Ablauf Raubernennung

Begonnen von Kassiopeia91, 19.08.2021 21:05

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Kassiopeia91

Hallo Forum,

weiß jemand von euch, am liebsten aus eigener Erfahrung, wie eine sog. ,,Raubernennung" oder ,,feindliche Übernahme" abläuft? Also wenn der alte Dienstherr den Beamten nicht versetzen will und der Beamte wechselt in Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn trotzdem, ihr wisst schon. Geht der beamte dann einfach zum neuen Dienstherrn und nimmt die Urkunde an und fängt dort an? Muss er das vorher seinem alten Dienstherrn mitteilen nach dem Motto ,,übrigens, morgen ist mein letzter Arbeitstag". Wie ist das mit Urlaub etc.?

Bitte um konstruktive Antworten. Bitte keine moralischen Vorträge wie ,,das macht man aber nicht".

Danke im Voraus.

2strong

Du gehst hin, nimmst die Urkunde und wenn Du nett bist, sagst Du dem alten Dienstherrn anschließend noch Bescheid, damit sich keiner Sorgen macht.

Da das bisherige Beamtenverhältnis nicht fortgeführt wird, verfällt Dein Urlaubsanspruch.

Kassiopeia91

Danke, also Urlaub am besten vorher aufbrauchen...

Brauch ich da vorher irgendwas schriftlich, so nach dem Motto ,,zum 01.xx." werden Sie ernannt. Oder kann ne Urkunde sogar mit Wirkung für die Zukunft ausgestellt werden?

2strong

Eine Ernennung kann mit sofortiger Wirkung oder mit Wirkung zu einem in der Zukunft liegenden Termin bewirkt werden. Nur eine rückwirkende Ernennung ist ausgeschlossen.

BStromberg

Zitat von: Kassiopeia91 in 22.08.2021 14:55
Danke, also Urlaub am besten vorher aufbrauchen...

Brauch ich da vorher irgendwas schriftlich, so nach dem Motto ,,zum 01.xx." werden Sie ernannt. Oder kann ne Urkunde sogar mit Wirkung für die Zukunft ausgestellt werden?

Ich würde mir (wenn schon nicht in Urkundenform) doch zumindest eine Zusicherung auf Einstellung geben lassen, bevor man in der aktuellen Dienststelle die Welle macht und auf Abschiedstournee geht.

Das dürfte fast überall so auch gängige Praxis sein; insb. wenn ein normales Besetzungsverfahren vorgeschaltet gewesen ist. Klappt in 99,8% der Fälle aber reibungslos.
"Ich brauche Informationen.
Meine Meinung bilde ich mir selber."
(Charles Dickens)

Hain

Zitat von: Kassiopeia91 in 19.08.2021 21:05
Hallo Forum,

weiß jemand von euch, am liebsten aus eigener Erfahrung, wie eine sog. ,,Raubernennung" oder ,,feindliche Übernahme" abläuft? Also wenn der alte Dienstherr den Beamten nicht versetzen will und der Beamte wechselt in Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn trotzdem, ihr wisst schon. Geht der beamte dann einfach zum neuen Dienstherrn und nimmt die Urkunde an und fängt dort an? Muss er das vorher seinem alten Dienstherrn mitteilen nach dem Motto ,,übrigens, morgen ist mein letzter Arbeitstag". Wie ist das mit Urlaub etc.?

Bitte um konstruktive Antworten. Bitte keine moralischen Vorträge wie ,,das macht man aber nicht".

Danke im Voraus.

Der neue Dienstherr wird sich das allerdings zweimal überlegen, da in diesem Fall kein Versorgungslastenausgleich stattfindet.

Jockel

exakt. Aber bei (dienst-)jungen Menschen geht das schon mal Hemd vor Hose.

Oder wenn es um richtig gute geht... Ich habe auch schon W3-Raubernennung erlebt. Nach (heimlichen - "grauen") Berufungsverhandlungen... Hinterher hätte man es merken können, weil auch die Arbeitsverträge des Kernteams "zufällig" mitten im Semester ausliefen... +/- 10 Tage.  ;)

bettelmusikant

Zitat von: Jockel in 23.08.2021 11:57
exakt. Aber bei (dienst-)jungen Menschen geht das schon mal Hemd vor Hose.

