steht "die Tatsache" der nicht angemessenen Besoldung nicht im Fordergrund.
Was ich persönlich viel schlimmer finde ist das mein Rechtsstaatsverständnis durch dieses Beispiel in den Grundmauern erschüttert wird.

In der Schule und auch auf dem Verwaltungslehrgang wurde uns immer etwas von Gewalteinteilung, gegenseitiger Überprüfung und wie "gut" unser System ist erzählt.
Nun kommt das Problem der amtsangemessenen Besoldung und schwupp sieht wie die Executive die Legislative (Macher des Grundgesetz) und auf die Judikative (BVerfG) ignoriert und seit rund 20 Jahren macht was will.
Ich bin zwar überzeugter, AFD Nichtwähler, aber finde es dann doch bemerkenswert wie alle Parteien die letzten 20 Jahre mehr am Grundgesetz und der Gewalteinteilung sägen, als es die AFD hoffentlich jemals kann.

BerndStromberg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11122 am: 14.03.2024 08:00 »
@Alexander79:

Damit sprichst du mir - und vielen anderen hier im Forum wahrscheinlich auch - aus der Seele!

Wenn schon vom Rechtsstaat grundüberzeugte Staatsdiener, ob Beamte, Richter, Staatsanwälte oder Professoren Zweifel am Funktionieren unserer Gewaltenteilung äußern, wie soll es dann erst anderen gehen? Ich finde diese Entwicklung unglaublich gefährlich. Die AfD steht mE in Umfragen nur dort, wo sie steht, weil viele in diesem Gefühl von Dysfunktionalität unseres Staates den Wunsch nach Kontrolle artikulieren wollen. Damit will ich die Wahl dieser schrecklichen Partei nicht rechtfertigen, aber so verstehe ich die Motive dahinter.

Jetzt kann man sagen, die Beamtenbesoldung ist ein Spezialthema, das weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, für die wir wahrscheinlich alle immer noch überversorgt sind. Aber diese Entwicklung, dass die Exekutive und Legislative sich nicht wirklich um die Entscheidungen der Judikative kümmern, wird ja nicht bei einem Thema stehen bleiben. Und es säht jetzt schon massive Unzufriedenheit unter denjenigen, die im Zweifelsfall einmal diesen Staat gegen rechtspopulistische Einflüsse, wie es die zB schon in Polen oder Ungarn und vielleicht bald in Frankreich gibt, verteidigen müssen…

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11123 am: 14.03.2024 08:50 »
Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Verschärfung der Rechtsprechung im Sinne weiterer Eingriffe in den ehemals weiten Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber nicht von dem jeweils betrachteten Besoldungsrechtskreis abhängig ist, wobei untätige Dienstherren, wie Berlin, am ehesten mit der "ganzen Härte des Rechtsstaates" rechnen müssen.

So verstanden sehe ich keinen großen Anlass für Unmut darin begründet, dass Entscheidungen zu einzelnen Rechtskreisen angekündigt und dann doch andere priorisiert werden. Maßgeblich ist, dass die Zügel mit den kommenden Entscheidungen deutlich angezogen werden. Nur sollte das nicht erfolgen, gibt es Grund für Unmut. Alles bis dahin bleibt Analyse und Prognose.

Was mich aber die letzten drei Tage gelehrt haben ist, dass das Problematisieren langer Verfahrensdauern, die per se keine Kritik am Bundesverfassungsgericht darstellt, nur Swen zusteht, ebenso wie vorübergehende Wut. Wer ohne auf Schuldzuweisungen hinauszuwollen den Diskurs auf die Folgen eines extrem langwierigen Prozesses lenken möchte, ist nur zu blöd die langen Texte zu lesen und träumt vom pragmatisch esoterischen Gefühlsrechtsstaat. Wie oben angedeutet, der heutige Tag war aus meiner Sicht kein schlechter. Das BVerfG hat für 2024 Beschlüsse in Aussicht gestellt.

Für lehrreiche Analysen und Prognosen bin ich trotzdem auch weiterhin dankbar.

Mit dem, was Du schreibst, triffst Du den Nagel vielfach auf den Kopf, emdy, wobei ich über die Formulierung meiner vorübergehenden Wut gerade lachen musste, weil ich mich darin aus Deinen Augen selbst gesehen habe, wobei ich an dieser Stelle eine allgemein andere Aufassung habe (ich denke, Du hast sie im Allgemeinen ebenfalls, was aber - das ist das schwierige an unserer aller schriftlichen Kommunikation, dass sie viele unserer Gedanken verschluckt, weil das dem Schreiben immanent ist - nicht immer gleichzeitig dargestellt werden kann): Jeder hat hier das Recht, seine Enttäuschung, seinen Frust und seine Wut zu äußern, und zwar auch über die lange Verfahrensdauer (das wirst Du, denke ich, genauso sehen) - und darin ist es aber genauso, wie Du schreibst, man sollte dabei m.E. nicht die eigentlichen Verantwortungsträger aus dem Blick verlieren, und das sind ausnahmlos die Regierungen und Gesetzgeber, denen also klar ist, dass sie im Besoldungsrecht wissentlich und willentlich und mittlerweile in allen 17 Rechtskreisen kontinuierlich verfassungswidrig handeln.

Aber diese Enttäuschung, der Frust und die Wut über die lange Verfahrensdauer - also eine emotionale Empfindung zu ihr oder über sie - lässt sich erstens ja gar nicht auschalten und hat natürlich jede Berechtigung, da wir, die wir hier schreiben oder lesen, ja zum allergrößten Teil mittelbar oder unmittelbar von den Verfahrenslängen betroffen sind. Wenn ich also darauf dringe, sich rational mit dem Thema zu beschäftigen, dann meine ich: rational mit dem Inhalt des Alimentationsprinzips und also mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da wir beides und damit das hier gezielt verfassungswidrige Handeln der Gesetzgeber hinreichend erkennen und dann versuchen können, dagegen im Rahmen unserer eigenen begrenzten Möglichkeiten anzugehen. Dass das mit Enttäuschungen, mit Frust und Wut verbunden sein kann und in Anbetracht der wiederkehrend massiven Missachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zwangsläufig auch damit verbunden sein muss, liegt ja auf der Hand, kann also nicht anders sein. Emotional geht es mir genauso: Ich hätte ebenfalls lieber heute als morgen eine Entscheidung, allein weil dann endlich etwas auf dem Tisch liegt, was ja, weil es "greifbar" ist, dem Wohlbefinden dienen kann, weil man sich daran "halten" kann. Rational sagt dann allerdings meine innerer Stimme: dass eine nicht präzise genug formulierte Entscheidung angreifbar sein dürfte, sodass sich die Besoldungsgesetzgeber nur umso mehr weiterhin nicht an sie halten werden. Der kommende Schuss muss sitzen, und zwar genauso, wie Du es beschreibst - dabei ist es aus der von Dir beschriebenen Warte genauso, wie Du es schreibst: Der Rechtskreis, für den der Schuss sitzen muss, ist weitgehend unerheblich (auch wenn das für uns Niedersachsen und ggf. auch für Schleswig-Holstein nicht einfach zu ertragen sein wird, die wir eine Entscheidung direkt vor uns gesehen haben, was nun, da das nun offensichtlich nicht mehr der Fall sein soll, mehr als berechtigt zu Enttäuschung, zu Frust und Wut führen kann). Aus dieser Warte heraus wird auch meine gestrige Wut verständlich; sie brach sich in der Frage: Wenn schon die interne Abstimmung zweier eher banaler Veröffentlichungen - der Jahresbericht 2023 und die Jahresvorschau 2024 - zu keiner einheitlichen und also konsistenten Information der Öffentlichkeit beiträgt, wie soll dann am Ende eine Begründung auf dem Papier stehen, die einen treffenden Schuss beinhaltet?