Oder wenn es um richtig gute geht... Ich habe auch schon W3-Raubernennung erlebt. Nach (heimlichen - "grauen") Berufungsverhandlungen... Hinterher hätte man es merken können, weil auch die Arbeitsverträge des Kernteams "zufällig" mitten im Semester ausliefen... +/- 10 Tage.  ;)

Bei professoralen Beschäftigungen finden meiner Erfahrung nach regelmäßig ohnehin keine Versetzungen oÄ statt. Bzgl. Versorgunslastenausgleich wird dann die Zustimmung zum Dienstherrenwechsel angefragt (die darf nur aus dienstlichen Gründen verweigert werden), die Zustimmung gilt als erteilt, wenn Professorinnen und Professoren beim abgebenden Dienstherrn eine Dienstzeit von drei Jahren abgeleistet haben.

Remarque

Hallo,

beschäftigte mich aktuell auch mit dem Thema.

Für Bundesbeamte dürfte hier ja § 31 Abs. 1 Nr. 2 BBG die Grundlage sein.
Was bedeutet jedoch § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2?

"Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die oberste Dienstbehörde nach ihrem Ermessen die Fortdauer des Beamtenverhältnisses angeordnet hat, bevor die Beamtin oder der Beamte in das Dienst- oder Amtsverhältnis zu dem anderen Dienstherrn oder der Einrichtung eingetreten ist; bei Dienstherren im Sinne des Beamtenstatusgesetzes kann die Fortdauer nur mit deren Einvernehmen angeordnet werden."

So wie ich es verstehe bedeutet der erste Satz, dass die oberste Dienstbehörde ggf. den "Wechsel/Neuernennung" zwischen Bundesbehörden "blockieren" kann, indem es die Fortdauer des Beamtenverhältnisses anordnet?
Sofern nach zweitem Satz der "Wechsel/Neuernennung" z.B. von Bund nach Land oder Kommune (dann Beamtenstatusgesetz) erfolgt, dann wiederum das Land die Kommune dieser "Anordnung" zustimmen müsste? Was vermutlich nicht der Fall wäre, da die Behörde ja selbst die Ernennung zum Zeitpunkt X anstrebt.

Verstehe ich dies richtig? Hat die abgegebene Behörde überhaupt eine Möglichkeit der Neuernennung zu widersprechen? Vielen Dank vorab.

bettelmusikant

Bei der von dir zitierten Regelung geht es ja um Folgendes:
A ist aktuell Beamter bei Land L.
A soll nun als Beamter bei Kommune K eingestellt werden.
Es ist keine Abordnung/Versetzung vorgesehen.
A wird nun bei K zum Beamten ernannt. Eigentlich endet damit automatisch das Beamtenverhältnis A zu L, vgl. § 22 BeamtStG. Es sei denn, im Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn (K und L) wurde die Fortdauer des bisherigen Beamtenverhältnisses zu L neben dem neuen Dienstverhältnis mit K angeordnet. Dafür müssen sich aber beide Dienstherren einig sein. Eine Interessenlage, die eh nur selten vorliegt.
Und ja, im Falle einer "Raubernennung" hat die abgebende Behörde eigentlich keine Möglichkeit eine Neuernennung bei einem anderen Dienstherren verhindern.

Kassiopeia91

Gut so. Wäre ja noch schöner, wenn der alte Dienstherr das komplett verhindern könnte. Wir sind ja nicht bei den Baumwollpflückern, wie Stromberg sagen würde. Und Artikel 12 GG Berufsfreiheit und so... finde das eh lächerlich, wenn die Versetzung verhindern wollen. Da hat doch niemand was von, der betroffene BEamte wird sich dann im Zweifelsfall krank melden.

Organisator

Ist es bei dir so, dass die Versetzung verhindert werden soll? Aus Erfahrung kenne ich nur den Fall, dass man die Abordnung (mit dem Ziel der Versetzung) nicht machen möchte.

Kassiopeia91

Ja. Wegen angeblichem Personalmangel lässt man in meiner Laufbahn derzeit niemanden gehen. Ich warte noch auf ein definitives Ergebnis, aber allein die lange Bearbeitungszeit (schon über 3 Wochen) deutet darauf hin, dass man in meinem Fall genau mit dem Argument der Versetzung nicht zustimmen wird. Und das, obwohl es sich sogar um einen förderlichen Dienstposten außerhalb handelt. Absolute Frechheit. Ich werd denen noch richtig meine Meinung geigen, wenn das Thema erfolgreich durch ist.

Spid

Die Ausführungen lassen natürlich tief blicken und zeigen deutlich das Verkennen der Natur des besonderen gegenseitigen Treueverhältnisses wie auch eine grundsätzliche charakterliche Nichteignung. Da hat der Dienstherr wohl bei der Personalauswahl versagt.

2strong

Beschluss vom 27.04.2021 - BVerwG 2 VR 3.21 ;)