Darüber sind streckenweise auch in der Nacht meine Gedanken gekreist, um also diese neuen Informationen zu durchdringen. Eine weiterhin nicht überprüfbare Vermutung schreibe ich gleich oder nachher mal. Dann kann man auch hier schauen und ggf. diskutieren, ob sie schlüssig ist. Unabhängig davon dürfte das Bundesverfassungsgericht mit seinen gestern nur inkonsistent gegebenen Informationen selbst dazu beigetragen haben, dass sich Enttäuschung, Frust und Wut (oder andere Emotionen) an die langen Verfahrendauern richten. Dass das möglich ist, liegt also an der genannten Inkonsistenz - und für diese trägt ausnahmslos das Bundesverfassungsgericht die Verantwortung, aus der man es also nicht entlassen kann.

@ Alexander

Unabhängig davon, dass auch ich irgendwann mal amtsangemessen alimentiert werden möchte, was durchaus eine Triebfeder meines Engagement ist, sind es insbesondere die von Dir beschriebenen Gedankengänge, die mich antreiben: Der Beamte und Staatsbürger in mir ist nicht bereit, die Missachtung unserer Verfassung im Besoldungsrecht unwidersprochen hinzunehmen, da ich davon ausgehe, dass daraus nichts Gutes für unser Land und unsere Gesellschaft entspringen kann. Der Aufstieg der AfD hat zwar rein gar nichts mit dem Besoldungsrecht zu tun - er bricht sich aber ebenfalls in ihm: Eine Politik, die sich gemein macht mit Bernd Höcke, die also im Besoldungsrecht (darauf beziehen sich diese Zeilen) eine weitgehend gleiche Missachtung unserer Verfassung und Verfassungstraditionen zeigt wie große Teile der AfD, muss sich nicht wundern, wenn eine solche Haltung dazu führt, dass einem die Wähler abhanden kommen, und zwar das nur umso mehr, als dass man für sich selbst in Anspruch nimmt, ausnahmslos auf dem Boden der Verfassung zu stehen, um sie dann in unserem Thema mit den Füßen zu treten. Der gute alte Brecht hat einst geschrieben, das Volk sei nicht tümlich - und damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Ein großer Teil der Bevölkerung bemerkt den in Teilen unserer politischen Eliten wohlfeilen Blick auf sich selbst und wird von diesem wohlfeilen Blick abgestoßen - damit will ich nicht rechtfertigen, dass diese Teile dann zu einem nicht geringen Teil die AfD wählen dürften, denn deren Wahl lässt sich für mich nicht rechtfertigen. Aber eine politische Elite, die für sich in Anspruch nimmt, ausnahmslos auf den Boden des Grundgesetzes zu stehen, um dann diesem Anspruch nicht ausnahmslos gerecht zu werden, muss sich nicht wundern, wenn ihr die Wähler abhanden kommen. Es ist also nicht nur unverantwortlich und schäbig, wie die 17 Besoldungsgesetzgeber gezielt das Treueprinzip mit Füßen treten, also auf ihre Bediensteten treten. Es ist genauso unverantwortlich und gesellschaftlich gefährlich, sich als politische Elite durch gezielt verfassungswidriges Handeln mit Extremisten gemein zu machen. Die im Herbst zu erwartenden Wahlergebnisse haben nichts mit unserem Thema zu tun, sie spiegeln sich allerdings in ihm. Auch deshalb versuche ich, mich dem Thema möglichst ausgeglichen zu widmen, was auch mir emotional nicht immer leicht fällt. Denn mich macht das, was da politisch bei uns im Land ins Rutschen geraten ist, angst und bange.

Besser als das gerade Bernd formuliert hat, kann man das nicht formulieren!

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11124 am: 14.03.2024 09:18 »
Zu den langen Verfahrenszeiten vor dem BVerfG: Ich habe gestern im Fernsehen eine Sendung gesehen, bei der eine Klage über Splittingtarife auch bereits seit 2013 beim BVerfG liegt. Wenn man die Verfahrensdauer des Vorverfahrens schätzt, kommt man auch auf ein Schadensjahr um ca. 2008. Die Klägerin war deswegen auch ziemlich frustriert. Die lange Verfahrensdauer ist scheinbar kein Alleinstellungsmerkmal der Beamtenbesoldung. Es bleibt der vorsätzliche Verfassungsbruch und die konzertierten Absprachen darüber. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass der Staat auch diesbezüglich bei anderen Rechtsthemen, wie Steuer, Bafög, Existenzminimum, usw., ähnlich agiert.

Unknown

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11125 am: 14.03.2024 09:22 »
Bringen die aufgezeigten Verfahren nach der Jahresvorschau des BVerfG die Beamten im Gesamten nicht weiter? Da stehen doch mehrere Verfahren die gebündelt worden sind, um sie dann zu entscheiden. Ist damit die Hoffnung verflogen, dass endlich Klarheit herrschen wird, um die Gesetzgeber zu erziehen ihre Art und Weise der Besoldung zu ändern?

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11126 am: 14.03.2024 10:54 »
Auch da haben die Beamten kein Alleinstellungsmerkmal:
Deutsche Arbeitswelt
Mehr als 7,3 Millionen Beschäftigte haben laut neuer Studie innerlich gekündigt
Nur noch 14 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen sich stark an ihr Unternehmen gebunden, das ist das Ergebnis einer Langzeitstudie. Noch nie wollten so viele ihren Job wechseln.
https://www.spiegel.de/karriere/gallup-engagement-index-deutschland-2023-mehr-als-7-3-millionen-beschaeftigte-haben-innerlich-gekuendigt-a-0692da04-2f26-4064-b40c-210747e9b027

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #11127 am: 14.03.2024 11:02 »
Nun gut: Hier mal das Gedankengebäude, das sich mir in der Nacht aufgetürmt hat und das ich hier nun also zur Debatte stelle, hoffend das ich mir mit ihm nicht selbst auf dem Leim gehe, weshalb ich das Gedankengebäude hier öffentlich zur Kritik stelle. Am Ende erfolgt eine Konklusion, deren Prämissen ich zuvor entwickle. Gehen wir dazu mal das, was sich uns seit gestern als Informationen darstellt, sachlich durch und verbinden es mit weiteren Gedanken zur Analyse des bundesverfassungsgerichtlichen Handelns. Wenn man also so vorgeht, kann man folgende Prämissen begründen, was nicht heißt - das Handeln des Bundesverfassungsgerichts bleibt allein wegen des Beratungsgeheimnisses und seiner Folgen bis zur Veröffentlichung von Entscheidungen eine Black Box -, dass man damit den Nagel auf den Kopf trifft. Aber immerihn hat man hier nun begründete Vermutungen. Ich nummeriere mal wieder die einzelnen Prämissen durch, von denen ich begründet ausgehe, das sie gegeben sein könnten, sodass sie wegen der Numerierung einfacher zu diskutieren sind, sofern man sie diskutieren will (man kann durch die Nummern präzise sagen, worauf man sich bezieht, sofern man auf diesen Beitrag reagieren will). Es sind ein Haufen an Prämissen, die ich möglichst thesenhaft formuliere und die man, wenn man sich mit diesem Text beschäftigen will, jeweils einzeln nach und nach lesen und prüfen, also sich fragen sollte, ob man die jeweilige These als schlüssig ansieht oder nicht:

1) Ich habe gestern in der Nr. 11087 (Uhrzeit: 9:27 h) einen Beitrag geschrieben, in dem ich versucht habe, das Handeln des Zweiten Senats, so wie es sich mir seit der Entscheidung vom 04. Mai 2020 darstellt, zu skizzieren. Das habe ich wohlweislich getan, bevor die neuen Informationen aus Karlsruhe veröffentlicht worden sind: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.11085.html. Denn da wir beständig neue Informationen in unser Denken integrieren, sind wir zumeist davon überzeugt, jederzeit konsistent zu denken, was aber vielfach nicht der Fall ist. Anders sind unsere Selbstidealisierungen, die für unser psychisches Wohlbefinden existentiell sind, nicht aufrechtzuerhalten. Also habe ich mir gestern gesagt: "Vergewissere Dich mal besser noch einmal öffentlich selbst, bester Swen, bevor die neuen Informationen sich in Dein Denken integrieren, ohne dass Du das dann (be-)merkst."

2) Ohne dass ich diesen Beitrag nun noch einmal vollständig wiedergeben will, denn er liegt ja im genannten Link nachlesbar vor, lassen sich folgende Kernthesen als diskutierbare Prämissen festhalten (wie gesagt, ab hier würde ich nun als Leser für mich prüfen, ob ich der These sachlich folgen kann oder nicht):

a) Das Bundesverfassungsgericht als Hüter der Verfassung muss ein gesteigertes Interesse daran haben, dass das Besoldungsrecht als schwärenden Wunde des Verfassungsrechsts besser heute als morgen wieder in die Bahnen des Alimentationsprinzips zurückgeführt wird.

b) Die einzigen, die das qua Gesetzgebungskompetenz können, sind die 17 Besoldungsgesetzgeber, und zwar jeder nur einzeln für seinen Rechtskreis.

c) So verstanden ist die Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG die Ultima Ratio des Bundesverfassungsgerichts. Es ermächtigt die Gerichte, den Gesetzgeber zu ersetzen, sofern dieser nicht i.d.R. binnen Jahresfrist hinreichend tätig wird, wodurch dieser Gesetzgeber gehörig unter Druck gesetzt wird, selbst wieder in den Rahmen der Verfassung zurückzukehren, deshalb: Ultima Ratio.

d) Das Bundesverfassungsgericht dürfte im ersten Halbjahr 2022 - also nach Veröffentlichung der Jahresvorschau 2022 im März jenes Jahres - zu dem Schluss gekommen sein, dass die für 2022 angekündigten Entscheidungen über die bremische Besoldungsrechtslage 2013 und 2014 nicht hinreichen würde, um für ein anderes Handeln der Besoldungsgesetzgeber zu sorgen, als es sich bis dahin seit 2020 öffentlich dargestellt hat.

e) Es war dem Zweiten Senat im Rahmen seiner gesetzlichen Bindungen kaum möglich, diesen Bewusstseinswandel vor dem März 2023 öffentlich anzudeuten; nun vollzog es diesen Bewusstseinswandel - den eigenen Lernerfolg -, indem es an jenem 08. März 2023 die zwei weiteren Rechtskreise Niedersachsen mit dem Klagezeitraum 2005 bis 2012 und 2014 bis 2016 sowie Schleswig-Holstein mit dem Klagezeitraum 2007 in die Jahresvorschau 2023 mit einbezogen hat.

f) Die Arbeit an solchen Normenkontrollverfahren ist mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden, der im Kontext des umfassenden Karlsruher Alltagsgeschäfts zu verrichten ist.

g) Die personellen und zeitlichen Mittel für die Arbeit an konkreten Normenkontrollverfahen sind also nur begrenzt vorhanden.

h) Die im Verlauf des Jahres 2022 vollzogene Entscheidung, zwei weitere Entscheidungen in Normenkontrollverfahren für 2023 zu einzuplanen, musste folglich eine gehörige Mehrarbeit bei gleichbleibenden personellen Ressourcen nach sich ziehen.

i) Folge musste eine weitere Verfahrenslänge sein, die in Karlsruhe als nicht unerheblich betrachtet werden musste, als die Entscheidung zur Ausweitung der eigenen Rechtsprechung getroffen worden ist.

j) Denn alles andere - also keine Ausweitung der Verfahrenslänge - hätte bedeuten müssen, personelle und zeitliche Ressourcen vom Alltagsgeschäft oder anderen langwierigen Verfahren abzuziehen, was sich ggf. unter Verhältnismäßigkeitgesichtspunkten sachlich nicht hätte rechtfertigen lassen (davon ist auszugehen, also dass hier keine sachliche Rechtfertigung eines solchen Handelns im Jahr 2022 möglich gewesen wäre).

3) Soweit lassen sich die wichtigsten Prämissen der gestrigen Darstellung, die ich oben verlinkt habe, möglichst knapp zusammenfassen.

4) Eine weitere zentrale Prämisse für die Auswahl der beiden weiteren Rechtskreise Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist m.E. das, was man als "verfassungsrechtliches Faustpfand" verstehen kann, also verkürzt dargelegt:

a) Der Zweite Senat hat in seiner Ankündigung aus dem März 2023 für Niedersachsen und Schleswig-Holstein nur Teile der anhängigen Vorlagebeschlüsse zur Entscheidung gestellt.

b) Weitere anhängige Verfahren zu beiden Rechtskreisen hat er in der Jahresvorschau 2023 von den angekündigten Entscheidungen ausgenommen.

c) Ein solches Vorgehen ist eher ungewöhnlich.

d) Das meint nun der Begriff des "verfassungsrechtlichen Faustpfands": Das Zurückhalten von anhängigen Entscheidungen zum selben Rechtskreis dürfte dazu dienen sollen, um an ihnen dann ggf. verstärkt durch eine Vollstreckungsanordnung dem verfassungskonformen Besoldungsrecht wieder mit zum Durchbruch zu verhelften, sofern Niedersachsen und Schleswig-Holstein nach den für 2023 angekündigten Entscheidungen nicht zu einer verfassungskonformen Besoldungsregelung zurückkehren würden oder gekehrt wären.

e) Denn sofern nach den für 2023 angekündigten Entscheidungen bis zum Fristende keine Rückkehr in den Rahmen des Alimentationsprinzips durch diese beiden Bundesländer vollzogen worden wäre, wäre die weitgehend identische Entscheidung nach dem Fristende an jenen "Faustpfänden" erneut gesprochen und nun mit der Vollstreckungsanordnung verbunden worden.

f) Damit wäre diesen Gesetzgebern - insbesondere Niedersachsen - bereits nach den für 2023 angekündigten Entscheidungen klargeworden, dass sie anders zu handeln hatten, als das seit 2020 Berlin vollzogen hat, indem es (Berlin) gezielt das von ihm zu erwartende Handeln, wieder zu einer verfassungskonformen Gesetzgebung zurückzukehren, nicht vollzogen hat.

g) Das hätte die Wahrscheinlichkeit erhöhen sollen, dass diese Rückkehr bereits nach den für 2023 angekündigten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in Niedersachsen erfolgte.

h) Denn in Niedersachsen die Alternative vor Augen, entweder die für jenes Jahr 2023 angekündigte Entscheidung zu akzeptieren und also zu einer amtsangemessenen Alimentation im Verlauf dieses Jahres 2024 zurückzukehren, oder ab 2025 damit rechnen zu dürfen, nun mit einer Vollstreckungsanordnung mit Wirkung ab dem Jahr 2026 belangt zu werden, hätte für den Nidersächsischen Landtag ein nicht geringes Druckpotenzial aufgebaut.

5) Im Winter des letzten Jahres hat der Berichterstatter hervorgehoben, dass man die Arbeit an Leitverfahren, die übergreifende Bedeutung und Wirkung auch für die weiteren anhängigen Verfahren haben sollten, seit geraumer Zeit intensiviert habe.

6) Im Zuge der Intensivierung sei man in diesen Leitverfahren recht weit fortgeschritten, sodass - implizit dargelegt - nun alsbald mit einer Entscheidung zu rechnen sein dürfte.

Sofern sich diese sechs Prämissen mitsamt ihrer Unterprämissen als sachlich haltbar erweisen sollten (was wir heute nicht wissen können, sie bleiben zu einem nicht geringen Teil begründete Vermutungen), ließen sich aus den gestrigen Informationen folgende Schlüsse ziehen:

I) Niedersachsen und ggf. Schleswig-Holstein sind nicht mehr Teil der Leitverfahren.

II) Das soll einer beschleunigten Entscheidung dienen; denn die Arbeit an zwei Rechtskreisen, von denen - wie gestern gezeigt - der eine, nämlich der Berliner, bereits weitgehend entschieden vorliegt, lässt sich schneller bewerkstelligen als die Arbeit an dreien, von denen insbesondere der niedersächsische allein wegen der hohen Zahl an zu entscheidenden Jahren - 2005 bis 2012 und 2014 bis 2016 - große zeitliche Ressourcen binden muss.

III) Diese Entscheidung, Niedersachsen und Schleswig-Holstein durch Berlin zu ersetzen, müsste dann vor dem Winter 2023 getroffen worden sein.

IV) Dafür spricht gleichfalls, dass der Zweite Senat im November 2023 Stellungnahmen zum Berliner Rechtskreis eingeholt hat, der sich nun als Teil der mit Leitverfahren betrachteten Rechtskreise entpuppt.

V) Die Intensivierung und damit Beschleunigung verfolgt dasselbe Ziel, wie es oben unter der Nr. 2 a genannt worden ist: Der Hüter der Verfasssung hat das Ziel, dass die 17 Besoldungsgesetzgeber möglichst eher heute als morgen wieder in den Rahmen der Verfassung zurückkehren.

VI) Und damit kommen wir zu einer weiteren Interpretation, die sich mir als schlüssig darstellt: Das "verfassungsrechtliche Faustpfand" könnte ggf. - sofern tatsächlich weitere (niedersächsische) Entscheidungen nach den für 2023 angekündigten notwendig geworden wäre, das "Faustpfand" also tatsächlich eingesetzt und zur Anwendung hätten kommen müssen - in eher längeren als kürzeren Zeiträumen die Rückkehr der Besoldungsgesetzgeber in den Rahmen der Verfassung bedeutet haben. Ich habe ja in der Nr. 4 h gezeigt, dass die übernächste Entscheidug kaum vor 2026 hätte gefällt werden können, die dann Niedersachsen mit einer Vollstreckungsanordnung belegt hätte.

VII) So betrachtet wäre die Umsetzung des "verfassungsrechtlichen Faustpfands" ein weiterer Umweg gewesen, der im Rahmen des vom Berichterstatters angekündigten Effizenzgewinns unnötig sein dürfte, wie nun die nachfolgende Nr. VIII zeigt.

VIII) Denn damit wären wir bei der Konklusion, die ich bereits vor ein paar Tagen skizziert habe, als ich von den gestigen neuen Informationen noch nichts wusste, sodass auch diese Darlegungen keine Verschiebung durch diese gestrigen Informationen erfahren haben können (also im Sinne dessen, was ich oben im ersten Absatz geschrieben habe). Diese Konklusion findet sich unter der Nr. 5825 hier: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.5820.html. Sie lautet:

a) Der Berliner Senat hat es mit seinem seit 2020/21 gezeigten Handeln deutlich zu bunt und zu weit getrieben, woraufhin ihm der Zweite Senat nun im Herbst letzten Jahres eine entsprechende Stellungnahme abverlangt hat.

b) Für Berlin dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sein, bereits in der nun angekündigten Entscheidung eine Vollstreckungsanordnung zu vollziehen. Da mit dieser Entscheidung im Verlauf des nächsten oder übernächsten Quartals zu rechnen sein dürfte, müsste sich das Land Berlin dann bis in das Jahr 2025 (etwa ein Jahr nach dem Entscheidungs- oder Veröffentlichungsdatums) gezwungen sehen, wieder zu einer amtsangemessenen Alimentation unmittelbar für die Jahre 2008 bis 2015 zurückzukehren, oder eben sich danach der Vollstreckung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgesetzt zu sehen.

c) Diese Volltreckungsanordnung würde also deutlich schneller erfolgen, als ggf. in den beiden nun offensichtlich nicht mehr zu den Leitverfahen zählenden anhängigen Vorlagen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Damit würde der Effizenzgewinn, den der Zweite Senat im letzten Winter angekündigt hat, Realtät werden.

Sofern dem also so wäre, wie ich das hier nun beschrieben habe, hätten wir den nächsten Karlsruher Lerneffekt vor uns: Der Zweite Senat hätte im Verlauf des Jahres 2023 erkannt, dass er ggf. nicht erst im kommenden oder übernächsten Jahr die Ultima Ratio zur Anwendung bringen sollte, da die schwärende Wunde im Verfassungsrecht mittlerweile im Verlauf des letzten Jahres so vertieft worden ist (Stichwort: Doppelverdienermodelle), dass nun der direkte Weg zu beschreiten wäre, eben die Anwendung der Ultima Ratio nicht erst ggf. in einem übernächsten Verfahren, sondern in dem nächsten, nämlich den nun angekündigten Richtervorlagen über die Berliner Besoldung.

Das würde also bedeuten, dass mit den angekündigten Berliner Entscheidungen eine Vollstreckungsanordnung einhergehen würde, die für diesen Rechtskreis auch bereits Anfang 2022 begründet vor dem Bundesverfassungsgericht gefordert worden ist; sie ist Teil des formellen Verfahrens (vgl. hier den Anhang unter https://www.berliner-besoldung.de/stellungnahme-zum-normenkotrollverfahren-2-bvl-4-bis-9-18/ und im Anhang die S. 33 ff.).

Wenn sich diese Interpretation also als sachlich tragfähig erweisen sollte, würden wir alsbald die erste Vollstreckungsanordnung vorfinden - das würde auch erklären, wieso es dann als Leitverfahren nicht mehr auf die anhängigen niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Verfahren ankommen würde, die nun aus dem Rahmen von Ankündigungen entfielen, weil es einen effizienteren Weg gebe würde. Die Hauptlast gegenüber den anderen Bundesländern und dem Bund, aus dem offensichtlich konzertierten Verfassungsbruch auszuscheren, würde nun also erneut Berlin aufgebürdet werden, so wie das offensichtlich bereits für 2020 geplant gewesen ist.

Wenn dem also so käme, dann wären das genau in emdys Sinne mehr als eine gute Nachrichten, und zwar auch für uns hier in Niedersachsen wie auch für Schleswig-Holstein.

Nun gut, dieses Gedankengebäude stellt sich mir heute dar, wenn ich versuchen will, eine Interpretation dafür zu finden, wieso Niedersachsen und Schlewig-Holstein gestern nicht mehr in der Jahresvorschau für dieses Jahr zu finden, sondern durch Berlin ersetzt worden sind. Denn einen sachlichen, also rationalen Grund muss es geben - und er kann hinsichtlich dessen, was der Berichterstatter im letzten Winter hervorgehoben haben, nur einem dienen: einem Effizienzgewinn für alle weiteren Verfahren mit dem Ziel, dass die Besoldungsgesetzgeber möglichst eher heute als morgen im Besoldungsrecht wieder in den Rahmen der Verfassung, also zum Alimentatiobsprinzip zurückkehren.
« Last Edit: 14.03.2024 11:11 von SwenTanortsch »